Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 14. Dezember 1995
Aktenzeichen: 6 W 84/95
(OLG Köln: Beschluss v. 14.12.1995, Az.: 6 W 84/95)
Tenor
1.) Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Landgerichts Köln - 31 O 122/95 - vom 1.8.1995, durch den der ordentliche Rechtsweg für zulässig erklärt worden ist, wird zurückgewiesen.2.) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.3.) Die weitere Beschwerde zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
Gründe
G R Ó N D E
I.
Der Kläger ist ein bei dem LG K. zugelassener Rechtsanwalt. Die
Beklagte ist eine in N. ansässige Fachhochschule.
Im Jahre 1994 beschloß die Beklagte eine nach Genehmigung und
Veröffentlichung inzwischen in Kraft getretene
Diplom-Püfungsordnung für den von ihr angebotenen Studiengang
"Wirtschaftsrecht". Absolventen dieses Studienganges von 8
Semestern Dauer, in dem die Beklagte zum Wintersemester 1994/1995
den Lehrbetrieb aufgenommen hat, sollen mit dessen erfolgreichem
Abschluß den akademischen Grad "Diplom-Wirtschaftsjurist [-in]
(Fachhochschule)" erwerben, der nach § 2 S.3 der
Prüfungsordnung auch in der kürzeren Form "Diplom-Wirtschaftsjurist
[-in] (FH)" geführt werden kann.
Der Kläger beanstandet die vorgesehene Verleihung dieses Titels
als irreführend im Sinne des § 3 UWG. Er behauptet, die Absolventen
des neuen Studienganges würden alsbald die Zusätze "Diplom-" und
"(Fachhochschule)" bzw. "(FH)" weglassen und unter der Bezeichnung
"Wirtschaftsjurist" auftreten. Hierdurch werde indes aus bestimmten
von dem Kläger näher dargelegten Gründen bei den betroffenen
Verkehrskreisen die irrige Vorstellung hervorgerufen, der
Betreffende sei Volljurist mit der Befähigung zum Richteramt. Diese
Fehlvorstellung werde im übrigen auch ohne eine derartige
Verkürzung schon durch den Wortbestandteil "Jurist" in dem Titel
bewirkt. Der Kläger vertritt die Auffassung, bezüglich dieses
wettbewerbswidrigen Handelns der zukünftigen Absolventen des neuen
Studienganges sei durch die Verleihung des Titels auch die Klägerin
Störerin.
Er hat b e a n t r a g t,
die Beklagte unter Androhung bestimmter
Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,
Absolventen des von ihr eingerichteten
Studienganges "Wirtschaftsrecht" die akademische Graduierung
"Diplom-Wirtschaftsjurist (Fachhochschule)" zu verleihen.
Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Sie stellt einen Verstoß gegen § 3 UWG in Abrede und behauptet,
der Begriff "Jurist" stelle einen Oberbegriff für zahlreiche
berufliche Tätigkeiten im Bereich des Rechts dar und sei daher
nicht geeignet, die behauptete Irreführung hervorzurufen.
Im übrigen vertritt sie die Auffassung, daß für den vorliegenden
Rechtsstreit der Zivilrechtsweg nicht eröffnet sei, weil es sich um
eine öffentlichrechtliche Streitigkeit handele.
Das L a n d g e r i c h t hat durch Beschluß vom 1.8.1995 gemäß
§ 17 a Abs.3 GVG vorab entschieden, daß der Rechtsweg zu den
ordentlichen Gerichten zulässig sei, weil die Natur des betroffenen
Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien privatrechtlich sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde
der Beklagten, die diese im wesentlichen wie folgt begründet:
Auf die Natur des Klageanspruches dürfe im vorliegenden
Einzelfall deswegen nicht abgestellt werden, weil der Anspruch
offensichtlich unbegründet sei. Dies ergebe sich daraus, daß sie
die akademischen Grade durch Hoheitsakt verleihe und dabei den
Bindungen des Zivilrechtes nicht unterliege. Sie sei als
öffentlichrechtliche Körperschaft Hoheitsträgerin und werde
deswegen grundsätzlich und auch bei der Verleihung akademischer
Grade hoheitlich tätig. Es sei zwar anerkannt, daß auch
Hoheitsträger in bestimmten Bereichen ausnahmsweise privatrechtlich
tätig würden, es liege indes keine der insoweit anerkannten
Fallkonstellationen vor. Die Bejahung des ordentlichen Rechtsweges
stelle einen Eingriff in ihre Satzungsautonomie und damit in die
grundgesetzlich normierte Gesetzgebungskompetenz dar.
