Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 29. April 2003
Aktenzeichen: 13 B 2344/02

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 29.04.2003, Az.: 13 B 2344/02)

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird Nr. 2 des angefochtenen Beschlusses geändert und wie folgt neu gefasst:

Die aufschiebende Wirkung der Klage 1 K 6414/02 wird angeordnet, soweit diese gegen Ziffer 1. b), 1. c), und 1. i) der Bescheide der Antragsgegnerin vom 1. Juli 2002 und 19. Juli 2002 gerichtet ist.

Im Óbrigen wird der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit der Maßgabe abgelehnt, dass die Umsetzungsfrist nach Ziffer 2 des Bescheids vom 1. Juli 2002 bezüglich der Anordnungen in Ziffer 1. m), aa) und dd) erst mit Bekanntgabe des vorliegenden Beschlusses an die Antragstellerin in Lauf gesetzt wird.

Die weitergehende Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Antragstellerin zu 1/4 und die Antragsgegnerin zu 3/4.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 500.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

r ü n d e :

Die Beschwerden sind zulässig. Diejenige der Antragstellerin ist unbegründet (A.); diejenige der Antragsgegnerin ist zu einem geringen Teil begründet, im Übrigen aber unbegründet (B.).

A. Die Antragstellerin verfolgt mit der Beschwerde die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (Vollziehungsaussetzung) nach § 80 Abs. 5 VwGO bezüglich der gesamten Ziffer 1. m) der Bescheide der Antragsgegnerin vom 1. und vom 19. Juli 2002 in Verbindung mit Ziffer 2. des ersten Bescheides, d.h. auch bezüglich der Unterpunkte bb) und cc) der Ziffer 1. m), sowie die Vollziehungsaussetzung für diese Ziffer bezüglich beider Ausführungsvarianten der Teilnehmeranschlussleitung (TAL) als Kupferdoppelader und als Glasfaserkabel.

I. Die auf eine Aussetzung der Vollziehung auch der Unterpunkte bb) und cc) der Ziffer 1. m) zielende Beschwerde ist unbegründet, weil ein entsprechendes Begehren nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war und daher das Verwaltungsgericht zu Recht die angeordnete aufschiebende Wirkung nicht auch auf die Anordnungen der Ziffer 1. m), bb) und cc) bezogen hat.

Die vorgenannten Unteranordnungen waren nicht Gegenstand des mit der Antragsschrift vom 24. Juli 2002 ausformulierten Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO und, wie von der Antragstellerin selbst eingeräumt, auch materiellrechtlich nicht beanstandet. Bei einem anwaltlich formulierten Rechtsschutzgesuch kann das Gericht regelmäßig davon ausgehen, dass Inhalt und Umfang des wahren Antragsbegehrens der Darstellung in der Antragsschrift entsprechen. Das Verwaltungsgericht war daher nicht gehalten, den anwaltlich gestellten Antrag weiter als formuliert zu verstehen. Auch war der Aussetzungsantrag vom 24. Juli 2002 nicht etwa deshalb vom Verwaltungsgericht erweiternd zu interpretieren und waren die Unteranordnungen bb) und cc) nicht deshalb Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens, weil die Antragstellerin die Umsetzungsfrist der Ziffer 2 des Bescheids vom 1. Juli 2002 auch isoliert zum Gegenstand des erstinstanzlichen Aussetzungsantrages gemacht hatte (Ziffer 2 des Bescheids vom 19. Juli 2002 betrifft keine Umsetzungsfrist). Die Umsetzungsfrist erlangt nur Bedeutung in Bezug auf eine konkrete Handlungsanordnung und kann deshalb sinnvoller Weise nur in Bezug auf diese und mit dieser zusammen materiellrechtlich etwa zur Begründung der Unverhältnismäßigkeit der Handlungsanordnung angegriffen werden. Eine eingeräumte Umsetzungsfrist für eine an sich sofort nach ihrer Bekanntgabe zu beachtende Handlungsanordnung hat ihrer Natur nach begünstigende Wirkung für den Betroffenen und kann bei zu kurzer Bemessung zur Unverhältnismäßigkeit und damit zur Rechtswidrigkeit der Handlungsanordnung führen, selbst wenn die abverlangte Handlung als solche nicht zu beanstanden sein sollte. Demgemäß kann vorläufiger Rechtsschutz für den Betroffenen gegen eine zu kurz bemessene Umsetzungsfrist, soweit nicht mit ihr auch die konkrete Handlungsanordnung angegriffen ist, isoliert nur im Wege des Verfahrens nach § 123 VwGO erreicht werden. Die Vollziehungsaussetzung einer isolierten Umsetzungsfrist auf einen - unterstellt zulässigen - Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO könnte denknotwendig auch nicht zur Nichtvollziehung der konkreten Handlungsanordnung führen, sondern nur zur Nichtberücksichtigung der eingeräumten Umsetzungsfrist und damit zur Pflicht, die konkrete Handlungsanordnung sofort zu befolgen, was gerade nicht dem vorläufigen Rechtsschutzbegehren des Betroffenen entspricht. Das aber und die Tatsache, dass die Antragstellerin die Anordnungen der Ziffer 1. m), bb) und cc) wie auch die übrigen im ausformulierten Antrag nicht genannten Anordnungen der angefochtenen Bescheide nicht angefochten, sie sogar, wie ihr Mitteilungsschreiben vom 21. November 2002 an die Beschlusskammer 3 (Blatt 407 GA) ausweist, befolgen wollte und befolgt hat, steht einem Verständnis der Aussetzungsantragsschrift dahin entgegen, dass sich das Aussetzungsbegehren auch auf die Unterpunkte bb) und cc) der Ziffer 1. m) erstrecke.

