Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Juni 2011
Aktenzeichen: 8 W (pat) 353/05

(BPatG: Beschluss v. 09.06.2011, Az.: 8 W (pat) 353/05)

Tenor

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I.

Auf die am 1. Februar 2002 eingereichte Patentanmeldung 102 04 076.1-23 mit der Bezeichnung "Überwachungseinrichtung für eine landwirtschaftliche Maschine" -die Priorität einer Voranmeldung in den USA vom 7. Februar 2001 (Anmeldungsnummer: 09/780,105) war in Anspruch genommen worden -ist das Patent 102 04 076 mit Beschluss vom 2. Dezember 2004 erteilt und die Erteilung am 23. Juni 2005 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent hat die Firma O... N.V. PA M...(NL) am 23. September 2005 Einspruch erhoben. Die Einsprechende hat zur Stützung ihres Vorbringens u. a. auf die im Prüfungsverfahren bereits in Betracht gezogene DE 195 14 223 A1 verwiesen und zudem noch u. a. die Zeitschrift Landtechnik 2/98 -53. Jahrgang, Seiten 104 und 105 in das Verfahren eingeführt. Die Einsprechende hat hierzu u. a. vorgetragen, dass die DE 195 14 223 A1 einenrelevanten Offenbarungsgehalt aufweise, denn dort sei bereits der Gedanke formuliert, die Menge der zu übermittelnden Daten zu reduzieren sowie Betriebsstörungen der Maschine selbst weiter zu geben und entsprechende Fehlermeldungen zu generieren.

Zur mündlichen Verhandlung ist die ordnungsgemäß geladene Einsprechende, wie mit Schriftsatz vom 6. Juni 2011 angekündigt, nicht erschienen.

Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der Einsprechenden widersprochen. Zum Stand der Technik nach der DE 195 14 223 A1 hat die Patentinhaberin ausgeführt, dass die Überwachung einer Erntegutbearbeitung nicht Gegenstand dieser Druckschrift sei und ein Fachmann auch bei Verwendung eines hierzu geeigneten Sensors nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen würde, da nach der Lehre dieser Entgegenhaltung die Fehleranalyse durch den Leitrechner erfolge, dem dann alle Sensordaten zu übermitteln seien.

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung den am 30. Mai 2011 eingegangenen "Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2" zum Hauptantrag erklärt und das Streitpatent lediglich noch in diesem Umfang verteidigt.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Überwachungseinrichtung für eine landwirtschaftliche Maschine, mit einem auf der landwirtschaftlichen Maschine bereitgestellten Prozesscomputer (42), einem Sensor (44), der Gutbearbeitungsdaten der landwirtschaftlichen Maschine erfasst und den Prozesscomputer (42) mit den Gutbearbeitungsdaten beaufschlagt, und mit einer Kommunikationsschnittstelle (50), die mit dem Prozesscomputer (42) verbunden und eingerichtet ist, Fehlermeldungen an eine von der Maschine beabstandete Station zu übersenden, an der sich ein Servicecomputer (64) befindet, der mit einer Kommunikationsschnittstelle (66) verbunden ist, die mit der Kommunikationsschnittstelle (50) der Maschine kommuniziert, dadurch gekennzeichnet, dass der Sensor (44) eingerichtet ist, ein Ergebnis der Gutbearbeitung in der landwirtschaftlichen Maschine zu erfassen, dass der Prozesscomputer (42) betreibbar ist, anhand der vom Sensor (44'') und von weiteren Sensoren (44, 44'), die jeweils den Status wenigstens eines Betriebselements der Maschine erfassen, bereitgestellten Daten einen Gutbearbeitungsfehler zu identifizieren und eine eine Information über den identifizierten Gutbearbeitungsfehler und das fehlerverursachende Bauteil enthaltende Gutbearbeitungsfehlernachricht an die Kommunikationsschnittstelle (50) abzugeben, und dass der Servicecomputer (64) über eine Schnittstelle (62, 66) mit einer Kommunikationseinrichtung (70) in Form eines tragbaren oder stationären Computers verbunden ist, mit der in einem mit dem Servicecomputer (64) verbundenen Speicher (60) abgelegte Wartungsdaten und Betriebsparameter der landwirtschaftlichen Maschine anzeigbar und Betriebsparameter der landwirtschaftlichen Maschine beeinflussbar sind".

