Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 23. Dezember 1999
Aktenzeichen: 6 U 102/99

(OLG Köln: Urteil v. 23.12.1999, Az.: 6 U 102/99)

1. Auch in Verletzungsverfahren nach dem Markengesetz wird in entsprechender Anwendung von § 25 UWG im Verfügungsverfahren die Dringlichkeit vermutet. 2. Die Bezeichnung "Blitzgerichte für jeden Tag" für eine Druckschrift i.S. von § 5 MarkenG (hier: Kochbuch) kann auch ohne Verkehrsgeltung sowohl in ihrer Gesamtheit als auch in Bezug auf ihren Bestandteil "Blitzgerichte" vom Zeitpunkt ihrer Ingebrauchnahme Titelschutz gemäß § 15 MarkenG beanspruchen. 3. Die Tatsache allein, dass die Auflage eines Buches vergriffen und der Titel einige Zeit nicht mehr in Erscheinung getreten ist (hier: ca. 1 Jahr), reicht für die Annahme einer endgültigen Aufgabe des Titelgebrauchs mit der Folge des Verlustes der Priorität nicht aus. Auch bei Kochbüchern sind Neuauflagen nicht unüblich. 4. Die Bezeichnung "Blitzgerichte" für ein Kochbuch ist verwechselbar mit der Bezeichnung "Blitzgerichte für jeden Tag" für ein Buch gleichen Genres; das gilt auch, wenn beide Bücher als Einzeltitel innerhalb besonders gekennzeichneter Reihen erscheinen (hier: "Dr. Oetker Küchenbibliothek" bzw. "Essen & Genießen") und die sich gegenüberstehenden Einzelbezeichnungen optisch herausgestellt sind.

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 14.05.1999 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln -84 O 4/99- wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Gründe

Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil die zuvor im Beschlußweg erlassene einstweilige Verfügung bestätigt. Denn der Erlaß und die Aufrechterhaltung dieser, den geltend gemachten Unterlassungsanspruch der Antragstellerin sichernden einstweiligen Verfügung stellen sich auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Antragsgegnerin als berechtigt dar.

Die Antragstellerin hat die tatsächlichen Voraussetzungen des auf die Untersagung der Verwendung der angegriffenen Bezeichnung "BLITZGERICHTE" für ein Kochbuch gerichteten Verfügungsanspruchs glaubhaft gemacht. Dieses Begehren, dessen Dringlichkeit in entsprechender Anwendung von § 25 UWG zu vermuten ist

(vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, Rdn. 49 Vor §§ 14-19; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Auflage, Rdn. 5 zu § 25

UWG; a.A.: Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Auflage, 54. Kapitel, Rdn. 20), ist gemäß § 15 Abs. 2 MarkenG i.V. mit § 5 Abs. 1 und Abs. 3 MarkenG begründet.

1. Bei dem Titel "BLITZGERICHTE FÜR JEDEN TAG" der Antragstellerin handelt es sich um die besondere Bezeichnung einer Druckschrift i.S. von § 5 Abs. 1 und Abs. 3 MarkenG, für welche die Antragstellerin auch ohne Verkehrsgeltung bereits vom Zeitpunkt der Ingebrauchnahme gemäß § 15 MarkenG Titelschutz beanspruchen kann.