Die Beklagte b e a n t r a g t,
unter Abänderung des Beschlusses des
Landgerichts K. vom 1.8.1995 den Rechtsweg zu den ordentlichen
Gerichten für unzulässig zu erklären.
Der Kläger b e a n t r a g t,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen zur
Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges und tritt der angefochtenen
Entscheidung bei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Wortlaut der
angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 17 a Abs.4 S.3 GVG statthafte sofortige Beschwerde
ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der von dem Kläger beschrittene Rechtsweg zu den ordentlichen
Gerichten ist aus den bereits ausführlich von dem Landgericht
dargelegten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen
zunächst in entsprechender Anwendung des § 543 Abs.2 ZPO Bezug
genommen wird, zulässig.
Das Beschwerdeverfahren gibt lediglich zu folgenden ergänzenden
Ausführungen Anlaß:
Es entspricht - ausgehend von der Entscheidung des großen Senats
für Zivilsachen des Bundesgerichtshofes vom 22.3.1976 (GRUR 76,658
- "Studentenversicherung"), auf die wegen der Begründung Bezug
genommen wird und von der abzuweichen kein Anlaß besteht -
gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß dieselbe
Handlung im Verhältnis zu den unterschiedlichen Betroffenen
einerseits öffentlichrechtlicher und andererseits
privatrechtlicher Natur sein kann (vgl. die Nachweise bei
Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 18.Aufl., § 1 UWG RZ 919 f).
Ein derartiger Fall ist - wie bereits das Landgericht ausgeführt
hat (S.8 der Beschlussausfertigung) - auch hier gegeben.
Der Große Senat des Bundesgerichtshofes hat in seiner weiteren
grundlegenden Entscheidung ebenfalls vom 22.3.1976 (GRUR 77,51 -
"Auto-Analyzer"), der eine Klage der Betreiberin einer
medizinischen Anlage zur Untersuchung von Blut gegen eine
kassenärztliche Vereinigung und eine Landesärztekammer
zugrundegelegen hatte, in Fortsetzung der bisherigen
obergerichtlichen Rechtsprechung folgendes ausgeführt: Für die
Frage der Zulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges sei maßgeblich,
ob sich das Klagebegehren nach der ihm gegebenen tatsächlichen
Begründung als Folge eines Sachverhaltes darstelle, der nach
bürgerlichem Recht zu beurteilen sei. Sofern diese Frage zu bejahen
sei, weil zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis bestehe, das
von dem Prinzip der Gleichordnung geprägt sei, sei der ordentliche
Rechtsweg auch dann gegeben, wenn das beanstandete Verhalten der
Beklagten im Verhältnis zu ihren Mitgliedern hoheitlicher Art sei
(a.a.O., S.52). Hinsichtlich des Rechtsverhältnisses zum privaten
Unternehmen gehe es - anders als bei einer etwaigen Klage eines
Mitgliedes der Beklagten gegen deren Vorgehen - nicht darum, ob der
Träger öffentlicher Verwaltung in rechtswidriger Weise hoheitlich
tätig geworden sei, sondern um die Entscheidung darüber, ob die
öffentliche Verwaltung die vom Privatrecht gezogenen Grenzen
eingehalten habe, die sie beachten müsse, wenn und soweit sie am
allgemeinen Rechts- und Wirtschaftsverkehr teilnehme (a.a.O.,
S.53).
Die Anwendung dieser Grundsätze, an denen der Bundesgerichtshof
in ständiger Rechtssprechung festgehalten hat (vgl. die Nachweise
z.B. bei Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche Band 2, 6.