Wegen der weiterhin geltenden nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 5 in erteilter Fassung wird auf die Akten verwiesen.

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass relativ teure und aufwändig ausgestaltete Erntemaschinen wie z. B. Mähdrescher nur relativ kurze Zeit im Jahr zum Einsatz gelangen und in dieser Zeit häufig von unzureichend ausgebildetem Personal betrieben werden müssen, was intensive Kontrollmaßnahmen erfordere. Daher sei die Grundidee des Streitpatents darin zu sehen, dass evtl. auftretende Fehler auf der Maschine selbst detektiert, identifiziert und ausgewertet werden sollen, wobei die Überwachung der Maschinenparameter und der Gutbearbeitung durch entsprechende Sensoren zum Ziel habe, das Ergebnis der Gutbearbeitung zu überwachen. Die DE 195 14 223 A1 offenbare hierzu lediglich alle Unregelmäßigkeiten an der Maschine zum Zwecke der Diagnose an den von der Maschine beabstandeten Leitrechner weiter zu leiten, in dem sich dann alle erforderlichen Operationen und Analysen abspielen, während der Bordrechner der Maschine in diesem Zusammenhang außen vor bleibe. Ferner offenbare die DE 195 14 223 A1 keine Datenübermittlung bzw. -verarbeitung, die sich auf das Ergebnis der Gutbearbeitung durch die Maschine bezieht.

Zu dem von der Einsprechenden noch genannten Artikel "Teleservicesysteme, Einsatzpotential bei Landmaschinen" aus der Zeitschrift Landtechnik 2/98 -53. Jahrgang, Seiten 104, 105, den der Senat noch als bedeutsamen Stand der Technik in den Mittelpunkt der Erörterung gestellt hatte, hat die Patentinhaberin ausgeführt, dass dieser sich überwiegend mit Maschinenparametern und nicht mit Gutbearbeitungsdaten befasse. Die dort erwähnten intelligenten Systeme seien nach Auffassung der Patentinhaberin ausschließlich zum Zwecke der Diagnose des Zustands der Maschine und nicht zur Betrachtung der Gutbearbeitung vorgesehen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent mit dem am 30. Mai 2011 eingegangenen "Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2" im Übrigen gemäß der Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten.

Von der Einsprechenden liegt der Antrag vor, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Wegen weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Über den Einspruch, der nach dem 1. Januar 2002 und vor dem 1. Juli 2006 formund fristgerecht eingelegt worden ist, hat der zuständige Technische Beschwerdesenat gemäß § 147 Abs. 3 PatG zu entscheiden, da die mit der Einlegung des Einspruchs begründete Entscheidungsbefugnis durch die spätere Aufhebung der Vorschrift nicht entfallen ist (vgl. auch BGH GRUR 2007, 859, 861 und 862 ff.

-Informationsübermittlungsverfahren I und II; bestätigt durch BGH, Beschl. v. 9.12.2008 -X ZB 6/08 -Ventilsteuerung -Mitt. 2009, 72).

Der zulässige Einspruch ist begründet, denn der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 stellt keine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG § 1 bis § 5 dar.

Der geltende Patentanspruch 1 mag zulässig sein. Der Gegenstand dieses Anspruchs mag auch gewerblich anwendbar sein und die erforderliche Neuheit aufweisen.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht aus den nachfolgend dargelegten Gründen jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

1. Das Streitpatent betrifft eine Überwachungseinrichtung für eine landwirtschaftliche Maschine.

Im Streitpatent wird der einschlägige Stand der Technik dahingehend kritisiert, dass dort zu große Datenmengen übertragen werden müssen, um die jeweilige Maschine zu überwachen (vgl. Abs. 0005 und 0007).

Dem Streitpatent liegt gemäß Absatz 0009 die Aufgabe zugrunde, eine verbesserte Überwachungseinrichtung bereit zu stellen.

Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung kennzeichnet eine Überwachungseinrichtung für eine landwirtschaftliche Maschine mit den folgenden Merkmalen:

1. Auf der landwirtschaftlichen Maschine ist ein Prozesscomputer bereit gestellt.

1.1 Der Prozesscomputer ist betreibbar, anhand der von einem Sensor bereitgestellten Daten einen Gutbearbeitungsfehler zu identifizieren und eine eine Information über den identifizierten Gutbearbeitungsfehler enthaltende Gutbearbeitungsfehlernachricht an eine Kommunikationsschnittstelle abzugeben.

