Landgericht Köln:
Beschluss vom 16. Januar 2009
Aktenzeichen: 28 AR 10/08
(LG Köln: Beschluss v. 16.01.2009, Az.: 28 AR 10/08)
Tenor
1. Die Erinnerung des Antragstellers zu 1) vom 27.11.2008 wird zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdewert wird auf 200,- € festgesetzt.
3. Die Beschwerde wird nach § 14 Abs. 4 S. 4 KostO wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers zu 1) ist unbegründet.
Dem Antragsteller zu 1) wurde gemäß § 128c Abs. 1 Nr. 4 KostO zu Recht eine Gerichtskostengebühr in Höhe von 200,- € auferlegt, da sich die Gerichtsgebühren im Rahmen des vorliegenden Anordnungsverfahrens nach § 101 Abs. 9 UrhG nach der Anzahl der antragsgegenständlichen IP-Adressen richtet und Gegenstand des vom Antragsteller zu 1) gemeinsam mit dem Antragsteller zu 2) gestellten Antrags auf Erlass einer Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG zwei IP-Adressen waren. Danach sind insgesamt Gerichtsgebühren in Höhe von 400,- € angefallen, welche je zur Hälfte von den Antragstellern zu tragen sind.
Die Anrechnung der Gerichtsgebühr pro antragsgegenständlicher IP-Adresse ergibt sich nach Auffassung der Kammer aus dem Wortlaut der hier einschlägigen Kostenregelung des § 128c Abs. 1 Nr. 4 KostO. Nach dem Wortlaut des § 128c Abs. 1 Nr. 4 KostO wird "für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG" eine Gebühr von 200,- € erhoben. Die Frage, wann bzw. in welchem Fall eine "Entscheidung" i.S.d. § 128c Abs. 1 KostO vorliegt, ergibt sich nach Auffassung der Kammer aus Sinn und Zweck der Regelung. Dieser ergibt sich maßgeblich aus der Gesetzesbegründung zu § 128c KostO (vgl. BT-Drs., 16/5048, S. 36). Ein Rückgriff auf bereits bestehende kostenrechtliche Grundsätze ist mangels vergleichbarer Gebührentatbestände nicht möglich.
In der Gesetzesbegründung zu § 128c KostO heißt es u.a.:
"(...) Für die Entscheidung über den Antrag des Verletzten soll eine Gebühr in Höhe von 200 Euro vorgesehen werden. Mit der Entscheidung ist eine Kammer des Landgerichts befasst. In ihr hat das Gericht abzuwägen, ob der Antragsteller Inhaber eines geistigen Schutzrechts ist, eine Verletzung dieses Rechts angenommen werden kann und die Schwere der Rechtsverletzung den Grundrechtseingriff rechtfertigt. Die Höhe der Gebühr trägt dem tatsächlichen Aufwand des Gerichts sowie der Bedeutung der abzuwägenden Gesichtspunkte Rechnung. Wird der Antrag des Verletzten zurückgewiesen, soll die Gebühr in gleicher Höhe anfallen. Der Prüfungsaufwand des Gerichts dürfte in der überwiegenden Zahl der Fälle für eine negative Entscheidung so hoch sein wie für eine positive.(...)"
Danach soll die Gebühr in Höhe von 200,- € dem tatsächlichen Aufwand des Gerichts und der Bedeutung der abzuwägenden Gesichtspunkte Rechnung tragen. Unter Berücksichtigung dieser Zweckbestimmung kann der Begriff der "Entscheidung" i.S.d. § 128 Abs. 1 UrhG nach Auffassung der Kammer nur dahingehend verstanden werden, dass pro antragsgegenständlicher IP-Adresse eine Gebühr in Höhe von 200,- € anfällt. Ein tatsächlicher Aufwand für das angerufene Gericht im Sinne der Gesetzesbegründung entsteht pro antragsgegenständlicher IP-Adresse, da hinter jeder in einer Antragsschrift nach § 101 Abs. 9 UrhG enthaltenen IP-Adressen jeweils unterschiedliche Sachverhalte stehen. Jeder einzelnen IP-Adresse wird für sich genommen eine andere Rechtsverletzung zugeordnet, dies wird besonders deutlich, wenn sich die in einem Antrag enthaltenen IP-Adressen auf unterschiedliche Werke beziehen. In diesem Fall ist ggf. die Frage, ob ein "gewerbliches Ausmaß" vorliegt unterschiedlich zu beantworten, je nachdem welches Werk öffentlich zugänglich gemacht wurde. Dabei ist auch die Form der öffentlichen Zugänglichmachung, z.B. durch Musikalbum oder Kopplungstonträger etc., zu berücksichtigen.
