Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. November 2001
Aktenzeichen: 30 W (pat) 3/01
(BPatG: Beschluss v. 19.11.2001, Az.: 30 W (pat) 3/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister ist angemeldet DIE KUNST DER PRÄZISION ursprünglich für die Waren und Dienstleistungen
"Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten, unter Einschluss von Ventilen, Ventilhaltungen, Wellen, Achsen, Lagern sowie Gussteilen und Schmiedeteilen, insbesondere in Form von Präzisionsteilen für die Automobilindustrie oder auch die Elektroindustrie und für Haushaltsgeräte;
Präzisionsteile aus Metall für die Anwendung in Fahrzeugen, unter Einschluss von Getrieben, Bremsen, Einspritzpumpen, Gemischaufbereitungsgeräten, Lenkungen und Airbags;
Bearbeitung und Montage von Waren aus Metall, unter Einschluss von Gussteilen und Schmiedeteilen für Dritte;
Dienstleistungen eines Ingenieurs bei der Entwicklung und Festlegung von Fertigungsabläufen und Montageabläufen sowie bei der Prozessüberwachung".
Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamtes, besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes, hat mit Beschluss vom 2. November 2000 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, bei der angemeldeten Bezeichnung handle es sich um einen Werbeslogan, der vom Verkehr als solcher, nicht aber als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst werde, zumal dieser angemeldete Slogan unter Berücksichtigung des Warenverzeichnisses, in dem es um Präzisionsprodukte gehe, auch als Beschaffenheitsangabe aufgefasst werden könne.
Die Anmelderin hat Beschwerde erhoben und im Beschwerdeverfahren auf die ursprünglich beantragten "Präzisionsteile" verzichtet. Es handle sich auf dem betreffenden Warengebiet um eine phantasievolle Aussage, der deshalb die erforderliche Unterscheidungskraft zukomme. Ein Freihaltebedürfnis bestehe nicht, da die angemeldete Bezeichnung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen phantasievoll, betriebskennzeichnend und nicht beschreibend sei.
Die Anmelderin beantragt, den angegriffenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 2. November 2000 aufzuheben, hilfsweise verzichtet sie auf die Waren der Kl. 12.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere den patentamtlichen Beschluss, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, zudem fehlt ihr die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dieses Eintragungshindernis bezieht sich allerdings nicht nur auf die in der genannten Bestimmung ausdrücklich aufgeführten Angaben, sondern auch auf solche, die andere, für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die beanspruchte Ware oder Dienstleistung selbst beschreiben (vgl. BGH GRUR 1999, 1093 - FOR YOU).
Die angemeldete Bezeichnung "DIE KUNST DER PRÄZISION" ist in ihrer Gesamtheit im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren beziehungsweise Dienstleistungen eine solche unmittelbar beschreibende Angabe und muss daher den Mitbewerbern zum freien Gebrauch erhalten bleiben. Dabei ist es für die Entscheidung unerheblich, dass das zuletzt maßgebliche Warenverzeichnis den Begriff Präzisionsteile nicht mehr ausdrücklich enthält. Die sprachüblich gebildete Wortfolge verweist in diesem Zusammenhang einerseits auf die hohe handwerkliche Qualität und Präzision der damit zu kennzeichnenden Teile und andererseits im Zusammenhang mit den Dienstleistungen auf das zur Fertigung solcher Teile notwendige und bei der Anmelderin vorhandene Knowhow bei der Konzeption entsprechender Herstellungs- und/oder Bearbeitungsprozesse. Der Senat vermag der Anmelderin hierbei auch nicht dahin zu folgen, dass sich im vorliegenden Fall die Begriffe der Kunst auf der einen Seite und der (technischen) Präzision auf der anderen Seite zu einem Gesamtbegriff verbinden, der als solcher aufgrund der Bildung aus gegensätzlichen Wortbedeutungen nicht mehr freihaltebedürftig wäre. Wie die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Fundstellen aus dem Internet belegen, ist das Begriffspaar Kunst und Präzision auch in der Zusammensetzung insbesondere als zusammengesetztes Hauptwort (Präzisionskunst) nicht ungebräuchlich und läßt sich auch beschreibend hinsichtlich der von der Anmelderin beanspruchten Waren und Dienstleistungen gebrauchen (vgl. etwa Präzisionskunststoffteile Anl. 3 zum Protokoll)). Das deutsche Wort "Kunst", das zunächst "Wissen, Weisheit, Kenntnis, Wissenschaft" beschrieb (vgl. Duden, Herkunftswörterbuch, S. 377), wird auch heute noch - neben dem Bereich der schöpferischen menschlichen Betätigung - für durch Übung erworbenes Können, Geschicklichkeit oder auch Fertigkeiten verwendet, wie etwa die Begriffe "Fechtkunst", "Kochkunst", "Braukunst", "Kunstgewerbe", aber auch das "Kunstturnen" oder Berufsbezeichnungen wie "Kunsttischler" zeigen. Das der lateinischen Sprache entlehnte Wort "Präzision" wiederum steht im Deutschen für "Genauigkeit, Feinheit" (vgl. Duden, Fremdwörterbuch, S. 631).
