Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. August 2007
Aktenzeichen: 9 W (pat) 309/05

(BPatG: Beschluss v. 06.08.2007, Az.: 9 W (pat) 309/05)

Tenor

Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 12,

- Beschreibung Seiten 2, 3 und 5, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung als Hilfsantrag 5

- Beschreibung Seite 4 und Zeichnungen Figuren 1 bis 6, jeweils nach Patentschrift.

Gründe

I.

Gegen das am 9. Juli 2003 angemeldete und am 26. August 2004 veröffentlichte Patent mit der Bezeichnung

"Luftführungselement für ein Kraftfahrzeug"

ist von der B... GmbH & Co. KG Einspruch erhoben worden.

Die Einsprechende hält das streitpatentgemäße Luftführungselement für nicht neu, zumindest durch den Stand der Technik nahe gelegt und verweist dazu in der mündlichen Verhandlung auf folgende Dokumente:

- DE 91 00 514 U1

- DE 33 02 363 A1

- DE-OS 2 326 499

- Dubbel "Taschenbuch für den Maschinenbau" 15. Auflage 1986, Seiten 677, 678 (nachfolgend bezeichnet mit "Dubbel")

- Kurtze, G. "Physik und Technik der Lärmbekämpfung" 2. Auflage 1974, Seiten 409-411 (nachfolgend bezeichnet mit "Lärmbekämpfung")

- DE 29 08 931 A1

- DE 198 08 933 A1

- EP 0 373 135 B1

- EP 1 321 554 A1.

Sie zieht außerdem einen in der Streitpatentschrift als offenkundig vorbenutzt bezeichneten PET-Vliesstoff mit der Handelsbezeichnung "sawaform" in Betracht (Streitpatentschrift Seite 3, Absatz 0028).

Schriftsätzlich hat die Einsprechende noch auf die im Prüfungsverfahren berücksichtigten Druckschriften hingewiesen:

- DE 38 30 346 C2

- DE 197 30 922 A1

- DE 37 25 147 A1

- DE 78 27 573 U1

- US 3 374 856 Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

- Patentansprüche 1 bis 13 und Beschreibung Seiten 2 und 3, jeweils eingegangen am 12. August 2005,

- Beschreibung Seiten 4 und 5 und Zeichnungen Figuren 1 bis 6, jeweils nach Patentschrift;

hilfsweise - Patentansprüche 1 bis 12, Beschreibung Seiten 2 und 3, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung als Hilfsantrag 1,

- Beschreibung Seiten 4 und 5 sowie Zeichnungen Figuren 1 bis 6, jeweils nach Patentschrift;

weiter hilfsweise - Patentansprüche 1 bis 13, Beschreibung Seiten 2, 3 und 5, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung als Hilfsantrag 2,

- Beschreibung Seite 4 sowie Zeichnungen Figuren 1 bis 6, jeweils nach Patentschrift;

weiter hilfsweise - Patentansprüche 1 bis 13, Beschreibung Seiten 2, 3 und 5, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung als Hilfsantrag 3,

- im Übrigen Beschreibung und Zeichnungen wie Hilfsantrag 2;

weiter hilfsweise - Patentansprüche 1 bis 13, Beschreibung Seiten 2, 3 und 5, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung als Hilfsantrag 4,

- im Übrigen Beschreibung und Zeichnungen wie Hilfsantrag 2;

weiter hilfsweise - Patentansprüche 1 bis 12, Beschreibung Seiten 2, 3 und 5, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung als Hilfsantrag 5,

- im Übrigen Beschreibung und Zeichnung wie Hilfsantrag 2.

Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag (HA) lautet:

"Luftführungselement (1) für ein Kraftfahrzeug,

- mit einem rohrförmigen Grundkörper (2), dessen Innenwand (3) einen Luftkanal vorgibt,

- mit mindestens einem schallabsorbierenden Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17), der so am Grundkörper (2) gehaltert ist, dass Luft, welche im Grundkörper (2) entlang des Luftkanals strömt, an mindestens einer Wand (6) des Zusatzkörpers (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) entlang strömt,

- wobei der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) als Flächenelement ausgebildet ist, dessen Wände (6) dem Luftkanal folgend ausgerichtet sind, wobei - der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) so ausgestaltet ist, dass auf Höhe des Zusatzkörpers (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) die Luft an mindestens einer Wand (6) des Zusatzkörpers (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) und zudem an einer weiteren, den Luftkanal vorgebenden Wand (3) entlang strömt, dadurch gekennzeichnet, dass der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) eine selbsttragende Struktur aus schallabsorbierendem Material hat."

