Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. April 2000
Aktenzeichen: 34 W (pat) 66/97
(BPatG: Beschluss v. 04.04.2000, Az.: 34 W (pat) 66/97)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse B 65 B des Deutschen Patentamts vom 1. Juli 1997 aufgehoben und das Patent erteilt.
Bezeichnung: Verfahren zur Herstellung von Verpackungseinheiten mit überlegenen optischen Eigenschaften und verbessertem Warmblockverhalten, Verpackungseinheit, hergestellt nach dem Verfahren.
Anmeldetag: 4. Juni 1987 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 4, eingegangen am 9. Oktober 1995, Patentansprüche 5 bis 8; Beschreibung S 1 und 4 bis 9, eingegangen am Anmeldetag, Beschreibung S 2 und 3, eingegangen am 9. Oktober 1995
Gründe
I.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Prüfungsstelle die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, der Gegenstand des Patentanspruchs 1, eingegangen am 9. Oktober 1995, beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent mit den im Tenor dieses Beschlusses genannten Unterlagen zu erteilen.
Patentanspruch 1 lautet:
Verfahren zur Herstellung von Verpackungseinheiten mit überlegenen optischen Eigenschaften und verbessertem Warmblockverhalten, bei dem eine im wesentlichen quaderförmige Verpackung zur Bildung einer Umverpackung mit einer Polypropylenfolie eingeschlagen und in den Überlappungsbereichen der Polypropylenfolie durch Wärmeeinwirkung versiegelt wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Verpackungseinheit mit der Umverpackung nach dem Versiegeln einer zusätzlichen Wärmebehandlung unterzogen wird und daß als Polypropylenfolie eine biaxial streckorientierte und hitzefixierte Polypropylenfolie eingesetzt wird.
Unteransprüche 2 bis 6 sind auf Anspruch 1 rückbezogen. Anspruch 7 betrifft eine Verpackungseinheit, hergestellt nach einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6. Anspruch 8 ist auf Anspruch 7 rückbezogen.
Die Anmelderin hält den beanspruchten Gegenstand gegenüber dem Stand der Technik nach den Entgegenhaltungen GB 1 109 877, B. Grande "Anforderungen an Offsetdruckfarben für moderne Verpackungen" in DE-Zeitschrift Coating, 4/87, S 138 ff, EP 0 027 586 A1 und DE 33 31 983 A1 für neu und erfinderisch.
Sie hat sich im Beschwerdeverfahren auf die im Prüfungsverfahren vorgetragenen Argumente berufen.
Wegen Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig.
1. Die geltenden Ansprüche sind zulässig.
Das zusätzliche Merkmal in Anspruch 1, "daß als Polypropylenfolie eine biaxial streckorientierte und hitzefixierte Polypropylenfolie eingesetzt wird" ist ursprünglich offenbart, s S 3 Abs 2.
Die kennzeichnenden Merkmale der Ansprüche 2 bis 8 entsprechen denen der ursprünglichen Ansprüche 2 und 8.
2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu, da aus dem Stand der Technik kein Verfahren zur Herstellung von Verpackungseinheiten mit überlegenen optischen Eigenschaften und verbessertem Warmblockverhalten mit den Merkmalen des Anspruchs 1 bekannt ist. Es wird auf die nachfolgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit verwiesen.
3. Das zweifellos gewerblich anwendbare Verfahren beruht auf erfinderischer Tätigkeit.
Nächstkommende Entgegenhaltung ist die GB 1 109 877. Diese zeigt ein Verfahren mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1. Als Folie gelangt Schrumpffolie zum Einsatz.
Bei der Verpackung von insbesondere Zigaretten in Päckchen dient die Umverpackung ua dem Zweck, das Packgut vor Austrocknung und gravierenden Aromaverlusten zu bewahren. Mit herkömmlichen Folien eingeschlagene Zigarettenpäckchen weisen - so die Ansicht der Anmelderin - aber oft ein unbefriedigendes Aussehen auf, weil die Umverpackung im allgemeinen noch Wärmeschrumpffalten und Quellfalten zeigten.
Die Ursache dieser Falten liege einerseits im üblichen Schrumpfverhalten der Folie bei der Wärmebehandlung während der Versiegelung und andererseits in der Bildung von Quellfalten, die durch die Wirkung der Druckfarbe der Zigarettenpäckchen auf die Folie der Umverpackung auftreten, s Beschreibung S 1 le Abs bis S 2 Abs 1.