II. Die auf eine Vollziehungsaussetzung der Ziffer 1. m), aa) und dd) auch bezüglich der TAL-Version Kupferkabel zielende Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Insoweit fällt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Interessen im maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt unter Berücksichtigung der im Tenor ausgesprochenen Maßgabe zu Ungunsten der Antragstellerin aus.

Gegen eine Forderung, den Wettbewerbern Zugang zu den in Ziffer 1. m) angeführten Informationen über eine Schnittstelle zu gewähren, dürften bei der in der vorliegenden Verfahrensart nur möglichen eingeschränkten Prüfungsdichte voraussichtlich sowohl bezüglich der TAL-Variante Kupferdraht als auch - soweit sie überhaupt inhaltlich in Betracht kommt - bezüglich der Variante Glasfaserkabel unter Anwendung der Ermächtigungsgrundlage aus § 33 Abs. 2 u. 1 TKG keine durchgreifenden Bedenken bestehen, so dass es insoweit auf die Frage der Anwendbarkeit der Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss Abl. 2000, L 336/4 ff, (TAL-VO) hier nicht ankommt. Die Nichtgewährung eines gleich schnellen, problemlosen Zugriffs auf die für ein Angebot der Wettbewerber an Endkunden wichtigen Informationen dürfte im Ergebnis bereits über die nationale Rechtsgrundlage der Missbrauchsaufsicht durch geeignete Maßnahmen wie die vorliegend zu betrachtende Anordnung abstellbar sein. Die Antragstellerin greift auch die Rechtmäßigkeit der Anordnung in Ziffer 1. m), aa) und dd) als solche nicht an. Sie wehrt sich nur gegen die ihr zur Umsetzung der Anordnungen zu knapp erscheinende Frist, was aus Sicht des Senats im Grundsatz auch berechtigt ist. Die Antragstellerin ist nämlich nicht nur aufgefordert, den Standardvertrag in diesem Punkt zu ändern, sondern zur faktischen Zugangsbereitstellung, was angesichts der berechtigten Forderung der Antragstellerin, sich gegen ein missbräuchliches Ausforschen durch Wettbewerber schützen zu können, und der notwendigen Sicherstellung stets richtiger, aktueller Daten eine umfangreiche und zeitaufwendige Programmierung sowie eine noch einzurichtende Betreuung des Informationssystems erfordert. Der Senat ist auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin vorgelegten gutachterlicher Äußerungen des Fraunhoferinstituts davon überzeugt, dass eine derartige Einrichtung nicht binnen Monatsfrist ab Bescheidbekanntgabe zu bewerkstelligen ist. Gleichwohl erfordert das gegenwärtig nicht - mehr - eine vollständige Vollziehungsaussetzung der Anordnungen in Ziffer 1. m), aa) und dd). Durch behördliche und verwaltungsgerichtliche Entscheidung war bisher die Vollziehung dieser Anordnungen ausgesetzt und die Antragstellerin hat selbst der Beschlusskammer 3 unter dem 21. November 2002 mitgeteilt, dass voraussichtlich eine Bereitstellung der Informationen über eine Schnittstelle im Laufe des 2. Quartals des Jahres 2003 folgen wird. Zudem hält es der Senat im Rahmen seines nach § 80 Abs. 5 VwGO eingeräumten Entscheidungsermessens für angebracht, die bereits durch Vollziehungsaussetzung der Handlungsanordnungen selbst bedeutungslos gewordene Umsetzungsfrist nach Maßgabe des Tenors dieser Entscheidung neu in Lauf zu setzen. In der so der Antragstellerin verbleibenden Zeit wird sie voraussichtlich in der Lage sein, den Wettbewerbern die geforderten Informationsmöglichkeiten anzubieten. Vor dem Hintergrund sind weitergehende schutzbedürftige Interessen der Antragstellerin hinsichtlich der zu betrachtenden Anordnungen nicht ersichtlich.

B. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet (I.), im Übrigen unbegründet (II.).

I. 1. Soweit die Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung der Umsetzungsfrist der Ziffer 2. des Bescheids vom 1. Juli 2002 beanstandet, hat die Beschwerde Erfolg.

Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage isoliert gegen die Umsetzungsfrist der Ziffer 2. des Bescheids vom 1. Juli 2002 anzuordnen, ist abzulehnen. Der dahingehende Antrag ist unzulässig, weil das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO aus den oben unter A. I. dargelegten Gründen die unzutreffende Rechtsschutzform ist. Überdies fehlt es, soweit die angegriffenen Handlungsanordnungen der Ziffer 1. der angegriffenen Bescheide außer Vollziehung gesetzt waren bzw. sind, an einem Rechtsschutzbedürfnis für eine isolierte Aussetzung der Vollziehung der Umsetzungsfrist, weil letztere bei nicht zu befolgender Handlungsanordnung insoweit ohne weiteres bedeutungslos ist. Eine Umdeutung des Begehrens der Antragstellerin nach vorläufigem Rechtsschutz gegen die isolierte Umsetzungsfrist in Ziffer 2. des Bescheids vom 1. Juli 2002, soweit die restlichen Handlungsaufforderungen der Ziffer 1. nicht angefochten waren und sind, in einen Antrag nach § 123 VwGO kommt nicht in Betracht, weil die Antragstellerin die nicht angegriffenen Anordnungen offensichtlich akzeptiert und nach eigener Mitteilung an die Beschlusskammer ohne weiteres umgesetzt hat, so dass sie diesbezüglich vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO weder bedarf noch ihn tatsächlich begehrt.