Diesem Patentanspruch 1 sowie einem nebengeordneten Patentanspruch 2 schließen sich rückbezogene Patentansprüche 3 bis 13 an.

Die jeweils als einziger selbständiger Patentanspruch formulierten Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 5 haben mit Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag den gleichen Oberbegriff (s. o.) und lauten in ihrem jeweiligen kennzeichnenden Teil wie folgt:

Hilfsantrag 1 (H1)

"dadurch gekennzeichnet, dass - der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12) eine selbsttragende Struktur aus schallabsorbierendem Material hat,

- wobei der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) als PET-Vlies ausgebildet ist."

Hilfsantrag 2 (H2)

"dadurch gekennzeichnet, dass - der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) als PET-Vlies ausgebildet ist,

- der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) eine Stärke im Bereich zwischen 3 und 10 mm hat."

Hilfsantrag 3 (H3)

"dadurch gekennzeichnet, dass - der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) als PET-Vlies ausgebildet ist,

- der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) eine Stärke im Bereich zwischen 3 und 10 mm hat,

- der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) ein Flächengewicht im Bereich zwischen 800 und 1000 g/m2 hat."

Hilfsantrag 4 (H4)

"dadurch gekennzeichnet, dass - der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) als PET-Vlies ausgebildet ist,

- der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) eine Stärke im Bereich zwischen 3 und 10 mm hat,

- der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) ein Flächengewicht im Bereich zwischen 800 und 1000 g/m2 hat,

- wobei der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12; 12, 16; 17) derart ausgebildet ist, dass sich für typische auftretende Schallfrequenzen eine Reduktion der vom Grundkörper (2) ausgehenden Schallemission im Vergleich zum Grundkörper (2) ohne Zusatzkörper (5) von typischerweise 5 dB (A) oder mehr ergibt."

Hilfsantrag 5 (H5)

"dadurch gekennzeichnet, dass - der Zusatzkörper (5; 7; 8; 11; 12) eine selbsttragende Struktur aus schallabsorbierendem Material hat,

- der Grundkörper (2) einen mehreckigen Querschnitt aufweist, wobei der Zusatzkörper (5) zwischen einander diagonal gegenüberliegenden Ecken des Grundkörpers eingeführt und gehaltert ist."

Diesen Patentansprüchen 1 nach den Hilfsanträgen schließen sich Unteransprüche 2 bis 12 (Hilfsanträge 1, 5) bzw. Unteransprüche 2 bis 13 (Hilfsanträge 2 bis 4) an.

Die Patentinhaberin ist der Meinung, die Luftführungselemente nach dem Hauptantrag sowie das Luftführungselement nach dem jeweiligen Hilfsantrag seien gegenüber dem aufgedeckten Stand der Technik patentfähig. Sie bestreitet die in der Streitpatentschrift dargestellte offenkundige Vorbenutzung mit Nichtwissen insoweit, als der dort bezeichnete PET-Vliesstoff in verfestigter und thermisch verpresster Struktur vorgelegen habe und zur Schallabsorption verwendet worden sei.

II.

Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ist durch § 147 Abs. 3 Satz 1 PatG a. F. begründet.

1. Der Einspruch ist zulässig. Er hat teilweise Erfolg durch eine Beschränkung des Patents.

2. Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 5 2.1 Das Patent betrifft nach Haupt- und Hilfsanträgen ein Luftführungselement für ein Kraftfahrzeug.

In der dem jeweiligen Antrag zugeordneten geltenden Beschreibungseinleitung ist ein Luftführungselement nach der DE 33 02 363 A1 als gattungbildender Stand der Technik angegeben.

Das dem Patent zugrundeliegende und mit der für Haupt- und Hilfsanträge inhaltsgleichen Aufgabe formulierte technische Problem besteht darin, ein Luftführungselement dieser Art derart weiterzubilden, dass es kostengünstig hergestellt werden kann, wobei gleichzeitig eine hohe Montagefreundlichkeit des Luftführungselements erzielt werden soll und keine wesentlichen Leckluftströme auftreten sollen.

