Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Februar 2005
Aktenzeichen: 23 W (pat) 303/04

(BPatG: Beschluss v. 01.02.2005, Az.: 23 W (pat) 303/04)

Tenor

Das Patent wird aufrechterhalten.

Gründe

I Das Patent 199 07 231 (Streitpatent) wurde beim Deutschen Patent- und Markenamt am 19. Februar 1999 mit der Bezeichnung "wasserführendes Haushaltsgerät mit einer Rohrleitung" mit fünf Patentansprüchen eingereicht und nach einem Prüfungsverfahren ohne weiteren ermittelten Stand der Technik durch Beschluß vom 17. Dezember 2001 mit vier Patentansprüchen erteilt und die Patenterteilung am 8. Mai 2002 veröffentlicht.

Gegen das Patent hat die Firma B... GmbH, Carl-Wery-Straße in M... am 7. August 2002 Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen, dabei macht die Einsprechende die Widerrufsgründe gemäß § 21 Abs 1 Nr 1 PatG geltend.

Sie stützt ihren Einspruch auf die Entgegenhaltungen D1 DE 297 12 895 U1 und D2 DE 196 11 054 A1.

Die Einsprechende trägt im einzelnen vor, daß die Gegenstände der Ansprüche 1 bis 3 gegenüber der Entgegenhaltung D1 nicht neu seien bzw. der Gegenstand des Anspruchs 4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen würde, zumindest beruhe der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber den Entgegenhaltungen D1 und D2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin verteidigt ihr Patent in der erteilten Fassung, hilfsweise beschränkt auf der Grundlage der erteilten Patentansprüche 1 und 2.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent aufrechtzuerhalten, hilfsweise beschränkt aufrechtzuerhalten bezüglich des Patentanspruchs 1 durch Anfügung der Merkmale des Kennzeichens des Anspruchs 2.

Der geltende Patentanspruch 1 hat nach Merkmalen gegliedert folgenden Wortlaut:

1.

"Wasserführendes Haushaltsgerät mit einer Rohrleitung, 1.1 die zum Umwälzen einer Arbeitsflüssigkeit an der Außenseite eines Arbeitsbehälters geführt ist, 1.2 in welchen die Arbeitsflüssigkeit durch eine Durchtrittsstelle einführbar ist, 1.3 welche Rohrleitung in einen Flanschkörper mündet, 1.4 der auf der Außenseite des Arbeitsbehälters an der Durchtrittsstelle aufgesetzt ist, 1.5 wobei der Flanschkörper mit einer an der Arbeitsbehälterinnenseite angeordneten Sprühvorrichtung gekoppelt ist, 1.6 welche für ein aufgefächertes Einsprühen der Arbeitsflüssigkeit in den Arbeitsbehälter vorgesehen ist, 1.7 dadurch gekennzeichnet, daß eine feststehende Sprühvorrichtung (15) oder eine rotierbare Sprühvorrichtung (1) anbringbar ist, 1.8 wobei die Sprühvorrichtungen (1, 15) jeweils Verbindungsmittel (11, 13, 21) mit verschiedenartigen Verbindungstechniken aufweisen, und 1.9 der Flanschkörper (3) Verbindungselemente (13) umfaßt, die wahlweise ein Ankoppeln einer feststehenden Sprühvorrichtung (15) oder einer rotierbaren Sprühvorrichtung (1) ermöglichen."

Zu den Unteransprüchen 2 bis 4 und bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II 1) Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ergibt sich aus dem § 147 Abs 3 Nr 1 PatG, weil abweichend von § 61 Abs 1 Satz 1 PatG über den Einspruch nach § 59 PatG der Beschwerdesenat des Patentgerichts entscheidet, wenn die Einspruchsfrist nach dem 1. Januar 2002 beginnt und der Einspruch vor dem 1. Januar 2005 - wie im vorliegenden Fall - eingelegt worden ist.

2) Der frist- und formgerechte Einspruch ist zulässig, weil in dem Einspruchsschriftsatz die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im einzelnen so angegeben sind, daß die Merkmale des Patentanspruchs 1 im konkreten Bezug zur Entgegenhaltung D1 gebracht wurden.

