Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg:
Beschluss vom 7. März 2014
Aktenzeichen: OVG 6 S 48.13
(OVG Berlin-Brandenburg: Beschluss v. 07.03.2014, Az.: OVG 6 S 48.13)
1. Presserechtliche Auskunftsansprüche beziehen sich grundsätzlich nur auf die Beantwortung konkreter Fragen, nicht aber auf Aktennutzung durch Einsicht-nahme in oder Kopie von Behördenakten.
2. Öffentliche Unternehmen können sich nicht auf den Auskunftsverweigerungsanspruch wegen entgegenstehender Vorschriften über die Geheimhaltung nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 BbgPG berufen. Ihren Interessen auf Wahrung ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse wird durch die Regelung in § 5 Abs. 2 Nr. 3 BbgPG Rechnung getragen, die dem Schutz überwiegender öffentlicher und privater Interessen dient.
Tenor
Die Beschwerden des Antragstellers und der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 19. September 2013 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller zu zwei Dritteln, die Antragsgegnerin zu einem Drittel.
Der Wert der Beschwerdeverfahren wird auf insgesamt 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Journalist. Mit Schreiben vom 14. August 2013 begehrte er von der Antragsgegnerin, ihm Einsicht in Form der Überlassung von Kopien in alle Unterlagen, die die Mitglieder des Aufsichtsrates in ihrer Funktion als Mitglied des Aufsichtsrates der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH seit dem 1. Januar 2011 erreicht haben betreffend den Ausbau und die geplante Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg, insbesondere, wenn diese mangelnde Baufortschritte aufzeichnen oder Hinweise auf Verzögerungen der zunächst geplanten Inbetriebnahme des Flughafen zum Inhalt haben, einschließlich aller Hinweise zu den damit zusammenhängenden Kosten des Projekts. Hilfsweise begehrte er Auskunft, wann die Mitglieder des Aufsichtsrats in welcher Form über welche Baufortschrittsverzögerungen mit welcher Begründung informiert worden sind.
Das Verwaltungsgericht wies den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer zur Erteilung der begehrten Auskunft verpflichtenden einstweiligen Anordnung hinsichtlich des Hauptantrages zurück, weil weder der presserechtliche noch der auf andere Rechtsgrundlagen gestützte Auskunftsanspruch ein Recht auf Akteneinsicht umfasse, gab allerdings dem Hilfsantrag statt und erlegte dementsprechend der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung auf, dem Antragsteller in schriftlicher Form Auskunft darüber zu geben, wann die Mitglieder des Aufsichtsrats der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH über Verzögerungen bei dem Bau des Flughafens Berlin-Brandenburg informiert worden sind, in welcher Form dies geschah, welche Verzögerungen den Mitgliedern des Aufsichtsrats mitgeteilt wurden und welche Begründung für die Verzögerungen jeweils gegeben wurde. Dem Antragsteller stehe insoweit ein Auskunftsrecht nach § 5 Abs. 1 des Brandenburgischen Pressegesetzes - BbgPG - mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit zu. Durchgreifende Ausschlussgründe seien von der Antragsgegnerin nicht dargelegt worden.
Gegen diesen Beschluss haben sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt.
II.
Sowohl die Beschwerde des Antragstellers als auch die Beschwerde der Antragsgegnerin sind zulässig, aber unbegründet. Der Senat folgt hinsichtlich des streitigen Begehrens der Einschätzung des Verwaltungsgerichts. Das Beschwerdevorbringen, auf das allein sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine andere Entscheidung.
1. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Antragsteller der mit dem Hauptantrag verfolgte Anspruch nicht zusteht, weil er bereits einen Anordnungsanspruch im Sinne des § 123 Abs. 1 VwGO nicht glaubhaft gemacht hat.
a) Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der in § 5 Abs. 1 BbgPG geregelte Auskunftsanspruch, wonach die Behörden verpflichtet sind, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen, auf die Beantwortung konkreter Fragen beschränkt ist, aber keinen allgemeinen Informationsanspruch umfasst. Hier begehre der Antragsteller mit dem Hauptantrag undifferenziert Einsicht in alle Unterlagen, die die Mitglieder des Aufsichtsrates der Antragsgegnerin in Bezug auf den Ausbau und die geplante Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg seit etwa zweieinhalb Jahren erreicht hätten. Mit diesem Anspruch wolle der Antragsteller im Ergebnis hinsichtlich des von ihm bezeichneten Sachkomplexes einem Aufsichtsratsmitglied der Antragsgegnerin gleichgestellt werden, ohne dass es angesichts dieses nicht auf die Beantwortung einer konkreten Frage gerichteten Begehrens auch nur möglich wäre zu beurteilen, ob insoweit Ausschlussgründe nach § 5 Abs. 2 BBgPG gegeben seien.
