Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 22. Juli 2009
Aktenzeichen: 13 B 830/09

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 22.07.2009, Az.: 13 B 830/09)

Das Eisenbahnregulierungsrecht enthält keine Vorschriften, die den Zugangsberechtigten betriebswirtschaftliche Risiken für die Durchführung von Eisenbahnverkehrsleistungen abnehmen will.

Der Anspruch auf diskriminierungsfreien Zugang zur Netzinfrastruktur verlangt nicht, dass noch nicht marktfähigen Markteinsteigern über den Abschluss eines Rahmenvertrags der Marktzutritt in der Weise ermöglicht wird, dass mit dessen Hilfe die weiteren sächlichen und personellen Voraussetzungen erst in der Zukunft, also während der Laufzeit des Rahmenvertrags geschaffen werden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. Mai 2009 geändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. März 2009 wird angeordnet.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen hat, trägt die Antragsgegnerin; die Kosten des Beschwerdever-fahrens tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladene jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 50.000, Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen und eine Betreiberin von Schienenwegen. Die Beigeladene begehrt als Eisenbahnverkehrsunternehmen und als sog. Zugangsberechtigte von der Antragstellerin den Abschluss eines Rahmenvertrags mit zeitversetztem Beginn. Beim Abschluss eines Rahmenvertrags werden Zeitfenster in Form von Bandbreiten vereinbart, innerhalb derer eine Trasse zur Verfügung zu stellen ist. Rahmenverträge sollen nach § 13 Abs. 5 der Eisenbahninfrastrukturbenutzungsverordnung (EIBV) grundsätzlich eine Laufzeit von fünf Jahren haben.

Im Januar 2008 lehnte die Antragstellerin den Antrag der Beigeladenen auf Abschluss eines zeitversetzt beginnenden Rahmenvertrags ab, weil die Betriebsaufnahme der rahmenvertraglich zu sichernden Verkehre nicht zum nächstmöglichen Netzfahrplan, sondern zeitversetzt erfolgen solle. Anmeldungen für Rahmenverträge mit zeitversetztem Betriebsbeginn will die Antragstellerin als aperiodische Verträge nach § 13 Abs. 11 EIBV behandeln und nachrangig bearbeiten. Demgegenüber wies die Beigeladene darauf hin, dass sie als Markteinsteigerin auf einen möglichst frühen Abschluss eines Rahmenvertrags mit einer mindestens zweijährigen Vorlaufzeit zwischen Rahmenvertragsabschluss und Betriebsaufnahme angewiesen sei, weil sie in der Zwischenzeit Eisenbahnfahrzeuge beschaffen müsse, für die es keinen Gebrauchtmarkt gebe. Mit Bescheid vom 18. März 2009 untersagte die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA) der Antragstellerin, Anträge von Zugangsberechtigten auf Abschluss periodischer Rahmenverträge mit zeitversetzter Betriebsaufnahme abzulehnen und als Antrag auf Abschluss eines aperiodischen Rahmenvertrags zu behandeln. Des Weiteren gab die BNetzA der Antragstellerin auf, den Antrag der Beigeladenen zu bearbeiten und sie über den Eingang von Anträgen auf Abschluss von periodischen Rahmenverträgen mit zeitversetzter Betriebsaufnahme zu informieren. Die Verfügungen der BNetzA waren mit der Androhung eines Zwangsgelds für den Fall der gänzlichen oder teilweisen Nichtbefolgung verbunden.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen Ziff. 1 bis 6 des Bescheidtenors der Antragsgegnerin vom 18. März 2009 anzuordnen, zu Unrecht abgelehnt. Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Abwägung zwischen dem Interesse der Antragstellerin, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts bis zur abschließenden Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse einer möglichst schnellen Durchsetzung der Verfügung fällt aus Sicht des Senats zum Nachteil der BNetzA aus, soweit sie der Antragstellerin die Ablehnung von Anträgen auf Abschluss eines periodischen Rahmenvertrags (Ziff. 1), die Behandlung eines solchen Antrags als Antrag auf Abschluss eines aperiodischen Rahmenvertrags (Ziff. 2) untersagt sowie sie verpflichtet hat, solche Anträge zu bearbeiten (Ziff. 3). Dies gilt auch für die in Ziff. 4 des Bescheidtenors verfügte Verpflichtung, die BNetzA unverzüglich über den Eingang solcher Anträge zu informieren, und für die in Ziff. 5 und 6 des Verfügungssatzes bestimmte Zwangsgeldandrohung.