2. Soweit die Antragsgegnerin die Vollziehungsaussetzung der Ziffer 1. m), aa) und dd) bezüglich der TAL-Version Glasfaser angreift, fällt die Interessenabwägung zu ihren Gunsten aus. Die Anordnung an sich unterliegt, wie oben unter A. II. dargestellt, bei überschlägiger Prüfung keinen durchgreifenden Bedenken und wird auch von der Antragstellerin nicht angegriffen. Sie wendet sich nur gegen die auch insoweit geltende und aus ihrer Sicht zu knapp bemessene Umsetzungsfrist. Nachdem die Antragstellerin selbst die Bereitstellung der geforderten Informationsmöglichkeit für die Wettbewerber für das 2. Quartal 2003 in Aussicht gestellt hat, gibt es unter Berücksichtigung der vom Senat gesetzten Maßgabe keine schutzwürdigen Interessen der Antragstellerin mehr.

II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist im Übrigen unbegründet, weil die Abwägung der widerstreitenden Interessen, soweit die Antragstellerin die Anordnungen der Ziffern 1. b), 1. c) und 1. i) angegriffen hat, zu Lasten der Antragsgegnerin ausfällt. Die Anordnungen werden mit große Wahrscheinlichkeit einer Prüfung im Hauptsacheverfahren nicht standhalten, und der Antragstellerin ist u.a. wegen der Irreversibilität der Vollziehungsfolgen eine Beachtung (Umsetzung) der Anordnungen bis zur Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar.

1. Die Interessenabwägung bezüglich der Anordnungen in Ziffer 1. b) fällt zu Ungunsten der Antragsgegnerin aus, weil die Anordnungen mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig sind.

Es kann offen bleiben, ob diese Anordnungen, soweit sie dem Zugang zur TAL in Glasfaserausführung dienen, auch auf die TAL-VO gestützt werden können, obgleich diese nach dem eindeutigen und insoweit nicht auslegungsfähigen Wortlaut in Art. 2 Buchst. c) TAL-VO nur den Teilnehmeranschluss in der Metallleitungsausführung erfasst. Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, der Verordnungsgeber habe, wie sich aus den Erwägungsgründen (3) und (5) ergebe, jedenfalls generell den Teilnehmeranschluss der Ortsinfrastruktur erfassen und nur das spezielle Marktsegment der Glasfaserkabel zu Großkunden ausschließen wollen, kommt das in den ausformulierten Regelungen der Verordnung nicht zum Ausdruck und bietet diese auch keine Ansätze zu einer Interpretation im Sinne der Ansicht der Antragsgegnerin. Im Gegenteil könnte gerade der Erwägungsgrund (5) dafür sprechen, dass der Teilnehmeranschluss in Glasfaserversion nicht den Regelungen der TAL-VO unterfallen sollte. Nach dem von der Antragsgegnerin unwidersprochenen Vortrag der Antragstellerin ist ein Teilnehmeranschluss über die V 93-Schnittstelle für einen Wettbewerber, der Metallleitungen verwendet um seinen Endkunden zu erreichen, entgegen den der TAL-VO zu Grunde liegenden Vorstellungen des Verordnungsgebers wegen der nicht möglichen Zuordnung der die Lichtsignale führenden Kanäle zu einem individuellen Endkunden nicht möglich; vielmehr bedarf es zur Belieferung des individuellen Endkunden auf der "letzten Meile" bei Verwendung von Glasfaseranschlussleitungen ganz erheblicher technischer Veränderungen einschließlich Umprogrammierungen. Vor dem Hintergrund dürfte der Markt der Dienstleistungen im Ortsbereich über Nutzung von Teilnehmeranschlüssen in Glasfaserversion in OPAL/ISIS-Gebieten anderen Wettbewerbsbedingungen unterliegen als der entsprechende übrige Markt im Bundesgebiet und sich von ihm abgrenzen und könnte dies Raum bieten für Entwicklungen neuer Formen des Zugangs zum Endkunden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Verordnungsgeber deshalb auch ein solches spezielles Marktsegment den Regelungen der TAL-VO nicht unterwerfen wollte.

Jedenfalls liegen mit großer Wahrscheinlichkeit die Voraussetzungen weder der - unterstellt anwendbaren - TAL-VO, nämlich des hier allein in Betracht kommenden Art. 4 Abs. 2 Buchst. a) und Abs. 3 TAL-VO, noch des § 33 Abs. 2, Abs. 1 TKG vor.

