Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 8. Juli 2008
Aktenzeichen: 9 O 233/07
(LG Düsseldorf: Urteil v. 08.07.2008, Az.: 9 O 233/07)
Tenor
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 7.228,08 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins-satz seit dem 5.5.2007 zu zahlen.
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger 5.891,26 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins-satz seit dem 5.5.2007 zu zahlen, wobei die Beklagten zu 1) und 2) in Höhe dieses Betrages Gesamtschuldner sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten tragen der Kläger zu 37 %, der Beklagte zu 1) zu
30 % und die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu 33 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Beklagte zu 1) zu 30 % und die Beklagten zu 1) und 2 ) als Gesamtschuldner zu 33 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt der Kläger zu 37 %. Im Übrigen trägt jede Partei die ihr entstandenen außergerichtli-chen Kosten selbst.
Dieses Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von den Beklagten Vergütung für von ihm entfaltete Tätigkeiten als Rechtsanwalt.
Dem liegt folgenden Sachverhalt zugrunde:
Der Beklagte zu 1) ist selbständiger Kaufmann und zudem alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten zu 2). Sowohl der Beklagte zu 1) als auch die Beklagte zu 2) waren Franchisenehmer der Firma A GmbH (im Folgenden: A GmbH) und betrieben aufgrund Franchisevertrages vom 21.3.2001 bzw. 31.8.2005 Haushaltswaren- und Wohnaccessoire-Geschäfte unter Marke "A".
Die Franchiseverträge, bezüglich des Beklagten zu 1) mit einer Frist von zwölf Monaten zum Ablauf eines jeden Vertragsjahres kündbar, bezüglich der Beklagten zu 2) fest bis zum 28.2.2009 geschlossen, enthielten in ihrem § 7 jeweils die Regelung, dass als Franchisegebühr 12,5 % des Nettoeinkaufswarenwertes zzgl. Fracht und Lieferkosten sowie gesetzlicher Mehrwertsteuer zu entrichten sei.
Nachdem es zwischen den Beklagten und der A GmbH zu Unstimmigkeiten hinsichtlich der Abrechnung der Franchisegebühren gekommen war, wandten sich die Beklagten mit dem Ansinnen an den Kläger, die Franchiseverträge möglichst schnell - vor allem ohne die Zahlung von Schadensersatz oder Abfindung - zu beenden und ggf. ihrerseits wegen in der Vergangenheit zuviel gezahlter Franchisegebühren und Transportkosten Schadensersatz von der A GmbH zu verlangen.
Nach rechtlicher Prüfung der Angelegenheit durch den Kläger kündigten die Beklagten ihre jeweiligen Verträge mit der A GmbH fristlos und machten jeweils Schadensersatzansprüche in Höhe von 120.000,00 Euro geltend. Die A GmbH stellte sich ihrerseits auf den Standpunkt, Schadensersatzansprüche aufgrund der ihrer Auffassung nach unwirksamen Kündigung in Höhe von 350.000,00 Euro gegen die Beklagten zu haben.
Schließlich kamen die Beklagten und die A GmbH überein, dass die Franchiseverträge zum 30.6.2006 beendet sein sollten und wechselseitig auf alle etwaigen Forderungen verzichtet werden sollte.
Hierfür stellte der Kläger den Beklagten zunächst unter dem 30.11.2006 nach einer bereits erfolgten Zahlung von 4.343,20 Euro noch weitere 10.804,08 Euro in Rechnung, basierend auf einem Gegenstandswert von 920.000,00 Euro. Nachdem daraufhin eine Teilzahlungsvereinbarung und eine damit einhergehende Reduzierung der Forderung um 2.000,00 Euro von den Parteien avisiert worden war, widerriefen die Beklagten diese Vereinbarungen durch Erklärung ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten am 30.11.2006.
