Landgericht Freiburg:
Urteil vom 18. Juli 2008
Aktenzeichen: 12 O 25/08

(LG Freiburg: Urteil v. 18.07.2008, Az.: 12 O 25/08)

Tenor

1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes in Höhe bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, hinsichtlich der Beklagten Ziff. 1 zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Nachgang zu der als Anlage K 8 beigefügten Aussendung die Schreiben gemäß Anlage K 9 und/oder Anlage K 10 und/oder Anlage K 11 zu versenden und/oder versenden zu lassen.

2. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin 3.560,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 05.04.2008 zu bezahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Unterlassung angeblich wettbewerbswidrigen Verhaltens und die Zahlung von Abmahnkosten.

Die Klägerin ist eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG. Sie gibt zusammen mit Partnerverlagen Telekommunikationsverzeichnisse ("Das Telefonbuch", "Das Örtliche" etc.) sowie das Branchentelefonbuch "Gelbe Seiten" in gedruckter und elektronischer Form bundesweit und flächendeckend heraus.

Die Beklagte Ziff. 1 gibt ein Internetbranchenverzeichnis heraus. Die Beklagte Ziff. 2 war die Geschäftsführerin der Beklagten Ziff. 1 zum Zeitpunkt der vorliegend geltend gemachten Wettbewerbsverstöße.

Die Beklagte Ziff. 1 versandte im gesamten Bundesgebiet an eine Vielzahl von Kunden Formularaussendungen, mit denen sie für kostenpflichtige Einträge in dem von ihr herausgegebenen Adressensammelwerk warb. Wegen des Inhalts und der Gestaltung des Formulars wird auf die gleichlautenden Anlagen K 1 und K 8 Bezug genommen. Die Klägerin hielt diese Werbemaßnahme für wettbewerbswidrig, weil aus dem Schreiben sein eigentlicher Charakter als reines Angebot nicht ausreichend erkennbar sei, vielmehr der angesprochene Kundenkreis hierdurch der Meinung habe sein können, dass ein Vertrag über die Eintragung in das Adressensammelwerk bereits abgeschlossen sei und mit dem Anschreiben lediglich eine Abstimmung des Inhalts der Eintragung zwischen dem Verlag und dem Kunden erfolgen solle, somit lediglich ein Korrekturabzug vorliege.

Da die Beklagten auf die Abmahnung der Klägerin vom 08.10.2007 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben haben, hat die Klägerin beim Landgericht Frankfurt am 23.10.2007 eine einstweilige Verfügung des Inhalts erwirkt, dass es den Beklagten untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr für bezahlte Einträge in einem Adressensammelwerk mit einem Formular entsprechend demjenigen in der Anlage K 1 zu werben oder werben zu lassen (Beschluss vom 23.10.2007 - 8 O 151/07). Nach Zustellung der einstweiligen Verfügung am 26.11.2007 bzw. 14.11.2007 haben die Beklagten mit Schreiben vom 16.11.2007 bzw. 27.11.2007 eine Abschlusserklärung abgegeben.

Zuvor war bereits gegen die Schwestergesellschaften der Beklagten Ziffer 1, die TTT-Tele-Service Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH am 21.02.2007 (K 21) und gegen die TSV-Telekommunikations-Service Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH am 19.07.2007 (K 24), jeweils eine entsprechende einstweilige Verfügung durch das Landgericht Frankfurt ergangen, die beiden Gesellschaften untersagte, nahezu gleichlautende Formulare zur Kundenwerbung zu benutzen wie diejenigen in Anlage K 1 bzw. K 8. Während die "TTT-GmbH" eine Abschlusserklärung abgegeben hat, ist das Verfahren gegen die "TSV-GmbH" im Hauptsacheverfahren beim Landgericht Frankfurt noch anhängig. Sowohl die "TTT-GmbH" als auch die "TSV-GmbH" und die Beklagte Ziff. 1 haben denselben Firmensitz (Hibiskusweg 1, 63741 Aschaffenburg). Lediglich in der Geschäftsführung bestehen personelle Unterschiede.

