Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. März 2000
Aktenzeichen: 28 W (pat) 54/00

(BPatG: Beschluss v. 01.03.2000, Az.: 28 W (pat) 54/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 29 - vom 14. Oktober 1998 und vom 2. Dezember 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortfolge Land Artfür die Waren

"Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild, Fleischextrakte, konserviertes, getrocknetes, gekochtes Obst und Gemüse, Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtsoßen, Eier, Milch und Milchprodukte, Speiseöle und Fette;

Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel, Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis, Honig, Melassesirup, Hefe, Backpulver, Salz, Senf, Essig, Soßen (Würzmittel), Gewürze, Kühleis;

Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten;

Verpflegung, Beherbergung von Gästen, ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schönheitspflege, Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin und Landwirtschaft, Rechtsberatung und -vertretung, wissenschaftliche und industrielle Forschung, Erstellen von Programmen in der Datenverarbeitung, Dienstleistungen, die nicht in die Klassen 35 bis 41 fallen".

Die Markenstelle für Klasse 29 hat die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, daß es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine reine Sachaussage in Richtung "auf eine Weise hergestellt oder erbracht, die der des Landes (im Gegensatz zur Stadt) entspricht," handelt. "Land Art" sei in einer Linie zu sehen wie "glückliche Eier von glücklichen Hühnern", "Fleisch von biologisch gefütterten Tieren", "naturbelassenes Gemüse, Obst und Getreide und daraus hergestellte Lebensmittel". Auch bestehe ein Freihaltebedürfnis, da es sich um einen wichtigen verkaufsfördernden schlagwortartigen Hinweis handele.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er ist der Auffassung, bei dem angemeldeten Zeichen handele es sich um eine Wortneuschöpfung, die in keinem Lexikon verzeichnet sei. Auch bestehe kein tatsächlicher Anhaltspunkt für die behauptete Assoziation mit "naturbelassenen Produkten". Demzufolge sei die von der Markenstelle vorgenommene Interpretation gekünstelt und lebensfremd.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung der Wortfolge in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis des Freihaltebedürfnisses (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) noch das der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) entgegen.

Die angemeldete Wortfolge ist nicht deshalb von der Eintragung ausgeschlossen, weil sie zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG dienen kann. Weder die Markenstelle noch der Senat konnten Feststellungen treffen, daß auf dem Gebiet der beanspruchten Waren und Dienstleistungen Begriffe "nach Landes Art" oder "nach Art des Landes" (im Sinne von "landestypisch", "vom Lande" oder ähnlichem) Verwendung finden; erst recht finden sich solche Ausdrücke nicht in sprachlicher Verdichtung wie die angemeldete Wortfolge. Zwar spielt der Begriff "Land" in Bezug auf Lebensmittel eine wichtige Rolle, doch lassen sich selbst bei der gängigen Aussage "Land-Eier" keine Erkenntnisse dahin treffen, daß man in diesem Zusammenhang etwa von Eiern nach "Land Art" spricht. Im Ergebnis muß der Senat daher davon ausgehen, daß die beanspruchte Wortfolge für sich allein genommen inhaltsleer und mithin zur Merkmalsbezeichnung nicht geeignet ist.

Der Wortfolge "Land Art" fehlt auch nicht jegliche Unterscheidungskraft. Unterscheidungskraft im Sinne der Vorschrift des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Dabei nimmt der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so auf wie es ihm entgegentritt und unterzieht es keiner analysierenden Betrachtungsweise (BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH; BGH MarkenR 1999, 349, 355 - Yes und FOR YOU). Bei der Beurteilung ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede, auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucksache XII/6581, S 70 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S 64). Kann demnach einer Wortmarke kein für die in Frage stehenden Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das von Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Diese (konkrete) Unterscheidungseignung kann der angemeldeten Wortfolge für die in Betracht zu ziehenden Waren nicht abgesprochen werden.

Eine warenbeschreibende Sachangabe, die auf bestimmte Eigenschaften der Waren selbst Bezug nimmt, kann weder den Feststellungen der Markenstelle entnommen werden, noch konnte der Senat selbst in dieser Richtung Tatsachen ermitteln. Insbesondere gelangt man auf die von der Markenstelle herangezogenen Bedeutung "naturbelassen" ausschließlich über mehrere analysierende Zwischenschritte, die dem Verkehr nach der Lebenserfahrung nicht einfach unterstellt werden dürfen und die bei der markenrechtlichen Prüfung außer Acht zu bleiben haben. Ob der Verkehr die mit dem angemeldeten Zeichen identische Kunstrichtung "Landart", bei der Aktionen im Freien im Mittelpunkt stehen, durch die die Landschaft künstlich verändert wird (Duden, Das Große Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd 4, s 2053), erkennen wird, erscheint dem Senat fraglich. Selbst wenn der Verkehr aber nicht von einer reinen Phantasiebezeichnung ausgehen würde, enthält diese lexikalische Bedeutung jedoch keinerlei Warenbeschreibung.

Nach den getroffenen Feststellungen handelt es sich bei "Land Art" auch nicht um ein allgemein gebräuchliches Wort der Alltagssprache, so daß vor dem Hintergrund des Eintragungsanspruchs der Anmelderin nach § 33 MarkenG dem angemeldeten Zeichen nicht jegliche Eignung, betriebskennzeichnend zu wirken, abgesprochen werden kann.

Der angefochtene Beschluß war somit aufzuheben.

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Beschluss v. 01.03.2000
Az: 28 W (pat) 54/00


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