Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. März 2000
Aktenzeichen: 5 W (pat) 420/99

(BPatG: Beschluss v. 08.03.2000, Az.: 5 W (pat) 420/99)

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmusterabteilung II - vom 14. Januar 1999 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer ist Inhaber des am 8. Dezember 1995 angemeldeten und am 18. April 1996 unter der Bezeichnung Wandelementmit 46 Schutzansprüchen in die Rolle eingetragenen Gebrauchsmusters 295 19 431. Die Gebühr für die Verlängerung der Schutzdauer bis zum Jahre 2001 ist gezahlt.

Die Antragstellerin hat mit dem am 14. April 1998 eingereichten Löschungsantrag die Löschung des Gebrauchsmusters im Umfang der Schutzansprüche 1 bis 3 beantragt. Sie hat mangelnde Schutzfähigkeit geltend gemacht und sich auf die Druckschriften (1) DE 43 27 847 A1, (2) DE-OS 1 561 605 und (3) das deutsche Gebrauchsmuster 94 03 886 bezogen. Der Antragsgegner hat dem Löschungsantrag widersprochen.

Die angegriffenen Schutzansprüche lauten:

1. Wandelementmit einer mit schrägen, sich kreuzenden Schlitzen versehenen Wandoberfläche undmindestens einerlösbar am Wandelement befestigten, über die Wandoberfläche überstehenden undzur Abstützung in mindestens zwei der sich kreuzenden schrägen Schlitze eingreifenden Halterung mit zwei nach unten zu konvergierenden Auflageflächen, dadurch gekennzeichnet, daß die Halterung Platz für mehrere, mit ihrer Längsachse senkrecht zur Wandoberfläche (28) auf den Auflageflächen (54, 56) liegende Flaschen (7) bietet undeine Aufnahme (60) für eine weitere mit ihrer Längsachse (62) im wesentlichen parallel zur Wandoberfläche (28) ausgerichtete Flasche (5) aufweist.

2. Wandelement nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß jeweils eine unterste der liegenden Flaschen (7) auf beiden Auflageflächen (54, 56) aufliegt, während darüber angeordnete Flaschen (7) entweder auf einer der beiden Auflageflächen (54, 56) und auf einer anderen Flasche (7) aufliegen oderauf zwei anderen Flaschen (7) aufliegen.

3. Wandelement nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß ein Hals einer auf der Halterung (4, 6) liegenden, mit ihrem Boden gegen die Wandoberfläche (28) anliegenden Flasche (7) über einen vorderen Rand (58) der Auflageflächen (54, 56) übersteht.

Die Gebrauchsmusterabteilung II des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß vom 14. Januar 1999 das Gebrauchsmuster im beantragten Umfang gelöscht. Der Beschluß stützt sich darauf, daß es im Hinblick auf den Stand der Technik nach den Entgegenhaltungen (1) und (3) an der Erfindungshöhe fehle.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners.

Er begründet seine Beschwerde damit, daß die im Anspruch 1 gekennzeichnete Anordnung der liegenden Flaschen und der weiteren, dazu senkrecht angeordneten Flasche sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe. Die gattungsbildende Schrift (1) lehre allenfalls eine Warenanordnung parallel zur Wandoberfläche, wodurch bei einer Verwendung des Wandelements für Flaschen die abgewinkelten vorderen Ränder der Ablageflächen entsprechend hoch sein müßten. Dadurch sei ein müheloses Herausziehen der Verkaufsflaschen nicht mehr gewährleistet. Hier hätte der Fachmann als ersten Schritt zur Abhilfe erkennen müssen, diese abgewinkelten Ränder wegzulassen, wodurch jedoch die Gefahr begründet würde, daß die Flaschen leicht herausfallen. Als zweiten Schritt hätte es daher der Überlegung bedurft, die Flaschen liegend derart zu stapeln, daß die Flaschenachsen senkrecht zur Wand verliefen. Schließlich hätte es noch der Überlegungen bedurft, an der Halterung zusätzlich eine Musterflasche anzuordnen und weitehin, deren Achse parallel zur Wandoberfläche anzuordnen, um das Flaschenetikett leicht zu erkennen.

