Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. März 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 60/04
(BPatG: Beschluss v. 01.03.2005, Az.: 33 W (pat) 60/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die nichtfarbige Eintragung der Wort-/Bildmarke 301 41 262 für
"Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; Versicherungs-, Finanz-, Immobilienwesen, Geldgeschäfte"
ist Widerspruch erhoben worden aus der Wort-/Bildmarke EU 001 043 892 für
"Beratung und Unterstützung in Bezug auf Geschäftsführung und -organisation; Marketing und Verkaufsförderung; Unternehmensberatung in Bezug auf Franchising; Unterstützung bei der Geschäftsführung in Bezug auf Immobilienvermittlung; Vermittlung von Versicherungen und Finanzorganisationen; Durchführung von Versteigerungen und Auktionen; Beratungsdienstleistungen in Bezug auf alles vorstehend Genannte; Immobilienvermittlung; Versicherungsmaklergeschäfte; Bewertung und Verwaltung von Immobilien; Versicherungsdienstleistungen; Beratung in Verbindung mit allen vorstehend genannten Leistungen"
und der Wortbildmarke 2 095 158 für
"Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);
Druckereierzeugnisse; Dienstleistungen im Franchising- und Geschäftsbereich in Zusammenhang mit der Organisation, dem Betrieb und dem Management von Immobilien- und Versicherungsvermittlung, nämlich Geschäftsführung, Werbung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; Dienstleistungen im Immobilien- und Versicherungsbereich einschließlich Immobilienvermittlung und Vermittlung von Versicherungen".
Mit Beschluss vom 9. Dezember 2003 hat die Markenstelle für Klasse 36 durch einen Angestellten des gehobenen Dienstes die Widersprüche zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle sind die entscheidungserheblichen beiderseitigen Dienstleistungen teilweise identisch oder liegen im hochgradigen Ähnlichkeitsbereich. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken sei als normal einzustufen. Die Gesamtmarken seien aber deutlich verschieden. Zwar stünden sich in beiden Fällen Wort-/Bildmarken als Ballons gegenüber, die sich jedoch in der grafischen und der mit Text versehenen Ausgestaltung erheblich unterschieden. Dem Bildelement "Ballon" könne keine prägende Eigenschaft zuerkannt werden, da es in der modernen Werbung üblich geworden sei, "Ballons" als Werbeträger zu verwenden. Außerdem wiesen die Ballonelemente derart gravierende Unterschiede auf, dass keine Verwechslung zu befürchten sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor, dass wegen des auffälligen Ballons als Bildbestandteil dieser um ein Vielfaches kennzeichnungskräftiger sei als der Wortbestandteil. Größe, Form und Farbgebung seien die Stilmittel, die bei der angegriffenen Marke die bildliche Darstellung derart hervortreten ließen, dass die angesprochenen Verkehrskreise den Wortbestandteil kaum mehr beachten und sich nur an der Bildwirkung orientieren würden. Die Ballons stimmten in ihren Proportionen, in der Einteilung ihrer Kontrastierung sowie in der Formgebung der Ballone überein, so dass eine Verwechslungsgefahr zu bejahen sei. Dieses Ergebnis werde dadurch bekräftigt, dass der Wortbestandteil "Makler 2000" rein beschreibender Natur sei, so dass ihm keine Kennzeichnungskraft zukommen könne. Im Hinblick darauf dass den Widerspruchsmarken identische bzw. hochgradig ähnliche Dienstleistungen zugrundelägen, müssten die Vergleichsmarken einen ausreichend großen Abstand zueinander einhalten, was im vorliegenden Fall nicht gegeben sei.
Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der Marke 301 41 262 anzuordnen.
Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich im Verfahren vor dem Bundespatentgericht zur Sache nicht geäußert. Im Verfahren vor der Markenstelle hat er vorgetragen, dass es zahlreiche Immobilienvermittler gebe, die Ballons als Werbeträger nutzten. Er legte zum Beweis dieser Behauptung ein entsprechendes Foto bei. Hinzu komme, dass seine Marke zwei Ballone enthalten, die Widerspruchsmarken nur einen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet.