1. Nach Auffassung des Senats sind die Voraussetzungen für das Ergehen von Ziff. 1 des Bescheidtenors bei summarischer Prüfung nicht gegeben. Die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage des § 14c Abs. 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) liegen nicht vor. Nach dieser Bestimmung kann die Regulierungsbehörde in Wahrnehmung ihrer Aufgaben gegenüber öffentlichen Eisenbahninfrastrukturunternehmen die Maßnahmen treffen, die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße gegen die Vorschriften des Eisenbahnrechts über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur erforderlich sind.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht allerdings erkannt, dass diese Befugnisnorm nicht voraussetzt, dass bereits ein Verstoß begangen wurde. Für das von der Antragsgegnerin angeführte Diskriminierungsverbot bedeutet dies, dass es auch dann schon Prüfungskriterium sein kann, wenn eine sachlich nicht begründete unterschiedliche Behandlung von Zugangsberechtigten tatsächlich noch nicht gegeben ist, die hinreichende Möglichkeit einer solchen Behandlung aber besteht.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. November 2008 13 B 1543/08 , N&R 2009, 68.

Anders als das Verwaltungsgericht sieht der Senat jedoch eine eisenbahnrechtliche Diskriminierung i. S. v. § 14 Abs. 1 Satz 1 AEG und § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 EIBV im vorliegenden Fall nicht als gegeben an. Aus diesen Bestimmungen folgt das Recht des Wettbewerbers auf diskriminierungsfreie Zugangsgewähr zur Eisenbahninfrastruktur.

Das Oberverwaltungsgericht NRW geht in ständiger Rechtsprechung von einem eigenständigen eisenbahnrechtlichen Diskriminierungsbegriff aus. Eine Diskriminierung liegt dann vor, wenn Eisenbahnverkehrsunternehmen beim Zugang zur Eisenbahninfrastruktur ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich behandelt werden.

Vgl. zuletzt Beschluss vom 19. November 2008 13 B 1543/08 , a. a. O.

Der Begriff der Diskriminierung orientiert sich am Wettbewerbsziel des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb auf der Schiene beim Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen und dem Betrieb von Eisenbahninfrastrukturen sicherzustellen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG). Die Auslegung der nationalen Vorschriften wird auch bestimmt von der Richtlinie 2001/14/EG und insbesondere von dem Erwägungsgrund 11, nach dem bei den Entgelt und Kapazitätszuweisungsregelungen allen Unternehmen ein gleicher und nicht diskriminierender Zugang geboten werden und soweit wie möglich angestrebt werden sollte, den Bedürfnissen aller Nutzer und Verkehrsarten gerecht und in nicht diskriminierender Weise zu entsprechen (vgl. auch Erwägungsgründe 5, 46, und 49 sowie Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie).

Es bedarf vorliegend keiner Ausführungen dazu, ob § 14 Abs. 1 Satz 1 AEG einen subjektivöffentlichen Zugangsanspruch vermittelt und sich in der Weise untergliedern lässt, dass überhaupt Zugang zu gewähren ist, und zum anderen dass die Bedingungen der Anschlussgewährung nicht diskriminierend sind.

Vgl. etwa Kramer in: Kunz, Eisenbahnrecht Systematische Sammlung mit Erläuterung der deutschen, europäischen und internationalen Vorschriften, Loseblatt, Stand August 2008, A 4.1, § 14 AEG, Rn. 1, m. w. N.

Jedenfalls verlangt das Diskriminierungsverbot grundsätzlich, dass im Hinblick auf die Bedingungen des Zugangs zu Leistungen formale Gleichheit gewahrt wird.

Zu § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996 vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2006 - 6 C 1.03 , BVerwGE 120, 54 = NVwZ 2004, 871, 872.

Indessen ist nicht allein auf den Gesichtspunkt der formalen Gleichheit abzustellen, denn anderenfalls könnte allen Eisenbahnverkehrsunternehmen der Zugang gleichermaßen verwehrt werden und eine Diskriminierung der Wettbewerber des Eisenbahninfrastrukturunternehmens läge aus Gründen einheitlicher Behandlung nicht vor. Deshalb sind beispielsweise das Eisenbahninfrastrukturunternehmen und dessen Tochterunternehmen als Vergleichsgruppe zu bestimmen und die Wettbewerber als andere Vergleichsgruppe.