1.2 Der Prozesscomputer ist betreibbar anhand von weiteren Sensoren, die jeweils den Status wenigstens eines Betriebselements der Maschine erfassen, eine eine Information über das fehlerverursachende Bauteil enthaltende Gutbearbeitungsfehlernachricht an die Kommunikationsschnittstelle abzugeben.

2.

Die landwirtschaftliche Maschine weist einen Sensor auf.

2.1 Der Sensor erfasst Gutbearbeitungsdaten der landwirtschaftlichen Maschine.

2.2 Der Sensor ist eingerichtet, ein Ergebnis der Gutbearbeitung in der landwirtschaftlichen Maschine zu erfassen.

2.3 Der Sensor beaufschlagt den Prozesscomputer mit den Gutbearbeitungsdaten.

2.4 Weitere Sensoren sind vorhanden, die jeweils den Status wenigstens eines Betriebselements der Maschine erfassen.

3.

Die landwirtschaftliche Maschine weist eine Kommunikationsschnittstelle auf.

3.1 Die Kommunikationsschnittstelle ist mit dem Prozesscomputer verbunden.

3.2 Die Kommunikationsschnittstelle ist eingerichtet, Fehlermeldungen an eine von der Maschine beabstandete Station zu übersenden.

3.2.1 An der von der Maschine beabstandeten Station befindet sich ein Servicecomputer.

3.2.1.1 Der Servicecomputer ist mit einer (anderen) Kommunikationsschnittstelle verbunden.

3.2.1.1.1 Die (andere Kommunikationsschnittstelle kommuniziert mit der Kommunikationsschnittstelle der Maschine.

3.2.1.2 Der Servicecomputer ist über eine Schnittstelle mit einer Kommunikationseinrichtung in Form eines tragbaren oder stationären Computers verbunden.

3.2.1.2.1 Mit der Kommunikationseinrichtung sind in einem mit dem Servicecomputer verbundenen Speicher abgelegte Wartungsdaten und Betriebsparameter der landwirtschaftlichen Maschine anzeigbar und Betriebsparameter der landwirtschaftlichen Maschine beeinflussbar.

(In obiger Merkmalsgliederung wird von der Reihenfolge der Merkmale im Anspruchswortlaut abgewichen).

Die Überwachungseinrichtung für eine landwirtschaftliche Maschine nach dem erteilten Anspruch 1 weist als wesentliche Bauelemente einen Prozesscomputer (Merkmal 1.), einen Sensor (Merkmal 2.) sowie eine Kommunikationsschnittstelle (Merkmal 3.) auf der Erntemaschine auf.

Der Prozesscomputer soll nach Merkmal 1.1 einerseits in der Lage sein, aus den von einem (bestimmten) Sensor bereit gestellten Daten einen Gutbearbeitungsfehler zu identifizieren. Gemäß Absatz 0011 der Streitpatentschrift soll beispielsweise die Verlustkorn-Menge bei einem Mähdrescher oder die Schnittlänge bei einem Häcksler gemessen werden, wobei diese, die Gutbearbeitungseigenschaften (der Maschine) kennzeichnenden Werte innerhalb vorbestimmter Grenzen liegen müssen, deren Überschreitung als Gutbearbeitungsfehler identifiziert wird. Andererseits soll der Prozesscomputer dann nach Merkmal 1.1 eine eine Information über den identifizierten Gutbearbeitungsfehler enthaltende Gutbearbeitungsfehlernachricht an eine Kommunikationsschnittstelle abgeben. Nach der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels gemäß Absatz 0032 und 0033 kann eine derartige Fehlernachricht eine Information über den identifizierten Fehler und ggf. über das fehlerverursachende Bauteil (gemäß Abs. 0032 über die mangelhafte Arbeit oder Einstellung eines bestimmten Bauteils) enthalten, so dass der Prozesscomputer dann gemäß Merkmal 1.2 auch eine eine Information über das fehlerverursachende Bauteil enthaltende Gutbearbeitungsfehlernachricht an die Kommunikationsschnittstelle abgeben kann.

