Landgericht München I:
Urteil vom 4. Mai 2010
Aktenzeichen: 33 O 14269/09

(LG München I: Urteil v. 04.05.2010, Az.: 33 O 14269/09)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Kosten.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Ansprüche auf Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten geltend.

Die Klägerin ist eine Gemüsegroßhändlerin auf dem Großmarkt in M...

Der Beklagte betreibt einen Früchtehandel und bietet über seine Internetseite ... im Rahmen eines Lieferservices Früchte, Obst, Gemüse, Kräuter etc. zum Verkauf an.

Das Impressum auf der Internetseite des Beklagten enthielt folgende Angaben (vgl. Anlage K 1):

Die Startseite des Internetauftritts des Beklagten war wie folgt ausgestaltet (vgl. Anlage B 1):

Mit Schreiben vom 19.06.2009 mahnte die Klägerin den Beklagten ab und forderte diesen erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassung- und Verpflichtungserklärung auf (vgl. Anlage K 2).

Mittlerweile hat der Beklagte die Angaben in seinem Impressum um seinen vollständigen Namen und die Umsatzsteueridentifikationsnummer ergänzt (vgl. Anlage K 3).

Die Klägerin trägt vor, der Beklagte habe mit der fehlenden Angabe seines Namens und seiner Umsatzsteueridentifikationsnummer im Impressum gegen die verbraucherschützende Norm des § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 6 TMG verstoßen und sich durch die fehlenden Angaben einen ungerechtfertigten und sittenwidrigen Wettbewerbsvorsprung verschafft. Das Gesetz schreibe zwar keine bestimmte Stelle vor, an der die Informationen zu erteilen seien. Es sei aber eine klare und verständliche Information erforderlich. An einer solchen Information über den Inhaber fehle es im Impressum ganz, und auf der Startseite sei die Angabe "Geschäftsinhaber: ..." jedenfalls unklar. Die Verstöße seien auch geeignet, das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers zu beeinträchtigen. Dies sei schon dann zu bejahen, wenn einer Verordnung des europäischen Gesetzgebers, die die Verbraucher Schützen solle in der Weise zuwidergehandelt werde, dass die darin enthaltenen Informationspflichten verletzt würden. Die Klägerin führt aus, dass ihr für die Abmahnung außergerichtliche Kosten ihres Bevollmächtigten in Höhe von 755,80 Euro entstanden seien, welche auch der Höhe nach angemessen seien.

Die Klägerin beantragt daher:

I. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Internet unter der Domain www... eine Homepage zu unterhalten, auf der nicht der Name sowie die Umsatzsteueridentifikationsnummer gemäß § 27 a UStG des Dienstanbieters unmittelbar erreichbar wiedergegeben sind.

II. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin als Nebenforderung vorgerichtliche Kosten in Höhe von 755,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Der Beklagte räumt zwar ein, dass in seinem Internetauftritt die Umsatzsteueridentifikationsnummer nicht enthalten sei. Er ist jedoch der Ansicht, dass § 5 Abs. 1 Nr. 6 TMG keine Marktverhaltensregelung sei und es bereits deshalb insoweit an einem Wettbewerbsverstoß gemäß §§ 3,4 Nr. 11 UWG fehle. In Bezug auf die fehlende Inhabernennung trägt der Beklagte vor, dass für die rechtliche Bewertung von Angaben deren Gesamteindruck maßgeblich sei. Daraus folge, dass der durchschnittlich informierte und verständige Leser die Angabe "..." auf der Startseite als denjenigen Namen identifiziere, welcher der Firma "... als Inhaberbezeichnung zuzuordnen sei. Dass diese Angabe zwei Tippfehler enthalte, schade nicht, da auch eine tippfehlerbehaftete Angabe betreffend das Passivrubrum auslegungsfähig sei. Hilfsweise beruft sich der Beklagte darauf, dass die ihm vorgeworfenen Rechtsverletzungen nicht geeignet seien, die Interessen von Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen, es sich also insoweit um Bagatellverstöße handele. Die geltend gemachten Abmahnkosten bestreitet der Beklagte dem Grunde und der Höhe nach.

Am 22.04.2010 ist ein nicht nachgelassener Schriftsatz des Klägervertreters vom 21.04.2010 bei Gericht eingegangen. Am 28.04.2010 ist ein nicht nachgelassener Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 28.04.2010 bei Gericht eingegangen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 20.04.2010 Bezug genommen (Bl. 33/36 d. A.).

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

I. Die Klägerin kann von dem Beklagten weder die geltend gemachte Unterlassung gemäß § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 6 TMG noch den Ersatz der eingeklagten Abmahnkosten gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG verlangen, da der Beklagte nicht gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1.TMG verstoßen hat und der Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 6 TMG unterhalb der Spürbarkeitsgrenze des § 3 Abs. 1 UWG liegt und die Abmahnung vom 19.06.2009 dementsprechend unberechtigt gewesen ist.

1. Zwischen den Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, beide Parteien sind als Mitbewerber in derselben Branche tätig.

