Bundespatentgericht:
Urteil vom 11. November 2010
Aktenzeichen: 2 Ni 31/09
(BPatG: Urteil v. 11.11.2010, Az.: 2 Ni 31/09)
Tenor
I. Das Patent 43 45 427 wird für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 43 45 427 (Streitpatent), das durch Teilung aus der Patentanmeldung P 43 05 026.3-53 hervorgegangen ist. Die Stammanmeldung war am 18. Februar 1993 unter Inanspruchnahme der Priorität der japanischen Patentanmeldung vom 20. Februar 1992 mit dem Aktenzeichen JP 04-069320 angemeldet worden.
Gegen die Erteilung des Streitpatents in der Fassung der Patentschrift DE 43 45 427 B4, die am 4. Dezember 2008 veröffentlicht worden ist, wurde am 4. März 2009 Einspruch eingelegt, der mit Beschluß des Deutschen Patentund Markenamts vom 12. Oktober 2009 als unzulässig verworfen worden ist. Die letzte Zustellung dieses Beschlusses an die Verfahrensbeteiligten erfolgte am 22. Oktober 2009. Gegen den Beschluß wurde kein Rechtsmittel eingelegt.
Das Streitpatent hat die Bezeichnung "Bildanzeigegerät" und umfaßt 8 Ansprüche.
Der erteilte selbständige Patentanspruch 1 lautet:
"Computersystem, aufweisend: einen Computer (1e) mit einem Programm zum Betreiben des Computers, welcher Bilddaten und Kommunikationssignale erzeugt und welcher Daten von peripheren Einrichtungen (10) empfängt und verarbeitet; eine Anzeigeeinheit (1f) zum Empfangen der Bilddaten und Kommunikationssignale von dem Computer, zum Erzeugen einer Anzeige und zum Erzeugen eines Empfangsbestätigungssignals zum Bestätigen des Empfangs der Kommunikationssignale zur Kommunikation mit dem Computer (1e), wobei die Anzeigeeinheit (1f) einen Speicher (603) mit Steuerdaten zum Steuern der Anzeige auf der Anzeigeeinheit (1f) enthält, die beim Empfang der Kommunikationssignale ausgelesen werden; und ein bidirektionales Kabel zum Zuführen der Bilddaten und der Kommunikationssignale von dem Computer zu der Anzeigeeinheit (1f) und zum Zuführen der Empfangsbestätigungssignale von der Anzeigeeinheit zu dem Computer (1e)."
Zu den auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüchen 2, 3 und 4 wird Bezug genommen auf die Streitpatentschrift.
Der nebengeordnete Patentanspruch 5 lautet:
"Anzeigeeinheit zum Empfangen von Kommunikationssignalen von einem Computer (1e) und zum Senden von Daten bezüglich der Anzeigeeinheit an dem Computer (1e), wobei die Anzeigeeinheit aufweist: eine Schnittstellenschaltung (83), über welche die Kommunikationssignale, die von einem Programm zum Betreiben des Computers erzeugt werden, empfangen werden und Empfangsbestätigungssignale zum Bestätigen des Empfangs des Kommunikationssignals gesendet werden; und eine Schaltung (84) zum Empfangen der Kommunikationssignale von der Schnittstellenschaltung (83) und zum Steuern der Anzeigeeinheit gemäß den empfangenen Kommunikationssignalen und zum Senden der Daten bezüglich der Anzeigeeinheit über die Schnittstellenschaltung (83) an den Computer (1e)."
Zu den auf Patentanspruch 5 rückbezogenen Unteransprüchen 6, 7 und 8 wird Bezug genommen auf die Streitpatentschrift.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, dass der Gegenstand des erteilten, nebengeordneten Patentanspruchs 5 des Streitpatents unzulässig erweitert sei. Insbesondere das Merkmal "Daten bezüglich der Anzeigeeinheit" und das Merkmal, wonach über eine Schnittstellenschaltung "Empfangsbestätigungssignale zum Bestätigen des Empfangs des Kommunikationssignals gesendet werden", könnten der ursprünglichen Offenbarung der Stammanmeldung P 43 05 026.3-53 nicht entnommen werden und seien deswegen unzulässig i. S. v. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG.
Weiter macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nach den §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig, weil er nicht neu sei und sich jedenfalls für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe.