Noch vor Erlass und Zustellung der einstweiligen Verfügung vom 23.10.2007 hatte die Beklagte Ziff. 1 das Formular in Anlage K 8 an den hieraus ersichtlichen Empfänger versandt, der dieses unterschrieben und teilweise handschriftlich ergänzt, an die Beklagte Ziff. 1 zurückgesandt hat. Mit Schreiben vom 14.11.2007 bestätigte die Beklagte Ziff. 1 die Eintragung (K 9) und übersandte am 23.11.2007 (K 10) die Rechnung. Mit weiterem Schreiben vom 26.11.2007 wies die Beklagte Ziff. 1 (Anlage K 11) den Widerruf des Vertrages durch den Kunden (Anlage K 12) unter Hinweis auf die Rechtslage zurück.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass auch diese Folgehandlungen der Beklagten wettbewerbswidrig seien, da dadurch die Beklagten die Erfüllung von Verträgen, die durch systematische und zielgerichtete Täuschungshandlungen zustande gekommen seien, unter Aufrechterhaltung der Täuschung auch bei der Durchführung des Vertrages durch Zusendung von Rechnungen, Mahnungen etc. durchzusetzen versuchten. Die Versendung der Anlagen K 9 bis K 11 stelle sich als Teil des von vornherein systematisch auf die Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise angelegten Geschäftskonzepts der Beklagten Ziff. 1 dar. Damit liege ein Verstoß gegen die §§ 3, 5 UWG vor. Die Beklagte Ziff. 2 hafte als Geschäftsführerin der Beklagten Ziff. 1.

Auf die Abmahnung der Klägerin vom 04.01.2008 gaben die Beklagten keine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Das vor dem erkennenden Gericht anhängig gewesene Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (12 O 10/08) endete durch Antragsrücknahme, da der Verfügungsgrund zweifelhaft war.

Die Klägerin begehrt aus einem Gegenstandswert in Höhe von jeweils 100.000,00 EUR Abmahnkosten für die erfolgten zwei Abmahnungen (K3 und K13) in Höhe von jeweils 1.780,20 EUR.

Die Klägerin beantragt,

1. die die Beklagten kostenpflichtig und vorläufig vollstreckbar zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, hinsichtlich der Beklagten Ziff. 1 zu vollziehen an ihrer Geschäftsführerin, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Nachgang zu der als Anlage K 8 beigefügten Aussendung die Schreiben gemäß Anlage K 9 und/oder Anlage K 10 und/oder Anlage K 11 zu versenden und/oder versenden zu lassen und2. an die Klägerin 3.560,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie tragen vor, sie hätten sich im Hinblick auf die Bemängelungen der Formulare ihrer Schwestergesellschaften bemüht, das Formular (K 1) so zu gestalten, dass jeder Kunde ohne weiteres und in zumutbarer Weise ohne Mühen davon Kenntnis habe nehmen können, dass er mit seiner Unterschrift einen Brancheneintragungsantrag erteilen würde. So sei bereits die Überschrift "Brancheneintragungsantrag" groß und fett gedruckt. Im weiteren Verlauf werde nochmals darauf hingewiesen, dass es sich um einen Eintragungsantrag handle und schließlich würde dem Kunden ein "Eintrag vorgeschlagen". Wesentlich sei jedoch, dass das Formular einen sofort ins Auge fallenden, dick umrandeten und mit fettem Druck ausgefüllten Textkasten aufweise, in welchem die Beklagten deutlich hervorgehoben die wesentlichen Vertragsinhalte darstellten. Bei dem von den Beklagten benutzten Formular handle es sich um ein weiter entwickeltes Formular des Schwesterunternehmens der Beklagten Ziff. 1, der TTT-Tele-Service Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH. Deren Formular sei in Forderungsprozessen von einer Vielzahl von Gerichten nicht beanstandet worden. Die Abschlusserklärung habe die TTT-GmbH nur abgegeben, weil seinerzeit die Aussendung beendet gewesen sei und sie es nicht auf einen unnötigen Prozess habe ankommen lassen wollen. Die Beklagten sind der Ansicht, dass jedenfalls die nunmehr von der Klägerin beanstandeten Maßnahmen nicht wettbewerbswidrig seien. Die Eintragungsbestätigung (K 9) gebe lediglich einen wahren Sachverhalt wieder, der Anlass für den Kunden sein könne, seinen Eintrag auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen. Die Übersendung der Rechnung (K 10) könne nicht beanstandet werden, weil ihr ein wirksamer Vertrag zugrunde liege und sie nicht dazu diene, erst ein Auftragsverhältnis zu schaffen. Gleiches gelte auch für die Anlage K 11.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten der beantragte Unterlassungsanspruch gem. den §§ 3, 4 Ziff. 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Ziff. 2, 8 Abs. 1, Abs. 3 Ziff. 1 UWG zu sowie gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG der Zahlungsanspruch in begehrter Höhe.

