Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juli 2006
Aktenzeichen: 26 W (pat) 99/05

(BPatG: Beschluss v. 05.07.2006, Az.: 26 W (pat) 99/05)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Mai 2005 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch den angefochtenen Beschluss die Anmeldung der Wortmarke ActiveO2 Fitness Waterteilweise, nämlich für die Waren der Klasse 32:

Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, soweit in Klasse 32 enthalten; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken, soweit in Klasse 32 enthaltengemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Wortfolge entbehre für die in Anspruch genommenen Waren jeglicher Unterscheidungskraft, weil sie für diese Waren eine beschreibende Angabe darstelle. Sie sei aus den Bestandteilen "Active", "O2" und "Fitness Water" zusammengesetzt, die je für sich gesehen beschreibend seien und auch keine schutzfähige Gesamtmarke darstellten. Das Wort "Active" sei ein Hinweis darauf, dass die so gekennzeichneten Getränke zu einem aktiven, sportlichen Lebensstil beitrügen oder diesen unterstützten. Der Begriff sei im Zusammenhang mit Getränken gebräuchlich. Obwohl es sich um ein Wort der englischen Sprache handele, werde es von der Mehrzahl der Verkehrsteilnehmer ohne Weiteres mit dem deutschen Wort "aktiv" gleichgesetzt. Die Buchstabenkombination "O2" sei eine chemische Formel für das Element Sauerstoff. Als "O2" sei Sauerstoff einem entscheidungserheblichen Teil der Verkehrskreise bekannt. So genanntes "Sauerstoffwasser" sei bereits seit einiger Zeit im Handel und ausführlich von Medien diskutiert worden. Der Verbraucher werde der Angabe "O2" daher nur den Hinweis auf einen Inhaltsstoff des so gekennzeichneten Getränkes entnehmen. Entgegen der Auffassung der Anmelderin liege keine hinreichende Verfremdung durch die Einwort-Schreibweise der Bestandteile "active" und "O2" vor. Auch der weitere Bestandteil "Fitness Water" sei rein beschreibend. Der Begriff "Fitnesswasser" werde im Zusammenhang mit Mineralwässern bereits als beschreibende Angabe benutzt. Auch die Anmelderin selbst verwende auf ihrer Homepage in der Überschrift "Fitness-Getränke der neuen Generation" den Begriff im beschreibenden Sinne. "Water" sei dem deutschen Verkehr als Grundwort der englischen Sprache ohne Weiteres geläufig. Auch in der gewählten Kombination erreiche die Marke nicht das erforderliche Maß an Unterscheidungskraft. Die einzelnen Bestandteile erschienen vielmehr als bloße Aneinanderreihung beschreibender Angaben, ohne dass eine hinreichende syntaktische oder semantische Verfremdung feststellbar wäre. Zudem sei die Marke freihaltebedürftig. Da die einzelnen Bestandteile bereits beschreibend verwendet würden, müsse es den Mitbewerbern unbenommen bleiben, diese frei von Rechten Dritter zu verwenden.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, mit der sie die Aufhebung des Beschlusses begehrt. Sie ist der Auffassung, die angemeldete Marke verfüge über die erforderliche Unterscheidungskraft, weil ein beschreibender Begriffsinhalt in Bezug auf die angemeldeten Waren allenfalls nach gedanklicher Aufspaltung der Marke in ihre Bestandteile feststellbar sei. Eine semantische Analyse sei jedoch nicht zulässig. Jedenfalls die Bestandteile der angemeldeten Marke "ActiveO2" seien schutzbegründend. Diese Bezeichnung sei, wenn überhaupt, erst nach mehreren Übersetzungsvorgängen als "aktiver Sauerstoff" zu erkennen. Dieser Begriff habe aber für die angemeldeten Getränke keine hinreichend klare Bedeutung. Ebenso wenig bestehe ein Freihaltebedürfnis.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren steht weder das absolute Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG noch der Schutzversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

