Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Dezember 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 142/04

(BPatG: Beschluss v. 06.12.2006, Az.: 32 W (pat) 142/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 8. August 2002 zur Eintragung als Wortmarke für die Dienstleistungen

"35: Vorbereitung, Organisation und Durchführung von Events, Marketingveranstaltungen, Werbeveranstaltungen;

41: Dienstleistungen zum Zweck der Zerstreuung, Unterhaltung, Belustigung und Entspannung, Vorbereitung, Organisation und Durchführung von sportlichen, kulturellen, musikalischen Aktivitäten und Veranstaltungen, Film- und Kinoveranstaltungen, Multimedia-Shows, musikalische Events mit DJ, Gesangsdarbietungen, Trachten- und Volksmusik;

43: Verpflegung und Verköstigung von Gästen im Rahmen von Veranstaltungen nach den Klassen 35 und 41, Catering"

angemeldete Bezeichnung FLÄSCHLEPARTY ist seitens der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts nach vorangegangener Beanstandung in einem ersten Beschluss vom 11. August 2003 als beschreibende Angabe, der zudem jegliche Unterscheidungskraft fehle, zurückgewiesen worden (§ 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG). Die Marke bestehe aus der sprachüblichen Kombination zweier Begriffe, deren Bedeutung für allgemeine deutsche Publikumskreise, auch außerhalb des schwäbischen Sprachbereichs, verständlich sei. In Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen werde das Motto einer Veranstaltung, nämlich einer solchen, bei der es Getränke aus der Flasche gebe, bezeichnet. Die Verbraucher würden hierin eine Sachangabe über Art und Thematik der Dienstleistungen sehen, nicht aber eine betriebskennzeichnende Herkunftsangabe. Dem Beschluss waren Ausdrucke von Internet-Seiten beigefügt.

Die Erinnerung der Anmelderin ist durch Beschluss derselben Markenstelle vom 17. Mai 2004 mit der Begründung zurückgewiesen worden, zumindest fehle der angemeldeten Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft. Der angesprochene Verkehr sehe hierin den sachbezogenen Hinweis auf eine besondere Art von Veranstaltungen, bei denen die Gäste ihre Getränke selbst mitbrächten. Die beschreibende Verwendung der angemeldeten Bezeichnung - ebenso wie ähnlicher Zusammensetzungen wie "bottleparty", "Flaschenparty" und "Flaschbier-Party" (unter Hinweis auf anliegend übersandte deutsche Internet-Seiten) - belege, dass deutsche Verbraucherkreise den angemeldeten Begriff nur als veranstaltungsbeschreibende Angabe verstünden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie stellt den Antrag, unter Aufhebung der Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. August 2003 und vom 17. Mai 2004 die Eintragung der angemeldeten Marke zu beschließen und die Veröffentlichung anzuordnen.

Den - nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs generell geringen - Anforderungen an die Unterscheidungskraft genüge die angemeldete Marke. Sie weise keinen bestimmten beschreibenden Gehalt auf, was für die Annahme von Unterscheidungskraft bereits ausreiche. Die Interpretation der Erinnerungsprüferin messe dem Kennzeichen einen Sinn bei, den dieses gerade nicht habe. Denn bei den von ihr, der Anmelderin, unter der Bezeichnung "FLÄSCHLEPARTY" durchgeführten Veranstaltungen handele es sich nicht um solche, zu denen die Gäste ihre Getränke selbst mitbrächten (wie bei sog. Bottleparties). Wenn aber das Publikum zu einem unrichtigen Verständnis gelangen könne, so spreche dies gegen die Annahme einer beschreibenden (Beschaffenheits-)Angabe. Die Markenstelle habe zudem unzulässigerweise vorrangig auf die Dienstleistungen in Klasse 43 abgestellt, mithin den gebotenen Prüfungsmaßstab verkürzt. Hierbei handele es sich nur um Hilfsdienstleistungen, die den primär beanspruchten Dienstleistungen in den Klassen 35 und 41 nachgeordnet seien. Voreintragungen anderer Marken würden zwar das Deutsche Patent- und Markenamt nicht binden, belegten aber, welche Beurteilungsmaßstäbe es üblicherweise hinsichtlich der Unterscheidungskraft zu Grunde lege. Die Markenstelle habe weiterhin nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Bezeichnung "Ketterer Fläschle" markenrechtlich geschützt sei, und zwar als Ausstattungsmarke ebenso wie als dreidimensionale Gestaltung. Im Übrigen bezögen sich sämtliche dem ersten Beschluss beigefügten Belegstellen zur Verwendung von "FLÄSCHLEPARTY" auf sie, die Anmelderin, wobei Dritte (z. B. Vereine) so bezeichnete Veranstaltungen aufgrund von mit ihr geschlossener Engagementverträge ausrichteten.

Zusammen mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung sind der Anmelderin Ergebnisse einer Google-Recherche des Senats übersandt worden.