Zu diesem Zweck bedarf es eines Sensors auf der landwirtschaftlichen Maschine (Merkmal 2.) der Gutverarbeitungsdaten der Maschine erfasst (Merkmal 2.1), indem er so beschaffen ist, dass er das Ergebnis der Gutverarbeitung (z. B. Menge an Verlustkorn, Häcksellänge des Häckselgutes) erfasst (Merkmal 2.2) und den Prozesscomputer mit den entsprechenden Gutbearbeitungsdaten beaufschlagt (Merkmal 2.3), während noch weitere Sensoren vorgesehen sein müssen, die jeweils den Status wenigstens eines Betriebselements der Maschine erfassen (Merkmal 2.4).

Weiterhin muss die landwirtschaftliche Maschine im Rahmen der beanspruchten Überwachungseinrichtung eine Kommunikationsschnittstelle aufweisen (Merkmal 3.), die nach Merkmal 3.1 mit dem Prozesscomputer verbunden ist und gemäß Merkmal 3.2 eingerichtet ist, Fehlermeldungen an eine von der Maschine beabstandete Station zu übersenden. Die von der Maschine beabstandete Station befindet sich nach der Beispielsbeschreibung des Streitpatents jedenfalls an einem (vom Einsatzort der landwirtschaftlichen Maschine) entfernten Ort als Servicestation (vgl. Abs. 0025), die beispielsweise im Büro eines Servicecenters für landwirtschaftliche Maschinen, also im Hause eines (Landmaschinen-)Händlers oder einer Niederlassung des Herstellers (der betreffenden Landmaschine) oder aber im Büro des entsprechenden Lohnunternehmers oder Landwirts, aufgestellt sein kann (vgl. Abs. 0030).

Mit den weiteren Merkmalen des Anspruchs 1 wird die von der landwirtschaftlichen Maschine beabstandete Station dahingehend näher beschrieben, dass sich dort ein Servicecomputer befindet (Merkmal 3.2.1), der mit einer -anderen und eigenen -Kommunikationsschnittstelle verbunden ist (3.2.1.1), die mit der Kommunikationsschnittstelle der Maschine kommuniziert (3.2.1.1.1). Ferner soll der Servicecomputer über eine Schnittstelle mit einer sog. Kommunikationseinrichtung, die einen tragbaren oder stationären Computer darstellt, verbunden sein (3.2.1.2), mit deren Hilfe in einem Speicher des Servicecomputers abgelegte Wartungsdaten und Betriebsparameter der Maschine anzeigbar und die entsprechenden Betriebsparameter auch noch beeinflussbar sind (3.2.1.2.1). Gemäß Absatz 0029 der Streitpatentschrift könnte damit z. B. der Eigentümer der Maschine Betriebsparameter überwachen und im Bedarfsfall auch beeinflussen.

Der in Rede stehende geltende Patentanspruch 1 beschreibt damit in lediglich allgemeiner Form das Zusammenwirken von Sensoren zur Erfassung von Gutbearbeitungsdaten und Betriebsparametern von Elementen der landwirtschaftlichen Maschine mit einem auf der Maschine befindlichen Prozesscomputer (Bordcomputer), welcher seinerseits mit einer ebenfalls auf der Maschine befindlichen Kommunikationsschnittstelle derart verbunden ist, dass er mit Hilfe dieser Kommunikationsschnittstelle Fehlermeldungen an eine mit einem Servicecomputer ausgestatteten, von der Maschine beabstandete Station übermitteln kann, wobei der Servicecomputer an der beabstandeten Station über eine Schnittstelle mit einer Kommunikationseinrichtung verbunden ist, in einer Weise, dass Wartungsdaten und Betriebsparameter der Maschine mit dieser Kommunikationseinrichtung anzeigbar sowie Betriebsparameter der Maschine beeinflussbar sind. Somit beschreibt dieser Anspruch eine Strategie für eine Maschinenüberwachung aus der Ferne, bei der bestimmte an sich bekannte Bauteile und Elemente auf der Maschine (Sensoren, Bordcomputer, Kommunikationsschnittstelle) mit einem von der Maschine beabstandeten Servicecomputer derart in telemetrischer Verbindung stehen, dass Gutbearbeitungsfehler und fehlerverursachende Bauteile vom Servicecomputer registriert und Betriebsparameter der Maschine beeinflusst werden können. Dabei soll dem Bordcomputer die Formulierung der Information über den Gutbearbeitungsfehler und das fehlerverursachende Bauteil zukommen, d. h. er muss zusammen mit den Sensorsystemen bereits maschinenseitig Diagnosemöglichkeiten bieten. Eine spezielle landwirtschaftliche Maschine oder spezielle hierauf abgestimmte Sensoren und weitere elektronische Bauteile und -elemente sind indes ebenso wenig Gegenstand dieses Anspruchs wie bestimmte Arten einer Programmierung des Prozessrechners.