Nach letztgenannter Vorschrift sind unter anderem solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung der Waren bzw. Dienstleistungen dienen können. Dieses Eintragungsverbot dient dem im Allgemeininteresse liegenden Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren bzw. Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke zugunsten eines Unternehmens monopolisiert werden (EuGH GRUR 1999, 723, 725 Rn. 25 - CHIEMSEE; GRUR 2004, 680, 681 Rn. 35, 36 - BIOMILD). Die Voraussetzungen dieses Eintragungsverbots sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. Es kann dahinstehen, ob die einzelnen Bestandteile der angemeldeten Wortfolge jeweils für sich freihaltebedüftig gewesen wären. Jedenfalls ist die angemeldete Gesamtbezeichnung in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht freihaltebedürftig. Hierfür ist maßgeblich, dass es sich ungeachtet der Markenbestandteile "Fitness" und "Water" bei dem Bestandteil "ActiveO2" um eine noch schutzfähige Bezeichnung handelt. Trotz intensiver Recherchen des Senats ist nicht feststellbar, dass die Einwort-Schreibweise "activeO2" für die Beschreibung der betreffenden Waren verwendet wird. Die Kombination "active O2" wird als Merkmalsbeschreibung von der Konkurrenz der Anmelderin nicht benötigt, denn "Aktiv-Sauerstoff" (Wasserstoffperoxid <H2O2>, vgl. http://de.wikipedia.org/ wiki/Wasserstoffperoxid) ist als Reinigungs-, Bleich- und Desinfektionsmittel für die angemeldeten Waren ohne Bedeutung und eignet sich insbesondere nicht als Inhaltsstoff.

Der angemeldeten Wortkombination steht auch nicht das Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Nach dieser Vorschrift können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2005, 258, 259 - Roximycin). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (stdg. Rspr., BGH GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHÖN; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist auch bei einer Wortfolge in der Regel bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen (BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft m. w. N.).

Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke "ActiveO2 Fitness Water" im Hinblick auf die Waren "Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, soweit in Klasse 32 enthalten; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken, soweit in Klasse 32 enthalten" in ihrer konkreten Gestaltung nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Hierzu tragen zwar die Worte "Fitness" und "Water" als werbende bzw. rein beschreibende Begriffe nichts bei. Wie oben bereits erläutert, handelt es sich jedoch bei dem Bestandteil "ActiveO2" in seiner konkreten Ausgestaltung um eine Bezeichnung, bei der sich nicht bereits auf den ersten Blick, sondern erst aufgrund einer zergliedernden Betrachtung ergibt, dass darin die Bestandteile "active" und "O2" enthalten sind und die Marke daher nicht "Aktiveozwei" heißt, sondern "äktif-O-tu" oder "äktif-O-zwei" ausgesprochen wird, soweit der angesprochene Verkehr überhaupt die chemische Abkürzung O2 für molekularen Sauerstoff versteht, und hierin einen Hinweis auf mit Sauerstoff (O2) angereichertes Getränk sieht, das zu einem aktiven (active), sportlichen Lebensstil beitragen oder diesen unterstützen soll (vgl. BPatG, Beschl. v. 21. April 2004 - 32 W (pat) 316/02 - Oxy-FAST; Beschl. v. 27. Januar 2003 - 30 W (pat) 237/01 - DUO-ACTIVE). Dieser Rechtsauffassung steht auch nicht die von der Markenstelle zitierte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs "biomild" entgegen, wonach ein aus zwei (oder mehreren) rein beschreibenden Begriffen zu einem einzigen zusammengesetzter Gesamtbegriff ungeachtet des Vorliegens einer Wortneuschöpfung von der Eintragung ausgeschlossen bleibt, wenn sich durch die Wortkombination kein über den bloß beschreibenden Inhalt jedes einzelnen Wortbestandteils hinausgehender weitergehender Sinngehalt ergibt (EuGH GRUR 2004, 680, 682, EG 43). Anders als bei der Wortkombination "biomild" lässt sich vorliegend jedoch wegen der durchaus ungewöhnlichen (und auch nicht üblichen) Kombination eines werbenden Schlagwortes mit einem chemischen Element zu einem neuen Gesamtbegriff, dessen Aussprache sich, wie oben erwähnt, zudem nicht ohne weiteres Nachdenken erschließt, ein Mindestmaß an sprachlicher Auffälligkeit jedenfalls in dem Bestandteil "ActiveO2" feststellen, das der angemeldeten Marke eine hinreichende, aber auch den Schutzumfang auf die konkrete Gestaltung begrenzende Eigenprägung verleiht.






BPatG:
Beschluss v. 05.07.2006
Az: 26 W (pat) 99/05


Link zum Urteil:
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