Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Juli 2000
Aktenzeichen: 23 W (pat) 20/98

(BPatG: Beschluss v. 04.07.2000, Az.: 23 W (pat) 20/98)

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse H 01 L des Deutschen Patentamts vom 13. Januar 1998 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I Die Anmelderin hat am 16. Juli 1993 eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Halbleitersubstrat und Verfahren zu dessen Behandlung" beim Deutschen Patentamt eingereicht und für diese Anmeldung die Unionsprioritäten zweier Voranmeldungen in Japan vom 17. Juli 1992 (Az 191118/92) und vom 28. Dezember 1992 (Az 349538/92) in Anspruch genommen. Die ursprünglichen Unterlagen enthalten 10 Patentansprüche, von denen die voneinander unabhängigen Ansprüche 1, 3 und 4 jeweils auf ein Verfahren zur Behandlung eines Halbleitersubstrats gerichtet sind, wohingegen der ebenfalls unabhängige Anspruch 9 ein Halbleitersubstrat betrifft.

Diese Anmeldung hat die zuständige Prüfungsstelle für Klasse H 01 L des Deutschen Patentamts mit Beschluß vom 13. Januar 1998 zurückgewiesen. Sie hat ihre Entscheidung damit begründet, daß das Verfahren zur Behandlung eines Siliciumsubstrats nach dem mit Schriftsatz vom 15. Mai 1995 eingereichten nebengeordneten Patentanspruch 2 gegenüber dem Stand der Technik nach der Literaturstelle "Appl. Phys. Lett." Bd 46, Nr 5, 1985, S 516-518, nicht patentfähig sei. Hinsichtlich des neugefaßten (Verfahrens-)Anspruchs 1 ist ausgeführt, daß es im Hinblick darauf, daß über eine Anmeldung nur ganzheitlich entschieden werden könne, nicht mehr darauf ankomme, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem aus der europäischen Offenlegungsschrift 0 060 676 bekannten Stand der Technik patentfähig sei oder nicht.

Gegen diesen Zurückweisungsbeschluß hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und mit der Beschwerdebegründung vom 12. Januar 1999 geänderte Patentansprüche 1 bis 6 vorgelegt.

In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin nach Erörterung der Sach- und Rechtslage zuletzt einen neuen Patentanspruch 2 vorgelegt und die Auffassung vertreten, daß sowohl die beiden weiterverfolgten alternativen Verfahren zur Behandlung eines Siliciumsubstrats nach den geltenden nebengeordneten Ansprüchen 1 und 2 als auch das Siliciumsubstrat nach dem nebengeordneten Anspruch 6 durch den nachgewiesenen Stand der Technik, einschließlich der im Prüfungsverfahren noch genannten Druckschriften, nämlich der deutschen Offenlegungsschrift 33 45 075 und der US-Patentschrift 4 666 532, nicht patenthindernd getroffen seien.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß vom 13. Januar 1998 aufzuheben und das Verfahren zur Prüfung des Anspruchs 2 in der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fassung und der geltenden Ansprüche 1 sowie 3 bis 6 an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Hilfsweise regt sie an, die Rechtsbeschwerde zur Frage zuzulassen, ob der Senat in bezug auf einen Teil der Anmeldung eine endgültige Entscheidung treffen darf, zu dem die Prüfungsstelle im angefochtenen Beschluß eine Stellungnahme ausdrücklich abgelehnt hat und die sachlichen Bedenken des Senats zur Frage der Patentfähigkeit aufgrund der Beurteilung der vorliegenden Unterlagen durch den Vertreter nicht abschließend erörtert werden konnten.

