Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Dezember 2003
Aktenzeichen: 15 W (pat) 23/02

(BPatG: Beschluss v. 01.12.2003, Az.: 15 W (pat) 23/02)

Tenor

Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung Spalten 1 und 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf die am 14. Mai 1997 eingereichte Patentanmeldung, für die die innere Priorität vom 29. Mai 1996 in Anspruch genommen wurde, hat das Deutsche Patent- und Markenamt das Patent 197 20 067 mit der Bezeichnung

"Vorbeschichtete Mineralwollelamellenplatte und Verfahren zur Herstellung derselben"

erteilt.

Nach Prüfung zweier dagegen eingelegter Einsprüche hat die Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent mit Beschluß vom 7. Juni 2002 beschränkt aufrechterhalten. Dem Beschluß lagen die am 30. Mai 2000 eingereichten Patentansprüche 1 bis 3 zugrunde. Diese hatten folgenden Wortlaut:

"1. Vorbeschichtete Mineralwollelamellenplatten, deren mit dem Untergrund zu verklebenden Schnittflächen vorbeschichtet sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Vorbeschichtung besteht aus einem vorzugsweise runden Monokorn möglichst enger Korngrößenverteilung definiert durch den Parameter n ³ 9 ermittelt nach DIN 66 145 unter Vernachlässigung von je 1 % Überkorn und Unterkorn, wobei die Durchschnittsgröße des Monokorns im Bereich von 1 bis 4 mm, vorzugsweise 2 bis 4 mm liegt, wobei das Monokorn mit der Mineralwollelamellenplatte verklebt ist mit einem ausgehärteten ein- oder mehrkomponentigen Reaktionsharz, oder einem Heißschmelzkleber oder einem erst beim Erhitzen reagierenden Reaktivkleber.

2. Verfahren zur Herstellung von Mineralwollelamellenplatten, deren mit dem Untergrund zu verklebenden Schnittflächen vorbeschichtet sind, dadurch gekennzeichnet, daß diese Schnittflächen vorbeschichtet werden mit einem klebenden, vorzugsweise runden Monokorn möglichst enger Korngrößenverteilung definiert durch den Parameter n ³ 9 ermittelt nach DIN 66 145 unter Vernachlässigung von je 1 % Überkorn und Unterkorn, wobei die Durchschnittsgröße des Monokorns im Bereich von 1 bis 4 mm, vorzugsweise 2 bis 4 mm liegt, wobei dieses Monokorn vorbeschichtet ist mit einem ein- oder mehrkomponentigen Reaktionsharz, oder einem Heißschmelzkleber oder einem erst beim Erhitzen reagierenden Reaktivkleber, woraufhin man je nach verwendeten Kleber diesen abbinden läßt oder zum Abbinden bringt.

3. Verfahren gemäß Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Schicht aus Monokorn während des Abbindens mit der Mineralwollelamellenplatte verpreßt wird."

In diesen Ansprüchen hat die Patentabteilung die im Tenor des Beschlusses angegebenen Korrekturen von Rechtschreibefehlern vorgenommen.

Als Stand der Technik wurden folgende Druckschriften berücksichtigt:

(1) US 5 516 573 A,

(2) DE 44 12 636 A1,

(3) DE 37 23 155 A1,

(4) US 4 585 685,

(5) WO 95/33 105 A1,

(6) DE 32 48 663 C1,

(7) DE 44 38 627 C1,

(8) DE 40 32 769 A1,

(9) AT 378 805 B,

(10) DE 32 23 246 A1,

(11) DE 34 29 251 C2,

(12) DE 41 19 353 C1,

(13) DE 1 003 427 B.

