Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. August 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 189/99
(BPatG: Beschluss v. 16.08.2000, Az.: 29 W (pat) 189/99)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Oktober 1998 und vom 5. Mai 1999 insoweit aufgehoben, als der angemeldeten Marke die Eintragung für die Dienstleistungen "Filmproduktion; Künstlervermittlung; Dienstleistungen eines Krankenhauses; Dienstleistungen eines Optikers; Dienstleistungen eines Physikers; Nachforschungen nach Personen; Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Recherchen (technische und rechtliche) in Angelegenheiten des gewerblichen; Rechtsschutzes; technische Beratung; und gutachterliche Tätigkeit; Tierzucht; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten; Verwertung gewerblicher Schutzrechte" versagt worden ist.
2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe I.
Angemeldet ist die Wortfolge
"Hotels and more"
als Marke für
"Organisation, Veranstaltung und Vermittlung von Reisen, touristischen Besichtigungsfahrten und Verkehrsleistungen; Reisebegleitung, Reise- und Fremdenführung; Beförderung von Personen und Gütern mit Kraftfahrzeugen, Schienenbahnen, Schiffen und Fahrzeugen; Vermittlung der Vermietung von Kraftfahrzeugen, Schiffen und Flugzeugen;
Ausbildung, Erziehung, Unterricht; Organisation, Veranstaltung und Vermittlung von Studienfahrten und Sprachunterricht und von touristischen Unterhaltungsdarbietungen; Ballettunterricht; Fahrunterricht; Fernkurse; Gesangsunterricht; Musikunterricht; Sportunterricht; Tanzunterricht; Vorschulunterricht; Unterricht durch Rundfunk und Fernsehen; Weiterbildung; Betrieb einer Sportanlage; Betrieb eines Vergnügungsparks; Betrieb eines botanischen Gartens; Betrieb eines Museums; Betrieb eines zoologischen Gartens; Büchervermietung; Filmproduktion; Filmvermietung; Filmvorführungen; Freizeitunterhaltung; Künstlervermittlung; Musikdarbietungen; Darbietungen von Shows; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Schaustellung von Tieren; Theateraufführungen; Tierdressur; Veranstaltung sportlicher Wettbewerbe; Vermietung von Bühnendekorationen; Vermietung von Rundfunk- und Fernsehgeräten; Vermietung von Zeitschriften; Veranstaltung von Messen und Ausstellungen, soweit in Klasse 41 enthalten; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern; Zeitungen und Zeitschriften; Volksbelustigungen; Zirkusdarbietungen;
Beherbergung und Verpflegung von Gästen; Betrieb eines Campingplatzes; Betrieb von Bädern, Schwimmbädern und Saunen; Be- und Überwachung von Personen, Gebäuden und Wertobjekten; Dienstleistungen eines Altenheimes und Pflegeheimes; Dienstleistungen eines Architekten; Dienstleistungen eines Erholungsheimes und eines Sanatoriums; Dienstleistungen eines Friseur- und Schönheitssalons; Dienstleistungen eines Ingenieurs; Dienstleistungen eines Krankenhauses; Dienstleistungen eines Optikers; Dienstleistungen eines Physikers; Dolmetschen; Ehevermittlung und Vermittlung von Bekanntschaften;
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Kostüm- und Kleidervermietung; Nachforschungen nach Personen; Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Photographieren; Recherchen (technische und rechtliche) in Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes; technische Beratung und gutachterliche Tätigkeit; Tierzucht; Übersetzungen; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen; Vermietung von Verkaufsautomaten; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten; Verwertung gewerblicher Schutzrechte; Wettervorhersage; Zimmerreservierung."