Die geltenden Patentansprüche 1 bis 6 haben folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Behandlung eines Siliciumsubstrats, das den Schritt einschließt, daß man ein Siliciumsubstrat einer Hitzebehandlung in einer Gasatmosphäre unterwirft, wobei das Verfahren den Schritt umfaßt, daß man - die Hitzebehandlung bei Temperaturen nicht unter 1.100 ¡C in einer nicht oxidierenden Atmosphäre durchführt, und - Hitzebehandlungsschritte, die vor der Hitzebehandlung durchgeführt werden, mit der das Siliciumsubstrat in einer nicht oxidierenden Atmosphäre behandelt wird, in der Weise durchgeführt werden, daß die Hitzebehandlungstemperatur und die Hitzebehandlungszeit in einen Bereich fallen, der unterhalb einer Linie in einer graphischen Darstellung liegt, in der die Hitzebehandlungstemperatur auf der Abszisse aufgetragen ist und die Hitzebehandlungszeit auf der Ordinate der graphischen Darstellung aufgetragen ist, die die vier Punkte (900 ¡C, 4 Minuten); (800 ¡C, 40 Minuten); (700 ¡C, 11 Stunden) und (600 ¡C, 320 Stunden) verbindet.

2. Verfahren zur Behandlung eines Siliciumsubstrats für hochintegrierte Schaltungen, bestehend aus den Schritten, daß man - ein Siliciumsubstrat einer Hitzebehandlung bei einer Temperatur nicht unter 1.100 ¡C in einer oxidierenden Atmosphäre unter Bildung eines Oxidfilms auf der Oberfläche des Siliciumsubstrats unterwirft; in einem Folgeschritt - den Oxidfilm unter Freilegung der Oberfläche des Siliciumsubstrats entfernt; und - danach das Siliciumsubstrat mit der freigelegten Oberfläche einer Hitzebehandlung in einer Edelgas-Atmosphäre oder Wasserstoffgas-Atmosphäre für die Zeit von ³ 1h bei 1.200 ¡C unterwirft.

3. Verfahren nach Anspruch 2, worin der Oxidfilm vor der in einer Edelgas-Atmosphäre oder in einer Wasserstoffgas-Atmosphäre durchgeführten Hitzebehandlung vollständig entfernt wird.

4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Hitzebehandlung in einer Edelgas-Atmosphäre oder einer Wasserstoffgas-Atmosphäre bei einer Temperatur nicht unter 1.200 ¡C für wenigstens 1 Stunde durchgeführt wird.

5. Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Konzentration von Sauerstoffgas, Stickstoffgas oder Gas auf Basis von Kohlenstoff in der Edelgas-Atmosphäre oder Wasserstoffgas-Atmosphäre nicht höher als 10 ppb ist.

6. Siliciumsubstrat, das einen ersten Bereich, der zwischen der Hauptoberfläche und einer Ebene definiert ist, die eine Tiefe von 10 µm hat, gemessen von der Hauptoberfläche, wobei der erste Bereich eine Defektdichte nicht über 107 Defekte/cm3 aufweist, und einen zweiten Bereich umfaßt, der so definiert ist, daß er tiefer liegt als eine Ebene mit einer Tiefe von 50 µm, gemessen von der Hauptoberfläche, wobei der zweite Bereich eine konstante Defektdichte aufweist, die in einen Bereich zwischen 107 Defekte/cm3 und 109 Defekte/cm3 fällt, wobei die Defektdichte innerhalb des Bereichs, der zwischen dem ersten und dem zweiten Bereich liegt, in Richtung auf die Hauptoberfläche zurückgeht und der erste Bereich einen Bereich einschließt, der näher zur Hauptoberfläche liegt und eine Defektdichte nicht über 106/cm3 liegt."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt ohne Erfolg. Denn der Gegenstand des im Rahmen des gestellten (einzigen) Antrags weiterverfolgten Nebenanspruchs 2 erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als nicht patentfähig.

1.) Die Patentanmeldung geht nach den Angaben der Anmelderin in der Beschreibungseinleitung (S 1 Abs 1 bis 3) von herkömmlichen Verfahren zur Herstellung von Silicium-Wafern für hochintegrierte Schaltungen (LSI) aus, wobei zunächst ein säulenförmiger Siliciumkristall nach dem Czochralski-Ziehverfahren hergestellt wird, der unter Erhalt eines kreisförmigen Silicium-Wafers geschnitten wird. Anschließend wird der so erhaltene Silicium-Wafer für hochintegrierte Schaltungen weiterbehandelt.