1. Unterlassungsanspruch:

Die Klägerin und die Beklagte Ziffer 1 stehen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Ziffer 3 UWG.

Auch die Vertragsabwicklungsmaßnahmen (Eintragungsbestätigung, Rechnung, Ablehnung des Widerrufs) sind vorliegend Wettbewerbshandlungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Ziff. 1 UWG. Das Handeln im geschäftlichen Verkehr muss, um den Anforderungen an den Begriff der Wettbewerbshandlung im Sinn des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG zu genügen, marktbezogen sein; es setzt eine auf Außenwirkung im Markt zwecks Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs gerichtete Tätigkeit voraus. Hieran fehlt es in aller Regel, wenn es nach einem Vertragsschluss allein noch um die Erfüllung und Durchsetzung individueller vertraglicher Pflichten geht, da in diesem Stadium lediglich die bereits erlangten Rechtspositionen durchgesetzt oder verteidigt werden, aber nicht mehr die Förderung des eigenen Wettbewerbs zu Lasten von Mitbewerbern im Vordergrund steht (Piper in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 2 Rz. 9). Dient jedoch die Kundentäuschung als Mittel des Wettbewerbs, kann auch die spätere Berufung auf Vertragsrechte Handeln im geschäftlichen Verkehr sein, wenn sich der Handelnde bei der Vertragsabwicklung oder bei der Geltendmachung vertraglicher Ansprüche die vorausgegangene Täuschung zunutze macht, indem er diese aufrecht erhält und die Rechtsunkenntnis des Kunden ausnutzt (Piper a.a.O. § 2 Rz. 9 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Zudem ist das Verhalten für sich genommen geeignet, Kundenabwanderung zu verhindern und den Bestand der geschlossenen Verträge zu erhalten. Solches Verhalten ist wettbewerbsrelevant und trägt die vermutete Wettbewerbsabsicht in sich (BGH GRUR 94, 126 -Folgeverträge I-).

Die Beklagten handelten sowohl was die Vertragsanbahnung als auch die weitere Vertragsabwicklung anbetrifft unlauter, da sie ihre Kunden gemäß den §§4 Nr. 3, 5 UWG irreführten.

Hinsichtlich der Vertragsanbahnung steht dies bereits nach der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Frankfurt und der dies anerkennenden Abschlusserklärung der Beklagten fest (Hefermehl/Köhler/Bornkamm UWG, 25. Auflage, § 12 Rdziff. 3.77).

Gleiches gilt für die hier in Frage stehenden Handlungen der Beklagten, mit denen sie ihre angeblichen Rechte aus den zuvor geschlossenen Verträgen durchsetzen wollten. Zwar ist der Warenabsatz durch Abwicklung von Verträgen, die zielgerichtet und systematisch unter Anwendung grob wettbewerbswidriger Mittel zustande gekommen sind, grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig (BGHZ 147, 296). Anders ist dies dann, wenn das gesamte Vorgehen darauf angelegt ist, die Betroffenen in eine €Vertragsfalle€ zu locken und sie dann an dem scheinbar geschlossenen Vertrag festzuhalten. Unter solchen Umständen ist auch der Versuch, gegen Betroffene unter Berufung auf den behaupteten Vertrag Ansprüche herzuleiten, als eigene Störung des Wettbewerbs zu beurteilen (BGH a. a. O.). Denn die Schutzfunktion des Wettbewerbsrechts würde vernachlässigt, wenn ein Wettbewerber systematisch die Früchte aus einer Vielzahl von solchen Verträgen ziehen könnte, deren Zustandekommen er durch -ebenfalls ganz systematische und zielgerichtete- Täuschungshandlungen bewirkt hat und- dies ist für den Unwertcharakter entscheidend- deren Fortbestand allein darauf zurückzuführen ist, dass er die verursachte Täuschung auch bei der Durchführung des Vertrags durch konkludentes Verhalten aufrecht erhält. Tritt ein solches Verhalten nicht vereinzelt auf, sondern systematisch und im Rahmen eines von vornherein auf Täuschung angelegten Gesamtkonzepts, liegt auch in der Vertragsdurchführung ein wettbewerbswidriges Verhalten (BGH a. a. O.-Folgeverträge I). Gerade dieser Vorgehensweise hatten sich die Beklagten verschrieben, wie insbesondere die Aufmachung der Formularaussendung aufzeigt:

Mit der formularmäßigen Versendung der Schreiben entsprechend der Anlagen K 1 und K 8 haben die Beklagten das alleinige Vorliegen eines Vertragsangebotes verschleiert, indem das Formular den Eindruck vermittelt hat, es bestehe bereits ein Vertrag, das Schreiben diene vielmehr lediglich noch dem Abgleich der in das Branchenverzeichnis der Beklagten einzutragenden Daten durch den Kunden. Hieran ändert nichts die hervorgehobene Überschrift "Brancheneintragungsantrag" noch der eingerahmte Text auf dem Formular oder die kleingedruckte Aufforderung "bitte überprüfen Sie bei Annahme dieses Angebots Ihre Unternehmensdaten €". Zwar ist es einem Durchschnittskunden möglich, bei genauer und konzentrierter Lektüre das Formular als Angebot auf Abschluss eines entgeltlichen Dienstvertrages zu erkennen. Ein Kunde, der das Schreiben jedoch situationsbedingt flüchtig betrachtet, kann ohne Weiteres zu der irrigen Ansicht gelangen, es handle sich nicht um ein Vertragsangebot, sondern um die Aufforderung, im Rahmen eines bereits geschlossenen Vertrags den vermeintlichen Korrekturabzug zu prüfen. Die Gestaltung des Schreibens war nämlich geeignet, einen nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise zu dieser Fehlannahme zu veranlassen, da unmittelbar ins Blickfeld des Betrachters der Teil des Schreibens fällt, der die in das Branchenverzeichnis einzutragenden Daten abfragt, wobei ein Teil schon von den Beklagten ausgefüllt war. Die fett gedruckte Überschrift €Brancheneintragungsantrag€ steht zudem nicht isoliert, um etwa den Gegenstand des Anschreibens als Angebot zu kennzeichnen. Vielmehr war drucktechnisch gleichartig hinzugefügt: €€Ort:€ und daran angeschlossen -von den Beklagten bereits eingetragen- der jeweilige Ort, an dem der jeweilige Empfänger des Formulars seinen jeweiligen Wohn-/Geschäftssitz hat. Damit war auch die Überschrift gewissermaßen als Teil der Eintragungsbestandteile zu verstehen.

Weitere Teile des Formulars verleihen diesem den Gesamteindruck eines zu prüfenden Korrekturabzuges und nicht eines Angebots auf Abschluss eines Dienstvertrages:

Gleich unterhalb der Kundenadresse steht nämlich als Erstes zu lesen: €Hinweis: Handschriftliche Ergänzungen sind möglich€.

Darunter heißt es zwar €Eintragungsantrag auf Aufnahme in das€.Branchenverzeichnis€. Daran schließt sich sofort die Aufforderung an: €Bitte prüfen Sie bei Annahme dieses Angebots Ihre Unternehmensdaten€€.