Insbesondere diese letzten Schritte, zusätzliche Musterwaren an der Halterung vorzusehen sowie deren Anordnung seien der Druckschrift (1) keinesfalls zu entnehmen. Eine Musterflasche eigens zu haltern und weiterhin mit ihrer Achse senkrecht zu der Ausrichtung der Verkaufsflaschen anzuordnen, sei somit nicht naheliegend gewesen.

Eine diesbezügliche Anregung vermittle auch nicht die Lehre nach der Entgegenhaltung (3), wonach die Achsen sämtlicher dort vorgesehener Fläschchen parallel zur Wand ausgerichtet seien. Im übrigen seien diese Verkaufsfläschchen nicht auf einem Wandelement angeordnet, sondern in einem Regal gelagert. Eine Übertragung der dort vorgestellten Lösung in Form einer abgewinkelten U-Schiene mit darin stehenden Flaschen, die sich mit ihrem Hauptgewicht auf einem Regalboden abstützt, auf eine Warenanordnung an einem Wandelement nach Druckschrift (1) ergebe eine vom Streitgebrauchsmuster wegführende Lösung. Der Fachmann zöge insbesondere aufgrund der anders gelagerten statischen Bedingungen diese Druckschrift nicht zur Lösung der gestellten Aufgabe für eine Wandhalterung in Betracht.

In Verbindung mit der Lösung nach Anspruch 1 hätten auch die Ansprüche 2 und 3 Bestand.

Der Antragsgegner beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Denn der Löschungsantrag ist begründet. Der geltend gemachte Löschungsanspruch aus § 15 Abs 1 Nr 1 GebrMG ist gegeben. Das Gebrauchsmuster ist im angegriffenen Umfang nicht schutzfähig (§ 1 GebrMG).

1. Der Gegenstand des angegriffenen eingetragenen Schutzanspruchs 1 ist zwar unstreitig neu, beruht jedoch nicht auf einem erfinderischen Schritt.

Das Streitgebrauchsmuster geht entsprechend seiner Beschreibung (S 1 Abs 2) von einem Wandelement aus, wie es in der Druckschrift (1) beschrieben ist, die auf den gleichen Anmelder zurückgeht.

Dort sind die gattungsgemäßen Merkmale beschrieben (vgl. insb. Fig. 1 und 4 mit zugeh. Beschreibung Sp 4, Z 25 bis 37 und Sp 6, Z 39 bis 46 sowie die Ansprüche 1 bis 3, 23 und 24). Dieses Wandelement dient zur Präsentation von Waren und soll insbesondere für Druckerzeugnisse geeignet sein (Anspruch 1).

Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt dem Gebrauchsmuster die Aufgabe zugrunde, das bekannte Wandelement dahingehend zu verbessern, daß sich auch Flaschen optisch ansprechend präsentieren lassen, wobei die Flaschen stabil, sicher und leicht zu entnehmen auf jeder Halterung angeordnet sind, ohne daß dem Betrachter der Blick auf die Information auf einem Flaschenetikett erschwert wird.

Da das bekannte Wandelement in der Dimensionierung seiner Auflageflächen nicht auf bestimmte Waren eingeschränkt ist, kann es grundsätzlich auch zur Darbietung von Flaschen verwendet werden, wie es zutreffend in dem Streitgebrauchsmuster angegeben ist (S 1, Abs 3). In welcher Weise dabei die Flaschen auf die Halterung abgelegt werden, ist nur eine Dimensionierungsfrage der Auflagen und der Flaschenanordnung durch den Benutzer.

