Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Mai 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 31/03
(BPatG: Beschluss v. 18.05.2004, Az.: 33 W (pat) 31/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 6. November 2000 die Wortmarke MANDATAR für folgende Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet worden:
"Verwaltung von Immobilien und Vermögen im Auftrage Dritter; Erledigung von Finanzbuchhaltungen und alle damit in Zusammenhang stehenden Aufgaben im Auftrage Dritter; Lohn- und Finanzbuchhaltung, Kontenpflege, Prüfen von Finanzbuchhaltungen; Verwaltung von Vereinen, nämlich Mitgliederverwaltung, Zahlungskontrolle, Kontenpflege".
Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Anmeldung durch Beschluß vom 28. November 2002 gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, daß das aus dem Lateinischen kommende Wort "Mandatar" Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe und daher dem maßgeblichen inländischen Verkehr ohne weiteres verständlich sei. Es bezeichne eine Person die im Auftrag bzw kraft Vollmacht eines anderen handle. In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen besage die Marke daher lediglich, daß diese von einem Mandatar erbracht würden.
Mit ihrer Beschwerde gegen diese Entscheidung beantragt die Anmelderin, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Sie trägt vor, daß diese Bezeichnung im relevanten bundesdeutschen Sprachgebrauch keinen Eingang gefunden habe, auch wenn der Begriff im Duden verzeichnet sei. Unter einem "Mandatar" werde entweder ein Volksvertreter in Österreich bezeichnet oder eine rechtswissenschaftlich ausgebildete Person, die ein Mandat im Auftrag Dritter annehme und diese vertrete.
Der Senat hat die Anmelderin unter Übersendung von Ermittlungsunterlagen auf Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Beschwerde hingewiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist nicht begründet.
Nach Auffassung des Senats fehlt der angemeldeten Bezeichnung "MANDATAR" hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft, so daß sie bereits wegen des absoluten Schutzhindernisses nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher im Ergebnis zu Recht gemäß § 37 Abs 1 MarkenG zurückgewiesen.
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2002, 540 - OMEPRAZOK). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus kein tatsächlicher Anhalt dafür, daß ihr die vorerwähnte Unterscheidungskraft und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr vgl BGH aaO - marktfrisch; BGH GRUR 1999, 1089 - YES).
Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem Erlaß der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs "Farbe Orange" (MarkenR 2003, S 277 ff) in Zukunft in vollem Umfang weiter aufrecht erhalten werden können. Jedenfalls wird die angemeldete Marke selbst den bisher vom Bundesgerichtshof aufgestellten niedrigeren Anforderungen an die Unterscheidungskraft nicht gerecht.
Das aus dem Lateinischen stammende Wort "Mandatar" wird von "mandare", zu Deutsch "übergeben", "anvertrauen", "Auftrag erteilen" abgeleitet (Kytzler/Redemund, Unser tägliches Latein, 5. Auflage, 1997, Seite 2127). Laut Duden wird als "Mandatar" zum einen jemand bezeichnet, der (z.B. ein Rechtsanwalt) im Auftrag bzw kraft Vollmacht eines anderen handelt sowie auch ein Österreichischer Abgeordneter (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Auflage, 2001, S 1046). Laut Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Auflage, 2002, ist ein "Mandatar" jemand "der im Auftrag eines anderen handelt, der ein Mandat erhalten hat" (S 648).
Allein die Aufnahme des Begriffes in die einschlägigen Lexika spricht entscheidend dafür, daß ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise, hier neben Fachkreisen, auch das allgemeine Publikum, das begehrte Markenwort ohne weiteres verstehen werden. Entgegen den Darlegungen der Anmelderin ist es üblich, im Duden die jeweiligen Begriffe nicht nur zu nennen, sondern auch zu erklären, so daß aus dieser Tatsache nichts hinsichtlich der Bekanntheit des Begriffs abgeleitet werden kann.
Entgegen der Auffassung der Anmelderin beschränkt sich die Verwendung des begehrten Ausdruckes im bundesdeutschen Sprachraum auch nicht auf die einschlägigen Lexika. Wie sich aus der Internetrecherche des Senats ergeben hat, wird der Begriff auch hier zahlreich verwendet. So findet sich beispielsweise eine Mitteilung, wonach der deutsche Entwicklungsdienst als "Mandatar des Bundes" Fachkräfte als Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfer in Länder Afrikas sendet (www.ded.de), das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in Brandenburg (www.zabbrandenburg.de) entscheidet über von einem "Mandatar" aufbereitete Förderanträge und vom Thüringer Finanzminister ist die deutsche PwC Deutsche Revisions AG als "Mandatar" beauftragt (www.thueringen.de).
Ein beschreibender Zusammenhang besteht dabei zu sämtlichen angemeldeten Dienstleistungen, die alle zur Klasse 36 gehören. Das Zeichen bringt in diesem Zusammenhang zum Ausdruck, dass die Anmelderin anbietet, als Beauftragte die entsprechenden Dienstleistungen für ihre potentiellen Kunden zu erledigen. Gerade auch im Bereich von Finanzdienstleistungen ist der Ausdruck besonders gebräuchlich. So bietet beispielsweise eine Inkassogesellschaft (www.inkassogmbh.de) ihre Dienste als "Inkasso-Mandatar" an.
Insgesamt werden die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Marke daher in Bezug auf die streitgegenständlichen Dienstleistungen in ihrem beschreibenden Gehalt erkennen und damit nicht als Betriebskennzeichen ansehen.
Der Senat neigt im übrigen zur Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses an dem beschreibenden Begriff, was hier jedoch keiner abschließenden Beurteilung mehr bedarf.
Vorsitzender Richter Winkler ist im Urlaub und daher verhindert zu unterschreiben Pagenberg Pagenberg Dr. Hock Cl
BPatG:
Beschluss v. 18.05.2004
Az: 33 W (pat) 31/03
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/38daf1d36f4f/BPatG_Beschluss_vom_18-Mai-2004_Az_33-W-pat-31-03