Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 8. März 2010
Aktenzeichen: I-20 U 177/08
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 08.03.2010, Az.: I-20 U 177/08)
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2. Juli 2008 verkündete Urteil der 14c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 € zu unterlassen, zur Bezeichnung seiner beruflichen Tätigkeit den Begriff „Wirtschaftsprüfer“ zu verwenden, insbesondere wenn dies durch den Hinweis „griechischer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater“ geschieht.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelas-sen, eine Vollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 25.000,00 € abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
A)
Hinsichtlich des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Die Klägerin ist Trägerin der beruflichen Selbstverwaltung aller Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer, Wirtschaftsprüfergesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften in Deutschland. Sie hat nach § 57 des Gesetzes über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung, WPO) die Aufgabe, die beruflichen Belange der Gesamtheit ihrer Mitglieder zu wahren.
Der Beklagte ist in Deutschland nicht gemäß § 15 WPO als Wirtschaftsprüfer bestellt. Er unterhält in D. ein Büro, an dessen Eingang das aus der Anlage K1 zur Klageschrift (Bl. 8 GA) ersichtliche Schild angebracht ist. Es enthält die Aufschrift:
"Dr. G. International Griechischer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Oikonomikos Orkotos Elegktis Logistis Forotechnikos A"
Ferner verwendet der Beklagte einen Briefbogen (Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 9 GA) mit einer dem Kanzleischild entsprechenden Aufschrift, wobei "Oikonomikos Orkotos Elegktis Logistis Forotechnikos A’" in griechischer Schrift gehalten ist. Die Tätigkeit des Beklagten ist der Klägerin seit dem Jahr 1997 bekannt.
Der Beklagte ist seit dem 09. Oktober 1995 als sog. "Oikonomikos kai Orkotos Elegktis" bei der Wirtschaftskammer Griechenlands zugelassen. Die Klägerin sieht in der Verwendung der Bezeichnung "Wirtschaftsprüfer" ein wettbewerbswidriges Verhalten des Beklagten. Die Verwendung verstoße gegen § 132a StGB und § 18 Abs. 1, § 132 Abs. 1 Nr. 2 WPO und sei daher nach § 4 Nr. 11 UWG unlauter. Nach § 132 Abs. 1. Nr. 2 WPO dürfe der Beklagte nur seine griechische Berufsbezeichnung in griechischer Sprache führen. Die verwendete Bezeichnung sei ferner irreführend, da die Tätigkeiten, die der Beklagte in Griechenland auszuführen berechtigt sei, nicht denen entsprächen, die ein deutscher Wirtschaftsprüfer verrichten dürfe. Den angesprochenen Verkehrskreisen werde suggeriert, der Beklagte habe die Befugnisse eines deutschen Wirtschaftsprüfers, was tatsächlich nicht der Fall sei. Der Beklagte dürfe weder in Deutschland, noch in Griechenland Jahresabschlüsse wirtschaftlicher Unternehmen prüfen und entsprechende Bestätigungsvermerke erteilen. Er gehöre in Griechenland einer Berufsgruppe von Prüfern an, die keine Zulassungsprüfung abzulegen und keine berufliche Erfahrung nachzuweisen habe.