Auflage, Kap. 45 RZ 1 FN 5 und Zöller-Gummer, ZPO, 19. Auflage, §
13 GVG RZ 25) und auf die die Beklagte in ihrer
Beschwerdebegründung nur beiläufig eingegangen ist, führt zur
Bestätigung der angegriffenen Entscheidung:
Der ordentliche Rechtsweg ist deswegen eröffnet, weil ausgehend
von dem Begehren des Klägers und der für dieses Begehren von ihm
gegebenen Begründung zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis
besteht, das - unabhängig von der unzweifelhaft hoheitlichen
Tätigkeit der Beklagten bei der Graduierung der erfolgreichen
Absolventen ihres Studienganges "Wirtschaftsrecht" - aus den
nachfolgenden Gründen vom Prinzip der Gleichordnung geprägt
ist.
Ziel des Klägers ist es, ein wettbewerbswidriges Verhalten der
zukünftigen Absolventen zu verhindern, das nach seiner Auffassung
darin liegt, daß diese den ihnen verliehenen Titel - sei es
unverändert, sei es in der Kurzfassung "Wirtschaftsjurist" - führen
werden. Die Beklagte nimmt der Kläger (nur) deswegen als Störerin
in Anspruch, weil sie durch die Graduierung ihre Absolventen erst
in die Lage versetzt, sich auf die beschriebene, von dem Kläger als
wettbewerbswidrig angesehene Weise zu verhalten. Vor diesem
Hintergrund kommt der Frage maßgebliche Bedeutung zu, welcher Natur
das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und den einzelnen
zukünftigen Absolventen des Studienganges "Wirtschaftsrecht" ist.
Denn was diesbezüglich für jenes Rechtsverhältnis gilt, muß auch
für das Verhältnis zur Beklagten als neben bzw. hinter den
zukünftigen Absolventen stehende (Mit-)Störerin gelten.
Das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und den zukünftigen
Absolventen des Studienganges "Wirtschaftsrecht" ist indes
bürgerlichrechtlicher Natur. Der Absolvent, der nach seiner
Graduierung durch die Beklagte als "Diplom-Wirtschaftsjurist
(Fachhochschule [oder: FH])" im Rechtsverkehr auftritt, tritt dem
Kläger auf gleichgeordneter rechtlicher Ebene, nämlich als
Wettbewerber im Dienstleistungsbereich der rechtsberatenden Berufe,
gegenüber. Die Tatsache, daß seine dem zugrundeliegende Graduierung
einen hoheitlichen Rechtsakt darstellt, macht die potentielle
Auseinandersetzung mit dem Kläger nicht zu einer
öffentlichrechtlichen Streitigkeit im Sinne des § 40 VWGO. Denn
sie ändert nichts daran, daß ein Verhältnis der Óber- und
Unterordnung zwischen dem zukünftigen Absolventen des neuen
Studienganges "Wirtschaftsrecht" und dem Kläger ersichtlich nicht
bestehen wird (vgl. zu dieser Fallkonstellation auch HdB.
WettbewerbsR/Seibt § 64 RZ 2 m.w.N.).
Diese Feststellung bedeutet nicht etwa, daß bei der materiellen
Prüfung der Begründetheit einer zukünftigen Unterlassungsklage des
Klägers gegen einen jener Absolventen der Tatsache, daß dessen
Graduierung auf öffentlichrechtlicher Grundlage beruht, keine
Bedeutung zukäme. Vielmehr haben die zuständigen ordentlichen
Gerichte gemäß § 17 Abs.2 S.1 GVG, wonach der Rechtsstreit von dem
Gericht des zulässigen Rechtsweges unter allen in Betracht
kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden ist, diesen
Umstand zu beachten und - worauf in anderem Zusammenhang ebenfalls
bereits das Landgericht abgestellt hat - dementsprechend alle
einschlägigen Normen anzuwenden, auch soweit diese
öffentlichrechtlicher Natur sind. Zu einer öffentlichrechtlichen
Streitigkeit wird eine derartige zukünftige Auseindersetzung
zwischen dem Kläger und Absolventen der Beklagten deswegen mit
Blick auf das offenkundig bestehende Gleichordnungsverhältnis
zwischen beiden gleichwohl nicht.
Das gilt erst recht für die nach der Behauptung des Klägers zu
erwartende mißbräuchliche Benutzung des Titels durch die
zukünftigen Absolventen des Studienganges "Wirtschaftsrecht".
