Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 5. Mai 2015
Aktenzeichen: 15 U 193/14
(OLG Köln: Urteil v. 05.05.2015, Az.: 15 U 193/14)
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 13.11.2014 (14 O 315/14) dem Verfügungsbeklagten zu 2) unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, über die im angefochtenen Urteil untersagten Passagen hinaus die weitere folgende Passage aus dem im I-Verlag erschienenen Buch von Dr. I2 T und U K "Vermächtnis - Die Kohl-Protokolle" in diesem Buch oder anderweitig wörtlich oder sinngemäß zu veröffentlichen oder zu verbreiten:
Seite 96 f.: "XXX."
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird weiter unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 13.11.2014 (14 O 315/14) den Verfügungsbeklagten zu 1) und 3) unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, über die im angefochtenen Urteil untersagten Passagen hinaus weitere folgende Passagen aus dem im I-Verlag erschienenen Buch von Dr. I2 T und U K "Vermächtnis - Die Kohl-Protokolle" in diesem Buch oder anderweitig wörtlich oder sinngemäß zu veröffentlichen oder zu verbreiten:
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Seite 96 f.: Zu Christian Wulff:
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Seite 102 f.: u.a. zu Klaus Töpfer:
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Seite 110: Zu Manfred Stolpe:
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Seite 143: Zu Franz Josef Strauß:
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Seite 164 f.: Zu Richard von Weizäcker:
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Seite 169: Zu Richard von Weizäcker:
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Seite 198: zum jüdischen Weltkongress
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Die Berufung der Verfügungsbeklagten zu 1) bis 3) gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 13.11.2014 (14 O 315/14) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Verfügungsbeklagten zu 1) bis 3) zu je 1/3.
Gründe
I.
Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) nimmt die Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagten) auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung von Äußerungen in Anspruch, die Gegenstand von Tonbandaufnahmen aus den Jahren 2001 und 2002 sind und von den Beklagten in dem am 7.10.2014 erschienenen Buch "Vermächtnis - Die Kohl-Protokolle" veröffentlicht wurden. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie ihrer Anträge wird Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung genommen.
Mit Urteil vom 13.11.2014 hat das Landgericht dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung überwiegend stattgegeben und ihn im Übrigen zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte zu 2) sei zur Unterlassung verpflichtet, weil er eine mit dem Kläger geschlossene Geheimhaltungsverpflichtung verletzt habe. Es habe eine konkludente Einigung zwischen den Parteien gegeben, wonach der Beklagte zu 2) Stillschweigen über solche Informationen bewahren müsse, die nicht vorbekannt waren bzw. bei denen keine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht vorlag. Die Bereitschaft des Beklagten zu 2), als Ghostwriter an den Memoiren des Klägers mitzuwirken und zu diesem Zwecke im Rahmen eines Auftragsverhältnisses Tonbandaufnahmen nach Weisungen des Klägers zu erstellen, sei eine konkludente Willenserklärung hinsichtlich einer Verschwiegenheitsverpflichtung. Der Kläger habe diese Erklärung konkludent durch Beginn der Zusammenarbeit angenommen. Die Beklagten zu 1) und 3) seien als Mittäter des Beklagten zu 2) zur Unterlassung verpflichtet, weil sie das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt hätten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 762 ff. d.A.) Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren gegen den Beklagten zu 2) - entsprechend der vom Landgericht vorgenommenen Nummerierung der Anträge - hinsichtlich der Äußerung Nr. 43 sowie gegen die Beklagten zu 1) und 3) hinsichtlich der Äußerungen Nr. 9, 10, 43, 51, 61, 72, 81, 87, 100, 101, 104, 113 weiter. Die Beklagten greifen mit ihrer Berufung die Verurteilung zur Unterlassung - soweit vom Landgericht ausgesprochen - an und wollen die vollständige Abweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erreichen.
Der Kläger macht geltend, die Tonbänder seien in den Jahren 2001 und 2002 allein zum Zwecke der Erstellung seiner Memoiren besprochen worden. Sie seien selbst nicht zur Veröffentlichung vorgesehen gewesen, sondern hätten als Stoffsammlung dienen sollen, die einer Endkontrolle durch ihn unterliegen sollte. Ausweislich der beiden Verlagsverträge vom 12.11.1999 sei der Beklagte zu 2) als jederzeit kündbarer Mitarbeiter und nicht etwa als Journalist für eine Interviewsituation verpflichtet worden, dem er, der Kläger, Zugang zu Archiven und zu Sperrfristen unterliegenden Unterlagen verschafft habe. Er habe sowohl in den bisher erschienenen Bänden der Memoiren als auch in dem unter Mitarbeit des Beklagten zu 2) erschienenen Werk "Mein Tagebuch" bewusst Schärfen und Zuspitzungen vermieden, weil er keine "Bücher der Rache" habe schreiben wollen. Da das Manuskript nach den Regelungen der Verlagsverträge vor Veröffentlichung von ihm durchgearbeitet, korrigiert und freigegeben werden sollte und dem Beklagten zu 2) keinerlei Urheberrechte zugebilligt wurden, ist der Kläger der Ansicht, die Beklagten seien aufgrund dieser Gesamtumstände nicht berechtigt, seine Äußerungen ohne Genehmigung und erst recht nicht zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil zu verwenden. Zu einem angeblich erklärten Einverständnis seinerseits mit einer Veröffentlichung durch den Beklagten zu 2) habe dieser zum einen außergerichtlich und gerichtlich wechselnde Angaben gemacht und zum anderen sei ein solches auch nicht erklärt worden. Der Kläger ist der Ansicht, hilfsweise sei die Unterlassungspflicht des Beklagten zu 2) aus den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bzw. aus einer Verletzung des Urheberrechts herzuleiten, da seine Zitate jedenfalls als Sprachwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG schutzfähig seien.
Der Kläger beantragt,
1. unter teilweise Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 13.11.2014 (14 O 315/14) dem Beklagten zu 2) unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, über die zuerkannten Passagen hinaus weitere folgende Passage aus dem im I-Verlag erschienenen Buch von Dr. I2 T und U K "Vermächtnis - Die Kohl-Protokolle" in diesem Buch oder anderweitig wörtlich oder sinngemäß zu veröffentlichen oder zu verbreiten:
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2. unter teilweise Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 13.11.2014 (14 O 315/14) die Beklagten zu 1) und 3) unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, über die zuerkannten Passagen hinaus weitere folgende Passagen aus dem im I-Verlag erschienenen Buch von Dr. I2 T und U K "Vermächtnis - Die Kohl-Protokolle" in diesem Buch oder anderweitig wörtlich oder sinngemäß zu veröffentlichen oder zu verbreiten:
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Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts Köln vom 13.11.2013 dahin abzuändern, dass die einstweilige Verfügung aufgehoben und der zu Grunde liegende Antrag auch im Übrigen zurückgewiesen wird.
Die Parteien beantragen ferner, die jeweilige Berufung der Gegenseite zurückzuweisen.
Die Beklagten sind der Ansicht, ein vertraglicher Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten zu 2) scheitere daran, dass eine Geheimhaltungsverpflichtung nicht, auch nicht konkludent, vereinbart worden und der Beklagte zu 2) als Journalist zur Verwertung der Äußerungen auch ohne Zustimmung des Klägers berechtigt sei. Der Kläger habe den konkreten Abschluss einer Geheimhaltungsverpflichtung schon nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Es habe kein konkretes Verhalten des Beklagten zu 2) gegeben, das als konkludentes Angebot zum Abschluss einer Verschwiegenheitsvereinbarung habe angesehen werden können. Das Landgericht habe auch keine Feststellungen dazu getroffen, durch welches konkrete Verhalten der Kläger wann und wo gegenüber dem Beklagten zu 2) eine Annahme dieses konkludenten Angebots erklärt habe oder nach welcher Verkehrssitte die Annahmeerklärung entbehrlich gewesen sein solle. Der im Verlagsvertrag durch den Beklagten zu 2) erklärte Verzicht auf die Urheberbenennung sei kündbar, wie auch inzwischen erfolgt, so dass sich der Kläger auf diesen Umstand nicht habe verlassen können. Die Tonbandaufzeichnungen seien nicht ausschließlich zum Zwecke der Stoffsammlung für die Memoiren erstellt worden, sondern sollten auch dem Zweck dienen, die Erinnerungen des Klägers für die Nachwelt aufzubewahren. Dies zeige sich schon daran, dass im Zuge der Aufnahmen auch andere, teilweise tagesaktuelle, Themen besprochen worden seien, die keine Aufnahme in die Memoiren hätten finden sollen. Auch der Zeuge Dr. T3 sei davon ausgegangen, dass er die Materialien später würde verwenden dürfen. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt geäußert, dass er eine Veröffentlichung nicht wünsche. Lediglich in wenigen Situationen - deren zugrundeliegende Äußerungen unstreitig nicht Eingang in das Buch gefunden haben - habe der Kläger gebeten, das Tonband abzustellen oder hinterher geäußert: "Das schreiben wir aber nicht". Solche Äußerungen würden keinen Sinn ergeben, wenn der Beklagte zu 2) schon einer generellen Geheimhaltungsverpflichtung unterlegen hätte. Er habe vielmehr dem Beklagten zu 2) gegenüber erklärt: "Das kannst Du später mal schreiben", womit eine Einwilligung hinsichtlich aller Äußerungen vorliege, die nicht zu den Memoiren gehörten. Die Beklagten sind der Ansicht, dass die Verlagsverträge hinsichtlich einer Geheimhaltungsverpflichtung eine ausdrücklich gelassene Lücke enthielten, so dass es dem Kläger als "Medienprofi" oblegen hätte, diese zu schließen. Selbst wenn eine Veröffentlichungsherrschaft des Klägers anerkannt würde, beziehe sie sich nur auf die Memoiren und nicht auf sonstigen Äußerungen zu anderen, teilweise tagesaktuellen Geschehnissen. Der Verlagsvertrag des Beklagten zu 2) sei kein Vertrag mit Schutzwirkung für den Kläger und überdies könnten daraus nur Schadensersatzansprüche hergeleitet werden. Eine Verletzung des Rechts zur Selbstbestimmung über das gesprochene Wort liege ebenfalls nicht vor, weil das Buch unstreitig wahre Zitate enthalte, die der Kläger mit Wissen und Wollen ihrer Aufzeichnung für die Nachwelt auf Band gesprochen habe. Soweit das Landgericht dem Beklagten zu 2) die Veröffentlichung der Äußerungen des Klägers ohne eine Interessenabwägung im Einzelfall untersagt habe, verstoße dies gegen Art. 5 Abs. 1 GG. Darüber hinaus habe das Landgericht auch Werturteile des Beklagten zu 2) verboten, die jedenfalls von der Pflicht zur Geheimhaltung nicht umfasst sein könnten. Ein eventueller Bruch der Vertraulichkeit durch den Beklagten zu 2) könne den Beklagten zu 1) und 3) nicht ohne weiteres zugerechnet werden. An den betreffenden Äußerungen des Klägers bestehe ein hohes öffentliches Informationsinteresse, so dass er, bei dem nur die Sozialsphäre betroffen sei, eine Veröffentlichung durch die Beklagten hinzunehmen habe. Dem Antrag des Klägers fehle es - jedenfalls hinsichtlich des Beklagten zu 3) - an der erforderlichen Dringlichkeit.
