Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 4. Oktober 2012
Aktenzeichen: I-4 U 124/12
(OLG Hamm: Beschluss v. 04.10.2012, Az.: I-4 U 124/12)
Tenor
Der Antrag der Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Siegen vom 22.05.2012 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die beabsichtigte Berufung der Beklagten hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Die Klage ist zulässig und im vom Landgericht tenorierten Umfang begründet.
I.
Der Kläger ist klagebefugt und aktivlegitimiert gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.
1.
Bei dem Kläger handelt es sich um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne der genannten Vorschrift.
Die Klagebefugnis und Aktivlegitimation eines Verbandes nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG setzt voraus, dass dieser die Interessen einer erheblichen Zahl von Unternehmern wahrnimmt, die auf demselben Markt tätig sind wie der Wettbewerber, gegen den sich der Anspruch richtet (BGH GRUR 2007, 809 - Krankenhauswerbung).
Erheblich ist die Zahl der Mitglieder des Verbands auf dem einschlägigen Markt dann, wenn diese Mitglieder als Unternehmer, bezogen auf den maßgeblichen Markt, in der Weise repräsentativ sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann. Darauf, ob diese Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichem Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind, kommt es nicht an (BGH - Krankenhauswerbung).
2.
Diese Kriterien sind hier erfüllt.
Der Begriff der Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist weit auszulegen. Die beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen müssen sich ihrer Art nach so gleichen oder nahestehen, dass der Absatz des einen Unternehmers durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann. Es reicht aus, dass eine nicht gänzlich unbedeutende potentielle Beeinträchtigung mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann. Ein entsprechendes Wettbewerbsverhältnis wird wesentlich durch die gemeinsame Zugehörigkeit zur selben Branche oder zumindest angerenzenden Branchen begründet. Dabei ist auf Seiten des in Anspruch Genommenen auf den Branchenbereich abzustellen, dem die beanstandete Wettbewerbshandlung zuzurechnen ist (BGH - Krankenhauswerbung m.w.N.).
Die Beklagte spricht mit ihrer Werbung für das Salzkraft-Werk Verbraucher an, die etwas für ihr körperliches Wohlbefinden tun wollen. Dabei zielt sie sowohl auf den Bereich der Gesundheit als auch auf den der Wellness. Denn zum einen sollen die Sitzungen im Salzkraft-Werk bei Atemwegsbeschwerden, Hautproblemen, Herz-Kreislauf-Beschwerden und Stress helfen. Zum anderen sollen auch gesunde Menschen in der Salzgrotte Entspannung sowie Wohlbefinden für Körper, Geist und Seele erfahren. Mit diesem Anspruch tritt die Beklagte in Konkurrenz zu zahlreichen Unternehmen bzw. Verbänden, die Mitglieder bei dem Kläger sind. Der Kläger hat mittels der von ihm beigebrachten und nicht bestrittenen Mitgliederliste seinen Mitgliederbestand nachgewiesen. Insoweit hat das Landgericht bereits zu Recht auf die Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln (S. 15 der Mitgliederliste) und Naturheilmitteln (S. 4 der Mitgliederliste) hingewiesen. Hinzu kommen aber auch noch die in der Mitgliederliste aufgeführten Heilpraktiker (S. 7 der Mitgliederliste) sowie die Unternehmen, die Dienstleistungen aus dem Gesundheitswesen (S. 8 ff der Mitgliederliste) anbieten. Auch mit deren Angeboten ergeben sich Überschneidungen.
Die Beklagte bietet ihre Dienstleistungen auch auf dem räumlich relevanten Markt an. Das ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte ihre Angebote im Internet bewirbt. Das bewirkt, dass die Besucher des Salzkraft-Werks aus nah und fern anreisen können.
3.
Zu den Voraussetzungen der Prozessführungsbefugnis und Aktivlegitimation gehört weiterhin, dass der Interessenverband über die erforderliche sachliche, finanzielle und personelle Ausstattung verfügen muss, um den Satzungszweck erfüllen zu können (BGH GRUR 1991, 684 - Verbandsausstattung; GRUR 1990, 282 - Wettbewerbsverein IV; GRUR 1989, 489 - Unbestimmter Unterlassungsantrag III).