Dieses Problem soll durch das Luftführungselement mit den in den Patentansprüchen 1 und 2 nach Hauptantrag sowie durch das Luftführungselement mit den in den jeweiligen Patentansprüchen 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 5 angegebenen Merkmalen gelöst werden.

2.2 Als Durchschnittsfachmann nimmt der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau an, der bei einem Kraftfahrzeughersteller/-zulieferer mit der Entwicklung von schallmindernden Maßnahmen an luft-/gasführenden Kanälen befasst ist und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt.

3. Zum Hauptantrag (HA)

Das Luftführungselement nach dem Patentanspruch 1 ist nicht neu.

Zur Erleichterung von Bezugnahmen ist Patentanspruch 1 nachstehend in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben:

1. Luftführungselement für ein Kraftfahrzeug, 2. das Luftführungselement weist einen rohrförmigen Grundkörper auf, dessen Innenwand einen Luftkanal vorgibt, 3. das Luftführungselement weist mindestens einen schallabsorbierenden Zusatzkörper auf, 4. der Zusatzkörper ist so am Grundkörper gehaltert, dass Luft, welche im Grundkörper entlang des Luftkanals strömt, an mindestens einer Wand des Zusatzkörpers entlang strömt, 5. der Zusatzkörper ist als Flächenelement ausgebildet, 6. die Wände des Flächenelements sind dem Luftkanal folgend ausgerichtet, 7. der Zusatzkörper ist so ausgestaltet, dass auf Höhe des Zusatzkörpers die Luft an mindestens einer Wand des Zusatzkörpers und zudem an einer weiteren, den Luftkanal vorgebenden Wand entlang strömt,

- Oberbegriff -

8/HA. der Zusatzkörper hat eine selbsttragende Struktur, 9/HA. die Struktur ist aus schallabsorbierendem Material.

- Kennzeichen -

Aus der DE 91 00 514 U1 ist ein Luftführungselement für ein Kraftfahrzeug bekannt (Seite 1, Zeilen 1, 2), das einen Grundkörper aufweist, der rohrförmig gestaltet ist (vgl. die hier wiedergegebene Figur 4; auch Seite 2, Zeilen 31-35) und dessen Innenwand einen Luftkanal vorgibt (o.g. Merkmale 1, 2). Ein schallabsorbierender Zuatzkörper 9/10 (Dämmteil 7; Seite 3, Zeilen 6, 7) ist so am Grundkörper gehaltert, dass im Grundkörper entlang des Luftkanals strömende Luft (Strömungsrichtung S) an einer Wand des Zusatzkörpers entlangströmt (vgl. Figur 4; Merkmale 3, 4). Der Zusatzkörper 9/10 bildet ein Flächenelement im Sinne des o. g. Merkmals 5. Denn unter "als Flächenelement ausgebildeter Körper" ist unwidersprochen ein dreidimensionales Gebilde zu verstehen, dessen größte Körperabmessung (d1) in einer ersten Richtung klein ist gegenüber der jeweiligen Körperabmessung in den beiden anderen zueinander und zu der ersten Richtung orthogonalen Richtungen. Diese Bedingung trifft hier uneingeschränkt zu (Figuren 1, 2 i. V. m. Figuren 4, 5). Wie weiter aus Figur 4 ersichtlich, sind die Wände des Flächenelements dem Luftkanal folgend ausgerichtet, wobei die Luft auf Höhe des Zusatzkörpers an einer Wand desselben und zudem an einer weiteren, den Luftkanal vorgebenden Wand entlangströmt (Merkmale 6, 7).

Das aus der DE 91 00 514 U1 bekannte Luftführungselement weist somit die im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 angegebene Merkmalskombination mit den Merkmalen 1-7 auf.

Der Zusatzkörper des vorbekannten Luftführungselements hat darüber hinaus auch eine selbsttragende Struktur, welche aus schallabsorbierendem Material besteht (Merkmale 8/HA, 9/HA).