II.
Die Berufung des Klägers ist begründet, so dass das landgerichtliche Urteil im Umfang der klägerischen Anfechtung abzuändern und die Verpflichtung der Beklagten zu 1) bis 3) auszusprechen war, auch die Veröffentlichung der weiteren vom Kläger beanstandeten Äußerungen zu unterlassen. Denn dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in vollem Umfang zu. Die Berufung der Beklagten zu 1) bis 3) bleibt aus diesem Grunde ohne Erfolg.
Im Einzelnen:
1. Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten zu 2) auf Unterlassung einer wörtlichen oder sinngemäßen Verbreitung bzw. Veröffentlichung der im erstinstanzlichen Urteil tenorierten sowie der mit der Berufung weitergehend beanstandeten Äußerungen.
a. Der Kläger kann seinen Unterlassungsanspruch allerdings nicht unter Berufung auf die Grundsätze eines Vertrages zugunsten Dritter auf die Regelungen aus dem Verlagsvertrag zwischen dem Beklagten zu 2) und dem E-Verlag stützen. Nach § 328 Abs. 1 BGB kann zwar durch einen Vertrag zwischen dem Versprechendem und dem Versprechensempfänger eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. Es ist jedoch nicht feststellbar, dass der Verlagsvertrag des Beklagten zu 2) mit dem E-Verlag unmittelbare Ansprüche des Klägers begründen soll:
Aus § 8 des Verlagsvertrages des Beklagten zu 2) kann kein solcher Anspruch des Klägers auf Geheimhaltung hinsichtlich der Gesprächsinhalte hergeleitet werden. Denn sowohl ihrem Wortlaut als auch ihrem Sinn und Zweck nach bezieht sich die dort geregelte Geheimhaltungsverpflichtung darauf, dass und mit welchem Inhalt zwischen den dortigen Parteien ein Verlagsvertrag geschlossen wurde. Es sollte erkennbar verhindert werden, dass das geplante Buchprojekt, zu dessen Erstellung sich der Beklagte zu 2) verpflichtet hatte, frühzeitig der Öffentlichkeit bekannt wird bzw. dass bekannt wird, zu welchem Modalitäten sich der Beklagten zu 2) als Ghostwriter verpflichtet hatte. Die Informationen, die der Beklagte zu 2) im Rahmen seiner Tätigkeit vom Kläger erhalten würde, um auf dieser Grundlage das Manuskript für die Memoiren zu erstellen, sind aber weder "Vertragsabschluss" noch "Bestimmung des Vertrages" im Sinne von § 8 des Verlagsvertrages des Beklagten zu 2).
Auch den weiteren Regelungen des Verlagsvertrages des Beklagten zu 2) ist ein unmittelbarer Anspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 2) auf Geheimhaltung nicht mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen: Nach § 1 Abs. 5 darf die Fertigstellung des Werkes zwar nur nach Zustimmung durch den Kläger erklärt werden und dieser ist nach § 1 Abs. 6 zu jeglichen Änderungen ohne Angabe von Gründen berechtigt. Weiter steht nach § 4 Abs. 2 das Manuskript im Eigentum des Klägers. Diese Regelungen, die nach § 1 Abs. 7 auch bei Kündigung oder sonstiger Beendigung des Vertrages fortbestehen, räumen zwar dem Kläger das alleinige Bestimmungsrecht über den Inhalt der Veröffentlichung zu. Es ist jedoch im Rahmen einer Auslegung nicht hinreichend sicher festzustellen, dass die Parteien damit einen Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von § 328 Abs. 1 BGB abschließen wollten. Denn die entsprechenden Rechte des Klägers sind ebenfalls in § 4 Abs. 3 seines eigenen Verlagsvertrages als entsprechende Zusicherung des E-Verlages aufgeführt. Eine solche ausdrückliche Regelung eigener Ansprüche spricht dagegen, dass nach dem Willen der Parteien bereits im Verlagsvertrag des Beklagten zu 2) unmittelbare Rechte des Klägers gegen diesen begründet werden sollten.
b. Letztlich kann diese Frage jedoch im Ergebnis dahinstehen. Denn der Kläger hat gegen den Beklagten zu 2) einen vertraglichen Unterlassungsanspruch (§ 241 BGB) aus einer konkludent geschlossenen Geheimhaltungsabrede, weil er die durch Unterschrift des Beklagten zu 2) unter den Verlagsvertrag geäußerte Bereitschaft, zu den dort geregelten Konditionen als Ghostwriter an der Erstellung der Memoiren mitzuwirken, als Angebot hinsichtlich einer Geheimhaltungsabrede verstehen durfte und sie seinerseits durch die im Beginn der Stoffsammlung liegende Aufnahme der Zusammenarbeit im Keller des klägerischen Hauses angenommen hat. Ob und in welchem Umfang dem tatsächlichen Verhalten einer Person der Wille zur Abgabe einer rechtsverbindlichen Erklärung bzw. zu deren Annahme zukommt, ist durch Auslegung des objektiv erkennbaren Willens sowie der erkennbaren äußeren Umstände zu ermitteln. Im vorliegenden Fall ergibt sich bei Würdigung der Gesamtumstände der Zusammenarbeit zwischen den Parteien, namentlich der Regelungen in den jeweiligen Verlagsverträgen sowie der Zweckbindung der in Form von Tonbandaufnahmen erfolgten Stoffsammlung ein erkennbarer Wille des Beklagten zu 2), sich gegenüber dem Kläger zu verpflichten, die im Rahmen der Tonbandaufnahmen gemachten Äußerungen nicht ohne Einwilligung des Klägers zu veröffentlichen sowie eine Annahme dieses Angebotes durch den Kläger.