Art. 4 Abs. 2 Buchst. a) und Abs. 3 TAL-VO setzen für die Anordnung von Standardangebotsänderungen das Vorliegen eines "gerechtfertigten" Falles voraus. Aus gegenwärtiger - mit den Ausführungen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 27. Dezember 2002 wohl übereinstimmender - Sicht des Senats liegt ein gerechtfertigter Fall jedenfalls dann vor, wenn der gemeldete Betreiber mit dem Standardvertrag den Anforderungen bzw. Geboten der Verordnung nicht Rechnung trägt. Diese Anforderungen bzw. Gebote werden in Art. 3 hinsichtlich des Mindestinhalts des Standardangebots (Abs. 1), hinsichtlich der Bedingungen für die Zugangsgewährung auf individuellen Antrag (Abs. 2) und hinsichtlich der Kosten (Abs. 3) beschrieben. Für die hier im Streit befindlichen Anordnungen in Ziffer 1. b) der angegriffenen Bescheide kommt ein gerechtfertigter Fall allenfalls mit Blick auf die Anforderungen bzw. Gebote des Art. 3 Abs. 2 in Betracht. Danach sind - sinngemäß formuliert - Anträgen der Begünstigten auf Zugang zur TAL und zu zugehörigen Einrichtungen unter transparenten fairen und nicht diskriminierenden Bedingungen stattzugeben (S. 1) und den Begünstigten zugehörige Einrichtungen bereitzustellen, die den für eigene Dienste bereitgestellten (Einrichtungen) gleichwertig sind sowie zu denselben Bedingungen und innerhalb desselben Zeitraums bereitstehen (S. 4). Hierbei handelt es sich um jeweils selbstständige und gleichrangig nebeneinander stehende Anforderungen bzw. Gebote, denen jedem einzeln im Standardvertrag des gemeldeten Betreibers Rechnung zu tragen ist. Dafür, dass ein gerechtfertigter Fall nur bei - verkürzt - Nichtgewährung von interner und externer Gleichbehandlung bei der Bereitstellung von "zugehörigen Einrichtungen" im Sinne des Satzes 4 vorliege, gibt die Verordnung nichts her. Für das Gegenteil spricht sogar das Zusammenspiel von Verordnung und Anhang, weil letzter Themen zum Mindestinhalt des Standardangebots erhebt, die bei einem bloßen Gebot der internen und externen Gleichbehandlung nicht zum Standardangebot zu machen und über Art. 4 Abs. 2 u. Abs. 3 TAL-VO nicht durchsetzbar wären. Insoweit sind die Anforderungen bzw. Gebote des Art. 3 Abs. 2 TAL-VO weiter gefasst als das Diskriminierungsverbot des § 33 Abs. 2, Abs. 1 TKG.

Für die hier zu betrachtende Anordnung in Ziffer 1. b) kommt als gerechtfertigter Fall für die behördliche Durchsetzung einer Standardvertragsänderung nur die Herbeiführung fairer Zugangsbedingungen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 TAL-VO in Betracht. Ob die durch den Standardvertrag der Antragstellerin gesetzten Regelungen der Anlage 5 Ziffer 1.5 in der Fassung zum Zeitpunkt der angefochtenen Bescheide überhaupt eine unfaire Bedingungslage begründet haben, braucht im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden. Anzumerken ist lediglich, dass nicht jede von Wettbewerbern gewünschte, aber vertraglich nicht gewährte günstige Bedingung oder gerügte nur unzulängliche einzelne Vertragsbedingung ohne weiteres eine insgesamt unfaire Wettbewerbssituation ergeben muss. Jedenfalls darf die behördlich angeordnete Standardvertragsänderung nicht ihrerseits zu einer - wenn auch andersartigen - dem Fairnessgebot widersprechenden Lage führen. Aus Sicht des Senats erfordert das dem Art. 3 Abs. 2 Satz 1 TAL-VO zu Grunde liegende Fairnessgebot eine allseits ausgewogene Interessenberücksichtigung. Führt die angeordnete Vertragsänderung zu einer überzogenen Belastung einer Vertragsseite und ist sie für diese unzumutbar, ist die Anordnung rechtswidrig. Das aber ist im vorliegenden Fall bei der in diesem Verfahren nur möglichen überschlägigen Betrachtung der Fall. Die Anordnung Ziffer 1. b) wertet der Senat als überzogen und im Zusammenwirken mit anderen Vertragsregelungen als für die Antragstellerin unzumutbar.

Zugleich ist eine solche aufsichtsrechtliche Maßnahme, soweit sie auf § 33 Abs. 2 und Abs. 1 TKG gestützt ist, unverhältnismäßig und damit rechtswidrig.

Die Anordnungen der Ziffer 1. b) führen im Zusammenwirken mit der - auf einer früheren, erstinstanzlich angefochtenen Entscheidung der Antragsgegnerin beruhenden - standardvertraglichen Bereitstellungsfrist von sieben Tagen nach Bestellung dazu, dass der Antragstellerin eine verlässliche Personalplanung nicht möglich ist, sie somit keine reelle Chance zur Vermeidung einer Vertragsstrafe wegen Fristüberschreitung hat, wenn sie nicht zur Vermeidung einer Vertragsstrafe unnötig Personal vorhält oder die Realisierung von Schaltungen für eigene Endkunden zum Zwecke der Einhaltung der Bereitstellungsfristen für die Wettbewerber dem Ziel des größtmöglichen Nutzens aller Endnutzer (vgl. Art. 4 Abs. 3 TAL-VO) zuwider laufend zurückstellt. Die Antragsgegnerin geht zwar von der Notwendigkeit ausreichender Planungsvorgaben für die Antragstellerin aus und hat die in Ziffer 1. b) getroffenen Regelungen isoliert betrachtet begründet, die Folgen des Zusammenwirkens aller dieser Regelungen sowie der standardvertraglichen Bereitstellungsfristen in ihrer Gesamtheit für die betriebliche Realität und dies unter dem "Damoklesschwert" der Vertragsstrafe aber offenbar nicht genügend bedacht.

