Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. November 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 170/04

(BPatG: Beschluss v. 23.11.2005, Az.: 32 W (pat) 170/04)

Tenor

1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 17. Juni 2004 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für die Waren "Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; konserviertes, gekochtes und getrocknetes Obst und Gemüse; Fruchtmuse" zurückgewiesen worden ist.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 31. Januar 2004 angemeldete Wortmarke TRINKSNACK ist von der mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzten Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamtes nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss vom 17. Juni 2004 teilweise, nämlich für die Waren

"Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; konserviertes, gekochtes und getrocknetes Obst und Gemüse, Fruchtmuse, Milch, Joghurt und andere Milchprodukte; Kaffee, Tee, Kakao, Kaffee-Ersatzmittel, Speiseeis, Honig"

als freihaltungsbedürftig zurückgewiesen worden. Der Verkehr werde in der Bezeichnung lediglich eine Bestimmungsangabe hinsichtlich der Bestandteile eines Trinksnacks, also eines "flüssigen Imbiss", sehen. Die Marke werde vom Verkehr auch bereits entsprechend benutzt. Dem Beanstandungsbescheid vom 10. März 2004, auf den sich der Beschluss u.a. stützt, waren Internetausdrucke beigefügt, die eine Verwendung der angemeldeten Marke durch Mitbewerber der Anmelderin belegen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die Markenstelle habe weder ein akuelles noch ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis nachgewiesen. Die dem Bescheid vom 10. März 2004 beigefügten Internetauszüge würden eine entsprechende Verwendung nicht belegen. Wettbewerber seien im übrigen durch die Vorschrift des § 23 MarkenG und die Möglichkeit, ihre Marken mit Angaben wie Joghurtgetränk oder Milchmischgetränk zu versehen, ausreichend geschützt.

Der Senat hat der Anmelderin mehrere Internetausdrucke vom 23. September 2005 übermittelt, die eine Verwendung der angemeldeten Marke durch Mitbewerber belegen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und teilweise - hinsichtlich der in der Beschlussformel genannten Waren - auch begründet. Im übrigen ist ihr der Erfolg zu versagen.

1. Für die Waren "Milch, Joghurt und andere Milchprodukte, Kaffee, Tee, Kakao, Kaffee-Ersatzmittel, Speiseeis, Honig" steht einer Eintragung das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Nach dieser Vorschrift können Marken nicht registriert werden, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung u.a. der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen können. Eine derartige, unmittelbar warenbeschreibende Angabe stellt "TRINKSNACK" in Bezug auf die vorstehend genannten Waren dar.

Die Eignung eines Begriffes als Produktmerkmalsbezeichnung ist ohne weiteres zu bejahen, wenn er im Verkehr tatsächlich beschreibend verwendet wird. Dies ist hier bezüglich der weiterhin zu versagenden Waren der Fall, wie sich aus den von der Markenstelle und dem Senat ermittelten Internetausdrucken vom 10. März 2004 und vom 23. September 2005 ergibt. Durch diese ist ausreichend belegt, dass die Bezeichnung "TRINKSNACK" von Mitbewerbern der Anmelderin zur Bezeichnung von Getränken in dem von der Markenstelle angenommenen Sinn bereits verwendet wird. So bietet die Firma M... einen Trinksnack mit Joghurt und Buttermilch bzw. mit Milch an. Auch die weiterhin zu versagenden Waren können Bestandteil eines Trinksnacks sein. Kaffee wird beispielsweise mit anderen Produkten wie Eis und Sahne als sog. Eiskaffee konsumiert; ein beliebtes Getränk sind auch die aus Speiseeis hergestellten Erfrischungsgetränke (z.B. Erdbeershake). Auch Tee, Kakao, Kaffee-Ersatzmittel und Honig können Bestandteil derartiger Mixgetränke sein, für die Trinksnack als Bezeichnung dienen kann.

Gegen die Schutzunfähigkeit kann die Anmelderin nicht erfolgreich einwenden, Dritte hätten die Möglichkeit, ihre Produkte mit Angaben wie Joghurtgetränk oder Milchgetränk zu versehen. Für die Schutzfähigkeit einer Angabe kommt es nicht entscheidend darauf an, ob noch andere gleichwertige Ausdrucke zur Verfügung stehen. Vielmehr muss den Mitbewerbern die freie Wahl zwischen allen unmittelbar beschreibenden Angaben und Zeichen erhalten bleiben (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 8 Rdn. 228).

Die Regelung des § 23 Nr. 2 MarkenG, auf die sich die Anmelderin bezogen hat, ist nicht geeignet, ein vorhandenes Eintragungshindernis i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu relativieren (vgl. Ströbele/Hacker, aaO, § 23 m.w.Nachw.). Diese Argumentation verkennt die unterschiedlichen Regelungsgehalte des Eintragungsverbots des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG einerseits und der Schutzschranken des § 23 Nr. 2 MarkenG andererseits. Zwar dienen beide Vorschriften dem Freihaltungsbedürfnis an beschreibenden Angaben. Hierbei enthält aber § 23 Nr. 2 MarkenG als Vorschrift über die Schranken eines bestehenden Markenschutzes (i.S.v. §§ 14 ff MarkenG) lediglich eine Klarstellung und Beschränkung des Markeninhabers ausschließlich im Zivilprozess (vgl. BGH GRUR 1998, 930, 931 - Fläminger). Im Gegensatz dazu liegt der Schutzzweck des Eintragungsverbotes gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darin, bereits im Registerverfahren die Entstehung von Fehlmonopolisierungen möglichst zu verhindern. Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schränkt demnach § 23 Nr. 2 MarkenG nicht inhaltlich ein; vielmehr stellt diese Vorschrift nur eine zusätzliche Sicherung der Mitbewerber im Verletzungsprozess gegenüber möglicherweise zu Unrecht eingetragenen Marken dar (vgl. Ströbele/Hacker, aaO, § 23 Rdn. 19 ff m.w.Nachw.). Die Eintragung einer für sich gesehen unmittelbar beschreibenden Angabe kann § 23 Nr. 2 MarkenG nicht ermöglichen; vielmehr steht einer solchen Eintragung zwingend das (auf der obligatorischen Vorschrift des Art. 3 Abs. 1 Buchst. c. MarkenRRichtl beruhende) Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

Auch aus einer etwaigen Schutzgewährung in Österreich vermag die Anmelderin keine Ansprüche herzuleiten. Selbst inländische Voreintragungen identischer Marken führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (vgl. z.B. GRUR 1989, 420 - KSÜD; BPatG 32, 5 - CREATION GROSS).

Ob die Bezeichnung "TRINKSNACK" für die weiterhin versagten Waren zusätzlich auch jeglicher Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entbehrt, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

2. Eine andere Beurteilung ist für die im Beschlusstenor genannten Waren angezeigt, da diese üblicherweise nicht getrunken werden. Für diese Waren stellt "TRINKSNACK" keine unmissverständliche Produktmerkmalsangabe dar; es fehlt insoweit auch nicht das Mindestmass an betriebskennzeichnender Hinweiskraft.

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BPatG:
Beschluss v. 23.11.2005
Az: 32 W (pat) 170/04


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