"Selbsttragend" bedeutet hier, dass der Zusatzkörper der Beanspruchung aus Eigengewicht und betrieblicher Belastung ohne zusätzliche Stützmittel standzuhalten vermag. Lediglich zum Festhalten in der vorgesehenen Position am Grundkörper bedarf er der Verbindung mit demselben (vgl. auch Streitpatentschrift Absatz 0035; erteilter Anspruch 5). Dass die Struktur des aus der DE 91 00 514 U1 vorbekannten Zusatzkörpers diese Eigenschaft besitzt, ersieht der Fachmann schon aus der Art seiner Integration in den Grundkörper. Denn der Zusatzkörper soll Wandbereiche eines formstabilen Kunststoffkörpers ersetzen. Die entsprechenden Wandbereiche des Kanalkörpers sind dabei entfernt, der Zusatzkörper kann "einfach von außen aufgesetzt" werden und das Luftführungselement zu einem vollständigen Kanalkörper ergänzen (Seite 2, 2. Absatz). Hinzu kommt, dass der Zusatzkörper als Formteil aus einem thermoplastischen Schaumstoff bestehen soll (Seite 3, Zeilen 22, 23) und somit ohne über betriebsbedingte hinausgehende Wärmezufuhr in seiner Form an sich nicht änderbar ist. Mit der sich aus der Kombination der Ansprüche 1 und 11 ergebenden Ausgestaltung ist der Zusatzkörper zudem lediglich entlang einer Randkante 16 über eine Einschubleiste 17 am Grundkörper klemmgehaltert (vgl. Figur 4). Weitere Stützmittel sind in dieser Kombination nicht gefordert. Demnach ist der aufgesetzte Zusatzkörper lediglich zur Fixierung seiner Position am Grundkörper befestigt. Da er selbstverständlich unter den betriebsbedingten Belastungen die ihm als Formteil vorgegebene Form beibehalten muss, ist er als selbsttragend im dargelegten Sinne anzusehen. Die somit selbstragende Struktur (Merkmal 8/HA) besteht überdies aus schallabsorbierendem Material (Merkmal 9/HA), denn in dem aus Schaumstoff bestehenden Zusatzkörper wird der Schall "geschluckt" (Seite 3, Zeilen 6, 7).

Das Luftführungselement nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist demnach mit allen Merkmalen aus der DE 91 00 514 U1 bekannt.

Mit dem Patentanspruch 1 fallen der nebengeordnete Patentanspruch 2 sowie die rückbezogenen Patentansprüche 3 bis 13, da über einen Antrag immer nur in seiner Gesamtheit entschieden werden kann (BGH GRUR 1997, 120 ff, "Elektrisches Speicherheizgerät").

4. Zum Hilfsantrag 1 (H1)

Das Luftführungselement nach dem Patentanspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das hier beanspruchte Luftführungselement weist alle Merkmale des Luftführungselements nach dem Hauptantrag auf, wobei zusätzlich 10/H1. der Zusatzkörper als PET-Vlies ausgebildet ist.

Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird im Hinblick auf die mit der nach dem Hauptantrag übereinstimmende Ausgestaltung (Merkmale 1-7, 8/Ha, 9/HA) auf die diesbezüglichen obenstehenden Ausführungen verwiesen.

Die Verwendung von PET-Vliesen als schallabsorbierende Bauelemente ist dem Fachmann am Anmeldetage bekannt gewesen. Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin hat der hier zuständige Fachmann nämlich durchaus Veranlassung zur Einbeziehung des Standes der Technik nach der DE 198 08 933 A1, die ein faserförmiges akustisches Material zur Verminderung der Geräuschübertragung und ein Verfahren zu seiner Herstellung offenbart. Denn er ist in seiner täglichen Arbeit mit der Entwicklung von schallmindernden Maßnahmen an luft-/gasführenden Kanälen im Kraftfahrzeugbau befasst (vgl. obenstehende Definition des Fachmanns) und weiß daher, dass es bei der Schallminderung maßgeblich auf die Materialien der schallabsorbierenden Bauelemente ankommt. Es ist für ihn daher unerlässlich, die Entwicklung auf dem Gebiet der Schalldämm-Materialien unter ständiger Beobachtung zu halten und den dort stattfindenden Fortschritt wo immer möglich in seine eigenen Entwicklungen zu übernehmen.