So ist es beispielsweise möglich, dass die Antragstellerin um 20 % über die bloße Planungs"mitteilung" - nicht etwa Planungs"absprache" - hinausgehende Bestellungen von Wettbewerbern pro Auftragsmanagement (ASM) im Bundesgebiet (39) innerhalb der Bereitstellungsfrist zu bewältigen hat, wenn sie nicht die Strafen der Ziffer 1. c) auslösen will. Selbst darüber hinaus gehende Bestellungen hätte sie immerhin noch "unverzüglich" zu erledigen. Dies verlangte binnen kürzester Zeit vorzunehmende Personalverlagerungen unter Vernachlässigung eigener Kunden oder das Vorhalten eines Personalbestandes, der bei Ausbleiben großer Auftragszahlen überflüssig wäre. Die Regelungen können, wie Beispielsrechnungen zeigen, zu extremen Konstellationen führen. Nach einer "Ankündigung" von nur 10 Anschlüssen, endgültig aber 100 Bestellungen eines Wettbewerbers hätte die Antragstellerin wegen der absoluten Toleranzgrenze von 100 die bestellten 100 Anschlüsse binnen sieben Tagen zu bewältigen und das dafür benötigte Personal bereitzustellen; auf dieser Grundlage ist eine belastbare seriöse Planung unmöglich macht. Zwar ist die Ermittlung der prozentualen Planungsunsicherheit der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 15. Oktober 2002 (Blatt 3) falsch, weil Bezugsgröße für den Toleranzwert nicht die Zahl der Bagatellbestellungen, sondern die Planungsangabe ist. Doch kann es bei einem Zusammentreffen von Bestellungen im Rahmen der Bagatellgrenze bei z. B. der Hälfte der ASM (39 : 2 x 100 x 12 = 23.400) und Ausschöpfung der Toleranz in den übrigen ASM (Gesamtschaltungen des Jahres 2002 481.950,7 : 2 : 5 = 48.195) zu rechnerisch 71.595 unkalkulierbaren Bestellungen kommen, was auch die von der Antragstellerin in ihrem 3-Stufen-Modell akzeptierte prozentuale Planungsunsicherheit deutlich übersteigt. Dass solche rechnerischen Spitzenbelastungen in der Realität auszuschließen seien, ist nicht feststellbar. Planungsunsicherheiten von weit über 10% (im Beispielsfall 14,8%) allein durch die Bagatell- und Toleranzgrenze bewirken aber aus Sicht des Senats unzumutbare und damit unfaire Vertragsbedingungen.

Auch soweit die Antragsgegnerin die Einzelregelungen der Ziffer 1. b) isoliert betrachtet begründet, ist das bei der hier nur möglichen summarischen Betrachtung nicht frei von Bedenken. Wenn die von ihr für beanstandungsfrei und demgemäß für fair gehaltenen Einzelregelungen, wie sie vorträgt, nichts enthielten, was nicht schon in den Standardverträgen (letzter Stand 1. März 2002) vereinbart gewesen wäre, hätte kein Anlass für eine Änderungsanordnung bestehen dürfen. Soweit die Antragsgegnerin auf die ungünstige Wirkung einer engen Toleranzgrenze für kleine Wettbewerber hinweist, übersieht sie die Wirkung einer großzügigen Toleranzgrenze auf die Antragstellerin bei Groß-Wettbewerbern sowie deren Steuerungs- und Differenzierungsmöglichkeiten. Soweit die Antragsgegnerin meint, nur bei Abwicklung einer Bestellmenge innerhalb der oberen, nicht aber der unteren Toleranz könne die Antragstellerin das Risiko nicht ausreichender Personalkapazität treffen, übersieht sie, dass die Antragstellerin für Fälle abweichender Bestellmenge in unterer Toleranz vorsorglich Personal vorhalten muss, das Kosten verursacht. Der Senat hält es für unzutreffend, dass die Wettbewerber, wie die Antragsgegnerin meint, bei einer Gleichverteilungsklausel ihren Kunden keine Aussage über die Realisierung des Anschlusses machen könnten. Innerhalb von 7 Tagen nach Bestellung ist der Kunde anzuschließen. Einem Kunden, der den Anbieter wechselt, dürfte es nicht auf den genauen Tag der Umschaltung innerhalb des einen Monats ankommen; andererseits dürfte der Wettbewerber bei Neuanschlüssen genügend Vorlauf haben, um durch Anmeldung und Bestellung die Realisierung des Anschlusses auf einem greifbaren Zeitpunkt zu steuern. Soweit die Antragsgegnerin behauptet, es werde ohne eine Gleichverteilungsklausel nicht zu eklatanten Schwankungen bei den Bestellungen kommen, ist das eine nicht belegte Prognose; jedenfalls ist die Möglichkeit dessen nicht ausgeschlossen. Ebenso wie die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine bewusste Ausnutzung günstiger Positionen gegenüber den Wettbewerbern zutraut, müsste sie auch jedenfalls stärkeren Wettbewerbern ein im Schutze der Vertragsstrafenregelung bewusstes Konzentrieren ihrer Bestellungen zutrauen. Wenn die Wettbewerber das Modell des "Hauptverteiler-Karussells" vorgeschlagen haben, dass zur Schaltung der Bestellungen gebündelt an einem Wochentag an einem Verteiler führen soll, dürfte es für sie nicht entscheidend auf eine zeitnahe Schaltung (Bestellung + 7 Tage) ankommen und ihnen ein Einstellen ihre Kunden auf eine spätere Schaltung möglich sein. Im Übrigen dürfte für die Frage der Akzeptanz der in Ziffer 1. b) gesetzten Bedingungen nicht der gegenwärtige Anteil der auf die Wettbewerber entfallenden Schaltungen von 2% der Gesamtschaltungen maßgeblich sein, sondern die künftige Nachfrage der Wettbewerber bei einem belebten Markt im Ortsbereich. Schließlich überzeugt der Hinweis der Antragsgegnerin nicht, die Antragstellerin nehme intern keine Planungen vor und stelle sich die notwendige Arbeitskraft jederzeit nach Bedarf zur Verfügung. Denn auch ein Großunternehmen wie das der Antragstellerin wird nicht ohne interne, wenn auch nicht vertraglich vereinbarte Zeitvorgaben für Arbeits- und Produktionsabläufe auskommen.