Wie der Fachmann - hier ein Handwerksmeister mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet des Laden- und Messebaus, der über Kenntnisse in der Herstellung von Warenverkaufs- und Präsentationsregalen und -gestellen verfügt - ohne weiteres erkennt, bietet das in der Figur 1 von (1) dargestellte Wandelement mit Warenhalterungen hierfür nur zwei Möglichkeiten, mehrere Flaschen auf der V-förmigen Halterung abzulegen. Eine wäre die Lagerung einzelner Flaschen derart, daß ihr Boden auf dem gezeigten kurzen Schenkel aufliegt und die Flaschenachse parallel zur Wandoberfläche ausgerichtet ist. Diese Anordnung läßt zwar bei der vordersten Flasche das Etikett eventuell lesen, beschränkt jedoch die Zahl der Flaschen und birgt die offenkundige Gefahr in sich, daß die Flaschen über den Rand nach vorne herausfallen können, so daß der Nutzer diese Anordnung vermeiden wird.

Die Druckschrift (1) gibt jedoch darüber hinaus den Hinweis, die beiden Schenkel der Halterung auch gleich lang ausbilden zu können (vgl. insb. Sp 6, Z 39 bis 46). Hierdurch wird der Fachmann auf die zweite alternative Anordnung der Flaschen gestoßen, die Flaschen mit ihrer Achse senkrecht zur Wandoberfläche in den Halterungen zu stapeln, wie dies auch sonst bei Regalanordnungen bekannt ist. Es liegt dabei auf der Hand, daß diese Alternative im Hinblick auf die gestellte Aufgabe einer stabilen und sicheren Lagerung von leicht entnehmbaren Flaschen zu bevorzugen ist.

Zwar wird bei dieser Lagerung dem Betrachter der Blick auf das Flaschenetikett erschwert. Es übersteigt aber nicht fachmännische Routine zu erkennen, daß durch das ortsnahe Anbringen einer Musterflasche vor den Verkaufsflaschen an der die Verkaufsflaschen tragenden Halterung auch dieser Aufgabenteil zu lösen war. Hierzu konnte die Anregung aus der Entgegenhaltung (3) verhelfen, unmittelbar vor den Verkaufsfläschchen eine Musterflasche in einer einstückigen Halterung der Verkaufsfläschchenaufnahme anzuordnen (vgl. dort S 1, Abs 2 iVm S 2, Abs 2). Die weiteren konstruktiven Ausführungen der bekannten Verkaufseinrichtung beeinträchtigen dabei nicht diese Anregung der Grundidee, in der Flaschenhalterung vor den Verkaufsflaschen gut sichtbar eine Musterflasche anzuordnen.

Da sich die Musterflasche in der irgendwie ausgebildeten Aufnahme dem Blickwinkel des Betrachters gleichermaßen an einer auf dem Wandelement oben wie unten angeordneten Halterung informativ präsentieren soll, ist es offensichtlich, daß dies am besten durch eine im wesentlichen parallel zur Wandoberfläche ausgerichtete Musterflasche gelingt.

2. Eine selbständige erfinderische Bedeutung des Gegenstandes der angegriffenen Unteransprüche ist nicht erkennbar.

Wie im angefochtenen Beschluß zutreffend ausgeführt, ergibt sich bei den nach unten konvergierenden Auflageflächen der Halterung die im Anspruch 2 angeführte Lagerung der Flaschen ohne weiteres.

Auch das Überstehen des Flaschenhalses über den Rand der Halterung nach Anspruch 3 betrifft zum leichten Entnehmen von Verkaufsflaschen eine weitgehend selbstverständliche Dimensionierungsmaßnahme bezüglich der Auflage und deren Randes, wie sie stets im Ermessen des Fachmanns liegt. Ein erfinderischer Schritt liegt dieser Ausbildung des Randes nicht zugrunde.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs 3 Satz 2 GebrMG iVm § 84 Abs 2 PatG, § 97 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.

Goebel Dr. Henkel Dr. W. Maier Pr






BPatG:
Beschluss v. 08.03.2000
Az: 5 W (pat) 420/99


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