Als nachteilig wird von der Anmelderin angesehen (Beschreibung S 1 Abs 4 bis S 3 le Abs), daß speziell dann, wenn ein Silicium-Wafer (Siliciumsubstrat) oxidiert wird, in dessen Oberflächenbereich durch Oxidation induzierte Stapelfehler (oxidationinduced stacking faults, abgekürzt OSF) gebildet werden, die zu einer Verschlechterung der charakteristischen elektrischen Eigenschaften des herzustellenden LSI-Bauelements führen. Auch führen überschüssige Sauerstoffmengen beim Czochralski-Ziehverfahren zur Bildung von Mikrodefekten im Siliciumsubstrat (bulk micro defects, abgekürzt BMD), die ebenfalls die charakteristischen Element-Eigenschaften beeinträchtigen können.

Dem Anmeldungsgegenstand liegt demzufolge das technische Problem (die Aufgabe) zugrunde, ein Verfahren zur Behandlung eines Siliciumsubstrats sowie ein Siliciumsubstrat bereitzustellen, bei dem die Bildung von durch Oxidation induzierten Stapelfehlern - OSF - oder Mikrodefekten im Substrat - BMD - unterdrückt ist, die eine Verschlechterung der charakteristischen Eigenschaften des Elements mit sich bringt (Beschreibung S 4 Abs 1 und 2).

Dieses Problem soll durch die in den geltenden nebengeordneten Ansprüchen 1 und 2 genannten Verfahren bzw durch das im nebengeordneten Anspruch 6 genannte Siliciumsubstrat gelöst werden.

Hinsichtlich der Offenbarung des geltenden Anspruchs 1 verweist die Anmelderin auf die ursprünglichen Ansprüche 1 und 2. Der nebengeordnete Anspruch 2 wird hinsichtlich seines technischen Inhalts auf die ursprünglichen Ansprüche 4 bis 6 und 8 gestützt. Zur Offenbarung des geltenden Anspruchs 6 verweist die Anmelderin auf die ursprünglichen Ansprüche 9 und 10 in Verbindung mit der ursprünglichen Figur 7 und zugehöriger Beschreibung.

2.) Das Verfahren zur Behandlung eines Siliciumsubstrats für hochintegrierte Schaltungen nach dem Nebenanspruch 2 ist zwar gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik neu; es beruht jedoch gegenüber dem Stand der Technik nach der Literaturstelle "Appl. Phys. Lett." Bd 46, Nr 5, 1985, S 516-518 und der US-Patentschrift 4 666 532 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Durchschnittsfachmanns, der hier als ein mit der Herstellung und Behandlung von Siliciumsubstraten für hochintegrierte Schaltungen vertrauter, berufserfahrener Diplom-Physiker oder Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Halbleitertechnik mit Universitätsabschluß zu definieren ist.

Aus der genannten Literaturstelle "Appl. Phys. Lett." 1985 ist ein Verfahren zur Behandlung eines - nach dem Czochralski-Ziehverfahren hergestellten - Siliciumsubstrats bekannt (Czochralski grown ptype silicon wafer with (100) orientation and resistivity of 3-4 ½ cm), mit dem durch Oxidation induzierte Stapelfehler unterdrückt werden (shrinkage of oxidationinduced stacking faults - OSF's) und das im wesentlichen aus den drei folgenden Verfahrensschritten besteht:

- das Siliciumsubstrat wird einer Hitzebehandlung bei einer Temperatur von 1100 ¡C - dh "nicht unter 1100 ¡C" entsprechend dem Anspruchswortlaut - in einer oxidierenden Atmosphäre unter Bildung eines Oxidfilms auf der Oberfläche des Siliciumsubstrats unterworfen,

- in einem Folgeschritt wird der Oxidfilm unter Freilegung der Oberfläche des Siliciumsubstrats - zumindest teilweise - entfernt (patterned to alternate stripes of oxide and bare silicon), und - danach wird das Siliciumsubstrat mit der freigelegten Oberfläche einer Hitzebehandlung in einer Stickstoff-Atmosphäre von bis zu 20 Stunden bei 950 bis 1100 ¡C unterworfen, vgl insbes S 516 liSp vorle Abs iVm dem Abstract auf S 516.