Gegen diesen Beschluß haben die Einsprechenden Beschwerde eingelegt. Die ordnungsgemäß geladene Einsprechende I hat die Beschwerde nicht begründet und ist auch zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Die Einsprechende II hat vorgetragen, daß der Streitgegenstand bei Kenntnis des Standes der Technik, wie er in WO 95/33 105 A1 (5), DE 40 32 769 A1 (8) oder AT 378 805 B (9) beschrieben ist, jeweils in Verbindung mit dem Fachwissen des auf diesem Gebiet tätigen Fachmanns, auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Einsprechende II beantragt, das Patent zu widerrufen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Patentinhaberin neue Patentansprüche 1 bis 3 überreicht. Diese lauten:

"1. Vorbeschichtete Mineralwollelamellenplatte, deren mit dem Untergrund zu verklebende Schnittfläche vorbeschichtet ist, erhältlich durch ein Verfahren, bei dem diese Schnittfläche vorbeschichtet wird mit einem klebenden, vorzugsweise runden Monokorn möglichst enger Korngrößenverteilung definiert durch den Parameter n ³ 9 ermittelt nach DIN 66 145 unter Vernachlässigung von je 1 % Überkorn und Unterkorn, wobei die Durchschnittsgröße des Monokorns im Bereich von 1 bis 4 mm, vorzugsweise 2 bis 4 mm liegt, wobei dieses Monokorn vorbeschichtet ist mit einem ein- oder mehrkomponentigen Reaktionsharz, oder einem Heißschmelzkleber oder einem erst beim Erhitzen reagierenden Reaktivkleber, woraufhin man je nach verwendetem Kleber diesen abbinden läßt oder zum Abbinden bringt, wobei die Schnittfläche derart vorbeschichtet ist, dass die Plattenoberfläche genügend offenen Porenraum behält, dass die Wasserdampfdurchlässigkeit gewährleistet ist.

2. Verfahren zur Herstellung einer Mineralwollelamellenlatte, deren mit dem Untergrund zu verklebenden Schnittfläche vorbeschichtet ist, dadurch gekennzeichnet, dass diese Schnittfläche vorbeschichtet wird mit einem klebenden, vorzugsweise runden Monokorn möglichst enger Korngrößenverteilung definiert durch den Parameter n ³ 9 ermittelt nach DIN 66 145 unter Vernachlässigung von je 1 % Überkorn und Unterkorn, wobei die Durchschnittsgröße des Monokorns im Bereich von 1 bis 4 mm, vorzugsweise 2 bis 4 mm liegt, wobei dieses Monokorn vorbeschichtet ist mit einem ein- oder mehrkomponentigen Reaktionsharz, oder einem Heißschmelzkleber oder einem erst beim Erhitzen reagierenden Reaktivkleber, woraufhin man je nach verwendeten Kleber diesen abbinden läßt oder zum Abbinden bringt, wobei die Schnittfläche derart vorbeschichtet wird, dass die Plattenoberfläche genügend offenen Porenraum behält, dass die Wasserdampfdurchlässigkeit gewährleistet ist.

3. Verfahren gemäß Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Schicht aus Monokorn während des Abbindens mit der Mineralwollelamellenplatte verpresst wird."

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 bis 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung Spalten 1 und 2, ebenfalls überreicht in der mündlichen Verhandlung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerden der Einsprechenden sind frist- und formgerecht eingelegt worden (PatG § 73). Sie sind insofern erfolgreich, als das Patent beschränkt wurde.

1. Bezüglich einer ausreichenden Offenbarung der geltenden Patentansprüche bestehen keine Bedenken. Die Merkmale des Patentanspruchs 1 finden sich in den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 3 in Verbindung mit dem ursprünglichen Anspruch 2 und der ursprünglichen Beschreibung Seite 4 Absatz 3. der Patentanspruch 2 läßt sich ableiten aus dem ursprünglichen Anspruch 3 in Verbindung mit dem ursprünglichen Anspruch 2 und der ursprünglichen Beschreibung Seite 4 Absatz 3. Der Patentanspruch 3 entspricht dem ursprünglichen Anspruch 4. In der Patentschrift finden sich die Merkmale der geltenden Patentansprüche in den Ansprüchen 1 bis 4 in Verbindung mit der Beschreibung Spalte 2 Zeilen 39 bis 42.

2. Die Neuheit der beanspruchten vorbeschichteten Mineralwollelamellenplatte wird von den Beschwerdeführerinnen nicht bestritten. Sie ist auch gegeben, da in keiner der im Verfahren erörterten Druckschriften eine Mineralwollelamellenplatte mit den Merkmalen vorbeschrieben ist, daß die Vorbeschichtung aus einem klebenden Monokorn besteht und das Monokorn der Vorbeschichtung eine möglichst enge Korngrößenverteilung, definiert durch den Parameter n ³ 9 nach DIN 66 145 unter Vernachlässigung von je 1 % Überkorn und Unterkorn hat.