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, im wesentlichen wegen fehlender Unterscheidungskraft mit der Begründung zurückgewiesen, bei der angemeldeten Wortfolge handele es sich um eine den angesprochenen deutschen Verkehrskreisen ohne weiteres verständlichen Hinweis in Form eines Werbespruchs, daß Hoteldienstleistungen und weitere mit dem (Ferien-)Aufenthalt zusammenhängende Dienstleistungen angeboten würden. Selbst wenn man zugunsten der Anmelderin davon ausgehe, daß es sich nicht um eine unmittelbar beschreibende Angabe handele, werde die angemeldete Marke doch als allgemeiner Werbehinweis, wie ihn der Verkehr von vielen vergleichbaren Werbeslogans her gewohnt sei, und nicht als Hinweis auf einen bestimmten Herkunftsbetrieb aufgefaßt. Vom Anmelder entgegengehaltene eingetragene Marken mit dem Bestandteil "and more" führten nicht zu einer Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamts.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die angemeldete Marke sei zu übersetzten mit "Hotels und mehr" und beschreibe die angemeldeten Dienstleistungen nicht unmittelbar, weil es eine Dienstleistung mit der Bezeichnung "Hotels" nicht gebe, sondern nur Dienstleistungen, die mit dem Hotelwesen in Verbindung ständen. Insbesondere begründe der Zusatz "and more" als Namenszusatz die Schutzfähigkeit der Gesamtmarke. Das Deutsche Patent- und Markenamt habe zahlreiche vergleichbare Marken mit dem Bestandteil "and more" bzw. "und mehr" eingetragen. Es führe deshalb zu einer unerträglichen Rechtsunsicherheit, wenn in einem Fall wie dem vorliegenden einer Marke, die keine unmittelbare Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen darstelle, die Eintragung versagt werde. Die Eintragungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts könne auch für das Bundespatentgericht nicht völlig unbeachtlich sein, weil dieser auch im Verletzungsverfahren große Bedeutung beigemessen werde.
Die Anmelderin beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch überwiegend keinen Erfolg. Für alle angemeldeten Dienstleistungen mit Ausnahme von "Filmproduktion; Künstlervermittlung; Dienstleistungen eines Krankenhauses; Dienstleistungen eines Optikers; Dienstleistungen eines Physikers; Nachforschungen nach Personen; Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Recherchen (technische und rechtliche) in Angelegenheiten des gewerblichen; Rechtsschutzes; technische Beratung; und gutachterliche Tätigkeit; Tierzucht; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten; Verwertung gewerblicher Schutzrechte" fehlt der angemeldeten Marke jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
2. Nach den Feststellungen des Senats, insbesondere nach dem Ergebnis einer Internet-Recherche, wird die Wortfolge der Marke zwar gegenwärtig nicht für die beanspruchten Dienstleistungen sachbeschreibend verwendet. Der Senat hat aber hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß die Marke von den angesprochenen breiten Verkehrskreisen für die meisten der beanspruchten Dienstleistungen als werbeübliche Sachangabe angesehen wird.
Der Markenbestandteil "Hotels" ist sowohl Bestandteil der deutschen als auch der englischen Sprache. Der weitere Markenbestandteil "and more"- gleichbedeutend mit "und mehr" - ist eine auch im Inland in der Werbesprache inzwischen sehr verbreitete Floskel (z.B. "Beauty and more", "Jobs and more", "Logos and more", "MUSIC AND MORE", "screen and more", "miles and more", "travel and more" usw). Insgesamt bedeutet die Marke in leicht verständlicher Weise "Hotels und mehr". Sie verdeutlicht damit, daß zwar in erster Linie Dienstleistungen eines Hotels, also die Beherbergung und Verpflegung von Gästen, Kern des Angebots sind, aber im engeren und weiteren Umfeld auch ergänzende Dienstleistungen als umfassendes Angebot (Paketangebote) auf diesem Gebiet gemeint sind. Dabei ist zwar im strikten Wortsinne nicht ausgeschlossen, daß sich "and more" sogar auf gattungsmäßig anderes erstrecken könnte, da das "Mehr" inhaltlich offen und unbeschränkt