Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. März 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 115/08

(BPatG: Beschluss v. 10.03.2009, Az.: 27 W (pat) 115/08)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarke Intactfür folgende Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Elektrochemische Elemente, nämlich Akkumulatoren (elektrisch), galvanische Zellen, Brennstoffzellen zur Stromversorgung; Batterien, insbesondere Bleibatterien, Stahlbatterien, Antriebsbatterien, Motorradbatterien, Versorgungsbatterien, Starterbatterien, Lichtbatterien, ortsfeste Batterien sowie Teile vorgenannter Waren; batterienahe Erzeugnisse, nämlich Stromrichter, insbesondere Gleichrichter und Wechselrichter für Batterieanlagen, Stromversorgungsgeräte und daraus hergestellte Stromversorgungsanlagen (soweit in Klasse 9 enthalten), Batterieüberwachungsgeräte, elektrische Batteriekontrollgeräte, elektrische Ladegeräte, elektronische und elektrische Anzeige-, Meßund Analysegeräte (nicht für medizinische Zwecke), Säuredichtemesser, Geräte zum Einfüllen von Säure, Geräte zum Entleeren der Säure aus Batterien (Laborgeräte), Spannungsprüfer, Isolationsmessgeräte, Batteriebehälter (soweit in Klasse 9 enthalten), elektrische Stecker, Polabdeckungen (soweit in Klasse 9 enthalten), Entgasungsschlauch für Batterien (soweit in Klasse 9 enthalten), Polklemmen, Poladapter, Batteriestopfen, Zubehör für Batterien (soweit in Klasse 9 enthalten);

Klasse 37: Reparaturund Installationswesen von elektrischen Geräten und Anlagen, insbesondere der Waren der vorgenannten Klasse 9, insbesondere von Batterien;

Klasse 42: Dienstleistung eines Ingenieurs, insbesondere eines Entwicklungsingenieurs beziehungsweise Planungsingenieurs;

hat die Markenstelle mit Beschluss mit Beschluss vom 11. Juni 2008 zurückgewiesen. Das ist damit begründet, das Wort "Intact" bringe lediglich zum Ausdruck, dass die darunter angebotenen Waren voll funktionstüchtig seien, wie die beigefügten Nachweise zeigten. Es entspreche insoweit dem eingedeutschten und im Duden gelisteten "intakt". Damit beschreibe es nicht nur mittelbar, zumal vergleichbare Waren auch als Altgeräte angeboten würden. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen sei "Intact" ein Werteversprechen. Zu den beanspruchten Dienstleistungen gehörten auch jeweils Reparaturen und Installationen.

Am 25. Juni 2008 hat der Anmelder Beschwerde eingelegt und dazu vorgetragen, "Intact" sei von der Bedeutung her nicht eindeutig. Dementsprechend seien "Intact"-Marken bereits eingetragen. Das Amt deute den Begriff "Intact" als "intakt", "voll funktionsfähig", "ohne Störung funktionierend". Selbst wenn man diese Deutung als richtig unterstellen würde und zudem unterstellen würde, dass die angesprochenen Verkehrskreise diese Bezeichnung trotz der in Deutschland sprachunüblichen Gestaltung des Zeichens nur so verstehen würden, wiesen diese Deutungen nicht einmal ansatzweise einen Bezug zu den Dienstleistungen des Zeichens auf. Auch ein unmittelbarer Bezug zu den unter dem Zeichen angebotenen Waren sei nicht erkennbar. Vielmehr würden die Eigenschaften der Waren nur mittelbar beschrieben. Die Deutung setze einen Gedankenprozess voraus.

Es komme auch nicht darauf an, ob "intact" lexikalisch nachweisbar sei.

Das Amt nehme drei verschiedene Begriffsdeutungen vor und belege damit selbst, dass der Begriffsinhalt der Bezeichnung "Intact" diffus sei. Ein einzelner im Vordergrund stehender Begriffsinhalt trete nicht hervor.

Das Amt habe auch nicht hinreichend beachtet, dass das Freihaltungsbedürfnis gerade für die versagten Waren oder Dienstleistungen nachgewiesen sein müsse.

Der Anmelder beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und die Marke einzutragen.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen; wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.

II.

1) Die Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke steht für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jedenfalls das Schutzhindernis aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Der fremdsprachigen Wortmarke fehlt die Unterscheidungskraft, weil die beteiligten inländischen Verkehrskreise, d. h. der Handel und/oder die Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren, deren Bedeutung erkennen, zumal "Intact" dem entsprechenden deutschen Begriff "Intakt" recht ähnlich ist und ein "k" häufig durch ein "c" ersetzt wird.