In WO 95/33 105 (5) werden zwar auch Mineralwollelamellenplatten beschichtet. Über die Zusammensetzung des dazu verwendeten Klebemörtels und über die Korngrößenverteilung und ggf die Vorbeschichtung des verwendeten Korns macht diese Druckschrift keine Angaben.

Nach der Lehre der DE 40 32 769 A1 (8) werden ua Basaltfaserlamellenplatten beschichtet, wobei Klebemörtel verwendet werden, deren mineralische Füllstoffe einen Korndurchmesser von 1,5 bis 2,5 mm aufweisen. Es werden bei diesem bekannten Verfahren zwar auch Kunstharzmassen, zB PUR-Massen als Kleber verwendet, aber es läßt sich dieser Druckschrift weder entnehmen, daß die Füllstoffkörner vor dem Auftrag beschichtet werden und damit klebrig gemacht werden, noch ist dieser bekannten Druckschrift eine patentgemäße Definition des Monokorns zu entnehmen.

Lamellenplatten werden auch nach der in der AT-PS 378 805 B (9) offenbarten Lehre mit einem Klebemörtel bestehend aus einem Kunstharz und einem Zuschlagstoff wie Sand, geblähten Mineralien usw beschichtet. Aber auch dieser Druckschrift ist die Verwendung eines Monokorn mit ganz bestimmter Kornverteilung nicht zu entnehmen.

Da die anderen im Verfahren bekannt gewordenen Druckschriften einen noch weiter entfernt liegenden Stand der Technik beschreiben, ist die Neuheit des Patentgegenstandes gegeben.

3. Die Entwicklung der beanspruchten Mineralwollelamellenplatte beruht auch auf der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit.

Mit dem vorliegenden Patentbegehren soll die Aufgabe gelöst werden, vorbeschichtete Mineralwollelamellenplatten, deren mit dem Untergrund zu verklebenden Schnittflächen vorbeschichtet sind, zur Verfügung zu stellen, die anstelle von Klebemörteln oder Kunststoffdispersionen eine Beschichtung aufweisen, die zumindest genausogut haftet, leicht aufzutragen ist und die gewünschte Versteifung gewährleistet, um auf eine vollflächige Verklebung verzichten zu können.

Gelöst werden soll diese Aufgabe durch die Maßnahmen der Patentansprüche 1 und 2, dh, durch eine vorbeschichtete Mineralwollelamellenplatte, die folgende Merkmale aufweist:

1. Eine mit dem Untergrund zu verklebende vorbeschichtete Schnittfläche.

2. Dazu wird diese Schnittfläche mit einem klebenden, vorzugsweise runden Monokorn 3. möglichst enger Korngrößenverteilung, definiert durch den Parameter n ³ 9 ermittelt nach DIN 66 145, unter Vernachlässigung von je 1 % Überkorn und Unterkorn beschichtet, 4. wobei die Durchschnittsgröße des Monokorns im Bereich von 1 bis 4 mm, vorzugsweise 2 bis 4 mm liegt;

5. dabei ist dieses Monokorn vorbeschichtet mit einem ein- oder mehrkomponentigen Reaktionsharz oder einem Heißschmelzkleber oder einem erst beim Erhitzen reagierenden Reaktivkleber, 6. woraufhin man je nach verwendetem Kleber diesen abbinden läßt oder zum Abbinden bringt.

7. Die Schnittfläche ist derart beschichtet, daß die Plattenoberfläche genügend offenen Porenraum behält, daß die Wasserdampfdurchlässigkeit gewährleistet ist.

