Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Mai 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 247/00
(BPatG: Beschluss v. 23.05.2001, Az.: 26 W (pat) 247/00)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Februar und 12. Juli 2000 aufgehoben.
Gründe
I.
Mit den beiden vorgenannten Beschlüssen hat die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts die für
"Möbel und Möbelteile; Polstermöbel; Sitzmöbel; Büromöbel, Drehstühle, Drehsessel; Arbeitsstühle; Bürotische"
angemeldete Wortmarke Ergo Workgemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG wegen des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses und des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß sich die Marke "Ergo Work" aus der allgemein bekannten, für Ergonomie, ergonomisch stehenden Kurzform "Ergo" und dem englischen Wort "Work" (= Arbeit, arbeiten) zusammensetze und für die beanspruchten Waren eine unmittelbar beschreibende Angabe darstelle, da sie nur darauf hinweise, daß die betreffenden Waren ein ergonomisches Arbeiten ermöglichten oder förderten bzw den ergonomischen Ansprüchen an Arbeitsplätze genügten. Als ohne weiteres verständliche, unmittelbar beschreibende Angabe sei "Ergo Work" nicht geeignet, die betreffenden Waren hinsichtlich ihrer Herkunft aus einem Unternehmen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Ihr fehle daher jegliche Unterscheidungskraft und an ihr bestehe auch ein Freihaltebedürfnis im Verkehr.
Hiergegen richtet sich die von ihr nicht begründete Beschwerde der Anmelderin mit dem sinngemäßen Antrag, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der begehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.
1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind nur Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung der Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für den umworbenen Abnehmerkreis irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (vgl dazu BGH GRUR 1998, 813 - CHANGE; BGH BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Bezeichnung "Ergo Work" jedoch nicht.
Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung auf dem Sektor der hier in Rede stehenden Möbelwaren als beschreibende Angabe hat die Markenstelle nicht belegt. Auch der Senat hat keine entsprechenden Nachweise ermitteln können. Weder im Internet, noch in einschlägigen Katalogen von Möbelfirmen war eine Verwendung von "Ergo Work" als beschreibende Angabe für Möbel feststellbar, die etwa aufgrund bestimmter konstruktiver Merkmale ein ergonomisches Arbeiten ermöglichen bzw den Anforderungen an ergonomische Arbeitsplätze genügen. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren in Zukunft eine Benutzung der Marke als Sachangabe erfolgen könnte. Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen wird, daß die schutzsuchende, aus den beiden Bestandteilen "Ergo" und "Work" gebildete Bezeichnung "Ergo Work" vom angesprochenen inländischen Verkehr überwiegend mit "ergonomisch arbeiten, ergonomische Arbeit" übersetzt werden sollte, sagt der angenommene Sinngehalt nichts Konkretes darüber aus, durch welche besonderen konstruktiven oder gestalterischen Maßnahmen die so gekennzeichneten Möbel ergonomischen Erkenntnissen oder Ansprüchen genügen könnten. Gegen eine Eignung der angemeldeten Marke als unmittelbar beschreibende Angabe für die beanspruchten Möbel spricht im übrigen auch, daß die angemeldete Kennzeichnung "Ergo Work" aufgrund des bekannten lateinischen Begriffs "ergo" mit der Bedeutung "also, folglich" auch als Hinweis "also arbeiten; also Arbeit" und damit als allgemeiner Hinweis auf die Bestimmung der betreffenden Möbel für gewerbliche Zwecke bzw Büroeinrichtungen gedeutet werden kann. Von einem gegenwärtigen oder zukünftigen Freihaltebedürfnis der Mitbewerber an der angemeldeten Bezeichnung "Ergo Work" kann deshalb nicht ausgegangen werden.
2. Ebenso wenig kann der Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrunde liegenden Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung (vgl BGH WRP 1998, 495 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH MarkenR 1999, 349 - YES).
Hiervon ausgehend kann der Wortfolge "Ergo Work" nicht die erforderliche Unterscheidungseignung abgesprochen werden: Eine warenbeschreibende Sachausgabe, die auf bestimmte Eigenschaften der in Frage stehenden Möbel selbst Bezug nimmt, stellt diese Bezeichnung - wie dargelegt - nicht dar.
Ebenso wenig liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß der Verkehr etwa durch eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung in der Werbung als schlagwortartige Aussage daran gewöhnt sein könnte, in ihr keine Marke zu sehen. Für ein Verständnis als Herkunftshinweis spricht vielmehr, daß der Verkehr erfahrungsgemäß ohnehin wenig geneigt ist, eine Warenbezeichnung zu analysieren, sie er vielmehrin der Regel so annimmt, wie sie ihm bei ihrer markenmäßigen Verwendung entgegentritt (vgl BGH BlPMZ 2000, 53 - FÜNFER).
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BPatG:
Beschluss v. 23.05.2001
Az: 26 W (pat) 247/00
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