Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. September 2003
Aktenzeichen: 6 W (pat) 34/02
(BPatG: Beschluss v. 11.09.2003, Az.: 6 W (pat) 34/02)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 03 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Dezember 2001 aufgehoben und das Patent erteilt.
Bezeichnung: Vorrichtung zum Sanieren von Kanälen.
Anmeldetag: 23. September 1999 Die Priorität der Anmeldung in Deutschland vom 24. September 1998 ist in Anspruch genommen.
(Aktenzeichen der Erstanmeldung: DE 298 17 047.7)
Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 23, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 11. September 2003, Beschreibung Seiten 1 bis 11, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 11. September 2003, 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 und 2 gemäß Offenlegungsschrift.
Gründe
I Die Beschwerde der Anmelderin ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 03 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Dezember 2001 gerichtet, mit dem die vorliegende Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen worden ist, dass die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 11 und 13 nicht patentfähig seien, da sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.
Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind zum Stand der Technik die folgenden Druckschriften berücksichtigt worden:
1. DE 296 04 954 U1 2. DE 44 10 900 A1 3. DE 93 13 379 U1 4. DE 87 07 049 U1 5. EP 0 251 607 B1 Gegen den vorgenannten Beschluss hat die Anmelderin am 21. Januar 2002 Beschwerde eingelegt. Sie hat in der mündlichen Verhandlung neue Patentansprüche 1 bis 23 sowie neue Beschreibungsseiten 1 bis 11 vorgelegt und beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent unter Inanspruchnahme der Priorität der Anmeldung in Deutschland vom 24. September 1998 - Az. 298 17 047.7 mit folgenden Unterlagen zu erteilen: Patentansprüche 1 - 23, angepasste Beschreibung (Seiten 1 - 11) (jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung) und 2 Blatt Zeichnungen lt. Offenlegungsschrift.
Der Patentanspruch 1 lautet:
"Vorrichtung zum Sanieren von Kanälen, insbesondere Abwasserkanälen, mit einer in den zu sanierenden Kanal einbringbaren und in diesem aufweitbaren, aus einem Zuschnitt gebildeten Hülse zum Auskleiden des Kanals, welche an Endabschnitten des Zuschnitts sich im montierten Zustand gegenüberliegende Überlappungsabschnitte aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass in den Überlappungsabschnitten (6, 8) Ausnehmungen oder Durchbrechungen (10) zur Aufnahme von Klebstoff ausgebildet sind und es während der Aufweitung zu einer Verklebung der die Ausnehmungen oder Durchbrechungen (10) durchdringenden Pfropfen aus Klebstoff, die an den sich gegenüberliegenden Überlappungsabschnitten (6, 8) ausgebildet und in einem klebrigen, pastösen und noch nicht vollständig ausgehärteten Zustand sind, kommt, wodurch die Überlappungsabschnitte (6, 8) aneinander fixiert werden."
Laut Beschreibung (S. 2, Abs. 4) soll die Aufgabe gelöst werden, eine Vorrichtung der eingangs genannten Art anzugeben, die die Nachteile des Standes der Technik weitgehend vermeidet und insbesondere einen präzisen, fehlerfreien Einbau ermöglicht und eine hohe Festigkeit im montierten Zustand aufweist.
Hinsichtlich der Ansprüche 2 bis 23 sowie weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick auf die geltenden Unterlagen auch begründet.
1. Die Gegenstände der geltenden Patentansprüche sind in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen offenbart und die Patentansprüche somit zulässig. Der Anspruch 1 geht auf den ursprünglichen Anspruch 1 i. V. m. S. 10, Abs. 3 der ursprünglichen Beschreibung zurück. Die Ansprüche 2 bis 23 ergeben sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 5 und 7 bis 24.
2. Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung i.S.d. PatG § 1 bis § 5 dar.
a. Die Vorrichtung zum Sanieren von Kanälen gemäß dem Patentanspruch 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu.