Hinsichtlich der Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG streitet für den Kläger als alteingesessenen Wettbewerbsverband eine Vermutung, deren Widerlegung Sache des angegriffenen Verletzers ist (Köhler/Bornkamm UWG, 30. Aufl., § 8 Rn 3.49 m.w.N.). Der Kläger tritt seit vielen Jahren - ebenfalls als Kläger - in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten auf; er hat dabei unter Beweis gestellt, dass er in der Lage ist, gerichtliche Verfahren - unter Umständen bis zum BGH - durchzuführen.
Diese Vermutung der bestehenden Klagebefugnis hat die Beklagte nicht widerlegt.
a.
Die Beklagte hat als Anlagen B 5 und B 2 die Bilanz des Klägers für das Jahr 2002 und die Gewinn- und Verlustrechnung des Klägers für das Jahr 2007 vorgelegt. Mit diesen Unterlagen lässt sich keinerlei Aussage für die finanzielle Situation des Klägers im Jahre 2011 treffen.
b.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass sich bei 1.430 Abmahnungen im Jahre 2010 und bei einer Erstattung von 140,- € pro Abmahnungen Einnahmen in Höhe von 200.200,- € ergeben. Dem würden aber - nach eigenem Vortrag des Klägers - Gesamtkosten des Klägers für Abmahnungen von 271.874,63 € entgegenstehen. Dieser Aspekt ist bei weitem nicht geeignet, eine fehlende finanzielle Ausstattung des Klägers zu belegen. Denn die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass der Kläger in seinem Finanzsystem keine Einnahmen hat, die er zum Ausgleich dieser Differenz verwenden kann. Denkbar wäre, dass dieser Verlust aus den Mitgliedsbeiträgen der zahlreichen Mitglieder aufgefangen wird.
c.
Die Argumentation der Beklagten, dass bei 1.430 Verfahren sich letztlich ein Prozesskostenrisiko von 26.000.000,- € berechnet, wenn man einen durchschnittlichen Streitwert von 30.000,- € pro Fall unterstellt, greift nicht durch. Denn dabei wird ohne jeden Anhaltspunkt unterstellt, dass jedes Abmahnverfahren auch in ein Gerichtsverfahren mündet. Weiterhin wird unterstellt, dass der Kläger jedes der angestrengten Gerichtsverfahren verliert. Dies trifft mitnichten zu und widerspricht auch der Erfahrung des Senats.
Soweit die Beklagte auf das Urteil des Senats vom 13.07.2010 (Az.: 4 U 21/10) verweist, hilft ihr dies nicht weiter, weil diese Entscheidung mit Urteil des BGH vom 17.08.2011 (I ZR 148/10 - Glücksspielverband) aufgehoben worden ist. Zur Frage der finanziellen Ausstattung hat der BGH ausgeführt:
„Legt ein Verband eine die Kosten des Streitfalls vielfach übersteigende liquide Finanzausstattung dar und ist nicht bekannt geworden, dass er in der Vergangenheit Zahlungspflichten für Prozesskosten nicht nachgekommen ist, so kann eine unzureichende finanzielle Ausstattung des Verbandes grundsätzlich nur angenommen werden, wenn das bei zurückhaltender Betrachtung realistische Kostenrisiko des Verbandes seine dafür verfügbaren Mittel spürbar übersteigt.“
Nach diesen Kriterien ist nicht von einer fehlenden finanziellen Ausstattung des Verbandes auszugehen. Vielmehr hat der Kläger dargelegt, dass sich sein Prozesskostenfonds in den vergangenen 10 Jahren mehr als verdreifacht, sich zum Stichtag 31.12.2010 auf knapp 1,2 Millionen Euro belaufen und sich zum 31.12.2011 durch einen entsprechenden Bilanzgewinn weiter erhöht habe. Überdies ist der Kläger seinen Zahlungspflichten für Prozesskosten in der Vergangenheit - nach seinem unwidersprochenen Vortrag - stets nachgekommen. Es ist nicht ersichtlich, dass der so bestückte Prozesskostenfonds nicht ausreicht, um die bei dem Kläger anfallenden Prozesskosten zu begleichen.
d.
Diese Beurteilung ändert sich auch nicht durch den unsubstantiierten Vortrag der Beklagten dahingehend, dass der wesentliche Teil des Anlagevermögens im Jahre 2002 in Wertpapieren und Festgeld angelegt worden sei.