Der Auffassung der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung, daß die Entgegenhaltung "Appl. Phys. Lett." 1985 lediglich eine wissenschaftliche Untersuchung von Stapelfehlern in Siliciumsubstraten und deren Ausheilung, und nicht - wie beansprucht - die Behandlung eines Siliciumsubstrats für hochintegrierte Schaltungen betreffe, kann nicht gefolgt werden. Denn wie vorstehend dargelegt, sollen mit dem bekannten Verfahren - entsprechend der dem Anmeldungsgegenstand zugrundeliegenden Aufgabe - zum einen OSF's unterdrückt werden, die für den Fachmann am Prioritätstag als ursächlich für die Verschlechterung der charakteristischen elektrischen Eigenschaften von Halbleiterbauelementen bekannt sind, und zum anderen deutet das dort benutzte Ausgangsmaterial, nämlich Czochralskigezogenes p-Siliciumsubstrat mit (100)-Orientierung und einem spezifischen Widerstand von 3-4 ½ cm, unmittelbar auf die Verwendung für Halbleiterbauelemente, insbesondere auch für hochintegrierte Schaltungen, hin (vgl zum Beleg dieses fachnotorisch bekannten Wissens des Durchschnittsfachmanns zB die in "Appl. Phys. Lett." 1985 in der Beschreibungseinleitung (S 516 liSp 1. Abs) in Bezug genommene Literaturstelle (3): "Appl. Phys. Lett." Bd 35, 1979, S 797-799, insbes S 797 liSp Abs 1).

Vergeblich macht die Anmelderin außerdem geltend, daß beim Stand der Technik - im Unterschied zur Lehre des Anspruchs 2 - der Oxidfilm nur teilweise entfernt werde. Da nämlich beim Anmeldungsgegenstand nach dem geltenden, auf den Nebenanspruch 2 zurückbezogenen Anspruch 3, und damit erst im Rahmen einer vorteilhaften Weiterbildung der Oxidfilm vollständig entfernt wird, ist davon auszugehen, daß nach der Lehre des übergeordneten Nebenanspruchs 2 eine teilweise Entfernung des Oxidfilms nicht ausgeschlossen ist, wie auch schon die Prüfungsstelle im angefochtenen Beschluß zutreffend dargelegt hat.

Somit unterscheidet sich der Gegenstand des geltenden Nebenanspruchs 2 von diesem bekannten Verfahren nur noch dadurch, daß die abschließende Hitzebehandlung in einer Edelgas- oder Wasserstoff-Atmosphäre bei 1200 ¡C - anstelle der Hitzebehandlung in einer Stickstoff-Atmosphäre bei zB 1100 ¡C beim Stand der Technik - durchgeführt wird.

In diesem Unterschied kann jedoch keine Maßnahme von erfinderischer Qualität gesehen werden.

Aus der ebenfalls die Unterdrückung (Ausheilung) von herstellungsbedingten Gitterfehlern im Siliciumsubstrat (denuding silicon substrates, retrogrowth of stacking faults) betreffenden - und daher einschlägigen - US-Patentschrift 4 666 532 ist ein Verfahren zur Behandlung eines Siliciumsubstrats für hochintegrierte Schaltungen bekannt, bei dem das Substrat, nachdem es bei einer Temperatur von vorzugsweise 1100-1175 ¡C einer oxidierenden Atmosphäre unterworfen worden ist, in dem abschließenden Hitzebehandlungsschritt in einer Inertgas-Atmosphäre, wie Stickstoff und/oder Argon, bei 1050-1250 ¡C für bis zu 6 h (400 minutes) unterworfen wird, vgl dort die Ansprüche 1, 3 und 4 iVm Sp 3 le Abs, insbes Z 63 bis 68 und Sp 1 Abs 1 und 2.