Die Anmelderin hat daraufhin ihren Hilfsantrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen. In der Sache trägt sie ergänzend vor, aus der ohne Erläuterung übersandten Internet-Recherche sei nicht zu entnehmen, was der Anmeldung insoweit entgegengehalten werde. Eine Auswertung der Recherche habe ergeben, dass die Mehrzahl der Belege sich auf eine "FLÄSCHLEPAR-TY" der Anmelderin beziehe, wobei diese auf Grund einer von ihr erteilten Lizenz nach Maßgabe von Engagementverträgen durch die jeweiligen Veranstalter (Vereine) durchgeführt werde. Allerdings gebe es eine zunehmende Zahl von Nachahmern, die sich an den Werbe- und Marketingwert der angemeldeten Marke anhängten. Dies gelte auch, soweit von dritter Seite Marken mit dem Wortbestandteil "Zäpfle-Party" angemeldet worden seien. Zumindest in den weiten Einzugsgebieten der bekannten Bierbezeichnung "Ketterer Fläschle" genössen Produkt und Brauerei einen hohen, Verkehrsgeltung erreichenden Bekanntheitsgrad. Dem Schriftsatz waren zahlreiche Anlagen (neben Internetausdrucken vor allem Kopien sog. Engagementverträge) beigefügt.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der als Marke angemeldeten Bezeichnung von Hause aus - d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung - jegliche Unterscheidungskraft für die beanspruchten Dienstleistungen fehlt (gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Dienstleistungen (und Waren) zu gewährleisten (st. Rspr; vgl. z. B. EuGH GRUR Int. 2005, 1012, Rdnr. 27 - BiolD; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2006, 850, 854 - FUSS-BALL WM 2006). Die Prüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Rdnr. 50 - Libertel; GRUR 2004, 674, Rdnr. 123 - Postkantoor). Enthält eine Bezeichnung - wie hier - einen beschreibenden Begriffsinhalt, der vom Verkehr, d. h. von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Rdnr. 50 - Henkel; GRUR 2004, 943, Rdnr. 24 - SAT.2), ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erkannt wird, so ist ihr die Registrierung als Marke zu versagen. Bei derartigen dienstleistungsbezogenen Angaben gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel hinsichtlich der betrieblichen Herkunft versteht (vgl. BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; GRUR 2005, 417 - BerlinCard). So verhält es sich im vorliegenden Fall.

Allgemeine deutsche Verkehrskreise, auch außerhalb des Verbreitungsgebiets der alemannischschwäbischen Mundart im Südwesten Deutschlands, haben keine Schwierigkeiten, den Bedeutungsgehalt des angemeldeten Begriffs "FLÄSCHLE-PARTY" zu erfassen. Es ist nämlich in ganz Deutschland bekannt, dass im dortigen Dialekt die Endung auf "-le" bei der Benennung von Gegenständen weit verbreitet ist, ohne dass bei Gebrauch dieser sprachlichen Verkleinerungsform zwingend auf die verminderte Größe der benannten Sache zu schließen ist. "FLÄSCH-LE" ist somit die mundartliche Bezeichnung für "Flasche", wobei es sich keineswegs um eine kleine Flasche handeln muss. Der zweite Wortbestandteil "PARTY" ist bereits seit langer Zeit als Lehnwort in den deutschen Sprachschatz eingegangen. Er wird - unübersetzt - für eine gesellige Zusammenkunft von Leuten (mit oder ohne ein musikalisches oder sonstiges Unterhaltungsangebot) verwendet und verstanden. Die Wortzusammensetzung "FLÄSCHLEPARTY" bezeichnet somit eine Party, bei der Getränke aus Flaschen, u. U. auch ohne Gläser, konsumiert werden. Dabei kann es sich - wie die Markenstelle angenommen hat - um eine sog. Bottle-Party handeln, bei der die Gäste ihre eigenen Getränke (in Flaschen) mitbringen. Es kann sich aber auch - insoweit ist der Argumentation der Anmelderin zu folgen - um eine Veranstaltung handeln, bei der die Gastgeber bzw. Ausrichter das Getränkeangebot (in Flaschen) stellen; letztere Annahme dürfte vor allem dann näher liegen, wenn die angemeldete Bezeichnung - wie hier - seitens einer Brauerei verwendet wird. In jeder dieser aufgezeigten Verständnisvarianten kommt dem Wort "FLÄSCHLEPARTY" ein dienstleistungsbeschreibender Sinngehalt zu, der die erforderliche Eignung als Betriebskennzeichen ausschließt (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 57, 58 m. w. N.), ohne dass es darauf ankommt, ob zugleich auch eine unmittelbar beschreibende (Produktmerkmals-) Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt; diese Frage kann deshalb in Übereinstimmung mit der Auffassung der Erinnerungsprüferin dahingestellt bleiben.