Mit Rechnung vom 24.4.2007 verlangte der Kläger dann jeweils eine 1,5 Geschäfts- und Einigungsgebühr nebst Auslagenpauschale und 16 % Umsatzsteuer aus einem Gegenstandswert von 1.407.500,00 Euro gegenüber den Beklagten und mithin abzüglich der bereits gezahlten 4.343,20 Euro einen weiteren Betrag von 11.255,02 Euro.
Diesen Gegenstandswert berechnet der Kläger wie folgt:
Schadensersatzforderungen der Beklagten gegen die A GmbH:
120.000,00 Euro
Schadensersatzforderungen der A GmbH gegen die Beklagten:
350.000,00 Euro
Wert der Kündigung des Beklagten zu 1) entspricht einem Jahresumsatz:
250.000,00 Euro
Wert der Kündigung der Beklagten zu 2) entspreche 2 3/4 x Jahresumsatz:
687.500,00 Euro
Darüber hinaus wurde der Kläger in einer weiteren Angelegenheit für den Beklagten zu 1) tätig, der juristische Beratung hinsichtlich eines neuen Gesellschaftsvertrages bezüglich der Beklagten zu 2) wünschte. Hierfür berechnete der Kläger dem Beklagten zu 1) 2.485,18 Euro, ließ ihm jedoch aufgrund der Teilzahlungsvereinbarung in der anderen Angelegenheit auch auf diese Rechnung zunächst 600,00 Euro nach.
Der Kläger verlangt mit der vorliegenden als Teilklage erhobenen Klage gleichwohl von den Beklagten die ursprünglich geforderten 10.804,08 Euro, hinsichtlich des Beklagten zu 1) zuzüglich 600,00 Euro und hinsichtlich der Beklagten zu 2) nur einen mit dem Beklagten zu 1) als Gesamtschuldner geschuldeten Betrag von 5.891,26 Euro.
Hierzu trägt er vor, die gegenseitigen Forderungen der Beklagten und der A GmbH seien zu addieren, da es sich insoweit nicht um denselben Streitgegenstand handele. In Bezug auf die Kündigungen ist der Kläger der Ansicht, hier seien die einfachen bzw. 2,75-fachen Jahresumsätze der Beklagten ausschlaggebend. Darüber hinaus seien die Reduzierungen der Rechnungen um 2.000,00 Euro hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 2) und um 600,00 Euro hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Angelegenheit des Beklagten zu 1) nur für den Fall gewährt worden, dass die Teilzahlungsvereinbarung vom 30.11.2006 zustande komme. Nach dem Widerruf derselben durch den jetzigen Prozessbevollmächtigen der Beklagten habe auch der insoweit avisierte Nachlass auf die Rechnungen keinen Bestand mehr.
Der Kläger beantragt,
1. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an ihn 11.404,08 Euro nebst 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.5.2007 zu zahlen.
2. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an ihn 5.891,26 Euro nebst 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.5.2007 zu zahlen, wobei die Beklagten hinsichtlich dieses Betrages Gesamtschuldner sind.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Ansicht, bei den Schadensersatzforderungen handele es sich um denselben Streitgegenstand, so dass eine Zusammenrechnung ausscheide. Maßgeblich für den Wert der Kündigungen seien die durchschnittlichen Franchisegebühren eines Jahres, die bei beiden Beklagten - insoweit unstreitig - mit 18.000,00 Euro anzunehmen seien. Darüber hinaus könne der Kläger aber bereits deshalb keine weiteren Zahlungen von den Beklagten verlangen, da ihnen insoweit ein Schadensersatzanspruch gegen den Kläger zustehe, schließlich habe dieser es versäumt, auf die Abrechnung nach Gegenstandswerten hinzuweisen. Bei einem entsprechenden Hinweis wäre die Beauftragung weniger umfangreich ausgefallen und die nun geltend gemachten Kosten seien nicht entstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist gegen den Beklagten zu 1) teilweise und gegen die Beklagte zu 2) vollständig begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten zu 1) in Höhe von 7.228,08 Euro und gegen die Beklagte zu 2) in Höhe von 5.891,26 Euro als Gesamtschuldnerin mit dem Beklagten zu 1) aus §§ 611, 612, 675 BGB in Verbindung mit §§ 2, 13 RVG. Darüber hinausgehende Ansprüche stehen dem Kläger hingegen nicht zu.