Voraussetzung hierfür ist, daß der Titel nicht nur den Inhalt des Werks bezeichnet, also glatt beschreibender Natur ist, sondern daß er bestimmt und geeignet ist, das Werk von anderen Werken zu unterscheiden (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rdn. 52 zu § 5 MarkenG; GK/Teplitzky, Rdn. 70 zu § 16 UWG a.F. - jeweils mit weiteren Nachweisen). Der genannten, von der Antragstellerin für ihr in der Reihe und unter dem Serientitel "Essen & Geniessen" publiziertes Kochbuch gewählten Bezeichnung "BLITZGERICHTE FÜR JEDEN TAG" kommt sowohl als Gesamttitel als auch hinsichtlich des darin eingestellten Bestandteils "BLITZGERICHTE" in diesem Sinne originäre Unterscheidungskraft zu. Dem steht es von vornherein nicht entgegen, daß der vorbezeichnete Gesamttitel des Kochbuchs allgemein gehaltene Hinweise auf den Inhalt dieser Publikation dergestalt gibt, daß in ihr Rezepte und Kochanleitungen für die "blitzschnelle" Zubereitung von Speisen für und an jedem Wochentag bzw. für den Alltag zu erwarten sind. Jedenfalls als Titel eines Sachbuchs aus dem hier betroffenen Marktsegment der Kochbücher stellt eine solche "warenbeschreibende" Bezeichnung keine (ohne Verkehrsgeltung) schutzunfähige bloße Inhaltsangabe dar, sondern besitzt ursprüngliche namensmäßige Unterscheidungskraft. Ebenso wie bei Tageszeitungen und Fachzeitschriften sind bei Kochbüchern nur geringe Anforderungen an die Individualisierungskraft zu stellen, weil der Verkehr hier an die titelmäßige Verwendung von u.a. auch aus Gattungsbegriffen gebildeten inhaltsbeschreibenden Angaben gewöhnt ist, die einen Hinweis auf oder eine Anlehnung an das spezielle Fach- und Sachgebiet bieten, mit dem die Druckschrift sich befaßt. Er ist deshalb in diesem Bereich der Sachbuchtitel geneigt, in titelmäßig verwendeten Angaben mit beschreibenden Bezugnahmen auf das Sachgebiet eine unterscheidungskräftige Bezeichnung der Druckschrift zu sehen (vgl. BGH GRUR 1991, 153/154 -"Pizza & Pasta"-; OLG Köln GRUR 1997, 663 -"FAMILY"-; OLG Köln GRUR 1997, 63 -"PC-Welt"-; Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rdn. 56 zu § 5 MarkenG - jeweils mit weiteren Nachweisen). Das belegen augenfällig die von der Antragstellerin mit dem Anlagenkonvolut 4 zur Antragsschrift vorgelegten Bezeichnungen anderer Kochbücher, die - wie der hier fragliche Titel der Antragstellerin - entweder aus produktbezogenen, sich mit einer besonderen Art der Speisen, für die Rezepte geboten werden, und ihrer Zubereitung befassen (z.B. "Spaghetti", "Brot", "Pasta", "Chinesisch", "Italienisch", "Fondue", "Grillen", "Backen") oder die sich mit mit einem besonderen Ernährungsziel oder einer besonderen Ernährungsform auseinandersetzen ("Abnehmen", "Trennkost", "Vegetarisch").

Nach diesen Maßstäben weist die Bezeichnung " BLITZGERICHTE FÜR JEDEN TAG" ein über die glatt beschreibende Funktion hinausgehendes Maß an Eigenart auf, so daß ihr in dieser Begriffszusammenstellung weder als Gesamttitel, noch insbesondere hinsichtlich des in ihr verwendeten Bestandteils "BLITZGERICHTE" die für den Titelschutz erforderliche originäre Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann:

Auch wenn dem Begriff "BLITZGERICHTE" in der zur Beschreibung besonders schneller Zubereitungsformen von Speisen naheliegenden Kombination zweier gebräuchlicher Begriffe ("blitzschnell"

und "Gerichte") die Qualität eines "Kandidaten für die Alltagssprache" nicht abgesprochen werden kann, drängt sich eben diese konkrete Wortkombination im vorliegenden Bereich der Sachbücher doch nicht als ein förmlich "in der Luft liegender" Titel für ein Kochbuch des vorbeschriebenen Inhalts zwanglos auf. Die hier zu beurteilende Verbindung zweier nicht in einem notwendigen sprachlichen Zusammenhang stehender, der Alltagssprache entnommener Begriffe zu einem Ausdruck, mit dem assoziativ ein eigenständiger Aussagegehalt verbunden wird, weist vielmehr das für den Titelschutz erforderliche, aber auch ausreichende Maß an Originalität und Eigentümlichkeit auf, so daß der Verkehr den Titelbestandteil "BLITZGERICHTE" innerhalb der Bezeichnung eines Kochbuchs auch und schon für sich allein als geeignet ansieht, die Publikation von anderen Druckerzeugnissen zu unterscheiden. Der in dem Gesamttitel weiter enthaltene Bestandteil "FÜR JEDEN TAG" ist demgegenüber - mit Blick auf die geringen Anforderungen an die Unterscheidungskraft - zwar ebenfalls nicht als glatt beschreibend einzuordnen, weil er als Hinweis auf die "Art" der beschriebenen Gerichte als "Alltagsmahlzeiten" einen - wenngleich sehr geringen - Grad an "Abstrahierung" aufweist. Indessen tritt er als eindeutig weniger phanatasievoll neben dem Bestandteil "BLITZGERICHTE" in den Hintergrund, der innerhalb der Gesamtbezeichnung den maßgeblichen Hinweis auf die Besonderheit der für den Alltag vorgeschlagenen Kochrezepte gibt und daher den Gesamttitel prägt.