Der Antragsteller wendet hiergegen ein, die Einengung auf eine konkrete Frage finde sich nicht im Landespressegesetz und sei eine unzulässige Einschränkung der Pressefreiheit, denn das Grundrecht auf Pressefreiheit garantiere die institutionelle Eigenständigkeit der Presse von der Beschaffung der Informationen bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung. Sie widerspreche angesichts komplexer Sachverhalte daher der Recherchefreiheit. Diese Auffassung überzeugt nicht.
Die Auslegung des presserechtlichen Informationsanspruchs nach § 5 Abs. 1 BbgPG auf die Beantwortung konkreter Fragen steht - anders als der Antragsteller meint - nicht im Widerspruch zur von Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Pressefreiheit. Das mit dem vorliegenden Antrag verfolgte Hauptbegehren ist letztlich auf eine Aktennutzung durch Einsichtnahme in Behördenakten oder einer Kopie von Behördenakten gerichtet. Ein derartiger Informationszugang ist aber von Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht umfasst (so ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 27. November 2013 - 6 A 5/13 -, Rn. 24 bei juris). Dies steht auch im Einklang mit der Auslegung des Artikels 5 GG durch das Bundesverfassungsgericht. Danach geben weder Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 GG noch Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG ein Recht auf Eröffnung einer Informationsquelle. Über die Zugänglichkeit einer Informationsquelle und die Modalitäten des Zugangs entscheidet, wer über ein entsprechendes Bestimmungsrecht verfügt. Erst nach Eröffnung der allgemeinen Zugänglichkeit kann der Schutzbereich der Informationsfreiheit durch einen Grundrechtseingriff betroffen sein (BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 - 1 BvR 2623/95, 1 BvR 622/99 -, BVerfGE 103, 44 ff., Rn. 54 ff. bei juris).
Dies bestätigt zugleich, dass der rechtliche Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts richtig ist, wonach sich die presserechtlichen Auskunftsansprüche grundsätzlich nur auf die Beantwortung konkreter Fragen beziehen. Kennzeichnend für ein Auskunftsbegehren ist die Benennung eines konkreten Sachkomplexes, hinsichtlich dessen bestimmte Informationen gewünscht werden (VG Düsseldorf, Beschluss vom 4. August 2010 - 26 L 1223/10 -, Rn. 8 f. bei juris m.w.N.). Hierüber geht der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptantrag hinaus.
Auf die von den Beteiligten im Beschwerdeverfahren aufgeworfene Frage, ob dem mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch Ausschlussgründe nach § 5 Abs. 2 BbgPG entgegenstehen, kommt es vor dem dargelegten Hintergrund nicht an.
b) Der Antragsteller kann einen Anordnungsanspruch auch nicht mit Erfolg auf Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - stützen. Dabei kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang der Vorschrift, die im Grundsatz an sich nur die freie Meinungsäußerung (Absatz 1 Satz 1) sowie den von staatlichen Eingriffen ungehinderten Austausch von Informationen zwischen Privatpersonen (Absatz 1 Satz 2) schützt, mit Blick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 14. April 2009 in der Sache €Tarsasag a Szabadsagjogokert vs. Ungarn€ (RS 37374/05) und vom 25. Juni 2013 in der Sache €Youth Initiative for Human Rights€ (RS 48135/06) für den Bereich der Presse auf Tatbestandsebene ein allgemeines - und nicht nur auf spezifische Fallgruppen beschränktes - Recht auf Zugang zu Verwaltungsinformationen zu entnehmen ist. Zu Recht geht nämlich das Verwaltungsgericht davon aus, es sei nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass ein insoweit unterstellter Anspruch über die Rechte hinausginge, die § 5 BbgPG den Vertretern der Presse vermittelt.
c) Soweit der Antragsteller den Auskunftsanspruch auf § 1 Abs. 1 des Brandenburgischen Umweltinformationsgesetzes - BBgUIG - in Verbindung mit § 4 Abs. 1 des Umweltinformationsgesetzes - UIG - stützt, hat das Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht angelehnt. Dabei kann dahinstehen, ob dem Antragsteller insoweit ein Anordnungsanspruch zusteht. Jedenfalls fehlt es insoweit an einem Anordnungsgrund.