In ihrer Gesamtheit ergibt die angemeldete Bezeichnung daher die sinnvolle und ohne weiteres verständliche Gesamtaussage, dass damit Waren bezeichnet werden sollen, die aufgrund besonderer Fertigkeiten von sehr hoher Genauigkeit sind. In bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen folgt daraus, dass hierunter die zur Herstellung solcher Teile erforderlichen Kenntnisse zu fassen sind.
Die Annahme eines (aktuellen) Freihaltebedürfnisses ist auch nicht davon abhängig, ob die angemeldete Bezeichnung für den hier einschlägigen Waren-/Dienstleistungsbereich unmittelbar (lexikalisch) nachweisbar ist. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, der lediglich voraussetzt, dass die fraglichen Bezeichnungen zur Beschreibung "dienen können", ergibt sich, dass auch die erstmalige Verwendung einer Zeichenzusammensetzung nicht schutzbegründend ist (vgl. BGH GRUR 1996, 770 - MEGA).
Im übrigen kommt es hinsichtlich des Freihaltebedürfnisses vor allem auf die Belange der Mitbewerber der Anmelderin an. Es wäre dabei auch verfehlt, das Freihaltebedürfnis schon durch § 23 MarkenG hinreichend abgesichert zu sehen. Bereits im Eintragungsverfahren erkennbar werdenden Belangen der Mitbewerber ist auch in diesem Stadium Rechnung zu tragen. Ob die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung richtig verstehen werden, ist nur insoweit von Bedeutung, als sie zur Warenbeschreibung dann nicht geeignet wäre, wenn von vornherein feststünde, dass sie für das angesprochene Publikum vollkommen unverständlich ist und bleiben wird (vgl. Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdnr. 69). Die angemeldete Bezeichnung ist aber ohne weiteres verständlich. Auch andere Gründe, die sie ungeeignet erschienen ließen, Dienstleistungen und/oder Waren anzupreisen, sind nicht erkennbar.
Darüber hinaus fehlt der angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Der angemeldete Ausdruck besteht aus einer Wortfolge, die zwar keinen grammatikalisch vollständigen Satz darstellt, jedoch als Spruch feststellenden Inhalts aus sich heraus verständlich ist. Derartige - unvollständige - Satzgebilde werden in der Werbung vielfach verwendet und sind grundsätzlich kaum geeignet, als Marke im Sinne einer betrieblichen Herkunftskennzeichnung zu dienen. Denn der Verkehr ist aufgrund der allgemein üblichen Kennzeichnungspraxis an kurze und prägnante Herkunftsbezeichnungen gewöhnt. Sprüche, Sätze und längere Wortfolgen werden daher als Werbemittel, nicht aber als Marken aufgefasst (vgl. BGH GRUR 1988, 211 - Wie hammas denn; BPatGE 38, 189 - Nicht immer, aber immer öfter). Insbesondere fehlt auch Slogans die Unterscheidungskraft wenn sie eine beschreibende Sachaussage haben (BGH Bl. 2001, 322 REICH UND SCHOEN; Bl. 2001, 317 LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER).
Dem Hilfsantrag kommt keine Bedeutung zu, da die Schutzfähigkeit ohnehin für jede Ware/Dienstleistung selbständig zu prüfen ist.
Dr. Buchetmann Schwarz-Angele Voit Fa
BPatG:
Beschluss v. 19.11.2001
Az: 30 W (pat) 3/01
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