Sollten diese tatsächlich entgegen § 2 der angegriffenen
Diplomprüfungsordnung eine dort nicht vorgesehene Kurzfassung, etwa
"Wirtschaftsjurist", als Bezeichnung verwenden, so wird umso
deutlicher, daß dieses nach Auffassung des Klägers
wettbewerbswidrige Verhalten nicht allein wegen der ihm
zugrundeliegenden hoheitlich erfolgenden Graduierung zur
öffentlichrechtlichen Streitigkeit wird.
Ausgehend hiervon kann es keinem Zweifel unterliegen, daß auch
im vorliegenden Verfahren eine bürgerlichrechtliche Streitigkeit
besteht, für die gemäß § 13 GVG der ordentliche Rechtsweg eröffnet
ist. Die Störereigenschaft der Beklagten und damit deren
Passivlegitimation begründet der Kläger nämlich allein damit, daß
diese durch die Graduierung die von den einzelnen Absolventen zu
erwartende Störung erst ermögliche. Der Kläger stützt sich damit
gerade auf einen Sachverhalt, der aus den soeben dargelegten
Gründen nach bürgerlichem Recht zu beurteilen ist. Allein der
Umstand, daß der Beitrag, den die Beklagte nach dem Vorbringen des
Klägers bei dieser Störung leistet, im Verhältnis zu den einzelnen
Absolventen einen Hoheitsakt darstellt, führt nicht dazu, daß die
ihrer Natur nach privatrechtliche Auseinandersetzung zu einer
öffentlichrechtlichen Streitigkeit wird.
Vielmehr ist für das Verfahren wegen des trotz dieses Umstandes
bürgerlichrechtlichen Charakters der Streitigkeit gemäß § 13 GVG
der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet, die indes
gemäß § 17 Abs.2 GVG uneingeschränkt befugt und im Rahmen des
Erforderlichen auch verpflichtet sind, wegen des hoheitlichen
Charakters der Graduierung der Absolventen auch Normen und sonstige
Rechtssätze öffentlichrechtlicher Art zur Anwendung zu
bringen.
Der Senat hat in diesem Zusammenhang nicht zu entscheiden, ob
die Beklagte tatsächlich (Mit-)Störerin ist. Im Rahmen der
vorliegenden Auseinandersetzung über die Zulässigkeit des
beschrittenen Rechtsweges ist vielmehr von dem Vorbringen des
Klägers auszugehen. Aus diesem Grunde hat der Senat auch nicht etwa
zu untersuchen, ob die Verwendung des Titels - sei es in seinen von
der Diplomprüfungsordnung vorgesehenen Fassungen, sei es in einer
etwaigen, § 2 der Diplomprüfungsordnung widersprechenden
Kurzfassung, etwa als "Wirtschaftsjurist" - wirklich
wettbewerbswidrig ist. Dies folgt allerdings nicht schon daraus,
daß der Kläger sich auf eine privatrechtliche Norm stützt, indem er
zur Klagebegründung § 3 UWG anführt. Maßgeblich ist vielmehr allein
die wahre Natur des geltendgemachten Anspruches (BGH a.a.O., S.53),
deren Voraussetzungen daher für die Prüfung des Rechtsweges als
gegeben anzusehen sind. Unterstellt man indes die
Wettbewerbswidrigkeit der Verwendung des Titels und die
diesbezügliche Störereigenschaft der Beklagten, die im übrigen
gegebenenfalls wegen des weiten Störerbegriffs im Wettbewerbsrecht
(vgl. Teplitzky, a.a.O., Kap.14, RZ 2 ff, insb. 7 ff m.w.N.)
naheliegt, so ist aus den vorstehenden Gründen der Zivilrechtsweg
eröffnet.
Die Beklagte nimmt allerdings nicht selbst und im eigenen
wirtschaftlichen Interesse am Wettbewerb teil. Hierdurch
unterscheidet sich der vorliegende Fall - soweit ersichtlich - von
den Konstellationen, die der bislang veröffentlichten
Rechtssprechung zugrundelagen (vgl. dazu näher die Darstellung bei
GroßKomm/Jacobs vor § 13 D RZ 26 ff). Gleichwohl handelt es sich um
eine privatrechtliche Streitigkeit, zu deren Erledigung gemäß § 13
GVG die ordentlichen Gerichte berufen sind.