Unproblematisch nicht unterscheidungskräftig ist die angemeldete Marke, soweit sie die angebotenen Waren als "funktionstüchtig" beschreibt. Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft, weil das Publikum in der angemeldeten Marke keinen Herkunftshinweis erblickt. Bei Wortmarken ist nämlich von fehlender Unterscheidungskraft auch dann auszugehen, wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, welches die Verbraucher stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen (BGH GRUR 2003, 1050 -CITYSERVICE).

2) Soweit die Anmelderin rügt, die Versagung der Eintragung der von ihr angemeldeten Marke sei in Anbetracht der Voreintragungen vergleichbarer Marken willkürlich und verletze das Gleichbehandlungsgebot, vermag dies eine Zurückverweisung nicht zu rechtfertigen. Voreintragungen entfalten nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung keine Bindungswirkung. Die seitens der Anmelderin angeführten, angeblich vergleichbaren eingetragenen Marken sind nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens; von daher verbietet sich die Prüfung, ob deren Registrierung im Einzelfall rechtmäßig war oder nicht.

Die deutsche Rechtsprechung geht von jeher davon aus, dass Voreintragungen -selbst identischer Marken -weder für sich, noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung zu befinden haben (vgl. z. B. BGH GRUR 1997, 527, 529 -Autofelge; BlPMZ 1998, 248 -Today; zuletzt ausführlich BPatG GRUR 2007, 333, 335 -Papaya; BlPMZ 2008, 29 -Topline). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Im Recht der Europäischen Gemeinschaft (Markenrichtlinie, GMV) gilt nichts abweichendes, wie der Europäische Gerichtshof in den letzten Jahren mehrfach festgestellt hat (vgl. z. B. GRUR 2004, 428, Nr. 63 -Henkel; GRUR 2004, 674, Nr. 43, 44 -Postkantoor; GRUR 2006, 229, Nr. 47 -BioID). Eintragungen von Marken in das Gemeinschaftsmarkenregister oder in die Register einzelner Staaten können zwar Beachtung finden, führen aber nicht zu einer rechtlichen Bindung der nationalen Markenämter. Diese Beurteilung gilt erst recht für das -was Deutschland anbetrifft -von Verfassungs wegen ausschließlich an Recht und Gesetz gebundene (Art. 20 Abs. 3 i. V. m. Art. 97 Abs. 1 GG) und funktional verselbständigte Bundespatentgericht.

Im Übrigen betraf die Entscheidung des HABM, R0505/05-4 vom 2. Oktober 2006 zu "Intakt-Reisen" Dienstleistungen, wie Veranstaltung von Reisen, wo "intakt" keine Eigenschaft beschreibt.

Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens (gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 148 ZPO in entsprechender Anwendung) liegen damit nicht vor. Nach dieser Bestimmung kann, sofern die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, angeordnet werden, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits ausgesetzt wird. Abgesehen davon, dass die Entscheidung über die Aussetzung im pflichtgemäßen Ermessen des Senats steht, mithin grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf deren Anordnung besteht, begründet das Vorabentscheidungsersuchen des 29. Senats des Bundespatentgerichts zu "Schwabenpost" keine Vorgreiflichkeit für die Entscheidung im vorliegend anhängigen Beschwerdeverfahren (vgl. auch BGH GRUR 2005, 615, 616). In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist bereits geklärt, dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Eintragbarkeit von Marken ausschließlich auf der Grundlage des (geschriebenen) Gesetzesrechts, nicht aber im Hinblick auf eine vorherige Entscheidungspraxis zu beurteilen ist (vgl. die zeitlich nach dem Vorlagebeschluss zu "Schwabenpost" ergangenen Beschlüsse MarkenR 2008, 160, Nr. 43, 44 -HAIRTRANSFER und MarkenR 2008, 163 -Terranus). Auch der Bundesgerichtshof hat nach Veröffentlichung des Vorlagebeschlusses zu "Schwabenpost" an der gefestigten bisherigen Rechtsprechung zur (fehlenden) Bedeutung von Voreintragungen festgehalten (vgl. WRP 2008, 1428, 1431, Nr. 18 -MarleneDietrich-Bildnis).

3) Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.

4) Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sieht der Senat keine Veranlassung. Es ist weder ersichtlich noch von der Anmelderin aufgezeigt, dass der vorliegende Fall eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwirft. Die Entscheidung des Senats erschöpft sich vielmehr in der einzelfallbezogenen Anwendung höchstrichterlich geklärter Beurteilungsgrundsätze.

Dr. Albrecht Kruppa Lehner Pü






BPatG:
Beschluss v. 10.03.2009
Az: 27 W (pat) 115/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/35c8bd38378d/BPatG_Beschluss_vom_10-Maerz-2009_Az_27-W-pat-115-08




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share