Sind aber der Antragstellerin feste, und zwar äußerst knappe Bereitstellungsfristen vorgeschrieben und für den Fall der Nichteinhaltung Vertragsstrafen angedroht, muss ihr die Möglichkeit gegeben sein, durch Planungsabsprachen die Fristen einzuhalten und den Strafen zu entgehen. Je stringenter für den gemeldeten Betreiber bzw. Marktbeherrscher die Folgen einer Fristüberschreitung sind, desto eher sind weniger stringente, gleichwohl angemessene Rahmenbedingungen für die Fristeinhaltung für Wettbewerber akzeptabel, wie umgekehrt die Rahmenbedingungen um so enger sein können, je weniger empfindlich die Folgen einer Fristüberschreitung sind.

2. Auch bezüglich der in Ziffer 1. c) abverlangten Vertragsstrafenregelung überwiegt das Interesse der Antragstellerin an vorläufiger Vollziehungsverschonung.

Allerdings lässt der Senat - neben der Frage der grundsätzlichen Anwendbarkeit der TAL-VO auf den Zugang zur TAL und die Kollokation bei der TAL-Version Glasfaserkabel - offen, ob Art. 4 Abs. 2 Buchst. a) TAL-VO in Verbindung mit Anhang D. Nr. 2. überhaupt eine Rechtsgrundlage für die regulierungsbehördliche Anordnung zur Aufnahme einer Vertragsstrafenregelung in den Standardvertrag bietet. Zwar könnte der Begriff "Entschädigung" bei wortnaher Interpretation als ein lediglich pauschalierter Schadensausgleich für einen bei Fristüberschreitung durch den gemeldeten Betreiber beim Wettbewerber tatsächlich eingetretenen, nicht greifbaren Schaden z.B. in Form entgangener Umsätze oder eines Imageverlustes verstanden werden, doch dürfte auch die Vertragsstrafenregelung lediglich als eine solche pauschalierte Entschädigung des Wettbewerbers interpretiert werden können. Die Formulierung "etwaige" Entschädigung dürfte einer grundsätzlichen Berechtigung der Regulierungsbehörde, eine entsprechende Änderung des Standardvertrages in Form der Aufnahme einer Vertragsstrafenregelung zu verlangen, nicht entgegenstehen. Das Wort "etwaige" bezieht sich auf Entschädigung, nicht auf eine etwa vom Betreiber vorgesehene Entschädigungsregelung, und dürfte eher im Sinne von möglicherweise oder vielleicht anfallender Entschädigungspflicht zu verstehen sein. Jedenfalls dann, wenn die Nichtaufnahme einer Entschädigungsregelung in den Standardvertrag als unfaires Verhalten im Wettbewerb zu qualifizieren wäre, dürfte eine grundsätzliche gemeinschaftsrechtliche Berechtigung der Regulierungsbehörde zu einem entsprechenden Ergänzungsverlangen nicht zu verneinen sein. Ob eine solche grundsätzliche Berechtigung auch aus § 33 Abs. 2, Abs. 1 TKG abgeleitet werden könnte, erscheint angesichts der Interpretation des dieser Vorschrift inne wohnenden Diskriminierungsverbots durch den Senat im Beschluss vom 3. Februar 2003 - 13 B 2130/02 - zweifelhaft.

Was die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsstrafenregelung angeht - soweit eine grundsätzliche Ermächtigungsgrundlage für sie zu bejahen ist -, hat der Senat gegen das Absehen von einer Kappung keine Bedenken, wohl aber bei Reduzierung des Regelungszwecks auf einen bloßen Schadensausgleich gegen die Höhe, was aber keiner weiteren Darlegung bedarf.

Entscheidend bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen fällt ins Gewicht, dass auch aus Sicht des Senats die erheblichen Bedenken gegen die Anordnung in Ziffer 1. b) und der Wegfall von Planungsabsprachen bezüglich der Kollokation gemäß Ziffer 1. a) auf die geforderte standardvertragliche Vertragsstrafenregelung durchschlagen und deren Anwendung vor einer Entscheidung in der Hauptsache gegenwärtig untragbar erscheinen lassen, zumal bei Aufhebung der Anordnung in Ziffer 1. c) im Hauptsacheverfahren die Rückabwicklung einer verhängten und gezahlten Vertragsstrafe ungewiss bleibt. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, bei Vollziehungsaussetzung oder sogar Aufhebung der Ziffer 1. b) lebe die bisherige Regelung der Anlage 5 Ziffer 1.5 des Standardvertrages Stand 9. November 2001 wieder auf und in Bezug auf diese behalte die geforderte Vertragsstrafenregelung Sinn, zumal die Antragstellerin selbst eine Vertragsstrafenregelung in Aussicht gestellt habe. Denn die Vertragsstrafenregelung zu Lasten der Antragstellerin stellt gleichsam - wenn auch ungleich schärfer - das Gegenstück zu einer gleichen Verpflichtung des Wettbewerbers als Vertragspartner bei Nichteinhaltung von dessen Pflichten und dadurch der Antragstellerin verursachter Schäden dar. Mit der Vollziehungsaussetzung der Regelung der Ziffer 1. b) und damit auch seines Abs. 2 Satz 3 der angefochtenen Bescheide ist die innere Rechtfertigung für eine Vollziehung der Anordnung in Ziffer 1. c) entfallen.