Der Argumentation der Anmelderin, allein aus dem Umstand, dass die angemeldete Bezeichnung - ihrer Ansicht nach - keinen feststehenden Bedeutungsgehalt aufweise, folge bereits das Vorhandensein eines Mindestmaßes an Unterscheidungskraft, kann von daher nicht gefolgt werden. Es kommt auch nicht darauf an, ob es andere gebräuchliche Bezeichnungsalternativen für die beanspruchten Dienstleistungen gibt und ob Mitbewerber gerade auf das angemeldete Zeichenwort angewiesen sind (vgl. z. B. EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 57 f - Postkantoor). Weiterhin kann bei der Beurteilung der Frage, ob ein Zeichen Unterscheidungskraft von Hause aus aufweist, nicht auf Verwendungsabsichten oder bereits erfolgte Benutzungshandlungen der Anmelderin abgestellt werden (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdnr. 70). Letzteren, welche die Anmelderin vor allem durch Vorlage zahlreicher sog. Engagementverträge belegt hat, könnte allenfalls im Rahmen einer Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG) Bedeutung zukommen. Auf den rechtlichen Gesichtspunkt, dass sich die angemeldete Marke in Folge tatsächlicher Benutzung für die beanspruchten Dienstleistungen in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat und deshalb die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG (fehlende Unterscheidungskraft und Freihaltebedürftigkeit) keine Anwendung finden, hat die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren aber nicht gestützt, auch nicht hilfsweise.

Auch die sonstigen Argumente der Anmelderin erweisen sich nicht als tragfähig. Die angemeldete Bezeichnung ist nicht nur für die Verpflegungsdienstleistungen in Klasse 43 schutzunfähig, sondern auch für die beanspruchten Events und sonstigen Veranstaltungen in den Klassen 35 und 41, unabhängig davon, ob der Schwerpunkt eher auf wirtschaftlichem oder auf unterhaltendem Gebiet (sportlich, kulturell, musikalisch) liegt. Jede dieser Dienstleistungen kann als (oder in Verbindung mit einer) Flaschen- bzw. Fläschleparty in den oben aufgezeigten Formen durchgeführt werden. Was dabei Haupt- und was Hilfsdienstleistung sein soll, ist letztlich nicht maßgeblich, abgesehen davon, dass gerade für die Anmelderin (als Brauerei) der Getränkeabsatz von zentraler Bedeutung sein dürfte.

Ob die Anmelderin selbst den Ausdruck "FLÄSCHLEPARTY" kreiert und als erste gebraucht hat, die sonstigen Verwender mithin - wie sie behauptet - Nachahmer sind, ist für die Beurteilung der Unterscheidungskraft gleichfalls nicht von Bedeutung, weil etwaige Urheber- oder Namensrechte an einer Kennzeichnung nicht notwendigerweise deren markenrechtliche Unterscheidungskraft begründen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdnr. 73 m. w. N.). In dem für die Beurteilung der Unterscheidungskraft (auch) maßgebenden Zeitpunkt der (abschließenden) Entscheidung über die Eintragbarkeit (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdnr. 12) fehlt der Anmeldung jedenfalls jegliche betriebskennzeichnende Hinweiskraft.

Auf der Schutzgewährung für andere, vermeintlich ähnliche deutsche oder europäische Marken vermag die Anmelderin keinen Anspruch auf Registrierung abzuleiten, wie sie selbst einräumt. Die deutsche Rechtsprechung geht von jeher davon aus, dass Voreintragungen - selbst identischer Marken - weder für sich, noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung zu befinden haben (vgl. z. B. BGH BlPMZ 1998, 248 - Today; BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS). Denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Im Recht der Europäischen Gemeinschaft (Markenrichtlinie, GMV) gilt nichts abweichendes, wie der Europäische Gerichtshof in den letzten Jahren mehrfach festgestellt hat (vgl. z. B. GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 428 Rdnr. 63 - Henkel). Eintragungen von Marken in das Gemeinschaftsmarkenregister (oder in die Register einzelner Staaten) können zwar Beachtung finden, führen aber nicht zu einer rechtlichen Bindung der nationalen Markenämter.

Zudem sind die seitens der Anmelderin angeführten eingetragenen Marken mit der vorliegend verfahrensgegenständlichen kaum vergleichbar. Dies gilt auch für die Kombinationsmarken mit dem Wortbestandteil "Zäpfle-Party". Die Wortbildung als solche ist zwar ähnlich zu der der vorliegend angemeldeten Marke, der Bedeutungsgehalt in jenen Fällen aber deutlich weniger dienstleistungsbezogen (und von daher eher betriebskennzeichnend) als der von "FLÄSCHLEPARTY"; letztlich bedarf diese Frage aber keiner abschließenden Beurteilung. Es mag durchaus sein, dass die Anmelderin als Brauerei und das von ihr u. a. unter der Bezeichnung "Fläschle" vertriebene Bier im regionalen Einzugsgebiet Bekanntheit und Ansehen genießen. Herkunftskennzeichnend ist aber nicht "Fläschle" als - wie ausgeführt - mundartlicher Bezeichnung von Flasche, sondern die Unternehmenskurzbezeichnung "Ketterer". Die Anmelderin ist nicht gehindert, die Bezeichnung "FLÄSCHLEPARTY" zusammen mit diesem Namen zur Eintragung anzumelden (ohne dass für den Senat Anlass bestünde, sich prophylaktisch zum Schutzumfang einer solchen Kennzeichnung zu äußern).

Mithin war der Beschwerde der Anmelderin der Erfolg zu versagen.






BPatG:
Beschluss v. 06.12.2006
Az: 32 W (pat) 142/04


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