Der BGH hat in seiner eingangs erwähnten grundlegenden
Entscheidung vom 22.3.1976 (GRUR 76,658,660 -
Studentenversicherung") im Zusammenhang mit der Feststellung, daß
dieselbe Handlung je nach der Beziehung, in der sie Wirkungen
äußere, einmal als hoheitlich und zum anderen als privatrechtlich
zu qualifizieren sein könne, ausgeführt, daß eine privatrechtliche
Qualifizierung dann geboten sei, wenn die öffentliche Hand zu
privaten Mitbewerbern in einem echten Wettbewerbsverhältnis stehe,
beide sich also als Anbieter auf dem Boden der Gleichordnung
gegenüberstünden. Die privatrechtliche Qualifizierung ist indes aus
den dargestellten Gründen auch dann geboten, wenn ein unmittelbares
Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Träger hoheitlicher Befugnisse
und dem Betroffenen auch nach dessen eigener Darstellung zwar nicht
besteht, jener aber durch sein Verhalten in ein zukünftiges
privatrechtliches Wettbewerbsverhältnis eingreift bzw. dessen
Entstehen sogar erst ermöglicht, wie die Beklagte dies nach dem
zugrundezulegenden Vortrag des Klägers durch die Verleihung des
angegriffenen Titels aufgrund der Diplomprüfungsordnung tun wird.
Die öffentliche Hand unterliegt nach der ausdrücklichen
Formulierung des BGH (a.a.O.) im Falle einer wirtschaftlichen
Betätigung den Schranken des allgemeinen Wettbewerbsrechts
unabhängig davon, ob die Leistungsbeziehungen zu ihren Abnehmern,
Mitgliedern oder Benutzern privatrechtlich oder
öffentlichrechtlich gestaltet sind. Dies gilt aus den oben im
einzelnen dargelegten Gründen auch dann, wenn die öffentliche Hand
sich nicht unmittelbar selbst wirtschaftlich betätigt, sondern die
Personen, zu denen sie in einem öffentlichrechtlichen Verhältnis
steht, in ihrer Position im Wirtschafts- und Rechtsleben stärkt,
wie dies die Beklagte durch die Verleihung von Titeln an ihre
Absolventen zu tun beabsichtigt.
Gebieten schon die vorstehenden Gesichtspunkte die
Qualifizierung der Streitigkeit als eine solche privatrechtlicher
Art, für die gemäß § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen
Gerichten eröffnet ist, so kommt hinzu, daß auf diese Weise eine
Befassung der sachnäheren Gerichte mit dem Fall erreicht wird,
worauf der BGH ebenfalls in ständiger Rechtsprechung abstellt (vgl.
a.a.O. GRUR 77,51,53 - "Autoanalyzer" und die Nachweise bei
Zöller-Gummer, a.a.O. RZ 21). Sachnäher sind die Gerichte der
ordentlichen Gerichtsbarkeit deswegen, weil der Sachverhalt - und
zwar unabhängig von der Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges -
entscheidend von der Materie des Wettbewerbsrechts geprägt
wird.
Vor dem Hintergrund der vorstehenden Darlegungen erübrigt sich
schließlich ein näheres Eingehen auf die Beschwerdebegründung.
Dieser liegt - was jedenfalls für den weit überwiegenden Teil der
Ausführungen der Beklagten gilt, in der diese den
öffentlichrechtlichen Charakter der durch sie zukünftig
erfolgenden Verleihung akademischer Grade begründet - die aus den
vorstehenden Gründen unzutreffende Auffassung zugrunde, daß ihr
Handeln nur einheitlich entweder nach Privatrecht oder nach
öffentlichem Recht zu beurteilen sei. Es kann - wie oben geschehen
- ohne weiteres unterstellt werden, daß die Beklagte bei der
Verleihung akademischer Grade gegenüber ihren Absolventen
hoheitlich handelt. Dies bedeutet jedoch entgegen der auf Seite 3
der Beschwerdebegründung hervorgehobenen Auffassung der Beklagten
gerade nicht, daß diese nur den Bindungen des öffentlichen Rechts
und nicht auch denjenigen des UWG unterworfen wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.