Keine der entgegengehaltenen Druckschriften zeigt eine Vorrichtung zum Sanieren von Kanälen mit sich im montierten Zustand gegenüberliegenden Überlappungsabschnitten, wobei in beiden Überlappungsabschnitten Ausnehmungen oder Durchbrechungen ausgebildet sind. Beim gesamten Stand der Technik sind - wenn überhaupt - höchstens an einem der Überlappungsabschnitte Ausnehmungen oder Durchbrechungen vorgesehen.
b. Der Gegenstand des Anspruchs 1 der vorliegenden Anmeldung, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist auch das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.
Wie bereits beim Neuheitsvergleich ausgeführt, weist der gesamte nachgewiesene Stand der Technik keine Vorrichtung zum Sanieren von Kanälen auf, bei der in beiden Überlappungsabschnitten Ausnehmungen oder Durchbrechungen vorgesehen sind.
Während beim Stand der Technik nach der DE 296 04 954 U1 (vgl. S. 6, Z. 11 bis 14), der DE 44 10 900 A1 (vgl. Fig. 1), der DE 93 13 379 U1 (vgl. S. 8, letzter Abs. und Fig. 2) oder der EP 0 251 607 B1 (vgl. Anspruch 3 sowie Fig. 3 und 4) lediglich in einem der Überlappungsabschnitte zumindest eine Durchbrechung vorgesehen ist, sind die Überlappungsabschnitte nach der DE 87 07 049 U1 gänzlich ohne Ausnehmungen oder Durchbrechungen ausgebildet. In der DE 44 10 900 A1 sind die Durchbrechungen auch nicht in dem einen der Überlappungsabschnitte selbst, sondern in Rastbändern ausgebildet, welche z.B. durch Punktschweißen an dem einen Überlappungsabschnitt befestigt sind (vgl. Fig. 1 und Sp. 3, Z. 23 bis 33).
Diese, vom Stand der Technik her bekannten Ausnehmungen oder Durchbrechungen in einem der Überlappungsabschnitte bilden einen Teil einer Sperrverrastung, um in stufenweiser Verstellung unterschiedliche Innendurchmesser in den zu sanierenden Kanalabschnitte kompensieren zu können und um zu verhindern, dass die einmal aufgeweitete Hülse wieder in ihren Ursprungszustand zurückkehren kann. Erfindungsgemäß dagegen ist jedoch vorgesehen, dass in beiden Endabschnitten Ausnehmungen oder Durchbrechungen zur Aufnahme von Klebstoff ausgebildet sind und es während des Aufweitens zu einer Verklebung der die Ausnehmungen oder Durchbrechungen durchdringenden Pfropfen aus Klebstoff kommt, wobei die Pfropfen an den sich gegenüberliegenden Überlappungsabschnitten ausgebildet sind und in einem klebrigen, pastösen und noch nicht vollständig ausgehärteten Zustand sind, wodurch die Überlappungsabschnitte aneinander fixiert werden.
Eine Anregung in diese Richtung erhält der Fachmann somit aus dem nachgewiesenen Stand der Technik nicht, da dort - wenn überhaupt - nur in einem der Überlappungsabschnitte Ausnehmungen oder Durchbrechungen vorgesehen sind, welche auch einem gänzlich anderen Zweck dienen, so dass der nachgewiesene Stand der Technik weder einzeln noch in einer Zusammenschau den Fachmann zur erfindungsgemäßen Lehre anzuregen vermag.
Der Anspruch 1 ist somit gewährbar. Das gleiche gilt für die auf diesen Anspruch rückbezogenen Ansprüche 2 bis 23, die auf Merkmale zur Weiterbildung der Vorrichtung nach Anspruch 1 gerichtet sind.
Dr.-Ing. Lischke Heyne Riegler Schneider Cl
BPatG:
Beschluss v. 11.09.2003
Az: 6 W (pat) 34/02
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