Ein wirksamer Anwaltsvertrag ist zwischen den Parteien zustande gekommen.
Die Höhe der Gebühren bemisst sich dabei ausgehend von einem Gegenstandswert von 515.000,00 Euro:
Zunächst sind die beiden Forderungen von 120.000,00 Euro und 350.000,00 Euro etwaiger Schadensersatz- oder Bereicherungsforderungen der Beklagten gegen die A GmbH einerseits und der A GmbH gegen die Beklagten andererseits gemäß §§ 22, 23 Abs. 1 Satz 3 RVG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG auf 470.000,00 Euro zu addieren, da diese zwar in Klage und Widerklage geltend gemacht werden könnten, indes nicht denselben Gegenstand betreffen, was nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG Voraussetzung dafür wäre, nur den höheren der beiden Werte heranzuziehen, wie es die Beklagten hier für richtig erachten.
Die von der A GmbH gegenüber den Beklagten behaupteten Forderungen in Höhe von 350.000,00 Euro sind Schadensersatzansprüche aus den Franchiseverträgen aufgrund der nach Ansicht der A GmbH unwirksamen Kündigungen der Beklagten. Diese hingegen haben gegenüber der A GmbH 120.000,00 Euro aufgrund zuviel gezahlter Franchisegebühren und Transportkosten geltend gemacht.
Hierbei handelt es sich nicht um denselben Gegenstand im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG, da diese Ansprüche weder wirtschaftlich identisch sind, noch demselben rechtlichen Interesse entspringen.
Hinsichtlich der Kündigungen der Franchiseverträge ist demgegenüber entgegen der Auffassung des Klägers nicht der einfache bzw. 2,75-fache Jahresumsatz der Geschäfte heranzuziehen. Vielmehr richtet sich der Gegenstandswert hier - worauf das Gericht bereits mehrfach hingewiesen hat - gemäß §§ 22, 23 Abs. 1 Satz 3 GKG in Verbindung mit §§ 3, 256 ZPO und § 41 GKG nach den von den Beklagten zu entrichtenden durchschnittlichen Jahres- bzw. 1,5-fachen Jahresfranchisegebühren im Fall der Beklagten zu 2).
Abzustellen ist hier auf das Interesse der Beklagten, das auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der A GmbH gerichtet war. Wäre zwischen dieser und den Beklagten keine Einigung über das Vertragsende erzielt und wären die Kündigungen demgemäss von der A GmbH nicht akzeptiert worden, so hätten die Beklagten in der Folge Klage auf Feststellung erheben müssen, das Vertragsverhältnis wirksam durch die ausgesprochenen Kündigungen beendet zu haben - oder die A GmbH hätte ihrerseits auf Zahlung rückständiger Franchisegebühren und Feststellung, dass die Verträge weiter fortbestehen, klagen müssen.
Auf den Jahresumsatz bzw. die zu erwartenden Gewinne käme es hingegen nur an, wenn die A GmbH etwa den Beklagten gekündigt hätte und diese unbedingt eine Fortführung der Vertragsverhältnisse hätten erreichen wollen (vgl. dazu BGHZ 77, 27-32, BGH in NJW-RR 1989, 378-380).