Das Landgericht hat die Klage, die darauf gerichtet war, den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, zur Bezeichnung seiner beruflichen Tätigkeit den Begriff "Wirtschaftsprüfer" zu verwenden, insbesondere wenn dies durch den Hinweis "Griechischer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater" geschiehe, abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass das Adjektiv "Griechischer" klarstelle, dass der Beklagte lediglich in Griechenland bestellt sei. Es liege auch keine Irreführung des angesprochenen Verkehrskreises vor, da dieser nicht erwarte, dass ein griechischer Wirtschaftsprüfer über dieselben Qualifikationen und Tätigkeitsbereiche wie ein deutscher Wirtschaftsprüfer verfüge.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus der ersten Instanz. Das Landgericht habe insbesondere verkannt, dass die vom Beklagten gewählte Übersetzung seiner Berufsbezeichnung irreführend sei. Es gebe in Griechenland eine Berufsgruppe von Abschlussprüfern, deren Qualifikation und Tätigkeit denen deutscher Wirtschaftsprüfer entspreche. Dieser Berufsgruppe gehöre der Beklagte gerade nicht an. § 132 Ab s. 1 Nr. 2 WPO erlaube dem Beklagten die Bezeichnung "Griechischer Wirtschaftsprüfer" nicht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 02.07.2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- Euro zu unterlassen zur Bezeichnung seiner beruflichen Tätigkeit den Begriff "Wirtschaftsprüfer" zu verwenden, insbesondere wenn dies durch den Hinweis "griechischer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater" geschieht.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass das gegen ihn gerichtete Vorgehen der Klägerin gegen Art. 81f EG-Vertrag verstoße. Da ihn in einem anderen Verfahren die Steuerberaterkammer wegen der Benutzung des Begriffs "Steuerberater" auf Unterlassung in Anspruch nehme, liege ein abgestimmtes Verhalten der Steuerberaterkammer und der Klägerin zu seinem Nachteil vor. Ferner besitze die Klägerin eine marktbeherrschende Stellung und missbrauche diese, um den Beklagten an seiner Tätigkeit in Deutschland zu hindern. Auch handele die Klägerin zum Nachteil der griechischen Wirtschaftskammer. Eine Untersagung der Verwendung der von ihm gewählten Bezeichnung laufe zudem auf eine mit Art. 43 EG-Vertrag unvereinbare Beschränkung der Niederlassungsfreiheit hinaus. Er meint daher auch, für die Entscheidung des Rechtsstreits sei nach § 87 S. 2 GWB der Kartellsenat zuständig.
Ferner ist der Beklagte der Auffassung, seine Qualifikation entspreche der eines Wirtschaftsprüfers nach deutschem Recht. Das für die Bestimmung des Umfangs seiner Tätigkeit maßgebliche griechische Recht differenziere nicht zwischen verschieden qualifizierten Wirtschaftsprüfern. Der griechische Gesetzgeber habe sich mit der Umsetzung der RL 2006/43/EG durch das Gesetz Nr. 2190/1920 gegen eine solche Differenzierung entschieden.
Ein gegen ihn gerichteter Unterlassungsanspruch sei zudem verjährt oder verwirkt. Insoweit habe er insbesondere auf das Urteil des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. Februar 2005 (VI-U (Kart) 34/04) vertrauen dürfen, nach dem die von der hiesigen Klägerin in jenem Verfahren beanstandete Art der von ihm verwendeten Siegel nicht irreführend i.S.d. § 5 UWG gewesen sei.
Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
B)
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB, § 18 Abs. 1, § 132 Abs. 1 WPO einen Anspruch darauf, dass der Beklagte die beanstandete Verwendung der Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" unterlässt. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Befugnisse des Beklagten in Griechenland denen eines deutschen Wirtschaftsprüfers entsprechen, kommt es nicht an. Eine Kartellsache im Sinne des § 87 GWB liegt nicht vor.
(1) Eine Abgabe des Rechtsstreits an den Kartellsenat ist nicht veranlasst, weil keine Kartellsache vorliegt. Eine Kartellsache liegt nach § 87 S. 2 GWB vor, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer kartellrechtlichen Frage abhängt, eine solche also entscheidungserheblich ist. Das ist hier nicht dargetan. Sofern sich der Beklagte auf einen Verstoß gegen Art. 82 EG-Vertrag durch die Klägerin berufen möchte, da diese ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche, kann der Beklagte aus dieser, im übrigen unsubstantiierten, Behauptung keine Vorteile für sich ziehen. Ein auf das Führen der Berufsbezeichnung gerichteter "Zugangsanspruch" des Beklagten gegen die Klägerin ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Möchte der Beklagte hingegen geltend machen, dass die Klägerin die griechische Wirtschaftskammer behindere, so fehlt ihm diesbezüglich bereits die Aktivlegitimation. Eine abgesprochene Verhaltensweise der Steuerberaterkammer und der Klägerin wurde nicht substantiiert vorgetragen. Eine solche Abstimmung würde selbst bei Vorlage aller weiterer Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag keine für den Beklagten positive Rechtsfolge entfalten. Nach Art. 81 Abs. 2 EG-Vertrag wäre zwar der interne Beschluss, gemeinsam gegen den Beklagten vorzugehen, nichtig, die einzelnen Klagen blieben jedoch sowohl zulässig, als auch begründet.