2. Durch die DE 195 14 223 A1 ist eine Überwachungseinrichtung für eine landwirtschaftliche Maschine bekannt geworden, wobei auf der landwirtschaftlichen Maschine, wie in Merkmal 1. des geltenden Anspruchs 1 gefordert (vgl. Merkmalsgliederung nach Punkt II.1.), ein Prozessrechner (8) (vgl. Fig. 1, 2) -dieser wird als "Bordrechner" bezeichnet und empfängt gemäß Spalte 4, Zeilen 51, 52 der Entgegenhaltung Daten von einer Vielzahl von Sensoren, die er auswertet -bereit gestellt wird. Demgemäß weist die landwirtschaftliche Maschine auch (mindestens) einen Sensor (9) auf (Merkmal 2.), wobei ebenfalls Sensoren vorhanden sind, die jeweils den Status wenigstens eines Betriebselements der Maschine erfassen (Spalte 6, Zeilen 33 bis 47) (Merkmal 2.4). Die bekannte landwirtschaftliche Maschine weist auch eine Kommunikationsschnittstelle (vgl. Fig. 2, M5) auf (Merkmal 3.), die mit dem Prozesscomputer (8) verbunden ist (vgl. Fig. 2) (Merkmal 3.1) und eingerichtet ist, Fehlermeldungen an eine von der Maschine beabstandete Station (1) zu übersenden (Spalte 9, Zeilen 2 bis 18 i. V. m.

Spalte 6, Zeilen 33 bis 40; Fig. 1, 2) (Merkmal 3.2). Auch ist der Prozesscomputer betreibbar, anhand der von Sensoren bereitgestellten Daten (Spalte 4, Zeilen 51, 52) einen Fehler im Betriebsablauf der Maschine zu identifizieren und eine eine Information über den identifizierten Fehler enthaltende Fehlernachricht an eine Kommunikationsschnittstelle abzugeben (Spalte 6, Zeilen 33 bis 40 i. V. m. Spalte 9, Zeilen 2 bis 18), so dass auch die Merkmale 1.1 und 1.2 in ihren wesentlichen funktionalen Grundlagen vorweggenommen werden. Jedenfalls erhält der Prozessrechner (8) nach der DE 195 14 223 A1 die Daten von den Sensoren, die er zunächst -anders als die Patentinhaberin vorträgt -selbst auswertet (Spalte 4, Z. 51, 52) und ferner daraufhin überprüft, ob sie an einen anderen Rechner weitergeleitet werden sollen oder nicht (Spalte 6, Z. 58 bis 63), denn auch die Entgegenhaltung hat die Zielsetzung, die telemetrisch zu übertragenden Datenmengen zu begrenzen (Spalte 2, Zeilen 17 bis 41). Der Einwand der Patentinhaberin, wonach die DE 195 14 223 A1 ausschließlich die Lehre vermittle, die Analyse der Fehler durch den Leitrechner erfolgen zu lassen, wie dies in Spalte 6, Zeilen 40 ff. der Entgegenhaltung ausgeführt werde, vermag nicht durchzugreifen, denn die dort beschriebene Analyse bezieht sich auf übergeordnete Entscheidungen bezüglich der einzuleitenden Reaktionen auf die Fehlermeldung und nicht auf eine direkte Übertragung von Sensordaten auf den Leitrechner. Hierzu ist in Spalte 6, Zeilen 58 bis 63 ausdrücklich ausgeführt, dass die Auswertung der Daten zunächst im Bordrechner zu erfolgen hat, der dann auch über eine Weitergabe an den Leitrechner entscheidet.