Vor diesem Hintergrund hat der Senat erwogen, von einer Vollziehungsaussetzung der - im Ergebnis ebenfalls eine Vertragsstrafe beinhaltenden - Regelung der Ziffer 1. b) Abs. 2 Satz 3 abzusehen. Er sieht sich daran aber gehindert, weil die Höhe der Vertragsstrafe für den Wettbewerber von der Bindungswirkung seiner Planungsmitteilung mitbestimmt wird, die u.a. von Inhalt und Modifikationen der Mitteilung geprägt ist, zudem der ausgeworfene Betrag unter dem Aspekt der Pauschalentschädigung einseitig "geschönt" erscheint und ein Eingreifen der Entschädigungsregelung angesichts der Toleranzhöhe kaum jemals zu erwarten ist.

3. Bezüglich der Anordnung in Ziffer 1. i) - für die der fristunabhängige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO im früheren Parallelverfahren offensichtlich weder verwirkt noch durch den Aussetzungsantrag bezüglich der isolierten Ziffer 2. des Bescheids vom 1. Juli 2002 im Ausgangsverfahren anderweitig rechtshängig war - fällt die Abwägung der widerstreitenden Interessen ebenfalls zu Lasten der Antragsgegnerin aus, weil die Anordnung bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist.

Dabei kann offen bleiben, ob als Ermächtigungsgrundlage Art. 4 Abs. 2 Buchst. a), Abs. 3 TAL-VO und/oder § 33 Abs. 2, Abs. 1 TKG in Betracht kommen. Denn die Voraussetzungen beider Vorschriften liegen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vor oder es stehen der Rechtmäßigkeit allgemeinverwaltungsrechtliche Grundsätze entgegen. Allerdings übersieht der Senat nicht den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz, dass der gemeldete Betreiber bzw. marktbeherrschende Netzbetreiber auf Antrag Wettbewerbern Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung gewähren muss, um ihm den Weg zum Endkunden zu ermöglichen. Der vorliegende Rechtsstreit weist jedoch Besonderheiten auf, die einen gerechtfertigten Fall im Sinne des Art. 4 Abs. 2 Buchst. a), Abs. 3 TAL-VO und einen Missbrauch im Sinne des § 33 Abs. 2 TKG zweifelhaft erscheinen lassen.

Die Antragstellerin verweigert nicht den Zugang zur TAL in der Version Glasfaser. Soweit es in Anlage 4 b) und c) des Standardvertrags zur V 93-Schnittstelle heißt: "Über die firmenspezifische Schnittstelle ist kein Teilnehmerzugang möglich, da es sich um eine proprietäre Schnittstelle handelt", ist das lediglich eine Feststellung, jedoch keine Zugangsverweigerung; die Feststellung ist auch zutreffend, da ohne - zur Zeit fehlende - spezifische Technik (Adapter) ein Netzzugang nicht möglich ist. Die Antragstellerin überlässt es den Wettbewerben, sich das Know How für den Zugang zur TAL in Glasfaserversion zu verschaffen. Demgemäß verlangt die Antragsgegnerin in Ziffer 1. i) auch nicht die Gewährung von Zugang zur TAL in den OPAL/ISIS-Gebieten, sondern - nur - die Aufnahme von den Zugang zur TAL ermöglichenden Angaben im Standardvertrag des Inhalts, dass entweder die V 93-Schnittstelle offengelegt wird - was notfalls die Beschaffung der der Antragstellerin nicht bekannten Spezifikation voraussetzt - oder diese durch eine V 5.2-Schnittstelle ersetzt wird. Damit will die Antragsgegnerin den Wettbewerbern aus dem Dilemma helfen, dass sie auf Grund fehlenden Know How schon tatsächlich nicht in der Lage sind, den - nicht verweigerten - Zugriff auf die Glasfaser-TAL zu realisieren. Die Problematik des nicht realisierbaren Zugriffs ist aber bei gegenwärtiger überschlägiger Sicht nicht der Antragstellerin anzulasten. Sie hat die 1993 im Zuge der deutschen Vereinigung geschaffenen Gegebenheiten im Telekommunikationsnetz ihrer Rechtsvorgängerin übernehmen müssen und sie kennt, wovon der Senat bei der gegenwärtig nur möglichen Prüfungsdichte ausgehen muss, die technische Spezifikation der proprietären Schnittstelle der Fa. T. nicht.