Für den situationsadäquat flüchtigen Betrachter ist danach eindeutig wesentlicher Zweck des Formulars, die vorgegebenen Daten zu prüfen und zu ergänzen. Keinesfalls eindeutig ist für ihn das Stadium zu erkennen, in dem sich die Vertragsentwicklung befindet. Zwar ist zweimal versteckt von €Annahme dieses Angebots€ die Rede. Dies tritt jedoch im Vergleich zu den auch an hervorgehobener Stelle platzierten Aufforderungen, die Daten zu prüfen, völlig in den Hintergrund und kann zudem auch als Annahme des tatsächlichen Eintragungsangebots in Vollziehung eines bereits geschlossenen Vertrags missverstanden werden, zumal die Beklagten die Terminologie bewusst unklar halten. So verwenden sie mehrfach den Ausdruck €Eintragungsantrag€, ohne dass klar wird, ob sie damit ein rechtsgeschäftliches Angebot auf Abschluss eines Vertrages meinen und von wem ein solches abgegeben wird, oder ob es sich hierbei um den Antrag auf Vollzug des bereits geschlossenen Dienstvertrags handelt. Im letzteren Fall könnte sich also die €Annahme des Angebots€ durchaus hierauf beziehen und nicht auf den rechtsgeschäftlichen Abschluss des Vertrags. Gerade die verwirrende Terminologie ist im Übrigen geeignet, beim Leser die Konzentration auf das durch das Formular hervorgehobene Wesentliche zu verstärken, nämlich die Prüfung der Eintragungsbestandteile und kann also bei ihm das Verständnis eines bereits abgeschlossenen Vertrags hervorrufen.

Die Entgeltlichkeit und die Tatsache, dass es sich um ein Angebot auf Abschluss eines Dienstvertrages handelt, konnte sich zwar für den aufmerksamen Betrachter aus dem Fließtext innerhalb der dicken Umrandung ergeben. Einleitend ist jedoch auch dort die Aufforderung enthalten, die Richtigkeit der Angaben zu überprüfen und das Formular für die korrekte Bekanntgabe der Daten umgehend bei Bedarf zurückzusenden. Auch der darauf folgende Absatz, der die eigentlichen Vertragsessentialia enthält, wird durch zwei Sätze eingeleitet, die sich auf die Eintragungen beziehen. Erst danach wird das Entgelt genannt, wobei zwischen der Währung (Euro) und dem zahlenmäßigen Betrag ein Zeilenumbruch bewusst eingebaut ist, so dass dies nur zu leicht überlesen wird.

Der zum flüchtigen Überprüfen der Daten verleitete Kunde erkennt angesichts dieser Gestaltung des Formulars den Charakter eines Vertragsangebotes und die Folgen seiner Unterzeichnung desselben mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht. Unterstrichen wird diese Sichtweise noch durch die bereits auf dem Formular enthaltene individuelle Bearbeitungsnummer und den Strichcode, die beide für ein reines Angebot untypisch sind, da sie erst nach Vertragsschluss vergeben zu werden pflegen. Unmaßgeblich ist insoweit, ob die aufgrund dieses Angebots und der Erklärung des jeweiligen Kunden zustande gekommenen Verträge im Einzelfall wirksam oder anfechtbar sind.