3) Ausweislich der Beschreibung sieht es die Patentinhaberin als vorteilhaft an, wenn in Produktionsbetrieben, in denen sowohl Haushaltsgeräte der höheren Preisklasse (mit rotierbarem Deckensprüharm) als auch solche der niedrigeren Preisklasse (mit feststehender Deckensprühvorrichtung) hergestellt werden, die Möglichkeit geschaffen wird, in die an sich einheitlichen Geräte je nach Preisklasse entweder eine feststehende Deckensprühvorrichtung oder einen rotierbaren Deckensprüharm einbauen zu können, vgl. Abschnitt [0004].

Daher liegt der Erfindung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, Maßnahmen zu ergreifen, durch welche in einer Haushaltsgeräte-Produktion wahlweise ein Einbau einer feststehenden Sprühvorrichtung oder einer rotierbaren Sprühvorrichtung ermöglicht wird, wobei aus Gründen einer hohen Flexibilität ein solcher Einbau während eines beliebigen Arbeitsschritts möglich sein soll, vgl. Abschnitt [0005].

Die Lösung dieser Problemstellung ist im einzelnen im Patentanspruch 1 angegeben.

Bei dieser Lösung kommt es wesentlich darauf an, daß der Flanschkörper (3) Verbindungselemente umfaßt, die wahlweise ein Ankoppeln einer feststehenden Sprühvorrichtung oder einer rotierbaren Sprühvorrichtung ermöglichen (Merkmal 1.9 des Patentanspruchs 1), wobei die hierfür an den Sprühvorrichtungen ausgebildeten Verbindungsmittel (11, 13, 21) für feststehende Sprühvorrichtungen und für rotierbare Sprühvorrichtung jeweils verschiedenartige Verbindungstechniken aufweisen sollen (Merkmal 1.8 des Patentanspruchs 1).

Nachdem das wahlweise Ankoppeln einer feststehenden Sprühvorrichtung oder einer rotierbaren Sprühvorrichtung im Rahmen der werkseitigen Haushaltsgeräte-Produktion erfolgt, handelt es sich um eine dauerhafte Verbindung der Teile.

4) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu (§ 3 PatG) gegenüber dem von der Einsprechende genannten Stand der Technik.

Zweifelsohne offenbart die Entgegenhaltung D1 - entsprechend dem Merkmal 1. - ein wasserführendes Haushaltsgerät mit einer Rohrleitung (Haushalts-Geschirrspülmaschine mit einer Zuführungsleitung 10), die jedoch - im Unterschied zum Streitpatent - nicht an der Außenseite eines Arbeitsbehälters sondern im Spülbehälterinneren an der Rückwand 15) befestigt ist, vgl. dort Figur 2 mit zugehöriger Beschreibung Seite 2, le Abs bis Seite 3, 2. Abs.

Somit weist die Vorrichtung gemäß Entgegenhaltung D1 das Merkmal 1.1 des Patentanspruchs 1 nicht auf.

Zwar muß der Arbeitsbehälter (Spülbehälter) eine Durchtrittsstelle aufweisen, durch die die Zuführungsleitung (10) und somit Arbeitsflüssigkeit in den Arbeitsbehälter einführbar ist, jedoch ist über diese Durchtrittsstelle in der Entgegenhaltung D1 nichts ausgeführt. Somit offenbart zwar diese Entgegenhaltung implizit eine nicht gezeigte Durchtrittsstelle, durch die die Arbeitsflüssigkeit in den Arbeitsbehälter - entsprechend dem Merkmal 1.2 - einführbar ist, jedoch entspricht der Anschlußstutzen (12) gemäß Figur 2 nicht einer Durchtrittsstelle im Sinne des Streitpatents, wonach durch diese Durchtrittsstelle in der Arbeitsbehälterwand mittels einer außerhalb des Arbeitsbehälters geführten Rohrleitung Arbeitsflüssigkeit in den Arbeitsbehälter einführbar ist.