Ferner zeigt die DE 195 14 223 A1 in Fig. 1 einen von der Maschine beabstandeten Servicecomputer, den sog. Leitrechner 1 (Merkmal 3.2.1), der mit einer (anderen als der Maschine zugeordneten) Kommunikationsschnittstelle verbunden ist (Merkmal 3.2.1.1), welche aber ebenfalls mit der Kommunikationsschnittstelle der Maschine kommuniziert (Merkmal 3.2.1.1.1). Auch ist in der in Rede stehenden Entgegenhaltung bereits angedacht, den Servicecomputer (Leitrechner 1) -wie in Merkmal 3.2.1.2 gefordert -über eine Schnittstelle mit einer Kommunikationseinrichtung in Form zumindest eines stationären Computers zu verbinden (vgl. Fig. 1, rechts; Sp. 7, Zeilen 49 bis 57 und Sp. 8, Zeilen 44 bis 55), wobei mit der Kommunikationseinrichtung gemäß Merkmal 3.2.1.2.1 in einem mit dem Servicecomputer verbundenen Speicher abgelegte Wartungsdaten (ergibt sich aus Spalte 6, Zeilen 43 bis 47) und Betriebsparameter der landwirtschaftlichen Maschine anzeigbar (ergibt sich aus Spalte 8, Zeilen 44 bis 55) und Betriebsparameter der landwirtschaftlichen Maschine beeinflussbar sind, denn über den mit dem Expertensystem des Maschinenherstellers verbundenen Leitrechner (vgl. Spalte 8, Zeilen 44 bis 55) können auch Betriebsvorgaben der Maschine verändert werden (Spalte 6, Zeilen 40 bis 43).

In der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels der patentgemäßen Überwachungseinrichtung wird im Streitpatent als Sensor zur Erfassung der Gutbearbeitungsdaten ein Sensor zur Erfassung der Menge der Verlustkörner (vgl. Abs. 0022) beispielhaft beschrieben. Derartige Sensoren zur Verlustkorn-Erfassung sind in Mähdreschern heutiger Bauart seit langem am Ende der Schüttlerstrecke im Bereich der Überkehr verbaut, um dem Fahrer permanent die Entwicklung der Verlustkornmenge anzuzeigen, so dass dieser durch Veränderung von Maschinenparametern (z. B. Vorfahrtgeschwindigkeit) einem zu hohen Kornverlust entgegen wirken kann. Auch in der DE 195 14 223 A1 findet die Betrachtung der Körnerverluste in Zusammenhang mit der Beschreibung eines sog. "Flottenmanagements" Erwähnung und zwar dahingehend, dass bei verspäteter Verfügbarkeit von Transportkapazität zur Entleerung des Körnertanks des Mähdreschers der Leitrechner den Bordrechner oder den Maschinenführer des Mähdreschers anweisen kann, durch Verringerung der Vorfahrtgeschwindigkeit die Körnerverluste und den Kraftstoffverbrauch zu verringern (Spalte 5, Zeile 55 bis Spalte 6, Zeile 1). So weist auch der in der DE 195 14 223 A1 beschriebene Mähdrescher selbstverständlich einen Sensor zur Verlustkorn-Erfassung und damit zur Erfassung von Gutbearbeitungsdaten (Merkmale 2.1 und 2.2) auf. Lediglich die von diesem gewonnen Daten werden nicht, wie im Falle des Streitpatents, vom Bordrechner an einen zentralen Rechner als Gutbearbeitungsfehlernachricht weitergegeben.

Der Patentgegenstand nach dem geltenden Anspruch 1 unterscheidet sich von dem entgegengehaltenen Stand der Technik nach der DE 195 14 223 A1 lediglich darin, dass der Sensor den Prozesscomputer mit Gutbearbeitungsdaten beaufschlagt (Merkmal 2.3), welcher anhand der Daten einen Gutbearbeitungsfehler identifiziert und eine eine Information über den identifizierten Gutbearbeitungsfehler enthaltende Gutbearbeitungsfehlernachricht an eine Kommunikationsschnittstelle abgibt (Merkmal 1.1), wobei die Gutbearbeitungsfehlernachricht auch eine Information über das fehlerverursachende Bauteil enthält (Merkmal 1.2).