Gemäß der DE 198 08 933 A1 wird eine Mischung von aufeinandergestapelten Fasern durch Komprimieren und Erhitzen zu einem faserförmigen akustischen Material verarbeitet (Ansprüche 12, 13, 14, 18). Dabei handelt es sich - entgegen der Bezeichnung "Gewebe" in Anspruch 12 - nicht um ein Gewebe im streng technischen Sinne, sondern um einen Vliesstoff. Das Material ist anhand der in Anspruch 12 angegebenen Herstellungsschritte deswegen als Vliesstoff identifizierbar, weil ein Verweben von Fasern bzw. Fäden nicht stattfindet. Vielmehr sind die angegebenen Verfahrensschritte "Aufeinanderstapeln", "Komprimieren" und "Erhitzen" typisch für die Herstellung eines synthetischen Vliesstoffes. Dieses somit einem Vliesstoff entsprechende Material wird aus drei unterschiedlichen Faserarten, die jeweils aus Polyethylenterephtalat (PET) bestehen, hergestellt (Anspruch 18). Es handelt sich somit um einen PET-Vliesstoff, der als thermoplastischer Kunststoff je nach konkreter Zusammensetzung und Herstellweise auch - zumindest für Beanspruchungen im Rahmen der streitpatentgemäßen Verwendung - eine selbsttragende Struktur bilden kann, die an sich nur bei oberhalb der betriebsbedingten Temperatur verformbar ist. Diese Möglichkeit ist dem Fachmann aufgrund seines technischen Allgemeinwissens bewusst. Er zieht daher den in der DE 198 08 933 A1 beschriebenen Vliesstoff als geeignetes Material für ein selbstragendes Dämmteil nach Art der DE 91 00 514 U1 in Betracht, zumal in der DE 198 08 933 A1 ausdrücklich auf die Vorteile verbesserter akustischer Eigenschaften, geringen Gewichtes, der Beständigkeit gegen Kompressionskräfte sowie der leichten und wirtschaftlichen Herstellbarkeit hingewiesen ist (Seite 2, Zeilen 28-30).

Dem Fachmann ist deshalb die Verwendung eines PET-Vliesstoffes gemäß der DE 198 08 933 A1 als selbsttragender Zusatzkörper bei einem Luftführungselement nach Art der DE 91 00 514 U1 nahegelegt (Merkmal 10/H1). Durch eine derartige Verknüpfung ergibt sich ohne Weiteres der Gegenstand des Patentanspruchs 1.

Die Patentansprüche 2 bis 12 fallen mit dem in Bezug genommenen Patentanspruch 1.

5. Zum Hilfsantrag 2 (H2)

Das Luftführungselement nach dem Patentanspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das hier beanspruchte Luftführungselement weist über die im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag genannten Merkmale 1-7 (s. o.) hinaus folgende weiteren Merkmale auf :

8/H2. der Zusatzkörper ist als PET-Vlies ausgebildet, 9/H2 der Zusatzkörper hat eine Stärke im Bereich zwischen 3 und 10 mm.

Das Merkmal 8/H2 entspricht dem Merkmal 10/H1 nach Hilfsantrag 1. Zur übereinstimmenden Ausgestaltung mit dem Luftführungselement nach dem Hauptantrag (Merkmale 1-7) bzw. nach dem Hilfsantrag 1 (Merkmal 10/H1) wird auf die diesbezüglichen obenstehenden Ausführungen verwiesen. Demnach ist die Kombination aus diesen Merkmalen für den Fachmann naheliegend.

Der in o.g. Merkmal 9/H2 angegebene Bereich der Stärke des Vliesstoffes ist dem Fachmann durch die DE 198 08 933 A1 nahegelegt. Dort sind für verschiedene Parameter des zur Geräuschminderung geeigneten akustischen Materials - u. a. für dessen Dicke - Bereichsgrenzen angegeben. Ausgehend davon müssen in einem speziellen Anwendungsfall aus den angegebenen Bereichen konkrete Werte bestimmt und miteinander kombiniert werden, was die DE 198 08 933 A1 auf diese Weise ausdrücklich in das Ermessen des Fachmanns stellt. Sie gibt diesem mit den angegebenen Parameterbereichen zur Erzeugung eines schallabsorbierenden Materials aber die entscheidende Richtung vor.