Mit dem Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm die mit dem Hauptantrag begehrten Auskünfte zu erteilen, begehrt der Antragsteller keine vorläufige Maßnahme, sondern eine endgültige Vorwegnahme der in einem künftigen Hauptsacheverfahren zu erstrebenden Entscheidung. Wird die Antragsgegnerin antragsgemäß im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die gewünschten Unterlagen zur Verfügung zu stellen, würde sich die Hauptsache bereits erledigen. Einem solchen, die Hauptsache vorweg nehmenden Antrag ist im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise dann stattzugeben, wenn das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte. Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen (BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2011 - 7 VR 6/11 -, Rn. 6 bei juris m.w.N.; Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2012 - OVG 6 S 44.12 -, Rn. 6 bei juris; sowie zum UIG: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Februar 2014 - OVG 12 S 124.13 -, Rn. 4 bei juris).
Solche Nachteile hat der Antragsteller nicht dargelegt. Sie sind auch nicht ersichtlich. Soweit er auf seine Tätigkeit als Journalist und die Notwendigkeit einer aktuellen Berichterstattung verweist, führt dies nicht weiter. Bei den Auskunftsansprüchen nach dem Umweltinformationsgesetz geht es nicht um Pressefreiheit oder eine hinreichend aktuelle Berichterstattung, sondern um das allgemeine, jedem Bürger zustehende Interesse an Erteilung der begehrten Auskünfte.
Ein Anordnungsgrund ergibt sich insoweit auch nicht unter dem Aspekt, dass eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit für sein Obsiegen in der Hauptsache anzunehmen wäre, der es rechtfertigen würde, dessen Ergebnis bereits jetzt vorwegzunehmen. Zwar erscheint die Annahme des Verwaltungsgerichts zweifelhaft, es ginge vorliegend nicht um Umweltinformationen im Sinne des § 1 BBgUIG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 UIG (vgl. zum weiten Begriffsverständnis der Umweltinformation im Sinne des UIG: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Mai 2012 - OVG 12 S 12.12. -, NVwZ 2012, S. 979 ff., Rn. 6 bei juris m.w.N.). Auch die Einschätzung der Antragsgegnerin, sie gehöre nicht zum Kreis der nach § 2 Nr. 2 BbgUIG zur Auskunft Verpflichteten, ist fragwürdig. Darauf kommt es aber im Ergebnis nicht an.
Im vorliegenden Zusammenhang genügt es, dass jedenfalls die Frage, ob durch das Bekanntgeben der begehrten Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen, ohne dass das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG), nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Gunsten des Antragstellers zu entscheiden sein wird, so dass der Antrag des Hauptsacheverfahrens offen ist.
2. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Antragsteller der mit dem Hilfsantrag verfolgte Auskunftsanspruch zusteht und er insoweit auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat.
a) Den Anordnungsanspruch kann der Antragsteller auf § 5 Abs. 1 BbgPG stützen. Nach dieser Vorschrift sind die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Dass die mit dem Hilfsantrag begehrte Auskunft darüber, wann die Mitglieder des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin in welcher Form über welche Baufortschrittsverzögerungen mit welcher Begründung informiert worden sind, den Vertretern der Presse zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dient, wird auch von der Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt. Mit ihrer Beschwerde macht sie jedoch geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass Auskunftsverweigerungsrechte nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BbgPG vorlägen. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
aa) Nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 BbgPG können Auskünfte verweigert werden, wenn und insoweit Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen. Die Antragsgegnerin kann sich darauf nicht berufen.
Geheimhaltungsvorschriften im Sinne dieser Regelung sind solche, die öffentliche Geheimnisse schützen sollen und zumindest auch auskunftsverpflichtete Behörden zum Adressaten haben. Hierzu zählen u.a. Gesetzesbestimmungen über Staats- und Dienstgeheimnisse. Demgegenüber sind keine Geheimhaltungsvorschriften in diesem Sinne etwa Normen, die den einzelnen Beamten zur Dienstverschwiegenheit verpflichten. Der Auskunftsanspruch richtet sich nämlich nicht gegen den einzelnen Beamten, sondern gegen die Behörde insgesamt, deren Leitung der Presse Auskünfte zu erteilen hat (OVG Münster, Beschluss vom 25. März 2009 - 5 B 1184/08 -, NVwZ-RR 2009, S. 635 f., Rn. 12 bei juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 4. Oktober 2010 - 4 Bf 179/09.Z - NordÖR 2011, S. 190 ff., Rn. 33 bei juris). Es kann daher nur die Weitergabe solcher Informationen verweigert werden, deren Preisgabe durch gesetzliche Bestimmungen den Behörden schlechthin untersagt ist (OVG Hamburg, a.a.O.). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sind die Voraussetzungen für ein Auskunftsverweigerungsrecht im vorliegenden Verfahren nicht erfüllt.