II.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der im Tenor des Landgerichts genannten Werbeaussagen gemäß §§ 8 Abs. 1, 3, 5, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 3 Abs. 1 HWG.
1.
Die Aussage „Der Aufenthalt in der Salzgrotte regeneriert Ihren Körper und kann so wirkungsvoll wie mehrere Tage Urlaub am Meer sein.“ stellt eine Irreführung im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Denn diese Aussage, die sich an den allgemeinen Verkehrskreis richtet, enthält eine zur Täuschung geeignete Angabe. Die Werbeaussage der Beklagten ist so zu verstehen, dass ein Aufenthalt in ihren Räumlichkeiten, der sich nicht über mehrere Tage, sondern allenfalls über mehrere Stunden hinzieht, denselben Effekt haben kann wie ein mehrtägiger Aufenthalt am Meer. Vor dem Hintergrund, dass der Verbraucher mit einem Aufenthalt in einer Räumlichkeit mit salzhaltiger Luft die Hoffnung verbindet, dass die Befindlichkeit der Atemwege verbessert wird, wird mit der in Rede stehenden Aussage der Eindruck erweckt, dass ein kürzerer Aufenthalt in der Salzgrotte der Beklagten im Hinblick auf seine Wirkweise einen mehrtägigen Aufenthalt am Meer ersetzt. Dass eine solche gleichzusetzende Wirkung durch einen Aufenthalt in der Salzgrotte der Beklagten erzielt wird, ist letztlich nicht substantiiert von der Beklagten vorgetragen worden. Diesbezüglich hat die Beklagte kein Zahlenmaterial oder sonstigen objektive Befunde oder Erhebungen beigebracht.
2.
Die Werbeaussagen „Die Sitzungen im SalzKraft-Werk helfen bei Atemwegsbeschwerden, Hautproblemen, Herz-Kreislauf-Beschwerden und Stress“ und „…speziell für Kinder unter 6 Jahren, hilfreich bei Atem- und Hauterkrankungen …“ stellen jede für sich einen Wettbewerbsverstoß gemäß §§ 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 HWG dar.
a.
Das HWG ist hier anwendbar. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG findet dieses Gesetz Anwendung auf die Werbung für andere Mittel, Verfahren, Behandlungen, soweit sich die Werbeaussage auf die Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder krankhaften Beschwerden bei Menschen bezieht. Mit der Werbung für einen Aufenthalt in den von ihr unter der Bezeichnung „SalzKraft-Werk“ bezeichneten Räumlichkeiten dahingehend, dass dieser bei den genannten krankhaften Beschwerden Hilfe bietet, wird das Ziel der Beseitigung oder jedenfalls der Linderung dieser Beschwerden angesprochen. Damit ist der Gesundheitsbezug gegeben.
b.
Nach § 3 Nr. 1 HWG ist eine irreführende Werbung unzulässig. Eine solche liegt insbesondere dann vor, wenn Verfahren oder Behandlungen eine therapeutische Wirkung beigelegt wird, die sie nicht haben.
Generell ist es bei einer irreführenden Werbung Sache des Klägers, die Unrichtigkeit der Werbebehauptung glaubhaft zu machen oder zu beweisen. Macht der Werbende aber Werbeangaben auf dem Gebiet des Gesundheitswesens und sind die zugrundeliegenden Wirkungen nach dem Vortrag des Beklagten umstritten, so gilt anderes. Den Werbenden trifft dann die Verantwortung für die objektive Richtigkeit seiner Angabe. Er muss sie dann im Streitfall beweisen (BGH GRUR 1958, 485, 486 - Odol; GRUR 1969, 422 - Kaltverzinkung; BGH GRUR 1991, 848, 849 Rheumalind II; BGH GRUR 2010, 359, 361 - Vorbeugen mit Coffein; Köhler/Bornkamm, a.a.O. § 5 Rn 3.26). Werbeangaben auf dem Gebiet des Gesundheitswesens sind bei fachlich umstrittenen Behauptungen nur zuzulassen, wenn der Werbende belegen kann, dass er für seine Darstellung über entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse verfügt (Köhler/Bornkamm a.a.O. § 5 Rn 3.26). Nach der Rechtsprechung des BGH muss die dem beworbenen Mittel beigelegte Wirkung nicht Gegenstand einer allgemeinen wissenschaftlichen Diskussion geworden sein (BGH GRUR 2010, 359 - Vorbeugen mit Coffein!). Die hinreichende wissenschaftliche Absicherung soll sich auch schon aus einer einzelnen Arbeit ergeben können, sofern diese auf überzeugenden Methoden und Feststellungen beruht (BGH a.a.O.). Diese Grundsätze gelten auch für Verfahren und Behandlungen beigelegte Wirkungen.
Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte selbst nicht behauptet hat, dass mit Hilfe salzhaltiger Luft Herz-Kreislauf-Beschwerden und Stresssymptome gelindert werden können. Insoweit ist bereits eine Irreführung zu bejahen.
Weiterhin hat die Beklagte keine ausreichenden wissenschaftlichen Nachweise beigebracht, um eine Linderung von Atemwegs- und Hautproblemen durch einen Aufenthalt in ihren Räumlichkeiten zu belegen. Auch insoweit liegt eine Irreführung vor.
Die von der Beklagten beigebrachte Studie „Inhalation von Sole bei Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen“ zur Prüfung der Wirksamkeit von C Sole als Begleitbehandlung von Prof. Dr. I, Dr. L und Prof. Dr. Q (Anlage B 9) ist nicht als wissenschaftlicher Nachweis für die von der Beklagten behaupteten Wirkungen des Aufenthalts in ihrem „SalzKraft-Werk“ geeignet. Denn der Untersuchungsgegenstand in dieser Studie ist nicht vergleichbar mit der Werbebehauptung der Beklagten. Denn diese Studie bezieht sich auf die Inhalation von Solelösungen aus C. Die Behandlung in dem „SalzKraft-Werk“ besteht darin, dass der Verbraucher sich in eine Räumlichkeit begibt, die mit Salz ausgekleidet ist, also künstlich geschaffen wurde.
Auch die Aussagen des Prof. Dr. L in seinem Interview (Anlage B 10) sind nicht zum Nachweis der von der Beklagten behaupteten Wirkungen geeignet. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils verwiesen.
c.
Da die Beklagte den ihr obliegenden wissenschaftlichen Nachweis mittels einer Studie nicht geführt hat, kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit das von dem Kläger beigebrachte Gutachten zur „Totes-Meer-Salzgrotte L2“ (Anlagen K 8, K 8a) gegen die Wirkaussage der Beklagten spricht.
3.
Auch die Werbeaussagen „Erleben Sie die … Heilkraft des Salzes aus dem Himalaya und aus dem Toten Meer.“, „Ihr Arzt hat Ihnen einen Urlaub am Meer zur Besserung bei Allergien oder Asthma empfohlen€ Der Besuch unserer Salzgrotte stellt eine deutlich kostengünstigere und dennoch vergleichbar heilsame Alternative dar“ und „Salzkraft ist Heilkraft - Jeder Atemzug stärkt.“ stellen jede für sich einen Wettbewerbsverstoß gemäß §§ 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 HWG dar.
a.
Auch hier ist wiederum das HWG anwendbar. Denn indem in diesen Werbeaussagen die Begriffe „Heilkraft“ und „heilsam“ verwendet werden, wird wiederum das Ziel der Beseitigung oder jedenfalls der Linderung von Beschwerden in den Blick genommen. Damit ist der Gesundheitsbezug gegeben.
b.
In diesen Werbeaussagen liegen auch jeweils Irreführungen. Denn mit ihnen wird dem Aufenthalt in dem SalzKraft-Werk der Beklagten heilende Wirkung, das heißt die Wirkung einer Beseitigung oder Linderung von krankhaften Beschwerden, beigelegt. Aus den Ausführungen zu II. 2 ergibt sich aber, dass die Beklagte einerseits den wissenschaftlichen Nachweis einer Beseitigung oder Linderung von Atemwegs- und Hautbeschwerden durch den Besuch ihrer Salzgrotte nicht erbracht hat und andererseits die Beseitigung oder Linderung von Herz-Kreislauf-Beschwerden und Stress gar nicht behauptet hat.