ist. Der Verkehr faßt jedoch angesichts des gegenwärtigen Gebrauchs dieser Formulierung in der Werbung und der objektiven Unmöglichkeit, alles und jedes anzubieten, sie einschränkend dahingehend auf, daß der Werbende über den erwähnten Kernbereich und dessen Umfeld hinaus nicht unbeschränkt Andersartiges in Verkehr bringen will. Die Floskel "and more/und mehr" teilt daher im vorliegenden Falle mit, daß ein in diesem Bereich umfassendes fachliches Angebot beworben wird, das dort endet, wo überhaupt kein Zusammenhang mehr mit Hoteldienstleistungen mehr besteht (vgl auch Entscheidung des Bundespatentgerichts 33 W (pat) 119/98 vom 23. April 1999, betr. "Kaffee & mehr", bezogen auf Kaffee und Zubehör, s. PAVIS-Datenbank). Dabei entspricht es der Natur der angemeldeten Wortfolge als Sammelbezeichnung, daß die Angabe recht allgemein ist. Eine solche begriffliche Unbestimmtheit steht der Annahme einer beschreibenden Sachangabe nicht entgegen (vgl. dazu BGH I ZB 33/97 vom 17. Februar 2000 - "Bücher für eine bessere Welt", zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Marke stellt daher einen Hinweis teils auf die Beschaffenheit der Dienstleistungen als typische Dienstleistungen eines Hotels, teils auf den Umstand, daß diese Dienstleistungen entweder als Paket mit einem Hotelaufenthalt, einer Pauschalreise oder etwa eines "allinclusive-Aufenthalt" gebucht werden können, und teils, daß die Dienstleistungen in Zusammenhang mit einem Hotelaufenthalt, den Tätigkeiten eines Hotels stehen oder für Hotels bestimmt sind, dar. Dabei ist es unerheblich, ob sich "more" auf die Hoteldienstleistungen selbst bezieht in dem Sinne, daß es sich um solche oder um typische Nebenleistungen handelt, die in Zusammenhang mit dem Hotelaufenthalt stehen, wie etwa Gepäcktransfer, Aufbewahrung von Wertsachen, bewachte Parkplätze und Hotelanlagen, Lehrgänge, Unterricht etc. mit Exkursionen vom Hotel aus, Sportmöglichkeiten und -einrichtungen, Veranstaltung von Kongressen und damit in Verbindung stehende Dienstleistungen (z.B. Dolmetscher, Vermietung von Mediaräumen samt Ausstattung), Unterhaltung wie Shows, Theateraufführungen, Unterhaltung und Unterricht durch Hotel-TV bzw. Video, Bücher (Hotelbibliothek), Zeitungen und Zeitschriften, Dienstleistungen eines Hotelfriseurs, eines Hotelphotographen und eines in das Hotel integrierten Kosmetiksalons, Verleih und Vermietung von Bademänteln, Badekleidung, oder ob es sich um Apparate im Umfeld des Hotelaufenthalts handelt, die auch Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen "Vermietung von Verkaufsautomaten" und "Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen" sind. Zu denken ist weiterhin an Pauschalreisen in Vergnügungsparks oder zu großen Ausstellungen, zu großen Sportereignissen oder an Städtereisen, die als Leistungspaket nicht nur Fahrt und den Hotelaufenthalt, sondern etwa die vielfältigen Leistungen des Vergnügungsparks (z.B. Euro-Disneyland) oder einer Ausstellung (etwa EXPO 2000), wie Zirkus, Zoo, Museum, botanischen Garten, Show-Veranstaltungen, Filmvorführungen etc. umfassen können, wobei sich das Hotel auf dem Gelände des Vergnügungsparks oder dem Ausstellungsgelände befinden kann. Für Vermittlung von Bekanntschaften und Heiratsvermittlung bietet sich ein Hotelaufenthalt in ungezwungener Atmosphäre mit Sport- und Tanzveranstaltungen zum Kennenlernen der Paare geradezu an. Auch für "Lehr- und Unterrichtsmittel" und "Büroartikel" liegen Einsatzbereiche u.a. bei der Beschreibung von Hotels und den dort angebotenen Dienstleistungen auf der Hand. Ebenso können sich die Dienstleistungen eines Architekten oder Ingenieurs sowie die Erstellung von Datenverarbeitungsprogramme auf die speziellen Erfordernisse von Hotels und damit in Zusammenhang stehenden Einrichtungen beziehen. Soweit Dienstleistungen eines Alten- und Pflegeheims angemeldet sind, wird der Verkehr an "Senioren-Hotels" denken, d. h. an hotelähnliche Einrichtungen, die betagten Gästen für kürzere oder längere Zeit auch Pflege und Betreuung bieten.