Dazu beruft sich die Klägerin auf folgende Druckschriften:
A2 DE 43 05 026 A1 (Offenlegungsschrift zur Stammanmeldung P 43 05 026.3-53) A3 WO 93 / 06 587 A1 (nachveröffentlicht; mit Veröffentlichungshinweis und amtl. Registerauszug zu EP 0 604 536)
A4 EP 0 456 923 A1 A5 US 4 689 740 A A6 DE 28 04 294 C2 A7 DE 28 39 888 C2 A8 DE 24 13 839 A1 A9 DE 27 03 579 C2 A10 DE 35 12 278 C2 A11 Fernsehund Kinotechnische Gesellschaft e.V., Tagungsband, 10. Jahrestagung vom 13. bis 17. September 1982, Seiten 153 bis 167 A12 EP 0 295 691 A2 A13 DE 37 22 169 A1 A14 BPatG 23 W (pat) 322/04, Beschluß vom 11. 12. 2007 A15 englische Übersetzung von Beschreibung und Ansprüchen der Prioritätsanmeldung FI 914 435 zur WO 93 / 06 587 A1 (Dokument A3) A15a beglaubigte Übersetzung (wie A15) A16 The I2C-bus and how to use it. Philips, Januar 1992 (28 Seiten)
Die Klägerin beantragt, das Patent 43 45 427 für nichtig zu erklären;
hilfsweise beantragt sie im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung neu vorgelegten Hilfsanträge 1 und 2 Vertagung.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen;
hilfsweise beantragt sie, dem Streitpatent eine der Fassungen der in der mündlichen Verhandlung neu vorgelegten Hilfsanträge 1 oder 2 zu geben.
Der einzige Patentanspruch gemäß Hilfsantrag 1 lautet:
"Anzeigeeinheit zum Empfangen von Kommunikationssignalen von einem Computer (1e) und zum Senden von Daten bezüglich der Anzeigeeinheit an den Computer (1e), wobei die Anzeigeeinheit aufweist: eine Schnittstellenschaltung (83), über welche die Kommunikationssignale, die von einem Programm zum Betreiben des Computers erzeugt werden, empfangen werden und Empfangsbestätigungssignale zum Bestätigen des Empfangs des Kommunikationssignals gesendet werden; und eine Schaltung (84) zum Empfangen der Kommunikationssignale von der Schnittstellenschaltung (83) und zum Steuern der Anzeigeeinheit gemäß den empfangenen Kommunikationssignalen und zum Senden der Daten bezüglich der Anzeigeeinheit über die Schnittstellenschaltung (83) an den Computer (1e), wobei die Daten bezüglich der Anzeigeeinheit eine Betriebssituation der Anzeigeeinheit beschreiben."
Der einzige Patentanspruch gemäß Hilfsantrag 2 lautet:
"Anzeigeeinheit zum Empfangen von Kommunikationssignalen von einem Computer (1e) und zum Senden von Daten bezüglich der Anzeigeeinheit an den Computer (1e), wobei die Anzeigeeinheit aufweist: eine Schnittstellenschaltung (83), über welche die Kommunikationssignale, die von einem Programm zum Betreiben des Computers erzeugt werden, empfangen werden und Empfangsbestätigungssignale zum Bestätigen des Empfangs des Kommunikationssignals gesendet werden; eine Schaltung (84) zum Empfangen der Kommunikationssignale von der Schnittstellenschaltung (83) und zum Steuern der Anzeigeeinheit gemäß den empfangenen Kommunikationssignalen und zum Senden der Daten bezüglich der Anzeigeeinheit über die Schnittstellenschaltung (83) an den Computer (1e); einen Mikrocomputer (602) zur Erzeugung von Steuerdaten aus den Kommunikationssignalen, um durch die Steuerdaten eine vorbestimmte Einstellung der Anzeigeeinheit einzustellen, und einen Speicher (603) zum Speichern der Steuerdaten zur Ausführung einer vorbestimmten Einstellung der Anzeigeeinheit, welche aus dem Speicher (603) ausgelesen werden, wenn die Anzeigeeinheit das nächste Mal eingeschaltet wird, um die vorbestimmte Einstellung der Anzeigeeinheit auszuführen, wobei die Daten bezüglich der Anzeigeeinheit eine Betriebssituation der Anzeigeeinheit beschreiben."
Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents für schutzfähig, jedenfalls in den Fassungen der Hilfsanträge 1 und 2.
Die Klägerin sieht auch die Gegenstände der beiden einzigen Patentansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 als unzulässig erweitert an und meint im übrigen, daß die beschränkten Fassungen des Streitpatents gemäß Hilfsanträgen 1 und 2 nicht schutzfähig i. S. v. §§ 1 bis 5 PatG seien.
Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf deren Schriftsätze verwiesen.
Das Gericht hat die patentamtlichen Erteilungsakten der Stammanmeldung P 43 05 026.3-53 zu dem Verfahren beigezogen.
Gründe
I.
1.