2. Dem Titel "BLITZGERICHTE FÜR JEDEN TAG" kommt ferner auch, wie das von § 15 MarkenG i.V. mit § 6 Abs. 1 und Abs. 3 MarkenG gefordert wird, Priorität gegenüber der beanstandeten Bezeichnung "BLITZGERICHTE" der Antragsgegnerin zu.

Das in bezug auf den Sachbuchtitel "BLITZGERICHTE FÜR JEDEN TAG" existierende Recht der Klägerin entstand mit der Aufnahme der Benutzung dieser Bezeichnung im August 1996; die Ingebrauchnahme des Titels zu diesem Zeitpunkt durch die Antragstellerin ist dabei zwischen den Parteien unstreitig, im übrigen hat die Antragstellerin dies aber auch durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers K.-H. S. vom 08.01.1999 (Anlage 2 zu Antragsschrift = Bl. 12 d.A.) glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin ist demgegenüber unstreitig zu einem späteren Zeitpunkt als August 1996 mit ihrem Kochbuchtitel auf den Markt getreten.

Die Antragstellerin hat weiter auch nicht - wie die Antragsgegnerin dies aber einwendet - den Gebrauch ihres Titels endgültig aufgegeben bzw. auf diesen verzichtet.

Allerdings trifft es zu, daß grundsätzlich nur ein solcher Titel schutzwürdig und prioritätsbegründend ist, der mit einer bestehenden Druckschrift verknüpft ist; bei endgültiger Aufgabe der Druckschrift erlischt auch der Titelschutz (vgl. BGH GRUR 1993, 769/770 -"Radio Stuttgart"-; BGH GRUR 1960, 346/348 -"Naher Osten"-; BGH GRUR 1959, 45 -" Deutsche Illustrierte"-; Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rdn. 59 zu § 5 - m.w.N.). Von einer solchen endgültigen Einstellung des Titelgebrauchs kann im Streitfall jedoch nicht die Rede sein.

Aus der Tatsache allein, daß die Auflage eines Buches vergriffen ist, und der Titel längere Zeit nicht mehr in Erscheinung tritt, kann noch nicht ohne weiteres auf eine endgültige Einstellung des Titelgebrauchs durch den Berechtigten geschlossen werden, und zwar auch dann nicht, wenn die Absicht, eine Neuauflage herauszubringen, nicht (öffentlich) verlautbart wird

( vgl. BGH a.a.O., -"Naher Osten"-). Maßgeblich ist vielmehr, ob - was aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Art des in Betracht kommenden Werks und seines Titels festzustellen ist - der Verkehr damit rechnen kann, daß das Druckwerk nicht zu einem späteren Zeitpunkt fortgeführt werden soll ( vgl. BGH a.a.O., -"Naher Osten"- und -"Deutsche Illustrierte"-). Nach diesen Maßstäben bestehen im Streitfall schon Zweifel daran, ob die Antragstellerin den Titelgebrauch nicht nur bloß vorübergehend eingestellt hat, wenn - wie die Antragsgegnerin dies behauptet -

das Kochbuch "BLITZGERICHTE FÜR JEDEN TAG" tatsächlich seit April 1998 vergriffen gewesen sein sollte. Denn auch bei Kochbüchern ist es nicht unüblich, daß diese nicht nur in einer einzigen Auflage auf den Markt gebracht werden, sondern daß sie - je nach dem Markterfolg - in einer weiteren Auflage erscheinen, in die z.B. bestimmte neue ernährungsphysiologische Erkenntnisse eingearbeitet oder weitere Rezeptvorschläge aufgenommen sind. Dem Verkehr ist dabei ferner bekannt, daß die Vorbereitung einer solchen Auflage oder auch nur des schlichten Nachdrucks einen bestimmten Zeitaufwand erfordert, der sich auch über die Zeitspanne von einem Jahr bis zu 18 Monaten erstrecken kann. Hinzu kommt ferner, daß allein die Auskunft "nicht lieferbar" allenfalls darauf hindeutet, daß die existierende Auflage des Kochbuchs nicht ausreicht, um die Nachfrage zu befriedigen. Von Bedeutung ist ferner, daß die Antragstellerin noch im Januar 1999 und im Mai 1999 gegenüber der G. + U. Verlag GmbH (vgl. Bl. 54 f und Bl. 186 d.A.) aus ihrem Titel "BLITZGERICHTE FÜR JEDEN TAG" vorgegangen ist und diesen gegen einen für verwechslungsfähig gehaltenen Drittgebrauch verteidigt hat. Schon die dargestellten Umstände indizieren daher, daß die Antragstellerin die Verwendung des Titels für das Kochbuch nicht endgültig aufgegeben hat und aufgegeben wollte, selbst wenn letzteres seit April 1998 nicht mehr lieferbar gewesen sein sollte. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Denn die Antragstellerin hat durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung ihrer Justitiarin B. H. vom 21.10.1999 jedenfalls glaubhaft gemacht, daß das verfahrensgegenständliche Kochbuch seit seinem Erscheinen in der Zeitspanne von 1997 bis einschließließlich 1999 durchgängig lieferbar gewesen und an Kunden auch tatsächlich ausgeliefert worden sei (1997: insgesamt 23.000 Exemplare; 1998: insgesamt 1.111 Exemplare). Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber behauptet, daß die Antragstellerin selbst eine Lieferanfrage des Schweizer Buchzentrums mit der Meldung "Titel vergriffen, keine Neuauflage" beschieden habe, ist das nicht glaubhaft gemacht. Denn aus der insoweit vorgelegten eidesstattliche Versicherung des M. R. vom 20.08.1999 (Anlage 10 = Bl. 171 d.A.) geht lediglich hervor, daß die Antragstellerin überhaupt den "Meldeschlüssel ...Titel vergriffen, keine Neuauflage" verwende. Daß die Antragstellerin diesen "Meldeschlüssel" jedoch gerade in bezug auf die hier in Rede stehende konkrete Publikation verwendet hat, läßt sich dem nicht entnehmen.