2. Mit seinem Internetauftritt handelt der Beklagte im geschäftlichen Verkehr.

3. Gemäß den Regelungen in § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 6 TMG, bei denen es sich jeweils um Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG handelt (vgl. BGH GRUR 2007, 159 - Anbieterkennzeichnung im Internet zu § 6 TDG; OLG München, Beschluss vom 14.07.2009, Az.: 6 W 1774/09 zu § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG; OLG Hamm MMR 2009, 552 zu § 5 Abs. 1 Nr. 6 TMG; OLG München, Urteil vom 01.10.2009, Az.: 29 U 2298/09, BeckRS 2010 03107 zu § 5 TMG; aA wohl OLG Jena GRUR-RR 2006, 283 zu § 6 Abs. 1 Nr. 6 TDG), haben Diensteanbieter für geschäftsmäßige Telemedien unter anderem neben dem Namen auch in Fällen, in denen sie eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27 a UStG besitzen, diese Nummer leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten.

a) Hinsichtlich der fehlenden Namensnennung im Impressum liegt schon kein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG vor, da der Name des Beklagten als Geschäftsinhaber auf der leicht überschaubaren Startseite des Internetauftritts in deutlich abgesetzter Form für einen durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, der der Situation die angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt, mühelos zu erkennen ist. § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG schreibt keinen bestimmten Ort, wie beispielsweise das Impressum, vor, an dem sich die erforderlichen Angaben befinden müssen. Entsprechend reicht die Angabe des Namens des Beklagten verbunden mit dem Zusatz "Geschäftsinhaber" auf der Startseite seines Internetauftritts aus (vgl. dazu auch BGH GRUR 2007, 159 - Anbieterkennzeichnung im Internet, dort Tz. 19 und 34).

Unschädlich ist insoweit auch, dass der Vorname des Beklagten mit "... " wiedergegeben wird, da dies eine dem informierten und verständigen Verbraucher geläufige Abkürzung des griechischen Vornamens"..." ist.

b) In der unstreitig fehlenden Angabe der Umsatzsteueridentifikationsnummer liegt hingegen ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 6 TMG, § 4 Nr. 11 UWG.

4. Selbst wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung wegen Fehlens des Inhabers im Impressum einen. Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr, 1 TMG annehmen wollte, fehlt es an der Eignung, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen (§ 3 Abs. 1 UWG) Gleiches gilt für den Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 6 TMG.

a) Mit dem Erfordernis der Spürbarkeit in § 3 Abs. 1 UWG gemäß der UWG-Novelle 2008 sollen solche Fälle unlauterer geschäftlicher Handlungen von der Verfolgung ausgenommen werden, die praktisch keine Auswirkungen auf die anderen Marktteilnehmer haben (vgl. OLG München, Beschluss vom 14.07.2009, Az.: 6 W 1774/09). Nicht jeder Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung stellt mithin zugleich auch eine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG dar. Es bedarf vielmehr einer Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern.

b) Inwiefern die Wiedergabe des Namens mit abgekürztem Vornamen auf einer übersichtlichen Startseite eines Internetauftritts oder eine gänzlich fehlende Angabe der Umsatzsteueridentifikationsnummer die Interessen von Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern beeinträchtigen könnte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann auch eine Eignung, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen, nicht festgestellt werden. Obwohl es sich bei der Regelung des § 5 TMG um eine Umsetzung der Vorgaben gemäß Art. 5 der Richtlinie 2000/31/EG über bestimmte Aspekte der Dienste in der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Verkehrs, handelt, ergibt sich aus Art. 7 Abs. 5 der UGP-Richtlinie in Verbindung mit Anhang II nicht, dass jede Information als wesentlich zu qualifizieren und bei deren Fehlen eine spürbare Beeinträchtigung zu bejahen ist (so auch OLG München, Beschluss vom 14.07.2009, Az.: 6 W 1774/09). Der gegenteiligen Auffassung des OLG Hamm in MMR 2009, 552 zum Fehlen der Umsatzsteueridentifikationsnummer vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Der dem vom Klägervertreter zitierten Urteil des OLG München vom 01.10.2009, Az.: 29 U... Beck RS 2010 03107, zugrundeliegende Sachverhalt unterscheidet sich wesentlich von der hier zu entscheidenden Fallgestaltung, da im genannten Fall über einen Verstoß einer ausländischen juristischen Person gegen § 5 Abs. 1 Nr. 4 TMG zu entscheiden war. Auch der dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 18.12.2007, Az.: I-20 U 17/07, 20 U 17/07, MMR 2008, 682, zugrundeliegende Sachverhalt ist nicht vergleichbar mit hiesiger Konstellation, da im dortigen Fall die Umsatzsteueridentifikationsnummer nicht gänzlich fehlte, sondern missverständlich als "nicht vorhanden" angegeben wurde.

II. Soweit die nachgereichten Schriftsätze des Klägervertreters vom 21.04.2010 und des Beklagtenvertreters vom 28.04.2010 anderes als bloße Rechtsausführungen enthält, war dies gemäß § 296 a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen (Zöller/Greger, ZPO, 28. Auflage, § 132 Rdnr. 4), eine Wiedereröffnung der Verhandlung nach § 156 ZPO hinsichtlich des neuen Vortrags war nicht geboten (vgl. auch BGH NJW 2000, 142f. und Zöller/Greger, ZPO, 28. Auflage, § 156 Rdnr. 4).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 und 2 ZPO.






LG München I:
Urteil v. 04.05.2010
Az: 33 O 14269/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/377cae3fbc7a/LG-Muenchen-I_Urteil_vom_4-Mai-2010_Az_33-O-14269-09




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share