Die Klage ist statthaft. Ein anhängiges Einspruchsverfahren steht der Erhebung der Klage nicht (mehr) entgegen, § 81 Abs. 2 Satz 1 PatG. Zwar war im Zeitpunkt der Klageerhebung im September 2009 noch das Einspruchsverfahren gegen das Streitpatent beim Deutschen Patentund Markenamt anhängig. Das Einspruchsverfahren wurde jedoch mit rechtskräftigen Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts vom 12. Oktober 2009 bereits beendet.
2.
Die Klage ist im übrigen zulässig und begründet. Das Streitpatent war für nichtig zu erklären, weil die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung gemäß §§ 22, 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG und der mangelnden Patentfähigkeit gemäß §§ 22, 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG i. V. m. §§ 1 bis 5 PatG bestehen: Die Gegenstände des erteilten Patentanspruchs 5 des Streitpatents und des einzigen Patentanspruchs gemäß Hilfsantrag 2 gehen über den Inhalt der Stammanmeldung P 43 05 026.3-53 in der Fassung hinaus, in der sie ursprünglich eingereicht worden ist. Die hilfsweise verteidigte Fassung des Streitpatents gemäß Hilfsantrag 1 ist nicht schutzfähig i. S. v. §§ 1 bis 5 PatG.
II.
1. Das Streitpatent betrifft Computersysteme, die eine Computereinheit und eine Anzeigeeinheit aufweisen, und insbesondere die Art der Verbindung und Kommunikation zwischen beiden. Alternativ betrifft es Anzeigeeinheiten und deren Ausbildung für die Kommunikation mit einer Computereinheit.
Dabei geht die Beschreibung des Streitpatents davon aus, daß es zum Prioritätszeitpunkt unterschiedlich anzusteuernde Anzeigeeinheiten gab, und dass die auf den Anzeigeeinheiten anzuzeigenden Bilder hinsichtlich ihrer Anzeigeposition und Größe und hinsichtlich der Ablenkfrequenz des Videosignals unterschiedlich sein konnten (Streitpatentschrift Absatz [0002]). Somit ergab sich das grundsätzliche Problem, von einem Computer aus unterschiedliche Anzeigeeinheiten zu betreiben, und diese wiederum in unterschiedlichen Anzeigemodi.
Um in diesen Fällen eine befriedigende Anzeige zu erhalten, gehe ein bekannter technischer Ansatz dahin, eine Anzeigeeinheit zu schaffen, die in der Lage ist, verschiedene Videosignale zu behandeln. Bei dieser Lösung würden sowohl die Anzeigeposition als auch die Anzeigegröße des Bildes durch die Anzeigeeinheit selbst gesteuert, aber bei Eingabe eines unbekannten Videosignals in die Anzeigeeinheit würden Einstellungen durch den Benutzer über Schalter an der Anzeigeeinheit notwendig (Streitpatentschrift Absatz [0002], [0004] und [0008]).
Ein anderer Ansatz des Standes der Technik gehe dahin, daß der Anzeigezustand von der Computereinheit aus geschaltet und gesteuert werde. Bei dieser Lösung erzeuge die Computereinheit ein Unterscheidungssignal, das einem Videosignal während einer Austastperiode überlagert werde, und die Anzeigeeinrichtung schalte die Ablenkungsfrequenz auf der Grundlage des Unterscheidungssignals. Eine solche elektronische Umschaltung erlaube jedoch im bekannten Stand der Technik nur zwei Modi mit der Folge, daß sich darüber hinaus kein befriedigender Anzeigezustand erreichen lasse (Streitpatentschrift Absätze [0005] bis [0007] und [0009]).
2.
Ausgehend von diesem Stand der Technik besteht die Aufgabe gemäß Streitpatent darin, 3.
Diese Aufgabe soll mit den Gegenständen der erteilten nebengeordneten Ansprüche 1 und 5 und den auf sie rückbezogenen Unteransprüchen, hilfsweise mit den Gegenständen der beiden einzigen Ansprüche nach den Hilfsanträgen 1 und 2 gelöst werden.
"die Komplexität der Verbindung zwischen einer Computereinheit und einer Anzeigeeinheit zu vermindern"
(siehe Streitpatentschrift Absatz [0010]).