Im Einzelnen:
aa. Dass der Beklagte zu 2) sich gegenüber dem Kläger vertraglich verpflichten wollte, den Inhalt der Stoffsammlung für die Memoiren gegenüber der Öffentlichkeit geheim zu halten, ergibt sich zunächst aus seiner Rolle im dreiseitigen Verhältnis zwischen ihm, dem Kläger und dem E-Verlag. Der Beklagte zu 2) hat sich durch seine Unterschrift unter den Verlagsvertrag zu einer Zusammenarbeit mit dem Kläger bereit erklärt, in der er weitgehend die Rolle eines anonym bleibenden Zuarbeiters einnahm. Er hatte keinen Anspruch darauf, mit dem Kläger tatsächlich bis zur endgültigen Fertigstellung des Manuskripts zusammenzuarbeiten (§ 1 Abs. 1 S. 3), er hatte die schriftliche Abfassung des Werkes nach den Vorgaben und Angaben des Klägers vorzunehmen (§ 1 Abs. 2), dem Kläger stand ein jederzeitiges Einsichtsrecht in das Manuskript zu (§ 1 Abs. 3), welches in seinem Eigentum stand (§ 4 Abs. 2), er hatte ein Recht zu jeglichen Änderungen und zur Erklärung der Fertigstellung (§ 2 Abs. 5 und 6) und schließlich hatte der Beklagte zu 2) in § 2 soweit zulässig auf eventuelle Urheberrechte verzichtet. Diese Regelungen machen in einer Gesamtschau deutlich, dass dem Kläger sämtliche Entscheidungsbefugnisse sowohl im Hinblick auf die Erstellung als auch auf die abschließende Fertigstellung des Werkes zustanden. Musste der Beklagte zu 2) damit jeglichen Änderungswünschen des Klägers sowohl im Hinblick auf den Inhalt des Manuskriptes als auch im Hinblick auf seine eigene Person nachkommen und konnte eine Fertigstellung des Werkes nur durch den Kläger erklärt werden, so folgt daraus, dass der Beklagte zu 2) durch seine Akzeptanz dieser vertraglichen Regelungen auch dem Kläger gegenüber die konkludente Erklärung abgab, nicht eigenmächtig mit dem Inhalt der Memoiren bzw. der Stoffsammlung zu verfahren. Angesichts der ihm in den Verträgen zugedachten "dienenden" Stellung im Rahmen des Memoiren-Projektes konnte er auch nicht davon ausgehen, vom Kläger als Journalist wahrgenommen zu werden, der im Rahmen einer Interviewsituation Informationen zu einem bestimmten Themengebiet sammelt und mit diesen dann nach eigenem Gutdünken verfahren darf. Vielmehr war ihm aufgrund der Kenntnis der jeweiligen vertraglichen Regelungen klar, dass der Kläger ihn als einen letztlich austauschbaren Mitarbeiter ansehen musste, der Hilfestellung bei der Stoffsammlung und Formulierung erbringen sollte, jedoch keine eigenen Entscheidungen im Hinblick auf Art und Inhalt der Veröffentlichung treffen durfte.
Das Zustandekommen einer konkludenten Geheimhaltungsabrede zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die jeweiligen Verlagsverträge in § 4 Abs. 2 S. 3 (Kläger) bzw. § 1 Abs. 4 S. 2 (Beklagter zu 2)) eine bewusste Lücke enthielten, die nur durch eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) hätte geschlossen werden können. Denn die entsprechende Regelung, wonach die "Einzelheiten der Zusammenarbeit" zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) "direkt besprochen" werden sollten, bezieht sich sowohl ihrem Wortlaut als auch ihrem Sinn und Zweck nach auf die in der praktischen Zusammenarbeit auftretenden Fragen, wann, wo und wie konkret die Gespräche ablaufen oder wann welche Unterlagen übergeben bzw. zur Einsicht zur Verfügung gestellte werden sollten. Dagegen lässt sich den betreffenden Regelungen nicht entnehmen, dass eine Geheimhaltungsverpflichtung des Beklagten zu 2) nur dann bestehen sollte, wenn sie Gegenstand einer ausdrücklichen Regelung zwischen ihm und dem Kläger geworden war.
bb. Für eine konkludent geäußerte Bereitschaft des Beklagten zu 2) zum Abschluss einer Geheimhaltungsabrede mit dem Kläger spricht des Weiteren auch die Zweckbindung der Tonbandaufnahmen. Diese Aufnahmen hatten keinen eigenständigen Zweck, insbesondere waren sie als solche nicht zur Veröffentlichung vorgesehen, sondern dienten vielmehr als Stoffsammlung für die zu erstellenden Memoiren des Klägers. Schon aus dieser Zweckbindung ergibt sich die objektiv erkennbare Pflicht des Beklagten zu 2), mit den betreffenden Äußerungen und Informationen vertraulich zu verfahren. Denn zum einen ist eine Stoffsammlung etwas Vorläufiges, bei der per definitionem noch nicht feststeht, ob und in welchem Umfang die einzelnen Teile jemals Eingang in das spätere Werk finden werden. Zum anderen bezog sich die Tätigkeit des Beklagten zu 2) auf eine Stoffsammlung für ein ganz bestimmtes Werk: Die Zusammenarbeit des Beklagten zu 2) mit dem Kläger war nicht etwa darauf gerichtet, ein kritisches Sachbuch zu schreiben oder geschichtliche Zusammenhänge aus historischer bzw. politischer Sicht zu beleuchten. Vielmehr war Ziel des Projektes, dass der Kläger seine (notwendigerweise subjektiv geprägten) Lebenserinnerungen zu Papier bringen sollte, womit ihm - unabhängig von den ausdrücklichen Regelungen in den Verlagsverträgen - schon der Natur der Sache nach das Letztbestimmungsrecht über den konkreten Inhalt der Veröffentlichung zustand. Auch der Beklagte zu 2) hat nicht in Abrede gestellt, dass dies in der Zusammenarbeit mit dem Kläger auch so gehandhabt wurde (vgl. Seite 49: "Hatte ich hundert Seiten beisammen, fuhr ich mit meinem Manuskript zur Begutachtung nach Oggersheim. Vorab lesen wollte Kohl nichts. Ihm war es wichtig, Zeile um Zeile gemeinsam durchzusehen. Um sicherzugehen, hatte der ewig Mißtrauische stets auch noch einen seiner persönlichen Referenten einbestellt. Schließlich galt es, für die Ewigkeit zu formulieren."). Die sich damit aus der Zweckbindung der Stoffsammlung ergebende Geheimhaltungspflicht des Beklagten zu 2) bestand nicht nur gegenüber dem E-Verlag, dessen Memoiren-Projekt durch die (Vorab-) Veröffentlichung von Äußerungen des Klägers möglicherweise gefährdet worden wäre. Vielmehr bestand eine solche Pflicht auch gegenüber dem Kläger. Denn unabhängig von der Frage, ob der Kläger gegebenenfalls durch die Veröffentlichung einzelner - insbesondere der in ihrer Wortwahl mitunter drastischen - Äußerungen in Schwierigkeiten hätte geraten können, widersprach bereits aufgrund der Eigenschaft als Stoffsammlung und damit einer nur vorläufiger Zusammenstellung der Erinnerungen des Klägers jede Veröffentlichung dem gemeinsamen Vertragszweck "Erstellung der Memoiren", zu dem der Beklagte zu 2) Hilfestellung zu leisten hatte.
Soweit sich der Beklagte zu 2) in diesem Zusammenhang darauf beruft, die Gespräche mit dem Kläger seien thematisch gerade nicht auf die Memoiren beschränkt gewesen, sondern ihr Zweck sei weitergehend auch gewesen, die Erinnerungen des Klägers für die Nachwelt aufzubewahren, zumal auch andere, teilweise tagesaktuelle Themen besprochen worden seien, zwingt dies nicht zu einer abweichenden Bewertung. Denn zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Memoiren des Klägers ausweislich § 1 Abs. 1 seines auch dem Beklagten zu 2) bekannten Verlagsvertrages wie folgt definiert sind: "Das Werk hat den Charakter der Autobiographie von Helmut Kohl. Es umfasst den Zeitraum von der Geburt bis zur Gegenwart und soll dem Leser einen nachhaltigen Eindruck von dem Menschen Helmut Kohl und seiner Zeit sowie dem "homo politicus" Helmut Kohl und den politischen Ereignissen, die er wesentlich mitprägte, vermitteln". Insofern enthält die Werkbeschreibung schon dem Wortlaut nach keine Einschränkung dahingehend, dass die Memoiren nicht auch gegebenenfalls Themen von im Zeitpunkt der Tonbandaufnahmen tagesaktueller Bedeutung mit umfassen können bzw. dass nicht auch durch die zu solchen Themen getätigten Äußerungen des Klägers dem Leser ein Eindruck von ihm als Mensch und Politiker vermittelt wird. Selbst die Bejahung einer zeitlichen und/oder inhaltlichen Beschränkung des Gegenstands der Memoiren und damit des Vertragszwecks stützt aber nicht die von den Beklagten gezogene Schlussfolgerung. Denn jedenfalls war im Zeitpunkt der Tonbandaufnahmen überhaupt nicht absehbar, welche der Äußerungen des Klägers in welchem Umfang in den späteren Memoiren Verwendung finden würden, so dass zu diesem Zeitpunkt auch kein Teil der Tonbandaufnahmen identifiziert werden konnte, für die die Geheimhaltungsverpflichtung des Beklagten zu 2) keine Geltung hätte beanspruchen sollen. Dass der Umfang des gemeinsamen Projektes sich gegenüber der ursprünglich in den Verlagsverträgen enthaltenen Annahmen erheblich ausgeweitet hat, ist schon daran zu erkennen, dass die Verlagsverträge von ca. 200 Stunden Gesprächen zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) sowie einem Manuskript von ca. 500 Seiten ausgingen, während die gemeinsamen Gespräche tatsächlich über 600 Stunden dauerten und die bisher erschienenen drei Bände der Memoiren ca. 2.300 Seiten umfassen, ohne dass das Projekt damit sein beabsichtigtes Ende gefunden hätte.