Die Tatsache, dass die Beklagte in diesen Aussagen teilweise überhaupt keine Angaben dazu gemacht hat, welche Beschwerden geheilt werden können, steht einer Irreführung nicht entgegen. Vielmehr führt dies dazu, dass der Verbraucher jedenfalls davon ausgeht, dass es auf jeden Fall irgendwelche Beschwerden gibt, die durch einen Besuch der Salzgrotte der Beklagten geheilt werden. Von diesem Ausgangspunkt kommt ein erheblicher Teil der Adressaten der Werbung dann auf in der Bevölkerung verbreitete Ansichten hinsichtlich positiver Wirkungen von salzhaltiger Luft auf den Körper, speziell auf die Atemwege, die allerdings im Hinblick auf die Salzgrotte der Beklagten nicht wissenschaftlich belegt sind.
4.
Auch die im angefochtenen Urteil im Tenor zu I. 1. g und h. wiedergegebenen Werbeaussagen stellen jede für sich einen Wettbewerbsverstoß gemäß §§ 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 HWG dar.
a.
Für die unter I. 1. g des Tenors genannten Werbeaussagen folgt dies daraus, dass auch hier zahlreiche Beschwerden und Erkrankungen aufgeführt werden, die durch den Aufenthalt in der Salzgrotte der Beklagten gelindert werden sollen und die als Beispiele für die Heilkraft des Salzes in den Räumlichkeiten der Beklagten genannt werden.
Hieraus folgt sowohl der für die Anwendbarkeit des HWG erforderliche Gesundheitsbezug als auch die Erfüllung des Tatbestandes der Irreführung dadurch, dass die Beklagte für die genannten Wirkungen keinen wissenschaftlichen Beleg aufbieten kann.
b.
Das gleiche gilt für die unter I. 1. h des Tenors genannten Werbeaussagen. Schon die Begriffe „SalzKraft-Kuren“, „SalzKraft-Heilkur“, „SalzKraft-Intensivkur“ und „SalzKraft-Allergie- und Erkältungskur“ weisen den erforderlichen Gesundheitsbezug auf.
Im Übrigen werden auch hier Wirkungsweisen angegeben, die wissenschaftlich nicht belegt sind. Denn die SalzKraft-Heilkur wird bei leichten gesundheitlichen Symptomen und die SalzKraft-Intensivkur wird zur Behandlung von starken gesundheitlichen Problemen empfohlen. Die Tatsache, dass die Beklagte an dieser Stelle nicht angibt, welche Beschwerden genau geheilt werden können, steht einer Irreführung nicht entgegen. Hier gilt wiederum, dass der Verbraucher jedenfalls davon ausgeht, dass es auf jeden Fall irgendwelche Beschwerden gibt, die durch einen Besuch der Salzgrotte der Beklagten geheilt werden. Von diesem Ausgangspunkt kommt ein erheblicher Teil der Adressaten der Werbung dann auf in der Bevölkerung verbreitete Ansichten hinsichtlich positiver Wirkungen von salzhaltiger Luft auf den Körper, speziell auf die Atemwege, die allerdings im Hinblick auf die Salzgrotte der Beklagten nicht wissenschaftlich belegt sind.
Schließlich soll die SalzKraft-Allergie- und Erkältungskur angewendet werden, damit man schnell wieder durchatmen kann. Außerdem sollen Mineralstoffe das Immunsystem und die Abwehrkräfte stärken. Diese Wirkungen sind ebenfalls nicht wissenschaftlich belegt.
5.
Eine solche Fehlvorstellung ist auch wettbewerbsrechtlich relevant. Dies ergibt sich daraus, dass Interessierte aus dem angesprochenen Verkehrskreis möglicherweise gerade deshalb das SalzKraft-Werk der Beklagten besuchen, weil Ihnen durch die Werbeaussagen in gesundheitlicher Hinsicht vorteilhafte Wirkungen versprochen werden, die allerdings nicht wissenschaftlich belegt sind.
6.
Die Wiederholungsgefahr wird jeweils durch den Wettbewerbsverstoß indiziert.
7.
Da sich die einzelnen Werbeaussagen jede für sich als Wettbewerbsverstoß darstellen, hat die Beklagte es auch zu unterlassen, mit ihnen in Form einer einheitlichen Werbeaussage zu werben.
III.
Zu Recht hat das Landgericht dem Kläger auch den Aufwendungserstattungsanspruch gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG nebst Zinsen zugesprochen.
OLG Hamm:
Beschluss v. 04.10.2012
Az: I-4 U 124/12
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