Weiterhin kann die in der Figur 2 dieser Entgegenhaltung dargestellte Kupplung (11) nicht als ein auf der Außenseite des Arbeitsbehälters an der Durchtrittsstelle der Arbeitsflüssigkeit in das Behälterinnere aufgesetzter Flanschkörper (Merkmal 1.4), in den die außerhalb des Arbeitsbehälters geführte Rohrleitung mündet (Merkmal 1.3), interpretiert werden. Denn nach der Figur 2 dieser Entgegenhaltung sind sowohl die Kupplung (11) als auch der Anschlußstutzen an der Zuführungsleitung (10) innerhalb des Arbeitsbehälters angeordnet, vgl. Figur 2 iVm der Beschreibung Seite 3, vorle Abs.

Somit sind in der Entgegenhaltung D1 die Merkmale 1.3 und 1.4 nicht offenbart.

Auch kann man die im Arbeitsbehälterinnenraum angeordnete Kupplung (11) nicht als einen auf der Außenseite des Arbeitsbehälters aufgesetzten Flanschkörper auslegen, der durch die Durchtrittsstelle hindurch mit einer an der Arbeitsbehälterinnenseite angeordneten Sprühvorrichtung gekoppelt ist (Merkmal 1.5).

Somit weist die Vorrichtung gemäß Entgegenhaltung D1 auch das Merkmal 1.5 nicht auf.

Die Entgegenhaltung D1 offenbart jedoch ein Haushaltsgerät, das auf eine Sprühvorrichtung zum aufgefächerten Einsprühen gerichtetes Merkmal 1.6 und das auf feststehende und rotierbare Sprühvorrichtungen gerichtetes Merkmal 1.7 aufweist, vgl. die Figuren 1 und 2 iVm Beschreibung Seite 3, vorle Abs.

Im Bezug auf die Merkmale 1.8 und 1.9 offenbart die Entgegenhaltung D1 zwar eine feststehende Sprühvorrichtung (1) mit Verbindungsmitteln (seitlich vorragende Halter 3, seitliche Aufnahmen 4) und eine Kupplung (11), deren Blindstutzen (13) Schlitze (14) als Verbindungselemente aufweist, die eine Ankopplung der feststehenden Sprühvorrichtung (1) an die Kupplung (11) mittels Bajonett-Verschluß ermöglichen, vgl. die Beschreibung Seite 3, Zn 12 bis 19. Jedoch ist in dieser Entgegenhaltung überhaupt nicht angesprochen, wie der am oberen Geschirrkorb gelagerte Sprüharm (vgl. dort Seite 3, Z 23) an die Kupplung (11) angekoppelt wird.

Somit offenbart die Entgegenhaltung D1 zwar eine feststehende Sprühvorrichtung (1) und eine rotierbare Sprühvorrichtung, wobei nur für die feststehende Sprühvorrichtung (1) eine Verbindungstechnik (Bajonett-Verschluß) und für die rotierbare Sprühvorrichtung überhaupt keine Verbindungstechnik offenbart ist.

Daher weist das Haushaltsgerät gemäß Entgegenhaltung D1 auch die Merkmale 1.8 und 1.9 nicht auf.

Zusammenfassend weist das Haushaltsgerät nach Entgegenhaltung D1 die Merkmale 1.1, 1.3 bis 1.5 sowie 1.8 und 1.9 nicht auf, so daß das wasserführende Haushaltsgerät gemäß Patentanspruch 1 Streitpatents gegenüber dieser Entgegenhaltung neu ist.

In der Entgegenhaltung D2 ist ausgeführt, daß die im Behälterinneren an der Rückwand (1) befestigte Zuführungsleitung (2) in Richtung zum Zulaufrohr des Sprüharms (8) eine Kupplung (11) mit einem vorstehenden offenen Anschlußstutzen (3) und mit zwei in gleicher Richtung vorstehendem geschlossenen Blindstutzen (4, 5) aufweist, vgl. dort Figur 1 mit zugehöriger Beschreibung, besonders in Spalte 3, Zn 15 bis 21. Somit kann man die in Entgegenhaltung D2 genannte Kupplung (11) keineswegs als einen auf der Außenseite des Arbeitsbehälters an der Durchtrittsstelle der Arbeitsflüssigkeit aufgesetzten Flanschkörper, in dem die außerhalb des Arbeitsbehälters geführte Rohrleitung mündet, auslegen.