Soweit der Beklagte zu 2) im Berufungsverfahren geltend macht (Bl. 949 d.A.), die Tonbandprotokolle seien auch im Zusammenhang mit dem Projekt "Mein Tagebuch" gefertigt worden, so dass eine Zweckbindung an die Memoiren und eine eventuell diesbezüglich bestehende Geheimhaltungspflicht entfalle, greift auch dies nicht durch: Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Schlussfolgerung angesichts der historischen Abläufe überhaupt gerechtfertigt ist. Denn im Vorwort des streitgegenständlichen Buches (vgl. Seite 29) führt der Beklagte zu 2) selbst aus, dass man gerade dabei war, die Gespräche hinsichtlich der Memoiren zu beginnen, als am XX.XX.1999 X M L2 zur Fahndung ausgeschrieben wurde und die sog. Spendenaffäre begann. Im Februar 2000 habe er dann mit dem Kläger vereinbart, rückwirkend ein Tagebuch für die Jahre 1998 bis 2000 zu schreiben (vgl. Seite 31). Dieses bestand jedoch zum einen nur teilweise aus Äußerungen des Klägers und wurde zum anderen im Spätsommer/Herbst 2000 auf den Markt gebracht, so dass im Anschluss daran die Gespräche für die Memoiren weitergingen (Seite 39: "Der Erfolgsautor will unbedingt weitermachen. "Den Menschen draußen im Lande", wie er einst gerne sagte, gibt es noch viel zu erklären. Also auf ans Werk, zurück zu den Memoiren! Jetzt saß ich in der Kohl-Falle fest"). Nach den eigenen Schilderungen des Beklagten zu 2) ist damit allenfalls ein Teil der Stoffsammlung für das Projekt "Mein Tagebuch" verwendet worden, denn ein nicht unerheblicher Teil der Gespräche fand erst nach Erscheinen dieses Werkes statt (vgl. Seite 40: "Allein 2001 haben wir uns einundsiebzigmal getroffen"). Im Übrigen behauptet der Beklagte zu 2) auch in diesem Zusammenhang nicht, dass die entsprechenden Veröffentlichungen in dem Werk "Mein Tagebuch" ohne Einwilligung des Klägers erfolgt sind und damit als Rechtfertigung dafür dienen könnten, nunmehr im streitgegenständlichen Buch ebenfalls Äußerungen des Klägers ohne dessen Einwilligung zu veröffentlichen.
Das damit aus den Gesamtumständen folgende Angebot des Beklagten zu 2) zum Abschluss einer Geheimhaltungsverpflichtung hat der Kläger durch Aufnahme der Zusammenarbeit auch angenommen.
cc. Die damit vom Landgericht zutreffend angenommene konkludente Abrede des Klägers mit dem Beklagten zu 2) über eine Geheimhaltungsverpflichtung kann auch von den Berufungsangriffen nicht in Frage gestellt werden.
(1) Der Einwand des Beklagten zu 2), sein Verzicht auf die Rechte aus § 13 UrhG, nämlich die Anerkennung der Urheberschaft bzw. Anbringung einer Urheberbezeichnung sei kündbar, so dass der Kläger sich auf die Geheimhaltung der Urheberschaft des Beklagten zu 2) nicht habe verlassen können (Bl. 832 d.A.), steht der Annahme einer konkludent vereinbarten Geheimhaltungspflicht nicht entgegen. Denn selbst wenn der Beklagte zu 2) den Vertrag mit dem Verlag gekündigt haben sollte, ist in der von ihm vorgelegten Aufhebungsvereinbarung vom 9.10./9.10.2009 (Anlage AG 11) unter Ziffer 4.2 geregelt: "Der Autor verzichtet ausdrücklich und unwiderruflich auf sein Nennungsrecht im Zusammenhang mit den Werken". Darüber hinaus steht die Kündbarkeit eines Verzichts auf die Rechte nach § 13 UrhG nicht der Annahme entgegen, dass der Kläger das Verhalten des Beklagten zu 2) als konkludentes Angebot zum Abschluss einer Geheimhaltungsabrede verstehen durfte. Denn eine Kündigung des Verzichts auf die Rechte des § 13 UrhG hätte lediglich zur Folge, dass der Beklagte zu 2) Forderungen dahingehend stellen könnte, bei Veröffentlichung der Memoiren als Miturheber genannt zu werden. Dagegen ist mit dieser Kündigungsmöglichkeit aus Sicht eines objektiven Dritten in der Person des Klägers nicht die Erwartung verbunden, dass der als Ghostwirter engagierte Mitarbeiter eigenmächtig über die Stoffsammlung verfügen wird.
(2) Unerheblich ist des Weiteren der Einwand des Beklagten zu 2), die Geheimhaltungsverpflichtung gemäß § 8 seines Verlagsvertrages enthalte keine Fortgeltungsklausel (Bl. 833 d.A.). Denn nicht diese Regelung, sondern die konkludente Geheimhaltungsabrede zwischen ihm und dem Kläger ist Grundlage des vertraglichen Unterlassungsanspruchs. Diese gilt auch nach Beendigung des Verlagsvertrages weiter, da unstreitig das gemeinsame Projekt, nämlich die Erstellung der klägerischen Memoiren, noch nicht abgeschlossen ist und es der Entscheidung des Klägers bzw. des E-Verlages obliegt, ob und gegebenenfalls mit welchem (neuen) Mitarbeiter der Kläger das Projekt fortsetzen wird. Auch der Umstand, dass der Verlagsvertrag des Beklagten zu 2) zwischenzeitlich mit einer entsprechenden Abgeltungsklausel aufgehoben wurde (vgl. Anlage AG 11), steht der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs durch den Kläger nicht entgegen. Denn dieser Aufhebungsvertrag kann lediglich die Rechte und Pflichten zwischen dem Beklagten zu 2) und dem Verlag betreffen; eine Abgeltung von eventuellen Ansprüchen des Klägers ist - unabhängig von bestehenden rechtlichen Bedenken - in diesem Vertrag ersichtlich nicht beabsichtigt.
(3) Entgegen der Ansicht des Beklagten zu 2) (Bl. 838 d.A.) unterliegt das Landgericht auch keinem unzulässigen Zirkelschluss, wenn es den dem Beklagten zu 2) gewährten Zugang zu Verschlußsachen des Bundeskanzleramtes bzw. zur Stasiakte des Klägers als weiteren Beleg für den konkludent geäußerten Willen nach einer Geheimhaltungspflicht ansieht. Unstreitig sind der Beklagte zu 2) und sein Umfeld einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen worden (Seite 48). Der einzige Sinn einer solchen Überprüfung besteht darin, von zuständiger Seite abschätzen zu können, ob die betreffende Person der von ihr erwarteten Geheimhaltungspflicht nachkommen wird. Der Beklagte zu 2) führt in seinem Vorwort selbst die Umstände aus, die in eindeutiger Weise für seine als selbstverständlich vorausgesetzte Verpflichtung zur Geheimhaltung sprechen und die er als solche auch erkannt und zutreffend eingeschätzt hat (Seite 48: "Als erster Journalist und Historiker überhaupt konnte ich Quellen einsehen, die noch Jahrzehnte kein Kollege zu Gesicht bekommen wird"). Soweit der Beklagte zu 2) in diesem Zusammenhang darauf abstellt, weder aus den geheimen Akten des Bundeskanzleramtes noch aus den Stasiakten des Klägers zitiert zu haben (Bl. 949, 951 d.A.), ist dies unerheblich. Denn vorliegend steht nicht das Verbot gerade solcher Zitate im Streit, sondern es ist der Umstand, dass der Beklagte zu 2) Zugang zu solch geheimen Unterlagen erhalten hat, als Anhaltspunkt für das Vorliegen einer konkludenten Geheimhaltungsvereinbarung zu werten.
(4) Der Umstand, dass der Kläger während der Gespräche mit dem Beklagten zu 2) nicht ausdrücklich geäußert hat, keine "ungefilterte" Veröffentlichung seiner Äußerungen zu wünschen, steht dem Abschluss einer konkludenten Geheimhaltungsverpflichtung ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass er im Zuge der Gespräche teilweise das Tonband hat abstellen lassen oder im Anschluss an Schilderungen erklärt hat "das schreiben wir aber nicht" (vgl. Bl. 839 d.A.). Das Fehlen einer ausdrücklichen Erklärung ist schon deshalb unschädlich, weil es vorliegend gerade um den Abschluss einer Vereinbarung durch konkludentes Verhalten geht, welche keine ausdrückliche Willenserklärung erfordert. Auch wenn der Kläger im Einzelfall seine Äußerungen bereits im Moment der Tonbandaufnahme von einer Veröffentlichung ausnahm, kann daraus nicht im Umkehrschluss ein Einverständnis abgeleitet werden, dass alle anderen Äußerungen "so wie gesprochen" veröffentlicht werden sollen. Die Bemerkung lässt sich zwangslos dahin denken, dass schon eine Aufnahme der entsprechenden Äußerung in den Memoiren-Entwurf auf keinen Fall die Billigung des Klägers finden würde. Erst recht tragen die Beklagten keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger - zumal vor endgültiger Fertigstellung des Gesamtprojektes "Memoiren" - eine eigenmächtige Veröffentlichung durch den Beklagten zu 2) genehmigen wollte. Der Beklagte zu 2) hat das Procedere selbst so geschildert, dass er mit den fertigen Manuskriptteilen zum Kläger fuhr und man diese gemeinsam durchgearbeitet habe, wobei "notgedrungen so manches mit staatsmännischem Gestus zu glätten war" (Seite 9). Selbst bei denjenigen Äußerungen, die der Kläger also nicht mit einem "Das schreiben wir aber nicht" kommentiert hat, war demnach eine Veröffentlichung im Wortlaut bzw. ohne Freigabeentscheidung des Klägers objektiv erkennbar nicht vorgesehen.