Die Beklagten gingen also systematisch und zielgerichtet mit diesem Formularschreiben auf Kundenfang. Denn sie richteten dieses Formular an eine Vielzahl möglicher Kunden im gesamten Bundesgebiet. Aus der Aufmachung des zuvor genannten Formulars ergibt sich der Gesamtplan der Beklagten, die Kunden zu verwirren und irre zu führen, indem sie getäuscht über den eigentlichen Zweck des Formulars, ein Angebot der Beklagten auf Abschluss eines Vertrags anzunehmen, glauben sollten, einen Korrekturabzug eines bereits geschlossenen Vertrags zu prüfen und mit ihrer Unterschrift zu genehmigen. Damit stellt sich auch das Früchteziehen aus der Vielzahl von Verträgen, die aufgrund dieses wettbewerbswidrigen Handelns zustande gekommen sind, als unlautere Wettbewerbshandlung dar, weil im Rahmen der Durchführung des Vertrages durch konkludentes Verhalten die Unrechtslage aufrechterhalten wird, wenn die Beklagten bei Bestätigung der Eintragung, bei Rechnungsstellung und auch bei Ablehnung des Widerrufs nicht darauf hingewiesen haben, dass der Vertrag möglicherweise durch Täuschung und Irrtum der Kunden zustande gekommen und deshalb anfechtbar ist (BGH GRUR 1994, 126 - Folgeverträge I; GRUR 95, 358 - Folgeverträge II; GRUR 98, 415 - Wirtschaftsregister). Im vorliegenden Falle waren die beanstandeten Folgemaßnahmen also Teil der systematischen und zielgerichteten wettbewerbswidrigen Vorgehensweise der Beklagten. Durch sie sollte der Irrtum der Kunden, ein Vertrag habe bereits vor Unterzeichnung des Formulars gemäß K 1/K 8 bestanden, aufrechterhalten werden; die getäuschten Kunden sollten zielgerichtet davon abgehalten werden, sich vom Vertrag zu lösen. Die Vorgehensweise der Beklagten geht damit über das zielgerichtete und systematische grob wettbewerbswidrige Einsetzen von Mitteln hinaus, um Verbraucher zu Warenbestellungen zu veranlassen. Der Warenabsatz durch Abwicklung auf diese Weise zustande gekommener Verträge mag zwar auch auf einem Gesamtplan des wettbewerbswidrig Handelnden beruhen. Ein solcher - durchaus typischer - Zusammenhang zwischen wettbewerbswidriger Werbung und Vertragsabwicklung genügt grundsätzlich nicht, um auch der Vertragsabwicklung den Stempel der Wettbewerbswidrigkeit aufzudrücken (BGHZ 147, 296). Das gesamte Vorgehen der Beklagten war jedoch darauf angelegt, eine Vielzahl von Beworbenen in eine "Vertragsfalle" zu locken und sie durch die Folgehandlungen durch Unterlassen der nötigen Aufklärung davon abzuhalten, den Vertrag nicht zu erfüllen bzw. gegen seine Wirksamkeit in der nötigen Weise anzugehen.

Das zielgerichtete und systematische Vorgehen der Beklagten wird schließlich dadurch untermauert, dass sie mit nur unwesentlich abweichendem Formularschreiben die Kunden bewarben, wie dies den Schwestergesellschaften TTT-Tele-Service Verlags- und Vertriebs GmbH und der TSV-Telekommunikations-Service Verlags- und Vertriebs Gesellschaft mbH durch einstweilige Verfügungen des Landgerichts Frankfurt bereits zuvor untersagt worden war, was den Beklagten von Anfang an bekannt war. Da alle drei Gesellschaften den gleichen Firmensitz haben und teilweise über denselben Gesellschafter bzw. Geschäftsführer verfügen, besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen ihnen, der auf ein planmäßiges Zusammenwirken schließen lässt.

Unter Zugrundelegung obiger Ausführungen ist von Wettbewerbswidrigkeit der Folgehandlungen (K 9 - K 11) gemäß den §§ 4 Ziff. 3, 5 UWG auszugehen, weshalb das wettbewerbswidrige Handeln den Beklagten zu untersagen war.

Dies gilt auch hinsichtlich der Beklagten Ziffer 2, obwohl sie nicht mehr als Geschäftsführerin der Beklagten Ziffer 1 fungiert. Dadurch wird die Wiederholungsgefahr, die durch die bereits eingetretenen Störungen widerlegbar vermutet wird, nicht beseitigt. Denn mit dem Ausscheiden der Beklagten Ziffer 2 aus der Beklagten Ziffer 1 ist nicht gewährleistet, dass sie nicht wieder zu einem späteren Zeitpunkt dieses Amt übernimmt oder in anderer Funktion für die Beklagte Ziffer 1 oder eine Schwestergesellschaft tätig sein wird.

2. Zahlungsanspruch:

Der Zahlungsanspruch folgt aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Sowohl die Abmahnung hinsichtlich der Aussendung der Anlagen K1/K8 im Vertragsanbahnungsstadium als auch hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Vertragsabwicklungshandlungen waren berechtigt, wie sich aus den vorherigen Ausführungen ergibt. Die Höhe der Abmahnkosten hat die Klägerin unter Zugrundelegung eines zutreffenden Gegenstandswertes in Höhe von jeweils 100.000,00 EUR, der von den Beklagten auch nicht in Frage gestellt wurde, richtig mit jeweils 1780,20 EUR errechnet (K3/K13).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, 100 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.






LG Freiburg:
Urteil v. 18.07.2008
Az: 12 O 25/08


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