In der modernen Landwirtschaft laufen spezielle Erntemaschinen wie z. B. auch Mähdrescher, die nur eine relativ kurze Zeit im Jahr bzw. in der Vegetationsperiode zum Einsatz gelangen, bei sog. Lohnunternehmern im überbetrieblichen Einsatz. Um bei derartigen hochspezialisierten landwirtschaftlichen Maschinen Ausfälle, Fehlfunktionen durch fehlerhaft eingestellte Maschinenelemente und/oder Fehlbedienungen durch nicht ausreichend geschultes Fahrpersonal im Rahmen ihrer relativ kurzen Einsatzzeiträume zu vermeiden, gewinnen sog. Teleservicesysteme in der Konzeption neuer landwirtschaftlicher Maschinen zunehmend an Bedeutung. Daher ist ein Fachmann, ein Diplom-Ingenieur des allgemeinen Maschinenbaus oder ein Agraringenieur mit zumindest Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Erfahrung in der Ausgestaltung von Überwachungseinrichtungen für landwirtschaftliche Maschinen vor die allgemeine Aufgabe gestellt, die neuen Entwicklungen im Bereich der Teleservicesysteme zu beobachten und sie für das Management landwirtschaftlicher Maschinen nutzbar zu machen. Somit war der maßgebliche Fachmann veranlasst, im einschlägigen Stand der Technik nach Anregungen zur weiteren Verbesserung des bereits bekannten Überwachungsund Teleservicesystems nach der DE 195 14 223 A1 zu suchen.

Durch den Artikel von H. J. Meyer et. al., Zeitschrift Landtechnik 2/98, (53. Jahrgang, Seiten 104, 105) wird dem Fachmann eine landwirtschaftliche Maschine am Beispiel eines Mähdreschers vorgestellt, welche ebenfalls die wesentlichen Baugruppen der patentgemäßen Überwachungseinrichtung, nämlich Sensoren, einen Prozesscomputer sowie eine Kommunikationsschnittstelle, die ihrerseits mit dem Servicecomputer an einer von der Maschine beabstandeten Station in Verbindung steht, aufweist (Merkmale 1., 2. und 3.) (vgl. Bild 1, Seite 104). Ferner werden auf Seite 104 dieser Zeitschrift, rechte Spalte, 3. Absatz unter der Überschrift "Maschinenseite" bedeutsame Komponenten der Überwachungseinrichtung dahingehend näher beschrieben, dass u. a. "modulare Rechnersysteme", "intelligente Sensoren" sowie "Aktor-Sensor-Systeme mit Diagnosemöglichkeiten" auf der Maschine selbst vorgesehen sein müssen. Diese Aufstellung gibt dem maßgeblichen Fachmann aus dem landtechnischen Bereich -einer Hinzunahme etwa eines Informatikers oder Elektronikers bedarf es nicht, weil eine konkrete Ausgestaltung der Überwachungseinrichtung an einer bestimmten landwirtschaftlichen Maschine mit speziell hierfür zu entwickelnder Hardoder Software nicht Gegenstand des Streitpatents ist -bereits den zweifelsfreien Hinweis darauf, dass das entgegengehaltene System eine Diagnose von Fehlern im Betriebsablauf der Maschine auf der Maschine selbst, also im bordeigenen Prozesscomputer, im Zusammenwirken mit intelligenten, diagnosefähigen Sensorsystemen durchführen soll. Dies führt ebenfalls zur Reduktion der telemetrisch zu übermittelnden Datenmengen, wie es auch bei der patentgemäßen Überwachungsseinrichtung angestrebt wird. Weiterhin wird in der genannten Spalte auf Seite 104 am Ende der Aufzählung der maschinenseitigen Komponenten wie folgt fortgefahren: "Allgemein ist festzustellen, daß neben den verfahrenstechnischen Daten wie Maschinenposition, Durchsatz, Dreschtrommeldrehzahl beim Beispiel Mähdrescher, weitere Daten, die den Maschinenzustand beschreiben, gesammelt werden müssen, um Diagnoseaussagen anstellen zu können. Hierzu zählen Informationen über Motor, Antriebe, Hydraulikanlage und ähnliches". Hier werden also zwei unterschiedliche Datenkategorien, die zu erheben sind, genannt, nämlich verfahrenstechnische Daten einerseits und Daten, die den Maschinenzustand beschreiben andererseits. Dabei stehen die zu den verfahrenstechnischen Daten gehörenden Begriffe "Durchsatz" und "Dreschtrommeldrehzahl" für Gutbearbeitungsparameter, denn ein zu hoher Durchsatz oder eine zu hohe oder zu niedrige Dreschtrommeldrehzahl führen zu höheren Verlusten und fehlerhafter Gutbearbeitung. Diese nur beispielsweise genannten Größen zur Gutbearbeitung werden durch Sensoren bestimmt und mit ebenfalls über Sensoren ermittelte Daten, die den Maschinenzustand beschreiben wie Informationen über Motor, Antriebe, Hydraulikanlage und ähnliches zusammengeführt und nach Auswertung (Diagnoseerstellung) auf der Maschine der Kommunikationsschnittstelle zugeführt (vgl. Bild 1; Seite 104, rechte Spalte, Text unter "Maschinenseite"). Damit wird dem maßgeblichen Fachmann einerseits nahegelegt, den Prozesscomputer so auszustatten, dass er anhand von Sensordaten einen Gutbearbeitungsfehler identifizieren und eine eine Information über den identifizierten Gutbearbeitungsfehler enthaltende Gutbearbeitungsfehlernachricht an die Kommunikationsschnittstelle abgeben kann (Merkmal 1.1) und dass er auch anhand von weiteren Sensoren, die jeweils den Status wenigstens eines Betriebselements der Maschine erfassen, eine eine Information über das fehlerverursachende Bauteil enthaltende Gutbearbeitungsfehlernachricht an die Kommunikationsschnittstelle abgeben kann (Merkmal 1.2).