2. Abweichend von der Entscheidung des Landgerichts ist dem Beklagten zu 2) auf die Berufung des Klägers die Veröffentlichung der Äußerung Nr. 43 auch hinsichtlich des Textteils "XXX" zu untersagen.
Zutreffend hat das Landgericht zwar die vertragliche Geheimhaltungspflicht des Beklagten zu 2) auf sämtliche vom Kläger im Rahmen der Gespräche mitgeteilte oder zur Verfügung gestellte Informationen bezogen soweit sie nicht vorbekannt waren oder der Kläger den Beklagten zu 2) von seiner Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden hatte. Jedoch ist unter Berücksichtigung der Reichweite der Geheimhaltungsverpflichtung des Beklagten zu 2) auch die vorstehend aufgeführte Äußerung zu untersagen. Denn die vom Beklagten zu 2) verwendete Formulierung "XXX" nimmt die Wertung des Klägers auf, die dieser im Rahmen der geheimhaltungspflichtigen Gespräche geäußert hat. Die Formulierungen "XXX" könnten zwar auch als eigene Wertung des Beklagten zu 2) angesehen werden, sie stehen jedoch im engen Kontext mit der Formulierung "XXX" und lassen damit beim Leser der Eindruck entstehen, dass eine im Gespräch geäußerte Wertung des Klägers vom Beklagten zu 2) lediglich wiederholt wird. Gerade im vorliegenden Fall drängt sich dieser Eindruck deshalb auf, weil auch das wörtliche Zitat des Klägers am Beginn der Textstelle die betreffende Formulierung ebenfalls enthält ("XXX"). Der Umstand, dass Christian Wulff im Jahre 2003 Ministerpräsident geworden ist, ist zwar eine allgemein bekannte Tatsache, ihre Veröffentlichung wird dem Beklagten zu 2) jedoch nicht generell, sondern lediglich im Kontext der hier streitgegenständlichen Textstelle untersagt.
3. Gegenüber dem Unterlassungsanspruch des Klägers kann sich der Beklagte zu 2) nicht auf seine Rechte aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Denn auch das dem Beklagten zu 2) zustehende Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ändert nichts daran, dass die von ihm vorgenommene Veröffentlichung der Äußerungen des Klägers rechtswidrig ist. Zwar unterfällt auch die Mitteilung fremder Meinungen dem Schutzbereich dieser Regelung. Jedoch hat der Beklagte zu 2) aufgrund der im Verhältnis zum Kläger vertraglich übernommenen Verschwiegenheitsverpflichtung auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung in zulässiger Weise verzichtet. Eine entsprechende vertragliche Verpflichtung eines Ghostwirters wäre sinnlos, wenn sie nachträglich durch ein Berufen auf Art. 5 Abs. 1 GG umgangen werden könnte. Insofern verletzt die fehlende Interessenabwägung den Beklagten zu 2) auch nicht in seinen Grundrechten.
Soweit die Beklagten anführen, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 10.3.1987 (VI ZR 244/85) trotz einer ausdrücklich getroffenen Geheimhaltungsvereinbarung zwischen dem dortigen Kläger und seinem Co-Autor gerade keine vertraglichen Unterlassungsansprüche geprüft habe, sondern lediglich deliktische Ansprüche wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit Durchführung einer entsprechenden Interessenabwägung im Einzelfall, führt dies im vorliegenden Fall zu keiner abweichenden Beurteilung. Der BGH hatte schon deshalb keinen Anlass mehr, sich mit Bestand oder Reichweite eines vertraglichen Unterlassungsanspruchs zu beschäftigen, weil die im dortigen Verfahren angefochtene landgerichtliche Entscheidung gegen den Co-Autor - nur zwischen diesem und dem Kläger bestand eine vertragliche Bindung - bereits rechtskräftig war und das Revisionsverfahren nur noch von der Verlagsgesellschaft sowie zwei Redakteuren betrieben wurde, denen der Co-Autor das (Tonband-)Material zur Verfügung gestellt hatte.
Der Beklagte zu 2) kann auch nicht geltend machen, dass das Landgericht im Rahmen der bereits erstinstanzlich tenorierten Unterlassungsverpflichtungen unzulässigerweise eigene Werturteile des Beklagten zu 2) erfasst habe, so dass schon aus diesem Grunde die angefochtene Entscheidung abzuändern sei. Soweit die veröffentlichten Äußerungen aus eigenen Werturteilen des Beklagten zu 2) bestehen, kann in deren Veröffentlichung zwar grundsätzlich keine Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers liegen. Jedoch ist im vorliegenden Fall nicht eine etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzung entscheidend, sondern vielmehr der Umstand, dass der Beklagte zu 2) aufgrund seiner Bindung an die vertragliche Geheimhaltungspflicht überhaupt keine Inhalte der Gespräche mit dem Kläger veröffentlichen darf. Werden die in diesen Gesprächen gewonnenen Informationen jedoch zum Gegenstand von Werturteilen gemacht, dann liegt darin gleichzeitig eine mittelbare Bekanntmachung des Gesprächsinhalts, die unzulässig ist. Wenn die Autoren beispielsweise ausführen: "Kurz: Helmut Kohl XXX. Er XXX" (Seite 61), dann ist dies keine eigenständige Wertung ihrerseits, sondern eine wertende Wiedergabe der Mitteilung des Klägers, dass er zum damaligen Zeitpunkt eine XX.XXX DM-Spende von E2 wegen Geringfügigkeit zurückgewiesen hat. Entsprechendes gilt, wenn die wörtlichen Zitate des Klägers über Richard von Weizäcker mit dem Ausspruch kommentiert werden: "Mag XXX", denn dadurch wird mittelbar die durch den Beklagten zu 2) eigentlich geheim zu haltende Tatsache wiedergegeben, dass der Kläger sich im Rahmen der Gespräche G über Herrn von Weizäcker geäußert hat. Insgesamt zeichnen sich die betreffenden Textstellen dadurch aus, dass die jeweiligen Wertungen der Autoren derart eng mit den entsprechenden Äußerungen des Klägers verbunden sind, dass eine Wiedergabe der Wertung ohne einen Bruch der vertraglichen Geheimhaltungspflicht nicht möglich ist.
4. Der Kläger hat ebenso einen Anspruch gegen die Beklagten zu 1) und 3) auf Unterlassung der in seinem Antrag aufgeführten Äußerungen aus §§ 823, 830, 1004 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, da die Veröffentlichung des vertraulich gesprochenen Wortes des Klägers sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Da dieser deliktische Anspruch gegenüber den Beklagten zu 1) und 3) in demselben Umfang besteht wie der vertragliche Unterlassungsanspruch gegenüber dem Beklagten zu 2), war die landgerichtliche Entscheidung auf die Berufung des Klägers entsprechend abzuändern und zu ergänzen.
Im Einzelnen:
a. Die Beklagten zu 1) und 3) sind zwar, anders als der Beklagte zu 2), nicht aufgrund einer vertraglichen Abrede mit dem Kläger zur Verschwiegenheit über die Äußerungen des Klägers verpflichtet. Ihre Unterlassungsverpflichtung resultiert vielmehr aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers in Form der Vertraulichkeitssphäre sowie des Rechtes am gesprochenen Wort. Jedoch ist auch ihnen die Veröffentlichung der beanstandeten Äußerungen umfassend zu untersagen, weil aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls - namentlich der Art der Informationsgewinnung sowie ihres Beitrags bei der Erstellung des streitgegenständlichen Buches - eine Abwägung der Persönlichkeitsrechte des Klägers mit dem entgegenstehenden Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG im Hinblick auf ein überwiegendes öffentliches Informationsinteresse nicht zu erfolgen hat bzw. eine Abwägung unterstellt, diese zu Gunsten des Klägers ausfallen würde.
b. Die Privatsphäre des Klägers ist vorliegend ungeachtet der Tatsache betroffen, dass er sich in den Gesprächen mit dem Beklagten zu 2) überwiegend zu seiner beruflichen Laufbahn geäußert hat. Denn vorliegend steht nicht die Preisgabe von Begebenheiten aus dem privaten oder beruflichen Leben des Klägers im Vordergrund, sondern die Privatheit seiner Gespräche mit dem Beklagten zu 2), die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sind, sondern nur als Grundlage für das zu erstellende Manuskript dienen sollten. Abzustellen ist daher nicht auf die Verbreitung der in diesen Gesprächen gewonnenen Informationen, sondern auf den Umstand, dass die betreffenden Informationen als Äußerungen des Klägers weitergegeben wurden, obwohl er sie nicht für die Öffentlichkeit, sondern nur für den Beklagten zu 2) als seiner Hilfskraft im Rahmen der Erstellung der Memoiren zu dessen Unterrichtung gemacht hat.
c. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 19.12.1978 - VI ZR 137/77, juris Rn. 14; Urt. v. 10.3.1987 - VI ZR 244/85, juris Rn. 14 f.; Urt. v. 30.9.2014 - VI ZR 490/12, juris Rn. 15) dürfen Aufzeichnungen mit vertraulichem Charakter im Hinblick auf das Recht am eigenen Wort grundsätzlich nur mit Zustimmung des Verfassers und nur in der von ihm gebilligten Weise veröffentlicht werden. Während sich der Umstand der Vertraulichkeit in den Entscheidungen vom 19.12.1978 (VI ZR 137/77) und vom 30.9.2014 (VI ZR 490/12) daraus ergab, dass ein Telefongespräch zwischen dem Kläger und seinem Parteikollegen abgehört und transskribiert worden war bzw. dass private Emails eines Politikers von seinem abhanden gekommenen Laptop veröffentlicht worden waren, handelt es sich bei der Entscheidung vom 10.3.1987 (VI ZR 244/85) um einen dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren Fall, in welchem ein Co-Autor unter Verstoß gegen eine vertragliche Geheimhaltungsabrede die Inhalte von den zur Stoffsammlung dienenden Gesprächen an die Presse weitergegeben hatte. Ein absolutes Verwertungsverbot für die Presse wird zwar aufgrund der für sie bestehenden Verfassungsgarantie auch dann nicht bejaht, wenn ihr Informant sich die Aufzeichnung in strafbarer Weise verschafft hat (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.1978 - VI ZR 137/77, juris Rn. 18). Jedoch sind zwei Ausnahmefälle anerkannt:
aa. Ein Veröffentlichungsverbot wird zum einen dann angenommen, wenn es um die ungenehmigte Weitergabe von Tonbandaufzeichnungen in wörtlicher Rede geht, weil das Recht zur Selbstbestimmung über das gesprochene Wort verletzt wird. Soweit deshalb der Beklagte zu 2) Tonbandaufzeichnungen von den Äußerungen des Klägers ohne dessen Einwilligung an die Beklagten zu 1) und 3) weitergegeben hat und diese in wörtlicher Rede veröffentlicht wurden, hat er schon aus diesem Grund das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt. Dasselbe hat auch für die Beklagten zu 1) und 3) zu gelten, denen bei Publikation unstreitig bekannt war, dass der Kläger eine Veröffentlichung seiner wörtlichen Rede von den Tonbandaufzeichnungen nicht wünschte (vgl. BGH, Urt. v. 10.3.1987 - VI ZR 244/85, juris Rn. 17 und 24). Daraus ergibt sich, dass die Wiedergabe wörtlicher Zitate des Klägers auch den Beklagten zu 1) und 3) unabhängig vom Grad eines eventuell bestehenden öffentlichen Informationsinteresses nicht gestattet ist.
bb. Ein Veröffentlichungsverbot wird aber auch dann bejaht, wenn sich die Presse rücksichtslos über die schützenswerten Belange des Betroffenen hinwegsetzt. Ein solches rücksichtsloses Hinwegsetzen wird dann angenommen, wenn sich das Presseorgan am Rechtsbruch des Informanten beteiligt, ihm das Ausmaß der Bloßstellung des Klägers bewusst ist bzw. eine Veröffentlichung in dem Bewusstsein geschieht, dass die fraglichen Äußerungen ins Unreine gemacht wurden und nur als Stoffsammlung dienen sollten (vgl. BGH, Urt. v. 10.3.1987 - VI ZR 244/85, juris Rn. 23 f.). Diese Voraussetzungen sind auch im vorliegenden Fall gegeben, so dass den Beklagten zu 1) und 3) über die wörtlichen Zitate hinaus auch die Veröffentlichung aller sonstigen Äußerungen zu untersagen ist. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
(1) Bei der Beurteilung der Frage eines rücksichtslosen Hinwegsetzens über die schützenswerten Belange des Klägers ist zunächst zu berücksichtigen, dass den Beklagten zu 1) und 3) die konkreten Umstände bekannt waren, unter denen der Beklagte zu 2) die Äußerungen des Klägers auf Tonband aufgenommen hat. Sie wussten, dass er für den Kläger als Ghostwriter tätig geworden und dass im Rahmen dieser Tätigkeit eine Stoffsammlung erstellt worden war, die nicht veröffentlicht werden, sondern lediglich als Grundlage der später zu verfassenden Bände der Memoiren dienen sollte. Sie wussten weiter, dass aufgrund eines Zerwürfnisses zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) deren gemeinsame Zusammenarbeit im Jahre 2009 beendet worden war und die ausstehenden Teile der Memoiren wenn überhaupt dann jedenfalls nicht unter Mithilfe des Beklagten zu 2) erstellt werden würden. Eine solche Kenntnis der Gesamtumstände kann zwar im Hinblick auf die Erlangung des Inhalts der Tonbänder nicht als vorsätzlicher Rechtsbruch eingestuft werden, weil die Beklagten zu 1) und 3) gegenüber dem Kläger eben keiner vertraglichen Geheimhaltungspflicht unterlagen. Der betreffende Sachverhalt geht jedoch auf der anderen Seite über das Szenario des bloßen Zuspielens von geheimen Informationen an "unbeteiligte" Presseorgane qualitativ hinaus.
(2) Für eine solche Bewertung der Rolle der Beklagten zu 1) und 3) spricht weiter auch ihre Beteiligung an der Erstellung des streitgegenständlichen Buches. Die Beklagten zu 1) und 3) haben vom Beklagten zu 2) nicht lediglich die Tonbandprotokolle "zugespielt" bekommen, wie dies in der Entscheidung des BGH vom 30.9.2014 (VI ZR 490/12) der Fall war, sondern haben nach gemeinschaftlichem Abhören der gesamten Aufnahmen untereinander abgestimmt, welche Äußerungen der Protokolle auf welche Art und Weise in dem betreffenden Buch dargestellt werden sollten (vgl. S. 10: "Deshalb die hier vorgelegte Dokumentation, die im Teamwork entstanden ist. Wir - I2 T, der Hüter des Schatzes, der Ghostwriter der Kanzlermemoiren, der L 2001 und 2002 in schier endlosen Sitzungen befragte und der Journalist und Buchautor U K - haben uns noch einmal durch sein monumentales Vermächtnis gekämpft: die Kohl-Protokolle."). Die den Beklagten zu 2) bindende Vertraulichkeitsabrede kann zwar - darauf hat bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen - keine eigene vertragliche Verpflichtung der Beklagten zu 1) und 3) gegenüber dem Kläger begründen. Sie ist jedoch auch im Rahmen der Frage, in welchem Umfang das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt wurde, zu berücksichtigen. Den Beklagten zu 1) und 3) war bekannt und bei der Veröffentlichung auch bewusst, dass der Kläger mit einer Veröffentlichung seiner Äußerungen nicht einverstanden war und der Beklagte zu 2) die mit ihm bestehende vertragliche Abrede sowie das in ihn gesetzte Vertrauen bei Einsicht in die einer Sperrfrist unterliegenden Unterlagen verletzt bzw. missbraucht hat. Im Hinblick auf die auch von den Beklagten zu 1) und 3) erkannte rechtliche Problematik wurden, wie der Justitiar der Beklagten zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erklärt hat, in gemeinschaftlicher Arbeit gerade diejenigen Zitate ausgesucht und in einer Art und Weise im streitgegenständlichen Buch "verarbeitet", wie sie aus Sicht der Beklagten noch zulässig sein würden.
(3) Des weiteren war den Beklagten zu 1) und 3) auch bekannt, in welchem Ausmaß die Wiedergabe der Äußerungen den Kläger bloßstellen würde. Denn wie der Beklagte zu 2) im Vorwort des streitgegenständlichen Buches selbst ausführt (Seite 10: "(Den) Protokollen, deren Qualität nicht zuletzt in ihrer direkten Wörtlichkeit liegt ..."; Seite 58: "Nun aber wird nichts mehr gefiltert."), beruhte das journalistische Interesse der Beklagten an den Äußerungen des Klägers unter anderem darauf, dass diese in ungewöhnlicher Offenheit und ohne die im politischen Bereich oftmals übliche sprachliche und inhaltliche Glättung gemacht wurden. Insofern ist die Motivation für eine Veröffentlichung den Beweggründen vergleichbar, die die Redakteure des "T2" im Jahre 1978 veranlasst haben, den Wortlaut eines Telefonats zwischen dem Kläger und L3 C zu veröffentlichen, nämlich "um zu zeigen, welcher Sprache sich der Erstkläger als Kanzlerkandidat bedient, wenn er nicht vor dem Mikrofon steht" (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.1978 - VI ZR 137/77, juris Rn. 25). Gerade solche Gründe hat der BGH in seiner Entscheidung vom 19.12.1978 als nicht ausreichend eingestuft, um eine Aufdeckung der Eigensphäre zu rechtfertigenden. Auch wenn die Motive der Beklagten zu 1) und 3) im vorliegenden Fall vielschichtiger gewesen sein mögen, ist bei der Bewertung des Eingriffes in die Vertraulichkeitssphäre des Klägers auch zu berücksichtigen, dass hinsichtlich eines Großteils der Äußerungen die erfolgte Veröffentlichung nicht dazu geeignet ist, politisches Zeitgeschehen sowie dessen Bewertung durch den Kläger zu schildern, sondern eher geschieht, um den Kläger in seiner "direkten Wörtlichkeit" darzustellen. Dies wird insbesondere aus dem Umstand deutlich, dass die Mehrzahl der verwendeten Zitate keinem konkreten politischen oder historischen Ereignis zuzuordnen ist, sondern (teilweise despektierliche) Charakterisierungen oder auch Beschimpfungen des Klägers gegenüber seinen politischen Gegnern bzw. Weggefährten beinhalten.