(2) Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB, § 18 Abs. 1, § 132 Abs. 1 WPO einen Anspruch darauf, dass der Beklagte die beanstandete Verwendung der Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" unterlässt. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsantrag findet das UWG in seiner seit dem 28.12.2008 geltenden Fassung Anwendung. Eine Wiederholungsgefahr wird jedoch nur durch solche Verletzungshandlungen begründet, die auch nach dem UWG in der zum jeweiligen Begehungszeitpunkt geltenden Fassung unzulässig waren. § 4 Nr. 11 UWG hat durch die Neufassung des UWG keine Änderung erfahren. Das beanstandete Verhalten ist auch sowohl als Wettbewerbshandlung im Sinne des UWG a.F. als auch als geschäftliche Handlung im Sinne der Neufassung anzusehen. Die gesetzlichen Vorschriften, gegen die der Beklagte verstoßen haben soll, stellen sich jedenfalls als gesetzliche Ausprägung des allgemeinen Irreführungsverbotes dar, weshalb es auch keiner Klärung der Frage bedarf, ob im Hinblick auf die mit der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken bezweckte Vollharmonisierung nur solche Normen einen Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG begründen können, die ihre Grundlage ebenfalls im Gemeinschaftsrecht haben. Aus diesen Gründen ist eine Differenzierung zwischen früherer und jetziger Rechtslage nicht geboten, zumal die beanstandeten Handlungen des Beklagten andauern.
Nach § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt insbesondere unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
Nach § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB ist unter anderem das unbefugte Führen der Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" strafbar. Nach § 18 Abs. 1 WPO führen Wirtschaftsprüfer die Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer". Nach § 15 Abs. 1 WPO wird ein Wirtschaftsprüfer nach bestandener Prüfung von der Klägerin bestellt. § 132 Abs. 1 WPO untersagt das nach dem Recht eines anderen Staates berechtigte Führen der Berufsbezeichnungen "Wirtschaftsprüfer", "Wirtschaftsprüferin", "vereidigter Buchprüfer" oder "vereidigte Buchprüferin" ohne Angabe des anderen Staates.
Die genannten Bestimmungen des Strafgesetzbuches und der WPO stellen Marktverhaltensregelungen im Interesse der anderen Marktteilnehmer dar, denn sie regeln das Auftreten gegenüber anderen Marktteilnehmern, insbesondere Verbrauchern, in deren Interesse (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 28. Aufl., § 4 UWG Rn. 11.34). Soweit die Bestimmungen darüber hinaus den Marktzutritt regeln, kommt ihnen eine Doppelfunktion zu. Davon ist nämlich auszugehen, wenn die Betätigung auf einem bestimmten Markt einer öffentlichrechtlichen Erlaubnis bedarf und die betreffende Norm damit im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher, eine bestimmte Qualität, Sicherheit oder Unbedenklichkeit der angebotenen Leistung sicherstellen will (Köhler a.a.O. Rn. 11.49). Das ist bei den Vorschriften, welche die Führung der Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" regeln, der Fall, denn § 132a StGB will die Führung der Berufsbezeichnung durch Unbefugte im Interesse der Verbraucher verhindern und die Regelungen der WPO regeln die Voraussetzungen zum Führen dieser Berufsbezeichnung, um die Qualität der unter dieser Bezeichnung angebotenen Dienstleistungen sicherzustellen.
Der Beklagte führt die Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" durch die angegriffene Verwendung unbefugt, denn er bezeichnet sich als "griechischer Wirtschaftsprüfer", obwohl er weder in Griechenland die - deutsche - Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" führen darf, noch er zum Wirtschaftsprüfer bestellt ist.