Zwar ist der Patentinhaberin darin zuzustimmen, dass der entgegengehaltene Artikel aus der Zeitschrift Landtechnik sich dann im Einzelnen überwiegend nur noch der Betrachtung der Maschinenparameter widmet, um intelligente Systeme zur Diagnose bezüglich des Maschinenzustands sowie der Prognose über die Standzeit maßgeblicher Maschinenelemente bereit zu stellen. Der oben zitierte Satz aus der Entgegenhaltung lässt jedoch zweifelsfrei erkennen, dass auch Gutbearbeitungsdaten in diese Gesamtbetrachtung mit einbezogen und zusammen mit Maschinenparametern analysiert werden sollen.

Nach alledem ist auch die Erfassung von Gutbearbeitungsdaten durch an sich bekannte, geeignete Sensoren sowie deren Analyse im Prozesscomputer der landwirtschaftliche Maschine und deren Übermittlung als Fehlernachricht über eine Kommunikationsschnittstelle an eine von der Maschine beabstandete Station im Stand der Technik (Zeitschrift: Landtechnik 2/98, Seite 104, 105) bereits vorbeschrieben, wobei dieser Vorgang noch mit der Erfassung von Fehlern an Maschinenelementen und deren Weitergabe als Fehlernachricht gekoppelt ist. Daher führt eine fachmännische Übertragung der Offenbarung des Artikels aus der Zeitschrift Landtechnik auf eine aus der DE 195 14 223 A1 bekannte Überwachungseinrichtung -zu einer solchen Übertragungsmaßnahme war der einschlägige Fachmann, wie oben dargestellt, bereits durch eine allgemeine übergeordnete Aufgabenstellung aus dem erforderlichen Maschinenmanagement von im überbetrieblichen Einsatz laufender landwirtschaftlicher Maschinen veranlasst -unmittelbar zu einer Überwachungseinrichtung mit allen Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1. Eine derartige einfache, lediglich ergänzend wirkende Übertragungsmaßnahme war dem maßgeblichen Fachmann zum Zeitrang des Streitpatents dabei ohne erfinderische Tätigkeit möglich und bedurfte auch keiner sprunghaften Weiterentwicklung des bis zum Zeitrang des Streitpatents bekannten Standes der Technik, so dass die Überwachungseinrichtung für eine landwirtschaftliche Maschine nach dem geltenden Patentanspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Der geltende Patentanspruch 1 hat daher keinen Bestand.

Mit dem tragenden Hauptanspruch fallen auch die auf diesen rückbezogenen Ansprüche 2 bis 5 in der erteilten Fassung.

Dr. Huber Kätker Dr. Prasch Dr. Dorfschmidt Cl






BPatG:
Beschluss v. 09.06.2011
Az: 8 W (pat) 353/05


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