3. Ist die verfahrensbefangene Bezeichnung des Kochbuchs der Antragstellerin somit als solche titelschutzfähig und nimmt sie gegenüber der angegriffenen Bezeichnung der Antragsgegnerin den besseren Zeitrang ein, so liegen im übrigen auch die Voraussetzungen des Unterlassungstatbestandes des § 15 Abs. 2 MarkenG vor. Denn die angegriffene Bezeichnung "BLITZGERICHTE" der Antragsgegnerin ist verwechselbar mit dem Titel "BLITZGERICHTE FÜR JEDEN TAG" der Antragstellerin.

Die Verwechslungsgefahr bestimmt sich nach dem Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen, der Kennzeichnungskraft der geschützten Bezeichnung sowie nach der Nähe oder Ferne der Branchen, wobei zwischen diesen Faktoren eine Wechselbeziehung besteht (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rdn. 32 und 43 zu § 15 MarkenG mit weiteren Nachweisen).

Die beanstandete Bezeichnung des Kochbuchs der Antragsgegnerin stimmt identisch mit dem wiederum die Bezeichnung der Antragstellerin prägenden und für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr auch maßgeblichen Bestandteil "BLITZGERICHTE" überein.

Dem steht es nicht entgegen, daß beide Kochbücher der Parteien ihrerseits jeweils als Einzeltitel innerhalb einer besonders gekennzeichneten Reihe erschienen sind. Diese, beiden Publikationen jeweils eigenen Reihen- bzw. Serientitel vermögen an dem durch den vorbezeichnetenen gemeinsamen Titelbestandteil "BLITZGERICHTE" hervorgerufen Eindruck der identischen Übereinstimmung nichts zu ändern. Es trifft zwar zu, daß die für die Frage der Verwechslungsgefahr mitbestimmende Ähnlichkeit danach zu beurteilen ist, welchen Gesamteindruck die beiderseitigen Bezeichnungen im Verkehr erwecken. In diesem Eindruck, den der Verkehr regelmäßig nicht aufgrund einer gleichzeitigen Betrachtung der beiden Bezeichnungen, sondern aufgrund einer undeutlichen Erinnerung gewinnt, treten jedoch in der Regel die übereinstimmenden Merkmale stärker hervor als die Unterschiede (BGH GRUR 1991, 153/154 f -"Pizza & Pasta"- m.w.N.). Schon nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall davon auszugehen, daß der Verkehr sein Augenmerk gerade auf die sich vom Wortbild und Aussagegehalt identisch gegenüberstehenden Begriffe "BLITZGERICHTE" richtet und die Publikationen danach beurteilt. Denn die bei beiden Publikationen im übrigen vorhandenen Angaben einschließlich der Reihentitel treten sowohl von ihrer inhaltlichen Bedeutung als auch nach der optischen Gestaltung in den Hintergrund. Hinsichtlich der erwähnten Reihentitel gilt das deshalb, weil der Verkehr daran gewöhnt ist, daß in ein und derselben Serie verschiedene Einzeltitel erscheinen. Die hier in Rede stehenden Reihentitel "Essen & Genießen" und "Dr. Oetker Küchenbibliothek" der Parteien sind dabei unzweifelhaft auch als solche erkennbar, was bei der Antragsgegnerin insbesondere mit Blick auf den Umstand gilt, daß sie ihr Kochbuch als Einzeltitel gemeinsam mit mehreren gleichartig ausgestatteten Kochbüchern anbietet. Ist der Verkehr aber daran gewöhnt, daß unter ein und demselben Reihentitel verschiedene Publikationen erscheinen, so wird er - um die einzelnen, in der Serie publizierten Werke unterscheiden zu können - seine Aufmerksamkeit gerade dem Einzeltitel zuwenden. Eben diese Einzeltitel treten bei beiden Kochbüchern der Parteien auch deutlich in den