Der Beklagte ist unstreitig nicht nach § 15 WPO zum Wirtschaftsprüfer bestellt. Auch hat er von der nach §§ 131g f. WPO bestehenden Möglichkeit, eine Eignungsprüfung als Wirtschaftsprüfer abzulegen, bislang keinen Gebrauch gemacht. Der Beklagte verfügt auch nicht über die nach dem Recht eines anderen Staates bestehende Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer". Die Berufsbezeichnung, die er in Griechenland zu führen berechtigt ist, lautet " Oikonomikos kai Orkotos Elegktis". Darauf, dass die Wirtschaftskammer Griechenlands ihm gestattet hat, im Ausland diese Bezeichnung in Übersetzung zu führen, kann er sich nicht berufen, denn die Wirtschaftskammer Griechenlands kann für die Verwendung der Berufsbezeichnung außerhalb Griechenlands keine Regelungen verfügen. Nach griechischem Recht mag der Beklagte befugt sein, die Berufsbezeichnung " Oikonomikos kai Orkotos Elegktis" zu führen, aus dem griechischen Recht kann sich aber nicht in wirksamer Weise die Berechtigung zur Führung der deutschsprachigen Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" in Deutschland ergeben. Eine Berechtigung zum Führen der Bezeichnung "griechischer Wirtschaftsprüfer" ergibt sich demnach hinsichtlich des Bestandteils "Wirtschaftsprüfer" insbesondere nicht aus § 132 Abs. 1 Nr. 2 WPO. Nach dieser Vorschrift muss eine Person, die nach dem Recht eines anderen Staates berechtigt ist, die - deutschsprachige - Bezeichnung "Wirtschaftsprüfer" zu führen, dem Wort diesen Staat hinzusetzen. In Griechenland heißt der Beklagte aber - in lateinische Buchstaben transkribiert - "Oikonomikos kai Orkotos Elegktis". Da die Bezeichnung "Wirtschaftsprüfer" im Übrigen durch § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB gegen unbefugte Verwendung geschützt ist, beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 132 Abs. 1 Nr. 2 WPO auf Personen aus deutschsprachigen Ländern, die in ihrem Heimatland die Berechtigung zum Führen der deutschsprachigen Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" haben. Nur solche Personen führen die Bezeichnung "Wirtschaftsprüfer" nämlich nicht schon unbefugt im Sinne des § 132a StGB, so dass es zur Klarstellung der Bußgeldvorschrift des § 132 Abs. 1 Nr. 2 WPO bedurfte. Bei einem " Oikonomikos kai Orkotos Elegktis" ist ein derartiger klarstellender Zusatz schon deshalb überflüssig, weil die angesprochenen Verkehrskreise bereits aus der Fremdsprachigkeit der Bezeichnung erkennen können, dass es sich um eine ausländische Berechtigung handelt.
Dadurch, dass der Beklagte seine Berufsbezeichnung "Oikonomikos kai Orkotos Elegktis" nicht in der Form "griechischer Wirtschaftsprüfer" verwenden darf, wird er nicht gegenüber aus dem deutschsprachigen Ausland stammenden Wirtschaftsprüfern benachteiligt. Im Grundsatz darf nur eine Person, die von der Klägerin zum Wirtschaftsprüfer bestellt ist, in Deutschland auch die Bezeichnung "Wirtschaftsprüfer" führen. § 132 WPO räumt damit nicht etwa aus dem deutschsprachigen Ausland stammenden "Wirtschaftsprüfern" eine weitergehende Berechtigung ein, sondern beschränkt deren Befugnis, die in ihrem Heimatland rechtmäßig geführte Bezeichnung in Deutschland zu führen. Einer solchen Beschränkung bedarf es bei einem "Oikonomikos kai Orkotos Elegktis" nicht, weil diese Bezeichnung nicht mit der eines deutschen Wirtschaftsprüfers verwechselt werden kann.
Hinzu kommt Folgendes: Das deutsche Recht kann keine Bestimmungen darüber treffen, welche Berufsbezeichnungen ein anderer Staat zulässt und unter welchen Voraussetzungen dies geschieht. Die zwischen den Parteien geführte Auseinandersetzung über die Frage, ob überhaupt ein "Oikonomikos kai Orkotos Elegktis" in Griechenland einem Wirtschaftsprüfer entspricht, legt es nahe, dass die Vergleichbarkeit der Tätigkeitsfelder und Qualifikationen zumindest fraglich sein dürfte. Würde man eine - im Gesetz nicht vorgesehene - Übersetzung als Befugnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" annehmen, müsste in jedem Einzelfall geprüft werden, ob diese Übersetzung tatsächlich zutreffend ist. Dies ist schon deshalb schwer möglich, weil es an einheitlichen Kriterien fehlt. So ist die Führung der Berufsbezeichnung in Deutschland stets von einer Zugangsprüfung abhängig. Der Beklagte hat eine solche aber weder in Griechenland noch in Deutschland abgelegt. Würde man auf dieses formale Kriterium abstellen, wäre die Übersetzung schon unrichtig. Das rechtfertigt es jedenfalls, dem Beklagten nur die Führung der ihm in Griechenland nach griechischem Recht zukommenden Berufsbezeichnung - in der entsprechenden Sprache - zu gestatten.