Somit sind in der Entgegenhaltung D2 aus analogen Gründen wie bei der Entgegenhaltung D1 die Merkmale 1.1, 1.3 bis 1.5 nicht offenbart.

Nachdem in der Entgegenhaltung D2 lediglich ein rotierbarer Sprüharm (8) für ein aufgefächertes Einsprühen der Arbeitsflüssigkeit in den Arbeitsbehälter vorgesehen ist, ist dort zwar das Merkmal 1.6 offenbart, jedoch nicht die Merkmale 1.7 und 1.9, weil eine alternative Anbringung einer feststehenden oder einer rotierbaren Sprühvorrichtung nicht vorgesehen ist.

Die Entgegenhaltung D2 offenbart, daß der Sprüharm (8) mit seinem Zuführungsrohr (10) mit der Abschlußplatte (25) lediglich auf die Kupplung (11) aufgeschoben wird, ohne daß eine Verbindung der Anschlußplatte (25) mit der Kupplung (11) erzeugt wird, vgl. dort Spalte 4, Abs 2. Das Zusammenhalten vom am Geschirrkorb gelagerten Zuführungsrohr (10) und Kupplung (11) bewirkt bei entsprechend dimensioniertem Geschirrkorb letztlich die geschlossene Tür des Geschirrspülers, so daß bei diesem Zusammenhalten von Zuführungsrohr (10) und Kupplung (11) es sich nicht um eine bei der Produktion des wasserführenden Haushaltsgeräts hergestellte dauerhafte Verbindung von Verbindungselementen der rotierbaren Sprühvorrichtung (deren Zuführungsrohr 10) mit Verbindungselementen des Flanschkörpers (Kupplung 11) im Sinne des Streitpatents handelt.

Somit sind in der Entgegenhaltung D2 an dem Zuführungsrohr (10) des Sprüharms keine Verbindungsmittel in irgendeiner Verbindungstechnik offenbart, so daß auch das Merkmal 1.8 nicht offenbart ist.

Zusammenfassend weist das Haushaltsgerät nach der Entgegenhaltung D2 die Merkmale 1.1, 1.3 bis 1.5 und 1.7 bis 1.9 nicht auf, so daß das wasserführende Haushaltsgerät gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents gegenüber dieser Entgegenhaltung ebenfalls neu ist.

6) Der zweifelsohne gewerblich anwendbare (§ 5 PatG) Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG) des zuständigen Fachmanns, eines berufserfahrenen, mit der Entwicklung von Geschirrspülmaschinen betrauten Konstrukteurs oder Meisters, eventuell eines Ingenieurs mit Fachhochschulabschluß.

Weder aus der Entgegenhaltung D1 alleine noch aus der Kombination von Entgegenhaltungen D1 und D2 erhält der Fachmann einen Hinweis, ein wasserführendes Haushaltsgerät mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 auszubilden, insbesondere deshalb, weil in beiden Entgegenhaltungen eine dauerhafte Verbindung von Verbindungsmitteln der rotierbaren Sprühvorrichtung (bzw. des Zuführungsrohres 10) mit Verbindungselementen des Flanschkörpers (bzw. Kupplung 11) im Sinne des Streitpatents nicht offenbart ist.

Der Gegenstand des Anspruchs ist somit nicht ohne erfinderische Tätigkeit zu erlangen.

7) Die erteilten, auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 4 betreffen vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen seines Gegenstandes und werden von dessen Patentfähigkeit mitgetragen.

Die Beschreibung der Streitpatentschrift erfüllt die an sie zu stellenden Anforderungen hinsichtlich der Wiedergabe des Standes der Technik, von dem die Erfindung ausgeht und hinsichtlich der Erläuterung des beanspruchten Haushaltsgerätes.

Demnach ist das Patent in der erteilten Fassung rechtsbeständig.

Dr. Tauchert Lokys Schramm Dr. Häußler Pr






BPatG:
Beschluss v. 01.02.2005
Az: 23 W (pat) 303/04


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