Ein weiteres Motiv der Beklagten bezüglich der Veröffentlichung ist darin zu sehen, dass es ihren Zielen widerspricht, die Familie des Klägers über die Art und Weise der Veröffentlichung bestimmen zu lassen (vgl. Seite 10: "Seine Frau, N L-S, will sich augenscheinlich die alleinige Deutungshoheit sichern und die Gesprächsprotokolle möglicherweise für Jahrzehnte wegschließen."; Seite 56: "Die neue Frau an seiner Seite hat offenbar kein Interesse an einer Auseinandersetzung mit den Jahren 1995 bis 2002, die wir uns für den vierten Band vorgenommen hatte. ... Und sie verlangt, darauf deutet alles für mich hin, nach der alleinigen Deutungshoheit über Helmut Kohls Leben."). Auch dies zeigt, dass nicht die Aufdeckung politischer oder sonstiger Mißstände im Vordergrund der Veröffentlichung stand, sondern vielmehr der Umstand, dass die Beklagten zu 1) und 3) in Unterstützung des Beklagten zu 2) die von diesem reklamierte Position der Deutungshoheit in Anspruch nehmen wollten. Dafür sprechen auch die gegebenen zeitlichen Abläufe: Dem Beklagten zu 2) waren die betreffenden Äußerungen des Klägers sei dem Jahre 2001 bekannt und er hat zu diesem Zeitpunkt keinen Anlass gesehen, sie eigenmächtig an die Öffentlichkeit zu bringen. Vielmehr hatte er sich damit abgefunden, dass sie im Rahmen der ersten Bände der Memoiren "staatsmännisch geglättet" wurden. Auch nach Aufkündigung der Zusammenarbeit des Klägers mit dem Beklagten zu 2) im Jahre 2009 haben die Beklagten keinen Anlass für eine Veröffentlichung gesehen, sondern es hat noch weitere fünf Jahre bis zur Geltendmachung des Herausgabeanspruchs hinsichtlich der Tonbänder durch den Kläger gedauert. Damit zeigen die Beklagten, dass sie sich rücksichtslos über die Interessen des Klägers hinwegsetzen, der kein Einverständnis mit einer solchen Veröffentlichung erklärt hat, indem sie für sich in Anspruch nehmen, die der Öffentlichkeit preiszugebenden Äußerungen des Klägers nach ihrem Ermessen auswählen zu können.
In diesem Zusammenhang können sich die Beklagten zu 1) und 3) auch nicht auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 14.1.2014 (Ruusunen v. Finland - 73579/10) berufen. Denn der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar: Die Beschwerdeführerin hatte sich dagegen gewandt, wegen Verbreitung von die Persönlichkeitsrechte verletzenden Informationen zu einer Geldstrafe verurteilt worden zu sein, weil sie ein Buch über ihre 9 Monate dauernde Liebesbeziehung zum ehemaligen finnischen Ministerpräsidenten veröffentlicht hatte. Diese Verurteilung zu einer Geldstrafe war von den finnischen Gerichten darauf gestützt worden, dass das Buch Passagen enthielt, welche Einzelheiten der intimen Treffen der Beschwerdeführerin mit dem Premierminister schilderten und damit unzulässigerweise den Kernbereich seines Privatlebens verletzten. Der Umstand, dass der Premierminister zuvor selbst Teile seines Privatlebens veröffentlicht habe, würde nicht bedeuten, dass er überhaupt keinen Schutz in Anspruch nehmen könne. Diese Verurteilung zu einer Geldstrafe hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auch im Hinblick auf das Recht aus Art. 10 EMRK gebilligt.
Daraus kann jedoch nicht der von Beklagten vertretene Schluss gezogen werden, dass die Veröffentlichung von Informationen, die Bereiche außerhalb des Sexuallebens der Betroffenen betreffen, im Lichte von Art. 10 EMRK von den nationalen Gerichten nicht untersagt werden darf. Der Vergleich des vorliegenden Sachverhalts mit Entscheidung des EMRK vom 14.1.2014 krankt schon daran, dass sich der ehemalige finnische Ministerpräsident und die Beschwerdeführerin nicht mit dem gemeinsamen Ziel getroffen haben, eine Stoffsammlung zu erstellen und auf Basis dieser Stoffsammlung ein Buch zu verfassen, bezüglich dessen Inhalts dem ehemaligen Ministerpräsidenten ein Letztentscheidungsrecht über Art und Umfang der enthaltenen Äußerungen zusteht.
d. Der damit in der Art der Informationsgewinnung und -verarbeitung liegende rücksichtslose Verstoß der Beklagten zu 1) und 3) gegen die Privatsphäre des Klägers führt aber auch dann zur Unzulässigkeit der Veröffentlichung im tenorierten Umfang, wenn eine Güterabwägung mit der verfassungsrechtlich gleichfalls geschützten Meinungs- und Pressefreiheit vorgenommen wird. Denn an den betreffenden Äußerungen besteht kein derartig überragendes öffentliches Informationsinteresse, dass die von den Beklagten zu 1) und 3) vorgenommene Art der Informationsgewinnung und der darin liegende Eingriff in die Privatsphäre des Klägers gerechtfertigt wäre.
Im Einzelnen:
aa. Betroffen ist vorliegend die Privatsphäre des Klägers in Form der Vertraulichkeitssphäre und des Rechtes am gesprochenen Wort, die als besonders zu schützende Bereiche der persönlichen Selbstbestimmung und -verwirklichung anerkannt sind. Einem Eingriff in die Privatsphäre des Klägers steht nicht entgegen, dass dieser sich in den Gesprächen mit dem Beklagten zu 2) überwiegend zu seiner beruflichen Laufbahn geäußert hat. Denn vorliegend steht nicht die Preisgabe von Begebenheiten aus dem privaten oder beruflichen Leben des Klägers im Vordergrund, sondern die Privatheit seiner Gespräche mit dem Beklagten zu 2), deren Inhalt nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, sondern "ins Unreine" gesprochen wurde, um als Grundlage für das zu erstellende Manuskript zu dienen. Primär abzustellen ist daher nicht auf die Verbreitung der in diesen Gesprächen gewonnenen Informationen, sondern auf den Umstand, dass die betreffenden Informationen als Äußerungen des Klägers weitergegeben wurden, obwohl er sie nicht für die Öffentlichkeit, sondern nur für den Beklagten zu 2) als seiner Hilfskraft im Rahmen der Erstellung der Memoiren zu dessen Unterrichtung gemacht hat.
bb. Hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 3) ist das Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Im Rahmen der Abwägung reicht jedoch zur Berufung auf die Kontroll- und Überwachungsfunktion der Medien nicht das Vorliegen eines Mißstandes von erheblichem Gewicht (vgl. BGH, Urt. v. 30.9.2014 - VI ZR 490/12) aus, um eine Veröffentlichung der entsprechenden Äußerung des Klägers zu rechtfertigen. Vielmehr muss vor dem Hintergrund der den Beklagten zu 2) treffenden Geheimhaltungspflicht und der Art und Weise der Informationsgewinnung der Beklagten zu 1) und 3) die jeweilige Information einen Inhalt aufweisen, dessen öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen im Sinne von § 201 Abs. 2 S. 3 StGB geboten ist. Diesem Maßstab wird jedoch keine der vom Kläger mit seinem Verfügungsantrag angegriffenen Äußerungen gerecht, so dass sie bei Stattgabe der Berufung des Klägers sowie Zurückweisung der Berufung der Beklagten zu 1) und 3) sämtlich zu untersagen sind.
Im Einzelnen:
(1) Soweit bereits in der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts die Veröffentlichung einer Vielzahl von Äußerungen verboten wurde, bleibt die Berufung der Beklagten zu 1) und 3) ohne Erfolg.
Die Äußerungen Nr. 1 - 6, 8, 11 - 16, 18 - 22, 24 - 26, 28 - 32, 36, 37, 40, 42, 45, 47, 48, 55 - 60, 62 - 66, 68, 71, 79, 82 - 84, 88 - 91, 95 - 98, 102, 103, 105, 107 - 111 und 115 enthalten wörtliche Zitate des Klägers, teilweise verbunden mit persönlichen Einschätzungen seinerseits, die jedoch schon keinen Mißstand von erheblichem Gewicht offenbaren und deren Veröffentlichung erst Recht nicht zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen erforderlich ist. Auch die Äußerungen Nr. 17, 23, 27, 33 - 35, 38, 39, 41, 43, 44, 46, 49, 50, 52 - 54, 67, 69, 73, 74 - 78, 80, 85, 86, 92, 99, 106 und 114 geben persönliche Einschätzungen des Klägers wieder, die jeweils mit der Schilderung eines Tatsachenkern verbunden sind. Auch sie offenbaren schon keinen Mißstand von erheblichem Gewicht und erst Recht ist ihre Veröffentlichung nicht zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen erforderlich. Schließlich enthalten auch die Äußerungen Nr. 70, 93, 94 und 112 die Schilderung tatsächlicher Geschehnisse durch den Kläger, an deren Offenbarung kein überragendes öffentliches Interesse besteht und bei denen daher der Vertraulichkeitssphäre des Klägers der Vorrang einzuräumen ist. Die Äußerung Nr. 70 befasst sich mit einem Streit des Klägers mit seinen Söhnen anlässlich der Beerdigung seiner Frau. Auch wenn der Kläger in seiner politischen Laufbahn sein Familienleben gegenüber der Presse geöffnet hat, besteht doch ein erheblicher Unterschied zwischen der willentlichen Veröffentlichung von Familienfotos der Kanzlerfamilie einerseits und der Mitteilung von Einzelheiten eines familieninternen Streits über die Gästeliste der Beerdigung andererseits. Eine Selbstöffnung des Klägers durch Veröffentlichung der Urlaubsfotos berechtigt keine Veröffentlichung dieser sehr persönlichen Äußerungen. Dass N2 U2 auf den G7-Gipfeln gerne einnickte, wenn es spät wurde und dabei beinah vom Stuhl kippte (Äußerung Nr. 93) bzw. die Minister X2 und H "immer ins Bett" wollten (Äußerung Nr. 94), dient ausschließlich der Befriedigung der Neugier der Leser. Gleiches gilt für Äußerung Nr. 112, wonach Q C2 nach Einschätzung des Klägers "nicht einmal die Herausgeber der FAZ gekannt" habe.
