Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Februar 2003
Aktenzeichen: 27 W (pat) 131/01

(BPatG: Beschluss v. 04.02.2003, Az.: 27 W (pat) 131/01)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Juni 2001 aufgehoben.

2. Der Widerspruch aus der Marke 2 905 754 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Markefür "Tonträger, insbesondere Schallplatten, CDs, DCCs, MDs, MCs, Cartridges, Tonbänder, DAT-Bänder; analoge und digitale Bild-Tonträger, insbesondere Laser Discs, Videocassetten, bespielte Normalfilme, CD-Is, CD-Vs, Enhanced CDs, CD-ROMs und DVDs" ist Widerspruch eingelegt aus der prioritätsälteren Wortmarke KOSMOS eingetragen unter der Nr 2 905 754 für "wissenschaftliche Apparate und Instrumente für die Forschung in Laboratorien, für Lehr- und Unterrichtszwecke und zum Selbststudium; elektrotechnische und elektronische Apparate und Instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; fotografische, optische, Wäge-, Meß-, Kontroll- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Mikrophone, Lautsprecher und Sprechmaschinen; Datenverarbeitungsgeräte und -anlagen, Einzelteile der vorgenannten Anlagen, Apparate und Instrumente, Zubehör für die vorgenannten Anlagen, Apparate und Instrumente, nämlich Kabel, Stecker, Schalter; Disketten, CDs, bespielte und unbespielte Träger von Bild, Ton und Software, insbesondere Filme, Magnetbänder, Videobänder; Laufwerke aller Art; Computerprogramme, basierend auf Windows; elektronische Anleitungsbücher für Physik, Mechanik, Chemie, Biologie, Optik; Videobänder und Filme, Cassetten, CD-ROMs; Lehr- und Unterrichtsmittel in Form von Druckereierzeugnissen, Wandbildern, Spielen und Lehrspielzeugen; Lichtbilderzeugnisse, nämlich Fotografien, Dias, Filme; Druckereierzeugnisse; Spielkarten; Buchstaben; Bücher; Zeitschriften; Spiele, Spielzeug; Erstellen von Programmen aller Art für die Datenverarbeitung und von Updates im Computerbereich".

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss eines Beamten des höheren Dienstes aufgrund des Widerspruchs die Löschung der Eintragung der jüngeren Marke angeordnet. Zwischen den Waren der angegriffenen Marke und den im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltenen Waren "Disketten, CDs, bespielte und unbespielte Träger von Bild, Ton und Software, insbesondere Filme, Magnetbänder, Videobänder" bestehe Identität bzw hochgradige Ähnlichkeit. Zumindest für einen nicht unbeachtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise seien die Marken in klanglicher Hinsicht identisch, weil dieser Teil den Bestandteil "COSMOS" in der jüngeren Marke als prägend ansehe. Denn das Wort "inside" nehme in der angegriffenen Marke nur eine optisch untergeordnete Stellung ein.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie meint, die einander gegenüberstehenden Marken seien in ihrem jeweiligen Gesamteindruck deutlich unterschiedlich. Die Waren der angegriffenen Marke seien Tonträger mit klassischer und Unterhaltungsmusik und richteten sich ausschließlich an Musikfreunde. Dagegen handele es sich bei den entsprechenden Waren der Widerspruchsmarke um Einzelkomponenten aus einem ganzen Sortiment von wissenschaftlichen Apparaten und Instrumenten für die Forschung in Laboratorien, für Lehr- und Unterrichtszwecke und zum Selbststudium auf den Bereichen Physik, Mechanik, Chemie, Biologie und Optik. Tonträger seien vom Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke nur als Teil der geschützten technischen Lehrmittel erfaßt.

Die Widersprechende begehrt die Zurückweisung des Widerspruchs und führt hierzu aus, in Anbetracht der im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke entsprechend der Systematik der amtlichen Klasseneinteilung enthaltenen Trennung der einzelnen Waren und Dienstleistungen voneinander teils durch Komma und teils durch Semikolon könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Widerspruchsmarke Disketten, CD's und bespielte und unbespielte Träger von Bild und Ton als solche und nicht lediglich als Zubehör zu anderen Waren erfasse. Die jüngere Marke halte den aufgrund teilweiser Warenidentität erforderlichen weiten Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein. In der angegriffenen Marke sei die Bezeichnung "inside" kleingeschrieben und deutlich von dem großgeschriebenen Bestandteil "COSMOS" abgesetzt. Es liege nahe anzunehmen, dass die angesprochenen Verkehrskreise die jüngere Marke mit "COSMOS" bezeichnen würden. Es stünden sich mithin "COSMOS" und "KOSMOS" gegenüber. Die jeweils betroffenen Waren würden von allen Verkehrskreisen erworben; die Vertriebswege seien identisch, die Waren würden jeweils in denselben Abteilungen von Kaufhäusern und in denselben Fachgeschäften angeboten.