Konkret ist in der DE 198 08 933 A1 für das faserförmige akustische Material eine Dicke von 2 bis 80 mm angegeben (Seite 2, Zeile 54). Der in Merkmal 9/H2 des hier in Rede stehenden Patentanspruchs 1 angegebene engere Bereich von 3 bis 10 mm ist davon umfasst und daher als mitoffenbart anzusehen (Schulte PatG 7. Auflage § 3 Rdn. 105). Dieser für die hier spezielle Anwendung geeignete Bereich ergibt sich dem Fachmann nicht etwa erst - wie die Patentinhaberin meint - durch unzumutbar aufwendige Ermittlungen. Vielmehr stellt besagte spezielle Anwendung (Schallabsorption im Luftführungskanal einer Kfz-Klimaanlage) klare Randbedingungen, die die Dicke des Zusatzkörpers für den Fachmann auf einfach erkennbare Weise "eingrenzen". Eine wesentliche Randbedingung ist dabei die Forderung nach möglichst geringer Strömungsquerschnittsminderung im Kanal. Angesichts dessen Überlegungen zur Eingrenzung des vorbekannten Dickenbereiches auf den streitpatentgemäßen Bereich anzustellen (Merkmal 9/H2), geht nicht hinaus über die typischen Fähigkeiten, die den Fachmann erst als solchen ausmachen. Einer erfinderischen Tätigkeit bedarf es dazu jedenfalls nicht.

Mit dem Patentanspruch 1 fallen die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 13.

6. Zum Hilfsantrag 3 (H3)

Das Luftführungselement nach dem Patentanspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 3 fügt dem Luftführungselement nach dem Hilfsantrag 2 das kennzeichnende Merkmal hinzu, dass 10/H3. der Zusatzkörper ein Flächengewicht im Bereich zwischen 800 und 1000 g/m2 hat.

Zu der mit Hilfsantrag 2 übereinstimmenden Ausgestaltung nach den Merkmalen 1-7 und 8/H2, 9/H2 wird auf die diesbezüglichen obenstehenden Ausführungen verwiesen.

Das in Merkmal 10/H3 angegebene Flächengewicht des Zusatzkörpers ist ebenfalls von der Offenbarung der DE 198 08 933 A1 umfasst. Für den bekannten Vliesstoff ist eine Dichte von 0.01 - 0.8 g/cm3 angegeben (Seite 2, Zeile 44). Ermittelt man mit Hilfe dieser Werte das Flächengewicht des bekannten Materials für eine Dicke nach dem streitpatentgemäßen Bereich (Merkmal 9/H2), so ergibt sich für den vorbekannten Vliesstoff ein Flächengewicht von 30 - 8000 g/m2 (bei 3 mm Dicke hat eine Matte mit einer Fläche von 1 m2 ein Volumen von 100 x 100 x 0.3 cm3/m2 = 3000 cm3/m2, bei einer Dicke von 10 mm ein Volumen von 100 x 100 x 1.0 cm3/m2 = 10.000 cm3/m2; das ergibt multipliziert mit den in der DE 198 08 933 A1 angegebenen Dichte-Werten den oben angegebenen Bereich für das Flächengewicht). Demnach weist das in Patentanspruch 1 definierte PET-Vlies ein Flächengewicht auf, das innerhalb des von der DE 198 08 933 A1 angegebenen Bereiches liegt und daher als offenbart anzusehen ist. Im Übrigen wird zur Auswahl des streitpatentgemäßen konkreten Teilbereichs des Flächengewichts (Merkmal 10/H3) auf die obenstehenden Ausführungen zum Hilfsantrag 2 verwiesen, wonach der Fachmann anhand anwendungsbezogener Randbedingungen (hier z. B. geringe Querschnittsminderung, geringes Gewicht) diese Auswahl ohne erfinderische Tätigkeit trifft.

Mit dem Patentanspruch 1 fallen die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 13.

7. Zum Hilfsantrag 4 (H4)

Das Luftführungselement nach dem Patentanspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das Luftführungselement nach dem Hilfsantrag 4 weist alle Merkmale des Luftführungselements nach dem Hilfsantrag 3 auf, wobei zusätzlich 11/H4. der Zusatzkörper derart ausgebildet ist, dass sich für typisch auftretende Schallfrequenzen eine Reduktion der vom Grundkörper ausgehenden Schallemission im Vergleich zum Grundkörper ohne Zusatzkörper von typischerweise 5 dB (A) oder mehr ergibt.

Zu der mit Hilfsantrag 3 übereinstimmenden Ausgestaltung nach den Merkmalen 1-7, 8/H2, 9/H2, 10/H3 wird auf die obenstehenden Ausführungen verwiesen.