Hiervon ausgehend ist der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrundegelegt, ein Verfahren zu entwickeln, mit dessen Hilfe es möglich ist, Verpackungseinheiten, insbesondere Zigarettenpäckchen, mit einer im wesentlichen faltenfreien Umverpackung aus Polypropylenfolie herzustellen, wobei auch ein verbessertes Warmblockverhalten der Päckchen sowie eine verbesserte Kratzfestigkeit angestrebt sind, s Beschreibung S 2 Abs 3.
Eine Lösung dieser Aufgabe ist im Anspruch 1 angegeben und wird durch die in der Beschreibung S 4 ff aufgeführten Beispiele und Messungen belegt.
Wesentliches Merkmal der Erfindung ist es, eine Verpackungseinheit mit der Umverpackung aus nicht schrumpffähiger Folie nach dem Siegeln einer zusätzlichen Wärmebehandlung zu unterziehen.
Die GB 1 109 877 führt in eine andere Richtung, da in ihr nur die Verwendung schrumpffähiger Folie (die auch uniaxial gestreckt sein kann, s S 3 Z 18) zur Bildung der (Um-)Verpackung vorgeschlagen wird. Dementsprechend dient der in der Druckschrift erwähnte Schritt einer Wärmebehandlung nach dem Versiegeln, s dort S 3 Z 29, allein dem Schrumpfen der schrumpffähigen Folie der Umverpackung.
Das beanspruchte Verfahren ergab sich für den Fachmann auch nicht unter zusätzlicher Berücksichtigung des übrigen Standes der Technik in naheliegender Weise.
Die von der Anmelderin in den ursprünglichen Unterlagen genannten Entgegenhaltungen EP 0 027 586 A1 und DE 33 31 983 A1 betreffen jeweils biaxial streckorientierte Polypropylen-Folien, S EP 0 027 586 A1 Anspruch 8 sowie S 3 und DE 33 31 983 A1 Ansprüche 1 und 5. Die Eignung solcher Folien für Zwecke der Verpackung von Gegenständen auf schnelllaufenden Verpackungsmaschinen wird hervorgehoben. Den Druckschriften ließ sich jedoch keine Anregung entnehmen, Verpackungseinheiten mit einer Umverpackung aus einer derartigen hitzefixierten Folie nach dem Versiegeln einer zusätzlichen Wärmebehandlung zu unterziehen.
Daß vom Fachmann zu erwarten ist, bei Einsatz solcher Folien die von der Verarbeitung schrumpffähiger Folien bekannte - und bei diesen selbstverständlich notwendige - zusätzliche Wärmebehandlung evtl probeweise beizubehalten, wie im angefochtenen Beschluß auf S 3 le Abs ausgeführt, kann nicht unterstellt werden. Dem Fachmann mußte sich vielmehr aus der Information über die Eigenschaft der Folien "hitzefixiert, nicht schrumpffähig" als entscheidender Vorteil anbieten, den Schritt der zusätzlichen Wärmebehandlung, da jetzt nicht mehr notwendig, einsparen zu können.
Eine Anregung für die beanspruchte Maßnahme der zusätzlichen Wärmebehandlung konnte sich auch nicht aus dem in der Beschreibung erwähnten Artikel in der Zeitschrift "Coating" ergeben, in dem die Wechselwirkung gebräuchlicher Folien mit Druckfarbe untersucht und daraus folgend Anforderungen an die Druckfarben abgeleitet sind.
Anspruch 1 ist daher gewährbar.
4. Anspruch 7, der auf eine Verpackungseinheit, hergestellt nach einem Verfahren mindestens nach Anspruch 1, gerichtet ist, wird als echter Unteranspruch von Anspruch 1 getragen (BPatGE 29, 175). Auch das Rechtsschutzinteresse ist gegeben, da der Anspruch auf eine bestimmte Ausgestaltung des unmittelbaren Verfahrenserzeugnisses gerichtet und beschränkt ist, nämlich den Einsatz einer bedruckten Umhüllung.
5. Ansprüche 2 bis 6 und 8 betreffen Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 bzw der Verpackungseinheit nach Anspruch 7 und können sich als Unteransprüche anschließen.
Lauster Hövelmann Dr. Frowein Ihsenprö
BPatG:
Beschluss v. 04.04.2000
Az: 34 W (pat) 66/97
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