Der beispielsweise in § 34 TKG zum Ausdruck kommende telekommunikationsrechtliche Grundsatz, dass der Netzbetreiber, der gemeinschaftsrechtlich für verbindlich erklärte Techniknormen nicht einhält, nicht unter Hinweis auf seine normabweichende Technik einen Netzzugang verweigern und zur Einhaltung der Techniknormen angehalten werden kann, dürfte im gegebenen Sonderfall nicht greifen, weil die Antragstellerin nicht für verbindlich erklärte Techniknormen missachtet hat, dies auch ihre Rechtsvorgängerin nicht getan hat und die Einrichtung der V 93-Schnittstelle noch vor der gemeinschaftsrechtlichen Verbindlicherklärung der technischen Normen erfolgt ist. In dieser Situation erscheint es aus gegenwärtiger Sicht nicht verwerflich, wenn den Netzbetreiber, der keine Kenntnisse über die technische Spezifikation der besagten Schnittstelle besitzt, Wettbewerber, die Zugang zum Netz über diese Schnittstelle suchen, darauf verweist, sich bei demjenigen, der die Schnittstelle entworfen und eingerichtet hat, sowie das entsprechende Know How verwaltet, um die Offenlegung der technischen Spezifikation dieser Schnittstelle zu bemühen und die dafür evtl. anfallenden Kosten zu tragen. Aus gegenwärtiger Sicht erscheint ein solches Verhalten weder als unfair oder diskriminierend im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 TAL-VO noch als missbräuchlich im Sinne des § 33 Abs. 2 TKG.Die Situation ist nicht anders zu bewerten als bei einem Wettbewerber, der die notwendige Technik zur Herstellung der pysikalischen Verbindung zwischen seiner Leitung und der TAL am Hauptverteiler des Netzbetreibers aus finanziellen Gründen nicht besitzt oder nicht entwickeln kann.

Anders wäre der Fall allenfalls zu beurteilen, wenn die Antragstellerin doch Kenntnis über die technische Spezifikation der V 93-Schnittstelle hätte. Die Antragsgegnerin behauptet zwar, dass derartige Kenntnisse bei der Antragstellerin vorhanden sein müssten, durchgreifende Indizien hierfür führt sie aber nicht an. Die von ihr unter dem 11. November 2002 vorgelegten Schriften und technischen Darstellungen der Antragstellerin sind allgemein gehalten ohne Angaben wie anliegende Signale und Leistungen, die die Entwicklung von Adaptern für diese Schnittstelle oder eine sonstige Verarbeitung anliegender Signale erlaubten. Sollten die vorgelegten Unterlagen derartiges gleichwohl ermöglichen, müsste davon ausgegangen werden, dass entsprechendes Know How allgemein oder jedenfalls der Antragsgegnerin bekannt ist und für einen solchen Fall die belastende Anordnung gemäß Ziffer 1. i) nicht notwendig und damit rechtswidrig war.

Der Senat schließt nach der vorgelegten Korrespondenz zwischen der Antragstellerin und der Fa. T. nicht aus, dass bei letzterer das notwendige Know How über die technische Spezifikation der V 93-Schnittstelle mit entsprechendem Personalaufwand reaktiviert werden kann, und versteht deren Einlassung dahin, dass die technische Spezifikation der Schnittstelle noch aufgearbeitet werden müsse, wenn sie einem Wettbewerber bei den gegenwärtigen technischen Möglichkeiten den Zugang zur TAL in Glasfaserversion überhaupt ermöglichen soll. Die Antragstellerin ist weder nach dem deutschen noch nach dem gemeinschaftlichen Telekommunikationsrecht gehalten, die Kosten für ein Know How aufzubringen, dass den Wettbewerbern die Entwicklung von Zugangstechniken zur TAL erlaubt.

Schließlich schlägt bei der vorzunehmenden Interessenabwägung zu Ungunsten der Antragsgegnerin zu Buche, dass nach dem Vortrag der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 3. Februar 2003 (Blatt 12 f) dem Wettbewerber selbst bei Kenntnis der technischen Spezifikation der V 93-Schnittstelle eine Zusammenschaltung mit dem Ziel der Belieferung eines von ihm geworbenen Endkunden bei der gegebenen mediumbedingten Übertragungstechnik auf Grund nicht möglicher Zuordnung eines Kanals zum jeweiligen Endkunden nicht möglich ist. Dies ist von der Antragsgegnerin nicht bestritten worden. Dann aber gibt es keinen Gesichtspunkt, der eine gegenwärtige sofortige Vollziehung der Anordnung rechtfertigen könnte. Soweit die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit der Anordnung in Ziffer 1. i) die Wahl lässt, die V 93-Schnittstelle gegen eine V 5.2-Schnittstelle auszutauschen, um Wettbewerbern Netzzugang im OPAL/ISIS-Gebiet zu ermöglichen, bietet hierfür ausgehend von der gegenwärtigen Erkenntnislage weder § 33 Abs. 2, Abs. 1 TKG noch die TAL-VO eine Rechtsgrundlage. Der Wettbewerber hat, wie vom Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zutreffend dargelegt, grundsätzlich nur einen Anspruch auf Zugang zum Netz des Marktbeherrschers/gemeldeten Betreibers in der gegebenen Ausgestaltung im Sinne eines Teilhabeanspruches und sich grundsätzlich den Netzgegebenheiten anzupassen. Ob sich aus der Netzzugangsgewährungspflicht des Netzbetreibers im Einzelfall eine Netzveränderungspflicht ergeben kann, ist erst zu entscheiden, wenn die Unmöglichkeit des Zugangs zum Netz in seinem aktuellen Zustand für den Wettbewerber zweifelsfrei feststeht, was hier nicht der Fall ist. Das rechtfertigt die Vollziehungsaussetzung auch bezüglich der alternativen Zugangsmodalität.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und entspricht der Gewichtung der Anteile des Verfahrensgegenstandes, mit denen die Beteiligten obsiegt haben bzw. unterlegen sind. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 29.04.2003
Az: 13 B 2344/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/374932e5e32a/OVG-Nordrhein-Westfalen_Beschluss_vom_29-April-2003_Az_13-B-2344-02




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