Der Senat hält die Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke nicht für gegeben.
Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfassten Dienstleistungen ab, wobei von dem Fall eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen ist (BGH GRUR Int 1999, 734 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506 - ATTA-CHÉ/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH aaO - Lloyd; BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1999, 995 - HONKA). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so dass z.B. ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke bzw durch einen höheren Grad der Dienstleistungsähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRspr vgl BGH GRUR 2000, 603 - Cetof/ETOP). Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht zu bejahen.
Nachdem Benutzungsfragen hier nicht einschlägig sind, ist für die Frage der Ähnlichkeit der Dienstleistungen von der Registerlage auszugehen. Die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen liegen hinsichtlich beider Widerspruchsmarken im vorliegenden Fall im engen Ähnlichkeitsbereich bis hin zur Identität.
Die Widersprechende hat im Verfahren vor der Markenstelle bereits behauptet, dass beider Widerspruchsmarken eine erhöhte Kennzeichnungskraft zukomme. Dies hat der Markeninhaber mit Schriftsatz vom 4. Mai 2002 bestritten. Letztlich kann die Frage der erhöhten Kennzeichnungskraft im vorliegenden Fall jedoch dahingestellt bleiben, weil auch bei deren Unterstellung, der zwischen den jeweiligen Marken erforderliche Abstand eingehalten wird.
Der Senat geht zwar davon aus, dass der Gesamteindruck der angegriffenen Marke allein von ihrem Bildbestandteil geprägt wird. Dabei ist von der registrierten Form der Marken auszugehen, wobei es grundsätzlich nicht zulässig ist, aus der angegriffenen Marke ein Element herauszugreifen und es in Übereinstimmung mit der Widerspruchsmarke festzustellen. Dies zwingt indes nicht dazu, die Marken stets mit allen jeweiligen Merkmalen zu vergleichen. Vielmehr kann auch ein Markenbestandteil eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt, in dem er eine eigenständige kennzeichnende Funktion aufweist (vgl Ströbele/Klaka, Markengesetz, 7. Auflage, Rz 367 ff mwN).
Die sich gegenüberstehenden Marken enthalten jeweils Ballone, auf denen sich Schriftzeichen befinden, bei der angegriffenen Marke der Schriftzug "Makler 2000", bei den Widerspruchsmarken der Schriftzug "RE/MAX. Der Bildbestandteil "Ballon" tritt dabei hinsichtlich Größe, Form und Farbgebung derart hervor, dass die jeweiligen Schriftzüge zurücktreten.
Allerdings weisen die Bildelemente so erhebliche Unterschiede auf, dass eine Verwechslungsgefahr nicht zu befürchten ist. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die angegriffene Marke anders als die Widerspruchsmarke zwei Ballone, davon einen im Vordergrund stehend, den anderen sich im Hintergrund befindend, enthält. Die praktisch identischen Darstellungen eines Heißluftballons in den Widerspruchsmarken sind darüber hinaus zweidimensional wirkende Darstellungen. Die Ballondarstellung in der angegriffenen Marke hat dagegen aufgrund der Licht- und Schatteneffekte dreidimensionalen Charakter. Die Perspektive der sich gegenüberstehenden Marken unterscheidet sich ebenfalls; die Darstellung des Ballons in der angegriffenen Marke erfolgt von unten, so dass oberhalb des Passagierkorbs des Ballons im Vordergrund die Ballonöffnung erkennbar ist. Insgesamt ist die konkrete graphische Ausgestaltung beider Marken so unterschiedlich, dass eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden kann.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG aufzuerlegen.
Winkler Richterin Pagenberg ist durch Urlaub verhindert zu unterschreiben.
Winkler Dr. Hock Cl
BPatG:
Beschluss v. 01.03.2005
Az: 33 W (pat) 60/04
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