Vgl. auch Serong, N&R 2009, 108, 111 ff.

Bezogen auf den von der Beigeladenen beanspruchten Rahmenvertrag, der in § 2 Nr. 9 der EIBV als Vereinbarung über die Rechte und Pflichten eines Antragstellers und des Betreibers der Schienenwege in Bezug auf die zuzuweisenden Zugtrassen und die zu erhebenden Entgelte über einen längeren Zeitraum als eine Netzfahrplanperiode definiert wird (vgl. auch Art. 2 lit. f) der Richtlinie 2001/14/EG), bedeutet die Anwendung dieses Maßstabs, dass ein Verstoß gegen das eisenbahnrechtliche Diskriminierungsverbot weder bereits gegeben ist noch droht. Im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung kann der Senat nicht feststellen, dass eine Verpflichtung der Antragstellerin zum Abschluss von Rahmenverträgen mit zeitversetzter Betriebsaufnahme aus § 14a AEG sowie § 13 EIBV besteht.

Es dürfte bereits an einer Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem fehlen. Denn im Unterschied zu anderen Wettbewerbern der Antragstellerin verfügt die Beigeladene nicht über entsprechende Zuggarnituren, um ihr Geschäftsmodell mit Abschluss eines Rahmenvertrags auch (zeitnah) umsetzen zu können. Vielmehr plant die Beigeladene bislang, zwei Verbindungen im Schienenpersonenfernverkehr aufzunehmen. Es handelt sich dabei um die Linie C. - G. /Süd über I. und L. sowie um die Linie I1. - T. über I. und G. /Süd. Der Beigeladenen ist zwar die Genehmigung zur Erbringung von Eisenbahnverkehrsleistungen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AEG erteilt worden. Die notwendige Finanzierung für die Anschaffung der Zuggarnituren will die Beigeladene aber erst aufgrund des Abschlusses eines Rahmenvertrags erreichen und verfolgt deshalb das Ziel des Abschlusses eines sog. periodischen Rahmenvertrags mit zeitversetztem Beginn.

Die Ablehnung des Abschlusses eines solchen Rahmenvertrags findet zudem ihren sachlich rechtfertigenden Grund in dem oben beschriebenen Sachverhalt. Es ist der Antragsgegnerin und dem Verwaltungsgericht zwar zuzugeben, dass es für Markteinsteiger entscheidend sein kann, vor der Beschaffung von Fahrzeugen zu wissen, ob diese auch einsetzbar sind. Gerade Markteinsteiger wie die Beigeladene haben ein elementares Interesse an Planungssicherheit beim Eingehen von Verbindlichkeiten. Bezogen hierauf kann eine Vereinbarung über die Inanspruchnahme einer Zugtrasse, die längstens bis zum Ende einer Netzfahrplanperiode geschehen kann (§ 11 Abs. 2 EIBV), die gewünschte Planungssicherheit nicht gewährleisten. Deshalb sind Vereinbarungen über die Nutzung von Zugtrassen für einen längeren Zeitraum als eine Netzfahrplanperiode nach § 14a AEG auch für Markteinsteiger von wesentlicher Bedeutung. Eine sachlich ungerechtfertigte Behandlung liegt indes nicht vor, weil die Antragstellerin alle derartigen Anträge gleichermaßen bearbeiten und behandeln will.

Der Fall einer versteckten Diskriminierung ist ebenfalls nicht gegeben. Der Senat hat hierzu im Zusammenhang mit dem Transparenzgebot ausgeführt, dass eine Diskriminierung für den Fall denkbar sei, dass eine Regelung in den Nutzungsbedingungen theoretisch zwar für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen gleich gelte, faktisch aber unterschiedlich wirke, indem ihre Intransparenz das eine Unternehmen unzumutbar beim Infrastrukturzugang behindere, das andere Unternehmen aber nicht.

Vgl. Beschluss vom 28. Januar 2008 13 B 2024/07 , N&R 2008, 102.