Gegen die Widerspruchsmarke wurde von dritter Seite ein Löschungsverfahren nach § 50 Abs 1 Nr 3 in Verbindung mit § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG eingeleitet, das zu einem Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Dezember 2001 führte, in dem die Löschung für alle Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der Waren "Mikrophone, Lautsprecher und Sprechmaschinen; Datenverarbeitungsgeräte und -anlagen, Einzelteile der vorgenannten Anlagen, Apparate und Instrumente, Zubehör für die vorgenannten Anlagen, Apparate und Instrumente, nämlich Kabel, Stecker, Schalter; unbespielte Träger von Bild, Ton und Software, insbesondere Filme, Magnetbänder, Videobänder; Laufwerke aller Art; Buchstaben". Gegen diesen Beschluss hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Denn die jüngere Marke hält zur Widerspruchsmarke auch unter Berücksichtigung bestehender Warenidentität einen die Gefahr von Verwechslungen mit ausreichender Sicherheit ausschließenden Abstand ein, so dass die Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht vorliegen. Auf die Frage, welche Waren nach dem rechtskräftigen Abschluß des anderweitigen Löschungsverfahrens noch im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthalten sein werden, kam es daher nicht an.

Die Gefahr von Verwechslungen ist von mehreren Komponenten abhängig, die miteinander in Wechselbeziehung stehen, und zwar insbesondere von der Ähnlichkeit oder Identität der Marken, der Ähnlichkeit oder Identität der von ihnen erfassten Waren und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der betreffenden Waren unterschiedlich hoch sein kann (EuGH MarkenR 1999 aaO, RdNr 26).

Das Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthält ua "Disketten, CDs, bespielte und unbespielte Träger von Bild, Ton und Software, insbesondere Filme, Magnetbänder, Videobänder" sowie "Videobänder und Filme, Cassetten, CD-ROMs", wobei - wie sich aus der Formulierung des maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ersehen lässt - diese Waren als solche und nicht nur als Teile anderer Waren Schutz genießen. Die angegriffene Marke beansprucht verschiedene Ton- und Bild-Tonträger, so dass einander identische Waren gegenüberstehen. Insoweit kommt es entgegen der Ansicht der Inhaberin der angegriffenen Marke auf die Registerlage an und nicht auf die Frage, mit welcher Art von Inhalten die entsprechenden Waren tatsächlich angeboten werden.

Die Frage, ob die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für den Bereich der bespielten Träger von Bild, Ton und Software" als normal eingestuft werden kann, wie von der Markenstelle angenommen, kann hier dahingestellt bleiben. Selbst wenn - ungeachtet der vom Patentamt für diese Waren angeordneten teilweisen Löschung der Widerspruchsmarke wegen eines Freihaltungsbedürfnisses als beschreibende Angabe - eine normale Kennzeichnungskraft unterstellt und auch die Warenidentität berücksichtigt wird, hält die jüngere Marke den erforderlichen weiten Abstand zu der Widerspruchsmarke ein.

In optischer Hinsicht ist dies offensichtlich; weder der weitere Wortbestandteil "inside" noch die graphische Ausgestaltung hat in der Widerspruchsmarke eine Entsprechung. In klanglicher und begrifflicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass die Wortfolge "inside COSMOS" einen einheitlichen, von dem Wort "KOSMOS" abweichenden Gesamtbegriff im Sinne von "innen im Cosmos" bildet, der von den angesprochenen Verbrauchern nicht auseinander gerissen werden wird, zumal beide Wörter relativ kurz und leicht auszusprechen und zu merken sind. Der Gefahr von Verwechslungen wirkt weiter entgegen, dass bei zunächst optischer Aufnahme und nachfolgender sprachlicher Wiedergabe auch noch die kreisförmige Umrahmung der Wortbestandteile sowohl den Begriffsinhalt wie auch dessen Einheitlichkeit unterstreicht (vgl auch BGH GRUR 1999, 241 - Lions).

Nach alledem ist mit Verwechslungen jedenfalls in markenrechtlich relevantem Umfang nicht zu rechnen. Auf die Beschwerde war daher der angefochtene Beschluss aufzuheben.

Hinsichtlich der Kosten verbleibt es bei der Regel des § 71 Abs 1 S 2 MarkenG. Gründe, hiervon abzuweichen, sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Dr. Schermer Schwarz Friehe-Wich Pü






BPatG:
Beschluss v. 04.02.2003
Az: 27 W (pat) 131/01


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