3. Ist aus diesen Gründen für die oben genannten Dienstleistungen, die sämtlich einen engen sachlichen Zusammenhang mit den typischen Dienstleistungen eines Hotels haben, ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt der Marke (vgl BGH MarkenR 1999, 347, 348f. - Absolut) feststellbar, so muß der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft gänzlich abgesprochen werden. Bei der Floskel der Marke "and more" handelt es sich, wie oben ausgeführt, um einen nahezu sloganartigen, gebräuchlichen Ausdruck der deutschen Sprache und zugleich der englischen Fremdsprache, um auf ein mit dem weiteren Markenbestandteil näher definierten Angebotsbereich des Werbenden hinzuweisen. Eine solche Wendung wird vom Verkehr stets nur als solcher Angebotshinweis und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden. Deshalb bestehen im vorliegenden Falle genügende Anhaltspunkte dafür, daß er die Marke aufgrund ihrer - wie oben ausgeführt - eindeutig beschreibenden Aussage als reine Sachangabe und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis deuten wird.
4. Diesem Ergebnis können nicht die von der Anmelderin genannten eingetragenen Marken mit dem Bestandteil "and more/und mehr" entgegengehalten werden. Zwar bestehen Bedenken gegen die Schutzfähigkeit einiger der aufgeführten Marken, deren Verzeichnisse der Waren und Dienstleistungen und Registernummern allerdings nicht aufgeführt werden, so daß eine genauere Überprüfung - ob die Marken etwa einen schutzfähigen Bildbestandteil aufweisen - nicht möglich ist. Jedoch handelt es sich - soweit ersichtlich - zum einen in der Mehrzahl um Marken, die zum Teil schutzfähige Bestandteile aufweisen oder als Gesamtbegriff nicht reine Sachangaben darstellen. Zweitens ist die Frage der Schutzfähigkeit nicht anhand eingetragener Drittzeichen zu beurteilen. Eine Bindung des Gerichts besteht selbst bei einer abweichenden Eintragungspraxis nicht (vgl. BGH GRUR 1989, 420, 421 "KSÜD"; BlPMZ 1998, 248 "Today").
5. In Bezug auf die Dienstleistungen "Filmproduktion; Künstlervermittlung; Dienstleistungen eines Krankenhauses; Dienstleistungen eines Optikers; Dienstleistungen eines Physikers; Nachforschungen nach Personen; Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Recherchen (technische und rechtliche) in Angelegenheiten des gewerblichen; Rechtsschutzes; technische Beratung; und gutachterliche Tätigkeit; Tierzucht; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten; Verwertung gewerblicher Schutzrechte" kann der Senat an der angemeldeten Wortmarke weder ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) feststellen noch fehlt ihr insoweit jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), denn die Marke stellt insoweit keinen hinreichend konkret und eindeutig beschreibenden Hinweis auf eine hinreichend eng mit den Waren zusammenhängende Eigenschaft dar. Zwar werden im weiteren Umfeld von Hoteldienstleistungen u.a. gelegentlich auch derartige Dienstleistungen benötigt und erbracht. Es handelt sich jedoch nur um einen sehr mittelbaren Bezug, der nur aufgrund verwickelter, komplizierterer Überlegungen hergestellt werden kann. Allerdings dürfte bei der Bezeichnung der Dienstleistungen "technische Beratung; und gutachterliche Tätigkeit;" noch die Zeichensetzung zu klären sein.
Meinhardt Friehe-Wich Guth Cl
BPatG:
Beschluss v. 16.08.2000
Az: 29 W (pat) 189/99
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