Ein Verstoß gegen die genannten Gesetzesvorschriften scheitert auch nicht daran, dass diese etwa gegen die Grundfreiheiten des gemeinsamen Marktes verstießen (vgl. BGH GRUR 1998, 407, 409 - "Tiapridal"). Die deutschen Vorschriften über die Führung der Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" verstoßen nämlich nicht gegen diese Freiheiten, insbesondere nicht gegen die Niederlassungsfreiheit. Der Beklagte wird durch § 132 Abs. 1 Nr. 2 WPO bzw. § 132a StGB nicht daran gehindert sich in Deutschland niederzulassen und seiner Tätigkeit nachzugehen. Insoweit wie §§ 18 Abs. 1, 132 Abs. 1 Nr. 2 WPO den Beklagten daran hindern, seine Berufsbezeichnung unter Rückgriff auf die deutsche Berufsbezeichnung zu wählen, ist der Eingriff in den Randbereich der Niederlassungsfreiheit aus Art. 43 EG gerechtfertigt. Der Beklagte wird durch die Normen nicht gegenüber seinen deutschen Kollegen diskriminiert (vgl. EuGH Slg. 2002 I, 6540 "Deutsche Paracelsus Schulen"). Es steht ihm frei, das Recht zum Führen der deutschen Berufsbezeichnung zu erwerben, indem er die deutsche Eignungsprüfung zum Wirtschaftsprüfer nach § 131g f. WPO ablegt und sich sodann nach § 131k WPO bestellen lässt. An der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Normen, die das Führen der deutschen Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" einschränken, um vor dem Hintergrund der Bedeutung dieses Berufsstandes die Öffentlichkeit vor dem Wirken weniger qualifizierter Prüfer zu schützen, bestehen keine Zweifel.
(3) Der Gesetzesverstoß ist geeignet, die Interessen insbesondere der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen (§ 3 Abs. 1 UWG). Der Verbraucher ist nämlich durch den Schutz der deutschen Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" - ohne Länderangabe - daran gewöhnt, dass der Berufsstand seine Qualifikation durch eine Prüfung nachgewiesen hat und seine Berufsausübung der Aufsicht der Klägerin unterliegt. Die Verwendung des Wortes mit dem bloßen Zusatz "griechischer" schütze die Verbraucherinteressen schon deshalb nicht ausreichend, weil die Kombination offen lässt, ob sich dieser Zusatz auf die Zulassung oder auf die Nationalität des sich so Bezeichnenden bezieht.
(4) Der Klageanspruch ist nicht verjährt. Die Verjährung hat noch nicht einmal begonnen, da der Eingriff noch andauert. Durch die dauerhafte Verwendung der Bezeichnung auf dem Briefbogen und dem Kanzleischild geht vom Beklagten pflichtwidrig nach wie vor eine Störung aus (vgl. Köhler a.a.O. § 11 Rn. 1.21). Es ist auch keine Verwirkung eingetreten. Der Verwirkungseinwand ist ausgeschlossen, wenn eine Verletzung zugleich das Interesse der Allgemeinheit beeinträchtigt, weil dieses grundsätzlich Vorrang vor den betroffenen Individualinteressen hat (BGH GRUR 1985, 930, 931 "JUS-Steuerberatungsgesellschaft"). Wie ausgeführt, dient die erörterte Beschränkung in der Führung der Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" dem Interesse der Allgemeinheit.
(5) Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht von dem Urteil des 1. Kartellsenats ab. Dieses betraf allein die Frage, ob die von dem Beklagten seinerzeit verwendeten Siegel geeignet waren, die angesprochenen Verkehrskreise dahin irre zu führen, dass der Beklagte deutscher Wirtschaftsprüfer sei. Die Sache hatte damit einen anderen Streitgegenstand. Ein Gesetzesverstoß - wie hier - war nicht Gegenstand der seinerzeitigen Auseinandersetzung. Schließlich kommt der Frage auch keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.
Streitwert: 50.000,00 € (entsprechend der von den Parteien nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung)
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 08.03.2010
Az: I-20 U 177/08
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