Das zusätzliche Merkmal 11/H4 enthält die Anforderungen hinsichtlich der schallreduzierenden Wirkung des Zusatzkörpers. Diese Anforderungen sind dem hier zuständigen Fachmann selbstverständlich bekannt. Denn durch seine alltägliche Arbeit auf dem Gebiet der Geräuschdämmung in Luftführungskanälen für Kraftfahrzeuge kennt er sowohl die dort typischerweise auftretenden Schallfrequenzen als auch die damit verbundene Schallemission des Kanalkörpers ohne Zusatzkörper. Auch weiß er, welches Niveau an Geräuschemission überhaupt zumutbar bzw. zulässig ist. Daraus ergibt sich ihm das notwendige Mindestmaß für die durch den Zusatzkörper zu fordernde Reduktion der Schallemission (Merkmal 11/H4), nämlich aus der Differenz von ungeminderter und geforderter geminderter Schallemission. Überdies weiß er aus der DE 198 08 933 A1, dass die schallabsorbierende Wirkung durch Variation von Zusammensetzung und Herstellbedingungen des akustischen Materials beeinflussbar ist (Tabelle Seite 10, Spalte "Schall-Absorptionskoeffizient"). Außerdem ist ihm bewusst, dass die typischerweise erforderliche Reduktion keine extremen Werte der Schallminderung verlangt. Er hält daher das vorbekannte akustische Material auch für auf diese Werte einstellbar. Insofern vermag das Merkmal 11/H4 eine erfinderische Tätigkeit ebenfalls nicht zu begründen.

Mit dem Patentanspruch 1 fallen die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 13.

8. Zum Hilfsantrag 5 (H5)

Das Luftführungselement nach dem Patentanspruch 1 ist patentfähig.

Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 5 fügt dem Luftführungselement nach dem Hauptantrag (Merkmale 1-7, 8/HA, 9/HA) das kennzeichnende Merkmal hinzu, dass 10/H5. der Grundkörper einen mehreckigen Querschnitt aufweist, wobei der Zusatzkörper zwischen einander diagonal gegenüberliegenden Ecken des Grundkörpers eingeführt und gehaltert ist.

8.1 Die Patentansprüche 1 bis 12 sind zulässig.

Der geltende Patentanspruch 1 ergibt sich aus einer Zusammenfassung der erteilten Patentansprüche 1, 2 und 4 i. V. m. Angaben aus der Beschreibung der Patentschrift (Absätze 0027/0028). Die ursprünglichen Unterlagen offenbaren den entsprechenden Gegenstand in den Patentansprüchen 1, 2 und 4 zusammen mit Passagen aus der Beschreibung (Seite 5, Zeilen 3 bis 7).

Die geltenden Patentansprüche 2 bis 12 stimmen mit den erteilten und ursprünglichen Patentansprüchen 3 und 5-14 überein.

8.2 Das ohne Zweifel gewerblich anwendbare Luftführungselement nach dem Patentanspruch 1 ist neu.

Weder aus einer der in Betracht gezogenen Dokumente noch aus der eventuell stattgefundenen Vorbenutzung des PET-Vliesstoffes "sawaform" ist ein Luftführungselement mit allen in Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen bekannt. Insbesondere ist es nicht bekannt, den Zusatzkörper zwischen diagonal gegenüberliegenden Ecken eines mehreckigen Grundkörpers einzuführen und zu haltern.

Gegenteiliges hat die Einsprechende auch nicht geltend gemacht.

Das Luftführungselement nach dem Patentanspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dem beanspruchten Luftführungselement im Hinblick auf die Anordnung des Zusatzkörpers gemäß Merkmal 10/H5 am nächsten kommen diejenigen vorbekannten Luftführungselemente, bei denen die den Luftführungskanal durchströmende Luft den Zusatzkörper an seinen beiden gegenüberliegenden Seitenflächen umströmt.