Das Gericht hat danach grundsätzlich für jede einzelne IP-Adresse abzuwägen, ob der Antragsteller Inhaber des geistigen Schutzrechts an dem jeweiligen Werk ist, eine Verletzung dieses Rechts angenommen werden kann und die Schwere der Rechtsverletzung den Grundrechtseingriff rechtfertigt. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen bestimmt sich der tatsächliche Aufwand des Gerichts letztlich nicht anhand der Frage, wie viele Antragsschriften im Sinne des § 101 Abs. 9 UrhG vorliegen, sondern anhand der Frage, wie viele IP-Adressen Gegenstand der Antragsschrift sind. Da nur dann Sinn und Zweck des § 128c KostO hinreichend entsprochen wird, nämlich, dass die Gebühr dem tatsächlichen Aufwand des Gerichts Rechnung tragen soll (vgl. vgl. BT-Drs., 16/5048, S. 36). Soweit der Antragsteller einwendet, dass die von der vorliegenden Antragsschrift umfassten IP-Adressen sich sämtlich auf das selbe Werk beziehen, kann dies zu keiner abweichenden Beurteilung führen. Letztlich ist es eine Zufallsfrage, ob ausschließlich gleiche oder verschiedene Werke in einer Antragsschrift zusammengefasst werden. Grundsätzlich jedenfalls ist auch in diesem Fall für jede einzelne IP-Adresse zu prüfen, ob eine Rechtsverletzung i.S.d. § 101 Abs. 1 UrhG vorliegt, so dass auch in diesem Fall für jede einzelne antragsgegenständliche IP-Adresse eine Entscheidung i.S.d. § 128c Abs. 1 Nr. 4 KostO zu treffen ist.
Die Kostenerinnerung wäre nach Auffassung der Kammer aber auch dann unbegründet, wenn die Gebühr von 200,- € nicht pro IP-Adresse angerechnet würde, da das Gericht jedenfalls mit dem vorläufigen Beschluss vom 16.09.2008 im Wege der einstweiligen Anordnung sowie mit dem abschließenden Beschluss vom 27.11.2008 zwei Entscheidungen i.S.d. § 128c Abs. 1 KostO getroffen hat. Die Regelung des § 128c Abs. 1 KostO trifft keine Unterscheidung zwischen vorläufiger und endgültiger Entscheidung des Gerichts. Eine Festgebühr nach dieser Vorschrift kann daher im Auskunftsverfahren auch mehrfach anfallen. Demnach sind jedenfalls im vorliegenden Fall aufgrund der vorläufigen Entscheidung des Gerichts vom 16.09.2008 sowie der abschließenden Entscheidung des Gerichts vom 27.11.2008 nach § 101 Abs. 9 UrhG Gerichtsgebühren in Höhe von insgesamt 400,- € angefallen.
Die Beschwerde war nach § 14 Abs. 4 S. 4 KostO wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zuzulassen, da es sich vorliegend um eine noch nicht endgültig geklärte Rechtsfrage handelt (vgl. Hartmann, KostO, 34. Aufl., § 14 Rn. 18, 27).
LG Köln:
Beschluss v. 16.01.2009
Az: 28 AR 10/08
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/3768848393a0/LG-Koeln_Beschluss_vom_16-Januar-2009_Az_28-AR-10-08