Im Hinblick auf die mit dieser Hitzebehandlung erreichten Vorteile zur Ausdiffusion von Sauerstoff (oxygen denuded zone) und zum Ausheilen (anneal) des Substrats, liegt es im Rahmen des fachmännischen Handelns des Durchschnittsfachmanns, die genannte Alternative für die abschließende Hitzebehandlung, nämlich eine Argon-Atmosphäre anstelle Stickstoff und eine Temperatur von 1200 ¡C zumindest versuchsweise mit in Betracht zu ziehen, zumal auch bei dem og bekannten Verfahren nach "Appl. Phys. Lett." 1985 eine Temperaturbehandlung oberhalb 1100 ¡C zur Unterdrückung der OSF's nicht ausgeschlossen ist, vgl dort das Abstract auf S 516 le Satz und S 518 reSp 2. Abs.

Ausgehend von dem genannten Stand der Technik gelangt der Fachmann somit ohne erfinderisches Zutun zu dem im geltenden Patentanspruch 2 gelehrten Verfahren.

Das Verfahren zur Behandlung eines Siliciumsubstrats für hochintegrierte Schaltungen nach dem Nebenanspruch 2 ist daher nicht patentfähig.

3.) Der beantragten Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt konnte nicht stattgegeben werden.

Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Zurückverweisung nach § 79 Abs 3 PatG nicht in Betracht zu ziehen, wenn das Gericht aufgrund des ihm vorliegenden Materials zu einer abschließenden Sachentscheidung in der Lage, die Sache also entscheidungsreif ist (BGH BlPMZ 1992, 496,. 498 reSp - "Entsorgungsverfahren"; Busse, Keukenschrijver PatG, GebrMG, 5. Aufl, § 79 Rdn 54 mwNachw; Benkard, PatG, GebrMG, 9. Aufl, § 79 Rdn 26). Ein solcher Fall liegt hier vor.

Ein Patent kann nur so erteilt werden, wie es beantragt ist (BGH GRUR 1979, 220, 221 - "-Wollastonit"; BGH GRUR 1997, 120, 122 - "Elektrisches Speicherheizgerät" mwNachw). Bei einer Mehrzahl von Patentansprüchen ist Gegenstand des Antrags auf Patenterteilung die Gesamtheit der eingereichten Patentansprüche, nicht der einzelne Patentanspruch.

Im vorliegenden Fall konnte dem Antrag nicht stattgegeben werden, weil jedenfalls der Gegenstand des nebengeordneten Anspruchs 2 - wie dargelegt - nicht patentfähig ist. Zu den Gegenständen der weiteren Patentansprüche brauchte daher nicht mehr gesondert abschließend Stellung genommen werden. Im übrigen ist es nicht Sache des Bundespatentgerichts, im Beschwerdeverfahren - ungeachtet der sich aus § 308 ZPO ergebenden Grenzen - zugunsten der Anmelderin aus ihrem Antrag einen (möglicherweise) patentfähigen Gegenstand gleichsam "herauszusuchen" (BGH "Elektrisches Speicherheizgerät" aaO, S 122 liSp Mitte). Von der der Anmelderin zustehenden Dispositionsbefugnis, hilfsweise mehrere Begehren innerhalb ihrer Anmeldung zu verfolgen oder die Anmeldung zu teilen, hat die Anmelderin keinen Gebrauch gemacht.

4.) Die von der Anmelderin angeregte Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil sie keine für die Entscheidung relevante Rechtsfrage betrifft (vgl Busse, Keukenschrijver, PatG, 5. Aufl, § 100 Rdn 64, siehe die dort zitierte einschlägige BGH-Rechtsprechung). Denn seitens des Senats war über den Teil der Anmeldung, zu dem die Prüfungsstelle im angefochtenen Beschluß nicht endgültig Stellung genommen hat, - wie dargelegt - im Rahmen des von der Anmelderin gestellten Antrags nicht zu entscheiden.

Dr. Beyer Dr. Meinel Lokys Martens Fa






BPatG:
Beschluss v. 04.07.2000
Az: 23 W (pat) 20/98


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