So zeigt die DE-OS 2 326 499 einen Schalldämpfer mit rechteckigem Grundkörper (Schalldämpfer-Außenmantel 1), in den Schallschluck-Kulissen 2 eingesetzt sind. Die Schallschluck-Kulissen sind mit ihren Absorptionsflächen parallel zu gegenüberliegenden Seitenwänden des Grundkörpers ausgerichtet und mit ihren in Strömungsrichtung verlaufenden Schmalseiten an den zu den Absorptionsflächen senkrechten Seitenwänden angebracht. Bei einer solchen Anordnung kann - bezogen auf den rechteckigen Querschnitt - die in einem Querschnitt normal zur Strömungsrichtung gesehene Länge der Absorptionswand des Schalldämm-Körpers die Höhe der parallel zur Absorptionswand verlaufenden Grundkörper-Wandung nicht überschreiten. Im Gegensatz dazu ermöglicht die streitpatentgemäße diagonale Anordnung in demselben Querschnitt eine Länge des Zusatzkörpers, die größer ist als die benachbarten Grundkörper-Wandungen (vgl. streitpatentgemäße Figur 1). Dadurch wird bei gleichem Kanalquerschnitt (normal zur Strömungsrichtung) und gleicher Zusatzkörperlänge (in Strömungsrichtung gesehen) eine größere Absorptionsfläche und somit eine verbesserte Geräuschdämmung ermöglicht. Auch bedarf es bei der streitpatentgemäßen Halterung des Zusatzkörpers in diagonal gegenüberliegenden Ecken weniger aufwändigen Maßnahmen zur Befestigung des Zusatzkörpers als bei der vorbekannten Halterung an gegenüberliegenden glatten Wandflächen. Zwingend notwendig ist bei dieser nämlich eine Arretierung des Zusatzkörpers sowohl gegen Längsverschiebung als auch gegen Querverschiebung und Drehung um die Kanal-Quer- und die Kanal-Hochachse. Bei der streitpatentgemäßen Anordnung dagegen verhindern schon die Ecken von sich aus besagte Querverschiebung und Drehung, eine Befestigung ist nur notwendig im Hinblick auf eine Arretierung des Zusatzkörpers gegen Verschiebung in Kanal-Längsrichtung.

Anregungen zu einer solchen, in Bezug auf Vergrößerung der Absorptionsfläche und Einfachheit der Befestigung vorteilhaften Anordnung, vermag dieser Stand der Technik nicht zu geben.

Sowohl "Dubbel" als auch "Lärmbekämpfung" zeigen ebenfalls rechteckige Querschnitte des Grundkörpers mit parallel zu gegenüberliegenden Seitenwandungen ausgerichteten Schalldämm-Kulissen. Diese Dokumente kommen deshalb nicht näher als die oben dargelegte DE-OS 2 326 499.

Auch die DE 29 08 931 A1 vermittelt dem unvoreingenommenen Fachmann keine näherkommende Lehre. Denn die Figuren implizieren die Vorstellung der Befestigung der Kulissen an einer geraden, glatten Wandfläche (insbesondere wegen der Breitenerstreckung des Eckrahmens 6, Figur 2) und somit ebenfalls eine Anordnung der Kulissen nach Art der DE-OS 2 326 499.

Die übrigen Druckschriften liegen weiter ab. Denn die dort dargestellten schallabsorbierenden Zusatzkörper werden nicht einmal beidseitig von im Luftkanal strömender Luft umströmt. Infolgedessen können diese Druckschriften erst recht keine Anregung zu einer Anordnung des Zusatzkörpers im Sinne des Merkmals 10/H5 geben.

Nachdem keines der in Betracht gezogenen Dokumente für sich einen im streitpatentgemäßen Sinne zwischen diagonal gegenüberliegenden Ecken eines mehreckigen Grundkörpers gehalterten Zusatzkörper nahelegt, kann auch keine wie auch immer geartete Zusammenschau dieses Standes der Technik auf ein Luftführungselement mit entsprechend angeordnetem Zusatzkörper führen. Der Senat hat überdies kein Indiz dafür erkennen können, dass der Fachmann eine entsprechende Anordnung des Zusatzkörpers im Rahmen seines für ihn typischen Fachwissens hätte auffinden können.

Von dem Patentanspruch 1 getragen werden auch die Unteransprüche 2 bis 12, die vorteilhafte Weiterbildungen des Luftführungselements nach dem Patentanspruch 1 betreffen und zumindest keine Selbstverständlichkeiten darstellen.

orkhe-Wich Reinhardt






BPatG:
Beschluss v. 06.08.2007
Az: 9 W (pat) 309/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/385871319367/BPatG_Beschluss_vom_6-August-2007_Az_9-W-pat-309-05




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