(2) Soweit der Kläger mit seiner Berufung die Untersagung weiterer Äußerungen verlangt, die von der angefochtenen Entscheidung des Landgericht als zulässig erachtet wurden, hat sein Rechtsmittel unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze Erfolg.
(a) Äußerung Nr. 9 (Seite 49):
Soweit der Beklagte zu 2) aus den Verschlusssachen des Bundeskanzleramtes berichtet, denen sich ein Telefonat zwischen K2 B und dem Kläger entnehmen lässt, in welchem ersterer um finanzielle Unterstützung der Palästinenser bittet, handelt es sich um eine wahre Tatsachenbehauptung, die einer Wertung durch den Beklagten zu 2) ("XXX") unterzogen wird. Der entsprechende Passus betrifft zwar keine Äußerung des Klägers. Seine Privatsphäre in Form der Vertraulichkeitssphäre ist aber dennoch betroffen, weil der Beklagte zu 2) aus Telefonaten des Klägers berichtet, die nach dessen Willen sowie aufgrund gesetzlicher Sperrfristen geheim bleiben sollten und der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden durften. Den Beklagten zu 1) und 3) waren diese Umstände bekannt und dennoch haben sie die fraglichen Angaben veröffentlicht, wobei sie sich nicht auf die Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen im oben dargelegten Sinne berufen können. Denn ob und in welcher Form die Führung der Palästinenser im damaligen Zeitpunkt den Kläger um finanzielle Unterstützung gebeten hat, ist für die öffentliche Diskussion schon deshalb ohne Belang, weil die Antwort des Klägers auf diese Bitte nicht mitgeteilt wird, seine Haltung zu der Finanzierungsbitte also offen bleibt. Erst recht ergibt sich aus diesem Telefonat keine Information, die zur Wahrung eines überragenden öffentlichen Interesses hätte mitgeteilt werden müssen.
(b) Äußerung Nr. 10 (Seite 61):
Soweit mit diesem Passus ein wörtliches Zitat des Klägers bzw. eine durch die Beklagten durchgeführte Zusammenfassung seiner Äußerungen mitgeteilt wird, ist die Veröffentlichung ebenfalls unzulässig. Zwar werden damit, worauf bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, Mißstände von erheblichem Ausmaß geschildert, nämlich das Einwerben von Parteispenden durch den Kläger, die er in einer bestimmten Höhe erwartete. Entsprechend der obigen Ausführungen reicht allein dies jedoch nicht aus, um im vorliegenden Fall den Eingriff in die Vertraulichkeitssphäre des Klägers zu rechtfertigen. Durch sie werden überragende öffentliche Interessen nicht wahrgenommen.
(c) Äußerung Nr. 43 (Seite 96 f.):
Es handelt sich bei dieser Äußerung - wie bereits oben ausgeführt - der Sache nach um eine zusammenfassende Wiedergabe der in den Tonbandaufnahmen zutage getretenen Einstellung des Klägers zum ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff und damit um ein wörtliches Zitat, welches schon keine besonderen Mißstände offenbart und deren Veröffentlichung erst recht nicht zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen erforderlich ist. Der emotional geprägte Groll des Klägers bzw seine Abneigung gegen Herrn Wulff mögen in dem geäußerten Ausmaß bisher der Öffentlichkeit unbekannt gewesen sein. Es ist jedoch nicht ersichtlich, welches überragende öffentliche Interesse mit der Veröffentlichung der entsprechenden Bemerkungen des Klägers gewahrt werden soll.
(d) Gleiches gilt für Äußerung Nr. 51 (Seite 102 f.), einem wörtliche Zitat zu einem Zwischenfall hinsichtlich der Parteifinanzierung der saarländischen CDU sowie für die Äußerung Nr. 61 (Seite 110), einem wörtlichen Zitat zur angeblichen Stasi-Belastung von Manfred Stolpe. Zwar wird - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - jeweils ein erheblicher Mißstand thematisiert, jedoch sind keine überragenden öffentlichen Interessen erkennbar, zu deren Wahrnehmung das Zitat hätte veröffentlicht werden müssen.
(e) Äußerung Nr. 72 (Seite 143):
Es handelt sich bei dieser Äußerung um ein wörtliches Zitat, welche schon keine besonderen Mißstände offenbart und deren Veröffentlichung erst recht nicht zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen erforderlich ist. Mit welchem Ergebnis der Kläger aus seiner subjektiven Sicht die Haltung des verstorbenen CSU-Vorsitzenden Franz-Josef Strauß zu politisch Verfolgten und den Vereinten Nationen bewertete, ist aufgrund der rein persönlichen Prägung dieser Charakterisierung nicht geeignet, überragende öffentliche Interessen wahrzunehmen.
(f) Äußerungen Nr. 81 (Seite 164 f.) und Nr. 87 (Seite 169 f.):
Es handelt sich um wörtliche Zitat, welches das Ziel Richard von Weizäckers offenbart, zum damaligen Zeitpunkt Bundespräsident werden zu wollen. Daneben wird die Einschätzung des Klägers wiedergegeben, dass er die Äußerung eines solchen Wunsches vor dem Hintergrund der anstehenden Nachrüstungsdebatte für unangemessen hielt. Weder diese Äußerung noch die Äußerung Nr. 87, die sich mit der Einschätzung des Klägers zur Qualität seines Verhältnisses mit Richard von Weizäcker beschäftigt, ist geeignet, überragende öffentliche Interessen wahrzunehmen. Soweit das Landgericht darauf abstellt, dass das Verhältnis der beiden Politiker aufgrund der von diesen bekleideten höchsten Staatsämtern von öffentlichem Interesse sei, reicht dies angesichts der völlig allgemein gehaltenen Formulierungen nicht aus, um den Eingriff in die Vertraulichkeitssphäre des Klägers zu rechtfertigen.
(g) Äußerung Nr. 100 (Seite 192):
Entsprechend den Ausführungen des Landgerichts zur Äußerung Nr. 61 besteht an der Veröffentlichung dieses Zitates zwar durchaus ein erhebliches öffentliches Interesse, weil es die Haltung des Klägers zu den Mitgliedern der Waffen-SS verrät und die Formulierung "XXX" - insbesondere in Verbindung mit der Charakterisierung "XXX" - in tatsächlicher Hinsicht eine pauschale Verharmlosung dieses paramilitärischen Verbandes darstellt, der die bei einem ehemaligen Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland auch in vertraulicher Atmosphäre zu erwartende Sensibilität für dieses Thema ersichtlich fehlen dürfte. Jedoch gilt auch hier, dass die Veröffentlichung der Äußerung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen nicht erforderlich ist. Gleiches gilt für die weiteren Äußerung Nr. 101 (Seite 193), Nr. 104 (Seite 198) und Nr. 113 (Seite 212 f.).
5. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Kosten für das Berufungsverfahren auf § 91 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz auf § 92 Abs. 2 ZPO. Der Kläger hat zwar die (teilweise) Abweisung seines Antrags hinsichtlich der Äußerungen Nr. 7, 39, 49, 86, 102 durch das angefochtene Urteil nicht mit der Berufung angegriffen, was zur Folge hat, dass er insoweit mit seinem Unterlassungsantrag unterlegen ist. Dies führt jedoch unter Anwendung der Grundsätze des § 92 Abs. 2 ZPO nicht zu einer Kostentragungspflicht des Klägers. Im Hinblick darauf, dass die teilweise Abweisung des Antrages in erster Instanz, die mit der Berufung des Klägers nicht angegriffen wurde, sich nur auf insgesamt fünf von 115 Äußerungen bezog und bei diesen überwiegend (Äußerungen Nr. 39, 49, 102) nicht die Veröffentlichung der Äußerung des Klägers, sondern nur die der erklärende Zusätze der Beklagten zu 2) und 3) vom Landgericht für zulässig erachtet wurden, handelt es sich um eine im Sinne von § 92 Abs. 2 ZPO verhältnismäßig geringfügige Zuvielforderung, die keine höheren Kosten veranlasst hat.
Streitwert: 50.000 €
OLG Köln:
Urteil v. 05.05.2015
Az: 15 U 193/14
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