Dabei kann letztlich dahinstehen, ob die Anwendung des § 5 Abs. 2 Nr. 2 BbgPG auf die Antragsgegnerin schon deshalb ausgeschlossen ist, weil sie keine Behörde ist, sondern in Form einer GmbH geführt wird. Jedenfalls weisen die Vorschriften, auf die sie sich für die Geheimhaltung beruft, nicht die hier erforderliche Qualität auf. Sie räumt in der Beschwerdebegründung vom 25. September 2013 auf Seite 8 selbst ein, dass das Gesellschaftsrecht nur organbezogene Verschwiegenheitspflichten kenne, nach denen etwa Mitglieder der Geschäftsführung, des Vorstands oder des Aufsichtsrats Geheimnisse der Gesellschaft privaten Dritten gegenüber grundsätzlich nicht offenbaren dürften (vgl. etwa § 52, § 85 GmbHG, § 93, § 116 AktG). Es sind demnach keine gesetzlichen Bestimmungen ersichtlich, die der Antragsgegnerin als solcher schlechthin die Weitergabe der fraglichen Informationen untersagen. Bestätigt wird dieser Befund, weil die insoweit einschlägigen Vorschriften des Gesellschaftsrechts dispositiven Charakter haben (dazu: VGH München, Urteil vom 8. Mai 2006 - 4 BV 05.756 -, NVwZ-RR 2007, S. 622 ff., Rn. 24 bei juris m.w.N). Die Einwände der Antragsgegnerin hiergegen rechtfertigen keine andere Einschätzung.
Soweit sie ausführt, folgte man der hier vertretenen Ansicht, liefe § 5 Abs. 2 Nr. 2 BbgPG für öffentliche Unternehmen €vollständig leer€, rechtfertigt dies nicht, von dieser Auffassung abzurücken. Zum einen wird den Unternehmensinteressen durch die Regelung in § 5 Abs. 2 Nr. 3 BbgPG Rechnung getragen, die dem Schutz überwiegender öffentlicher und privater Interessen dient. Zum anderen ist es dem Staat überlassen, wie er öffentliche Aufgaben wahrnimmt. Entscheidet er sich dafür, eine Aufgabe durch ein privatrechtliches Unternehmen auszuführen, muss er grundsätzlich die sich hieraus ergebenden Konsequenzen hinnehmen. Nicht angängig erschiene hingegen die Auffassung der Antragsgegnerin, wonach durch den Betrieb eines öffentlichen Unternehmens gewissermaßen eine Verdoppelung der Auskunftsverweigerungstatbestände herbeigeführt würde, indem zum einen die Regelung in § 5 Abs. 2 Nr. 2 BbgPG und zum anderen die in § 5 Abs. 2 Nr. 3 BbgPG zum Tragen käme. Normsystematisch erscheint es einleuchtender, § 5 Abs. 2 Nr. 2 BbgPG €behördenbezogen€ und § 5 Abs. 2 Nr. 3 BbgPG €unternehmensbezogen€ zu verstehen.
bb) Auch das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 BbgPG liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift können Auskünfte verweigert werden, wenn ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde.
Hierzu macht die Antragsgegnerin geltend, die begehrte Auskunft sei Teil der firmeninternen Kommunikation, deren Bedeutung sich schon darin zeige, dass sie ausschließlich von der Geschäftsführung der Antragsgegnerin mit den Aufsichtsratsmitgliedern geführt werde und es sich um vertrauliche Dokumente handele. Die Unterlagen, aus denen sich die Antwort auf die gestellten Fragen ergäben, beträfen unternehmensbezogene Vorgänge, die nur einem eng begrenzten Kreis an Personen bei der Antragsgegnerin bekannt seien. Das berechtigte Interesse an der Geheimhaltung folge aus dem Umstand, dass der Antragsgegnerin möglicherweise ein materieller oder immaterieller Schaden zugefügt, insbesondere ihre Wettbewerbsfähigkeit bedroht oder eine Ansehensminderung und ein Vertrauensverlust herbeigeführt werde.