Diese Rechtsausführungen erfolgten vor dem Hintergrund, dass bei der Verwendung von Infrastrukturnutzungsbedingungen trotz inhaltlicher Übereinstimmung von Vertragsbestimmungen diese gleichwohl sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen zur Folge haben können, wenn Unklarheiten der Nutzungsbedingungen Wettbewerber des Eisenbahninfrastrukturunternehmens unzumutbar benachteiligen. Die Intransparenz einer Klausel kann danach Ausdruck der Beeinträchtigung des Wettbewerbers sein. Einen solchen Verstoß hat der Senat im Eisenbahnregulierungsrecht aber bislang noch nicht festgestellt. Auch vorliegend ist ein solcher Fall nicht gegeben.

Ob, wie die Antragstellerin meint, von einer Existenzgefährdung der Beigeladenen keine Rede sein könne, wenn diese zum jetzigen Zeitpunkt einen Rahmenvertrag mit ihr nicht abschließen könne, muss der Senat nicht entscheiden. Jedenfalls steht hier nicht der Wettbewerb auf der Schiene in Rede, deren Förderung die Richtlinie 2001/14/EG sowie das Allgemeine Eisenbahngesetzt (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG) anstreben, sondern es geht um den Wettbewerb um die Schiene. Ein innerer Zusammenhang zwischen Rahmenverträgen und dem Wettbewerb um die Schiene besteht von Gesetzes wegen aber nicht. Es ist zwar richtig, dass die langfristige Sicherung von Bandbreiten durch einen Rahmenvertrag bei Beginn der ersten Rahmenvertragsperiode einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil darstellt. Der Anspruch auf einen diskriminierungsfreien Zugang zur Netzinfrastruktur verlangt aber nicht, dass noch nicht marktfähigen Markteinsteigern über den Abschluss eines Rahmenvertrags der Marktzutritt in der Weise ermöglicht wird, dass mit Hilfe des Rahmenvertrags die weiteren sächlichen und personellen Voraussetzungen erst in der Zukunft, also während der Laufzeit des Rahmenvertrags geschaffen werden. Würde man die Antragstellerin zum Abschluss von Rahmenverträgen mit zeitversetztem Betriebsbeginn verpflichten, erreichte man unter Umständen das Gegenteil dessen, was die Richtlinie 2001/14/EG sowie das Allgemeine Eisenbahngesetz anstreben. Das Ziel des Wettbewerbs auf der Schiene wäre in der Zeit, in der die Nutzung des Rahmenvertrags noch nicht gewährleistet wäre, möglicherweise insoweit nicht erreicht. Die materiellrechtlichen Vorschriften des Eisenbahnrechts enthalten keine Verpflichtung, kleineren Markteinsteigern die Marktfähigkeit mit Hilfe von bahnregulatorischen Maßnahmen zu ermöglichen. Im Unterschied zu § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB enthalten weder § 14 AEG noch § 13 EIBV eine Regelung, die den Zugang zum Markt fördern wollen, wenn es dem Zugang begehrenden Unternehmen ohne die Mitbenutzung der Infrastruktureinrichtungen des marktbeherrschendes Unternehmens nicht möglich ist, auf dem Markt als Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens tätig zu werden. Ein derartiges eisenbahnrechtliches Programm wäre vom Gesetzgeber selbst zu beschließen und kann nicht von dem Rechtsanwender des Eisenbahnrechts geschaffen werden.

Abgesehen von diesen rechtlichen Erwägungen kommen im vorliegenden Fall noch einzelfallbezogene Umstände hinzu, die eine zeitnahe Aufnahme des Betriebs der Beigeladenen nicht mit der hinreichenden Gewissheit als sicher erscheinen lassen. Derzeit ist nämlich nicht absehbar, wann die Beigeladene bei Abschluss eines entsprechenden Rahmenvertrags die Marktfähigkeit erreichen würde. Ihr Geschäftsmodell und die geplante Umsetzung hat die Beigeladene aus Sicht des Senats nicht in der Weise präzisiert, dass ihr Geschäftsmodell mit hoher Wahrscheinlichkeit zeitnah umsetzbar und insbesondere finanzierbar ist.