Der diesem Patentgegenstand nächstliegende Stand der Technik ist in der WO 95/33 105 (5) beschrieben, in der auch ein Verfahren zum Verkleben der Schnittflächen von Mineralwollelamellenplatten mit einem Untergrund beschrieben ist. Wie beim beanspruchten Gegenstand soll auch dort die mit dem Untergrund zu verklebende Schnittfläche vorbeschichtet werden (Merkmal 1), wobei als Beschichtungsmittel ein Klebemörtel, (zB MF 700) verwendet wird, der auch später zum Verkleben der Platte mit dem Untergrund dienen soll. Daß dieser Klebemörtel MF 700 die Eigenschaften hat, die in den Merkmalen 2 bis 4 des Streitpatents beschrieben sind, ist aus (5) nicht ersichtlich und wurde auch von der Beschwerdeführerin II nicht vorgetragen. Genausowenig ist vorbeschrieben, daß die Plattenoberfläche genügend offenen Porenraum haben soll, damit die Wasserdampfdurchlässigkeit gewährleistet ist.

Aus der DE 40 32 769 A1 (8) ist ein Wärmedämmungssystem bekannt, das zB aus einzelnen Basaltfaserlamellenplatten besteht, die nach dem Befestigen an der Wand mit einer Beschichtung überdeckt werden (im Gegensatz zu Merkmal 1). In dieser Druckschrift wird zwar ein Füllstoff mit einem Korndurchmesser von 1,5 bis 2,5 mm beschrieben (dortiges Beispiel 14), aber eine weitere Definition des Füllstoffs, wie in den Merkmalen 2 und 3 des Streitpatents, ist in (8) nicht erkennbar. Auch wird in (8) ausgeführt, daß die Beschichtung vollflächig sein kann und dabei in der Lage sei, das Eindringen von Feuchtigkeit in den Dämmstoff zu verhindern (vgl (8) Sp 1 Z 53 bis 55). Dies steht im Gegensatz zum Streitpatent, bei dem die Beschichtung vollflächig sein muß, aber dabei darauf geachtet werden muß, daß die Plattenoberfläche genügend offenen Porenraum behält, damit die Wasserdampfdurchlässigkeit gewährleistet ist (vgl Merkmal 7 iVm dem Streitpatent Sp 2 Z 11 bis 17). Diese Druckschrift führt also in eine andere Richtung als das Streitpatent.

Die AT-PS 378 805 B (9) betrifft eine Wärmedämmplatte oder -matte mit einer Dämmschicht auf Basis von Mineralfasern, die überwiegend im rechten Winkel zur Dämmschichtoberfläche orientiert sind und einer Überzugsschicht für diese Oberfläche. Bei diesen bekannten Platten besteht die Überzugsschicht aus zB Kunststoffharzen und Füllstoffen wie zB Sand und geblähten Mineralien (vgl (9) Anspruch 1 in Verbindung mit der Beschreibung Seite 4 Zeilen 22 bis 32). Aber auch dieser Druckschrift sind weitere Angaben zum Füllstoff, wie in den Merkmalen 2 bis 4, oder zu den Eigenschaften der Platte, wie in Merkmal 7, nicht zu entnehmen.

Die weiteren Druckschriften liegen auch bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit weiter entfernt.

Die Definition der Füllstoffkörner, insbesondere der Korngrößenverteilung gemäß den Merkmalen 2 bis 4, aber auch die Verfahrensschritte gemäß Merkmal 2 und 7 sind im vorliegenden Stand der Technik in ihrer Bedeutung bei der Entwicklung der beanspruchten Mineralwollelamellenplatte nicht erkannt und vorbeschrieben worden. Aber auch in einer Zusammenschau unter Einbeziehung des Fachwissens des Fachmanns, eines Ingenieurs mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Mineralwolleplatten, wurde daher die beanspruchte Lösung nicht nahegelegt.

Die beanspruchte Mineralwollelamellenplatte gemäß Patentanspruch 1, über deren gewerbliche Verwertbarkeit kein Zweifel besteht, ist damit patentfähig.

Mit ihm der auf ihn zurückbezogene Verfahrensanspruch 2, der ein Verfahren zu ihrer Herstellung betrifft und der Verfahrensschritt gemäß Patentanspruch 3 der eine vorteilhafte Ausgestaltung des Verfahrens nach Anspruch 2 darstellt.

Kahr Niklas Jordan Klante Fa






BPatG:
Beschluss v. 01.12.2003
Az: 15 W (pat) 23/02


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