Überwiegende schützenswerte öffentliche oder private Interessen sind mit diesem Vorbringen nicht dargelegt. Die Auffassung der Antragsgegnerin lässt außer Acht, dass die begehrten Auskünfte sich auf einzelne spezielle Fragen beziehen, an deren Bekanntwerden die Öffentlichkeit schon deshalb ein gesteigertes Interesse hat, weil die erheblichen Mehrkosten infolge der verzögerten Eröffnung des Flughafens letztlich in beträchtlichem Umfang von der Allgemeinheit über das Steueraufkommen zu tragen sind. Unmittelbar damit verknüpft ist das Interesse daran, die Ursachen und die (politisch) Verantwortlichen hierfür zu ermitteln. Die gesellschaftsrechtlichen Interessen der Antragsgegnerin an der Geheimhaltung dieser Vorgänge müssen demgegenüber zurücktreten, zumal es sich um ein öffentliches Unternehmen handelt.
Ohne Erfolg wendet die Antragsgegnerin hiergegen weiter ein, das Auskunftsinteresse des Antragstellers sei rechtlich nicht schützenswert, weil die von ihm begehrten Auskünfte Gegenstand der Aufklärung durch den vom Abgeordnetenhaus des Landes Berlin eingerichteten Untersuchungsausschuss, dem man sämtliche angeforderten Unterlagen übergeben habe, sei und dieser dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinreichend Rechnung trage; der Antragsteller habe nicht dargetan, inwieweit die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses mangelhaft oder zu unzureichenden Ergebnissen gekommen sei.
Diese Argumentation trägt der Bedeutung der Presse im demokratischen Rechtsstaat nicht hinreichend Rechnung. Die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zu einem bestimmten Thema entfaltet keine Sperrwirkung für dieselbe Angelegenheit betreffende Auskunftsansprüche der Presse nach § 5 BbgPG. Die Aufklärungsarbeit, die der Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses von Berlin zu dem fraglichen Sachkomplex leistet, ist mit einer eigenständigen Recherche und Berichterstattung durch die Presse nicht identisch. Indessen führt der Umstand der Befassung des Untersuchungsausschusses mit diesen Fragen dazu, dass dem Interesse der Öffentlichkeit an Informationen hierzu ein noch höheres Gewicht beizumessen ist. Denn im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass die Öffentlichkeit ein gesteigertes Interesse an Fragestellungen hat, die Gegenstand der Erörterung in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss werden. Das gilt ungeachtet der Frage, ob der Untersuchungsausschuss seine Sitzungen öffentlich durchführt oder die Öffentlichkeit etwa gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes über die Untersuchungsausschüsse des Abgeordnetenhauses von Berlin - Untersuchungsausschussgesetz - UntAG vom 13. Juli 2011 (GVBl. S. 330) ausschließt, weil ein Geschäfts-, Betriebs-, Erfindungs- oder Steuergeheimnis zur Sprache kommt, durch dessen öffentliche Erörterung schutzwürdige Interessen verletzt würden. Hinzu kommt, dass auch hinsichtlich der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses ein Bedürfnis besteht, diese durch eine unabhängige Presseberichterstattung zu begleiten.
b) Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass der Antragsteller einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat. Das besondere Eilbedürfnis, das ein Abwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache als unzumutbar erscheinen lässt und eine Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise rechtfertigt, liegt hier in dem Umstand begründet, dass der Anordnungsanspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit zu bejahen ist und die begehrten Informationen aufgrund der Aktualität der hiermit in Zusammenhang stehenden öffentlichen Diskussion und Berichterstattung einen besonderen Nachrichtenwert haben, den sie mindestens teilweise unwiederbringlich einbüßten, verwiese man den Antragsteller auf das Hauptsacheverfahren.
Dem kann die Antragsgegnerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, in der aktuellen Debatte werde derzeit über die Frage der Kenntnis der Aufsichtsratsmitglieder von den Verzögerungen bei der Eröffnung des neuen Flughafens nicht näher diskutiert. Es kommt nicht darauf an, ob einzelne Aspekte der Flughafeneröffnung im konkreten Fokus der Öffentlichkeit oder der Berichterstattung stehen. Es genügt vielmehr, dass die Verzögerungen bei der Eröffnung des Flughafens allgemein aktuell diskutiert werden und nahezu täglich Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung sind. Es ist gerade auch Aufgabe der Presse, einzelne Aspekte einer öffentlichen Diskussion hervorzuheben und Meinungsbildung und Diskussion hierzu anzustoßen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
OVG Berlin-Brandenburg:
Beschluss v. 07.03.2014
Az: OVG 6 S 48.13
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