Vordergrund. Bei dem Kochbuch der Antragstellerin ergibt sich das durch die Größe der in schwarzer Farbe auf weißem Grund gehaltenen Buchstaben, die sich hierdurch nicht nur von dem darüber gesetzten, zusätzlich durch eine rote Linie getrennten, in erheblich kleineren Lettern gehaltenen Serientitel "ESSEN & GENIESSEN" , sondern auch von der darunter gesetzten Wortfolge "FÜR JEDEN TAG" abheben. Letztere tritt trotz ihrer "Signalfarbe" Rot in der Kontrastwirkung optisch hinter den Begriff "BLITZGERICHTE" zurück. Bei dem Kochbuch der Antragsgegnerin folgt der nämliche Effekt daraus, daß der Titel "BLITZGERICHTE" in fetten, in der Komplementärkontrastfarbe Grün gehaltenen Lettern von dem roten Feld abgesetzt ist, in das in weißen Buchstaben der Serientitel " DR. OETKER KÜCHENBIBLIOTHEK" gesetzt ist. Hinzu kommt im Streitfall weiter aber auch der Umstand, daß gerade die Bezeichnung "BLITZGERICHTE" bei beiden Kochbüchern der Parteien gleichermaßen geeignet ist, als titelmäßige (Kurz-)Bezeichnung der Werke im Verkehr Verwendung zu finden. Denn der Verkehr neigt erfahrungsgemäß dazu, längere Bezeichnungen in einer die Merkbarkeit und Aussprechbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen. Schutzfähige Kennzeichnungen sind dabei auch gegen die Gefahr zu schützen, daß diese abgekürzten Bezeichnungen mit ihnen verwechselt werden, wobei es für die Annahme einer sich hieraus ergebenden Verwechslungsgefahr genügt, wenn die abgekürzte Bezeichnung für einen nicht unbeachtlichen Teil des Verkehrs naheliegt (BGH GRUR a.a.O., -"Pizza & Pasta" m.w.N.). Im gegebenen Fall liegt es aber nahe, daß jedenfalls ein nicht unerheblicher Teil der von den Publikationen der Parteien angesprochenen Adressaten, denen die Mitglieder des erkennenden Senats als potentielle Erwerber von Kochbüchern zugehörig sind, nicht nur die Hauptittel als solche behalten, sondern dabei den kürzeren und griffigen Begriff "BLITZGERICHTE" verwenden werden. Stimmen vor diesem Hintergrund aber die wesentlichen, den Gesamteindruck beider Kennzeichnungen entscheidend prägenden Merkmale überein, so ist mit Blick auf die im übrigen gegebene Branchenidentität die Verwechslungsefahr selbst dann zu bejahen, wenn man dem Titel der Antragstellerin, dem tatsächlich aber jedenfalls durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt, sogar nur eine äußerst schwache Kennzeichnungskraft beimessen wollte. Denn ein nicht unbeachtlicher Teil des Verkehrs wird aufgrund der Übereinstimmungen beider Bezeichnungen zumindest der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne erliegen und auf - in Wirklichkeit nicht existierende - organisatorische oder sonstige wirtschaftliche Zusammenhänge zwischen den Parteien schließen. Daß die angeblich unterschiedlichen Vertriebswege dieser Gefahr von Verwechslungen nicht entgegenstehen können, hat schließlich bereits das Landgericht in dem angefochtenen Urteil, auf welches zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit Bezug genommen wird (§ 543 Abs. 1 ZPO), zutreffend ausgeführt.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig, § 545 Abs. 2 ZPO.






OLG Köln:
Urteil v. 23.12.1999
Az: 6 U 102/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/37891cca19f9/OLG-Koeln_Urteil_vom_23-Dezember-1999_Az_6-U-102-99




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share