Fasst man die vorstehenden Erwägungen zusammen, ist festzustellen, dass das materielle Eisenbahnregulierungsrecht keine Vorschriften enthält, die den Zugangsberechtigten betriebswirtschaftliche Risiken für die Durchführung von Eisenbahnverkehrsleistungen abnehmen will. Der Gesetz und Verordnungsgeber hat mit der Schaffung des § 14a AEG sowie des § 13 EIBV, die Art. 17 der Richtlinie 2001/14/EG umsetzen, nicht beabsichtigt, dass es Markteinsteigern möglich sein muss, Rahmenverträge zur nächsten Rahmenfahrplanperiode anzumelden, auch wenn sie die durch den Rahmenvertrag gewährte Infrastruktur noch nicht nutzen können.

Auch kommen Möglichkeiten einer sinnvollen Sanktion bei nicht zeitgerechter Nutzung der durch den Rahmenvertrag zur Verfügung gestellten Eisenbahninfrastruktur nicht in Betracht. Zwar sind nach § 13 Abs. 3 EIBV im Rahmenvertrag Regelungen über dessen Änderung oder Kündigung vorzusehen und es können für diese Fälle auch Vertragsstrafen vereinbart werden. Allerdings kann der Senat nicht erkennen, dass derartige Vertragsbestimmungen der Förderung des Wettbewerbs auf der Schiene unmittelbar förderlich sind. Denn zu erwarten wären Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien darüber, ob die Voraussetzungen der Vertragssanktion gegeben sind. Eine zeitnahe Klärung solcher Fragen erscheint aber ausgeschlossen.

Die Erwägungen des Senats zu Ziff. 1 des beanstandeten Bescheids der BNetzA vom 18. März 2009 gelten auch für dessen Ziff. 2 und 3. Im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung begegnet daher die Untersagung, Anträge auf Abschluss eines Rahmenvertrags mit zeitversetztem Betriebsbeginn als Antrag auf Abschluss eines aperiodischen Rahmenvertrags zu behandeln, den gleichen rechtlichen Bedenken, weil ein Verstoß gegen eisenbahnrechtliche Vorschriften über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur nicht ersichtlich ist. Dies gilt auch für die unter Ziff. 3 in dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Verpflichtung, Anträge auf Abschluss von Rahmenverträgen in der beschriebenen Art zu bearbeiten.

2. Für das Auskunftsverlangen gemäß Ziff. 4 des Bescheidtenors steht gleichfalls keine Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung. Der von der BNetzA angeführte § 14c Abs. 3 Nr. 1 AEG ist keine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass eines Eingriffsverwaltungsakts. Dies hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 22. Februar 2008 ( 13 B 68/08 , N&R 2008, 152) im Einzelnen ausgeführt. Die Voraussetzungen der allgemeinen Ermächtigungsnorm des § 14c Abs. 1 AEG liegen aus den oben angeführten Gründen nicht vor.

3. Sind demnach die unter Ziff. 1 bis 4 des Bescheidtenors angeordneten Verfügungen nach allem Anschein rechtswidrig, fehlt es an vollstreckbaren Grundverfügungen für die unter Ziff. 5 und 6 verfügten Zwangsgeldandrohungen.

4. Öffentliche Belange, die nach den obigen Ausführungen gleichwohl den Fortbestand der sofortigen Vollziehung des Bescheids der BNetzA vom 18. März 2009 rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 sowie § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO. Der Beigeladenen sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens anteilig aufzuerlegen, weil sie im Beschwerdeverfahren erfolglos die Zurückweisung der Beschwerde beantragt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Der Senat bewertet das Interesse der Antragstellerin unter Berücksichtigung von Ziff. 1 bis 4 des Bescheidtenors pauschalierend mit 100.000 Euro und folgt nicht der von dem Verwaltungsgericht bejahten Orientierung der Streitwertfestsetzung an der Hälfte des von der BNetzA angedrohten Zwangsgelds. Dies erscheint nicht sachgerecht, weil einer Zwangsgeldandrohung, sofern sie nicht allein Gegenstand eines Verfahrens und nicht unverhältnismäßig hoch ist, in der Regel streitwertmäßig keine selbstständige Bedeutung zukommt (vgl. auch Nr. 1.6.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004, NVwZ 2004, 1327). Anderenfalls könnten unterschiedliche Streitwertfestsetzungen für gleiche gerichtliche Begehren erfolgen. Wegen der Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens ist der für ein Hauptsacheverfahren anzunehmende Streitwert auf die Hälfte zu reduzieren, so dass sich der aus dem Tenor ersichtliche Wert ergibt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.






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Az: 13 B 830/09


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