Die Zulassung der weiteren Beschwerde gegen den vorliegenden
Beschluß beruht auf § 17 a Abs.4 S.4 f GVG, 567 Abs.4 S.2 ZPO.
Die Entscheidung hat deswegen grundsätzliche Bedeutung, weil -
soweit ersichtlich - höchstrichterlich noch nicht über die Frage
der Zulässigkeit des Rechtsweges in dem hier vorliegenden Fall
entschieden worden ist, in dem ein Träger hoheitlicher Gewalt zwar
nicht unmittelbar selbst und in eigenem wirtschaftlichen Interesse,
wohl aber durch Förderung einzelner Personen am Wettbewerb
teilnimmt, zu denen er in einem öffentlichrechtlichen Verhältnis
steht.
Die Einlegung der durch diese Zulassung ermöglichten weiteren
Beschwerde führt allerdings zu einer weiteren Verzögerung einer
Entscheidung in der Sache, die - insbesondere mit Blick auf die
betroffenen Studenten - nicht im Interesse der Beklagten liegen
kann. Dies kann jedoch nicht dazu führen, die weitere Beschwerde
trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zuzulassen.
Die Beklagte hat es im übrigen in der Hand, die mit dem Verfahren
der weiteren Beschwerde zum Bundesgerichtshof notwendigerweise
verbundene Verzögerung durch einen Verzicht auf die Einlegung des
Rechtsmittels abzuwenden.
Beschwerdewert: 70.000 DM.
Der Beschwerdewert entspricht dem Streitwert in der Hauptsache,
weil die Frage beschieden wird, ob der in der Hauptsache
geltendgemachte Anspruch vor den ordentlichen Gerichten verfolgt
werden kann, und daher der gesamte Klageanspruch auch im
Beschwerdeverfahren im Streit ist (vgl. OLG Köln OLGR 93, 140 f;
Schneider, Streitwertkommentar, 10.Auflage, RZ 1250 mit Hinweis auf
RGZ 40,416). Der von Zöller-Gummer (a.a.O., § 17 a GVG RZ 20)
geteilten Auffassung des OLG Karlsruhe, das für einen Fall der
Abgrenzung zwischen der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der
Arbeitsgerichtsbarkeit mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 12 a
ArbGG die geschätzten Anwaltskosten im Hauptsacheverfahren
zugrundegelegt hat, vermag der Senat daher nicht zu folgen.
Der Streitwert der Hauptsache beträgt entsprechend der Angabe
des Klägers 70.000 DM. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung
auch des erkennenden Senats, daß für den Streitwert das Interesse
der klagenden Partei maßgebend ist (vgl. z.B. Baumbach/ Hefermehl
a.a.O., Einl.UWG RZ 510, Teplitzky a.a.O. Kap.49, RZ 5 ff, jew.
m.w.N.). Bei der Bewertung des Interesses der klagenden Partei
kommt deren Angabe zu Beginn des Verfahrens maßgebliche indizielle
Bedeutung zu, zumal in jenem Verfahrensstadium der Ausgang des
Verfahrens noch offen ist.
Anhaltspunkte dafür, daß das Interesse des Klägers objektiv
tatsächlich höher als von ihm angegeben sein könnte, bestehen
nicht. Zweifelhaft könnte im Gegenteil allenfalls sein, ob der Wert
nicht sogar niedriger ist, weil der Kläger in seiner Replik vom
9.6.1995 die Angabe des Wertes von 70.000 DM ausdrücklich u.a. mit
dem Motiv begründet hat, die Revisionssumme von 60.000 DM zu
überschreiten. Angesichts der Tatsache, daß der Kläger
erklärtermaßen nicht nur seine eigenen, sondern auch
Standesinteressen wahrnimmt, sieht der Senat indes für die
Festsetzung eines niedrigeren Wertes als 70.000 DM keinen Anlaß.
Demgegenüber ist auf die Folgen, die eine etwa zu ihrem Nachteil
ergehende Entscheidung für die Beklagte haben könnte, nicht
abzustellen, so daß es auf sich beruhen kann, ob diese Folgen
tatsächlich - wie die Beklagte in der Klageeerwiderung vorgetragen
hat - mit 1.000.000,00 DM zu bewerten wären.
OLG Köln:
Beschluss v. 14.12.1995
Az: 6 W 84/95
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