Da es sich bei einem Franchisevertrag um einen gemischten Vertrag handelt, der Elemente verschiedener Vertragsarten des BGB, vor allem aber auch Elemente eines Miet- oder Leasingvertrages enthält, hält das Gericht es insoweit für geboten, auf § 41 GKG abzustellen, wonach sich der Gegenstandswert nach dem jährlichen Mietzins bemisst. In Anlehnung daran ist hinsichtlich des Beklagten zu 1) von der unstreitigen durchschnittlichen Jahresfranchisegebühr von 18.000,00 Euro auszugehen, da dieser Franchisevertrag zum Ablauf eines jeden Vertragsjahres kündbar war, wohingegen der Vertrag mit der Beklagten zu 2) auf bestimmte Zeit - nämlich bis zum 28.2.2009 - geschlossen war und deswegen eine 1,5-fache Jahresfranchisegebühr angemessen erscheint.
Demzufolge sind den sich aus den addierten Schadensersatzforderungen ergebenden 470.000,00 Euro weitere 18.000,00 Euro Jahresfranchisegebühren bezüglich des Beklagten zu 1) und weitere 27.000,00 Euro 1,5-fache Jahresfranchisegebühren bezüglich der Beklagten zu 2) hinzuzurechnen, so dass sich insgesamt ein der Abrechnung zugrunde zu legender Gegenstandswert von 515.000,00 Euro ergibt.
Hieraus ist der Kläger berechtigt, gemäß §§ 13, 14 RVG in Verbindung mit Nr. 2400 VV RVG eine 1,5-fache Geschäftsgebühr in Höhe von insgesamt 4.719,00 Euro (1,5 x 3.146,00 Euro), gemäß § 13 Nr. 1000 VV RVG eine 1,5-fache Einigungsgebühr in Höhe von ebenfalls insgesamt 4.719,00 Euro zuzüglich Auslagenpauschale von 20,00 Euro und 16 % Umsatzsteuer, mithin insgesamt 10.971,28 Euro geltend zu machen. Abzüglich der unstreitig bereits gezahlten 4.343,20 Euro ergibt sich hieraus insgesamt eine noch offene Forderung von 6.628,08 Euro.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist diese Forderung auch nicht durch Vereinbarung vom 30.11.2006 um 2.000,00 Euro reduziert worden. Diese Übereinkunft sollte erkennbar nur für den Fall Bestand haben, dass die vom selben Tag datierende Teilzahlungsvereinbarung zustande kommt. Hierzu kam es allerdings aufgrund des von dem jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten erklärten Widerrufs dieser Vereinbarung nicht, so dass kein wirksamer Erlassvertrag zwischen den Parteien geschlossen wurde.
Hinzu kommen bezüglich des Beklagten zu 1) weitere 600,00 Euro aus der Abrechnung der Beratung in der gesellschaftsrechtlichen Angelegenheit. Die Höhe dieser Forderung ist zwischen den Parteien unstreitig. Auch kann sich der Beklagte zu 1) nicht mit Erfolg darauf berufen, die Forderung sei ihm in dieser Höhe erlassen worden. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Auch dieser Erlass stand im Zusammenhang mit dem wirksamen Zustandekommen der Teilzahlungsvereinbarung vom 30.11.2006, an der die Reduzierung der Forderungen vorliegend scheitert.
Zudem können sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, den Ansprüchen des Klägers einen eigenen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 49 b Abs. 5 BRAO entgegen halten zu können. Nachdem der Kläger konkret dargelegt hat, inwiefern er die Beklagten über die anstehende Abrechnung der Angelegenheit nach den gesetzlichen Gebührentatbeständen informiert hat, genügt es nicht, dass die Beklagten diese Aufklärung bestreiten. Vielmehr wäre es an den Beklagten gewesen, ihrerseits als insoweit darlegungs- und beweisbelastete Partei die Aufklärungspflichtverletzung des Klägers und den kausalen Schadenseintritt hinreichend konkret vorzutragen und unter Beweis zu stellen. Die pauschale Angabe, sich an ein Gespräch über die Vergütung nicht erinnern zu können, wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
Der Zinsanspruch besteht aus §§ 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO analog, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709; 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert:
11.804,08 Euro
LG Düsseldorf:
Urteil v. 08.07.2008
Az: 9 O 233/07
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