Dafür schlägt der erteilte Anspruch 1 ein Computersystem mit folgenden Merkmalen vor, hier wiedergegeben in einer vom Senat vorgenommenen Merkmalsgliederung, die im Einvernehmen mit beiden Parteien Grundlage der mündlichen Verhandlung war:
a) Computersystem, aufweisend b) einen Computer (1e) mit einem Programm zum Betreibendes Computers, b1) welcher Bilddaten und Kommunikationssignale erzeugt und b2) welcher Daten von peripheren Einrichtungen (10) empfängtund verarbeitet; c) eine Anzeigeeinheit (1f) c1) zum Empfangen der Bilddaten und Kommunikationssignalevon dem Computer, c2) zum Erzeugen einer Anzeige und c3) zum Erzeugen eines Empfangsbestätigungssignals zum Bestätigen des Empfangs der Kommunikationssignale zur Kommunikation mit dem Computer (1e), c4) wobei die Anzeigeeinheit (1f) einen Speicher (603) mit Steuerdaten zum Steuern der Anzeige auf der Anzeigeeinheit (1f) enthält, die beim Empfang der Kommunikationssignale ausgelesen werden; undd) ein bidirektionales Kabel zum Zuführen der Bilddaten und der Kommunikationssignale von dem Computer zu der Anzeigeeinheit (1f) und zum Zuführen der Empfangsbestätigungssignale von der Anzeigeeinheit zu dem Computer (1e).
Der erteilte Anspruch 5 schlägt eine Anzeigeeinheit mit folgenden Merkmalen vor, hier wiedergegeben in einer vom Senat vorgenommenen Merkmalsgliederung, die im Einvernehmen mit beiden Parteien Grundlage der mündlichen Verhandlung war:
e) Anzeigeeinheite1) zum Empfangen von Kommunikationssignalen von einem Computer (1e) unde2) zum Senden von Daten bezüglich der Anzeigeeinheit an dem Computer (1e), wobei die Anzeigeeinheit aufweist:
f) eine Schnittstellenschaltung (83), über welchef1) die Kommunikationssignale, die von einem Programm zum Betreiben des Computers erzeugt werden, empfangen werden undf2) Empfangsbestätigungssignale zum Bestätigen des Empfangs des Kommunikationssignals gesendet werden; undg) eine Schaltung (84)
g1) zum Empfangen der Kommunikationssignale von der Schnittstellenschaltung (83) undg2) zum Steuern der Anzeigeeinheit gemäß den empfangenen Kommunikationssignalen undg3) zum Senden der Daten bezüglich der Anzeigeeinheit über die Schnittstellenschaltung (83) an den Computer (1e).
Der eine Patentanspruch gemäß Hilfsantrag 1 schlägt eine Anzeigeeinheit gemäß erteiltem Patentanspruch 5 vor. Dabei ist im Merkmal e2) die Formulierung "an dem Computer (1e)" berichtigt worden zu "an den Computer (1e)", was -für sich genommen -den Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 5 noch nicht verändert. Folgendes Merkmal tritt neu hinzu:
h) wobei die Daten bezüglich der Anzeigeeinheit eine Betriebssituation der Anzeigeeinheit beschreiben.
Auch der eine Patentanspruch gemäß Hilfsantrag 2 schlägt eine Anzeigeeinheit gemäß erteiltem Patentanspruch 5 vor. Dabei ist wiederum im Merkmal e2) die Formulierung "an dem Computer (1e)" berichtigt worden zu "an den Computer (1e)", was -für sich genommen -den Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 5 noch nicht verändert. Folgende drei neue Merkmale treten hinzu:
j) einen Mikrocomputer (602) zur Erzeugung von Steuerdaten aus den Kommunikationssignalen, um durch die Steuerdaten eine vorbestimmte Einstellung der Anzeigeeinheit einzustellen, undk) einen Speicher (603) zum Speichern der Steuerdaten zur Ausführung einer vorbestimmten Einstellung der Anzeigeeinheit, welche aus dem Speicher (603) ausgelesen werden, wenn die Anzeigeeinheit das nächste Mal eingeschaltet wird, um die vorbestimmte Einstellung der Anzeigeeinheit auszuführen, l) wobei die Daten bezüglich der Anzeigeeinheit eine Betriebssituation der Anzeigeeinheit beschreiben.
(Merkmal l) ist identisch mit Merkmal h) im einen Patentanspruch gemäß Hilfsantrag 1.)
4. Der für die Beurteilung des Gegenstandes des Streitpatents maßgebende Fachmann, der mit der Verbesserung der elektronischen Bildsignalund Datenkommunikationsverbindung zwischen einer Computereinheit und einer Bildanzeigeeinheit beauftragt wird, ist ein Entwicklungsingenieur der Elektrotechnik bzw. Nachrichtentechnik mit Hochschuloder Fachhochschulabschluss.
III.
Das Streitpatent war in seiner erteilten Fassung gemäß §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 4, PatG für nichtig zu erklären, weil sein Gegenstand mit der Formulierung in Patentanspruch 5 Merkmal e2) "Daten bezüglich der Anzeigeeinheit" über den Inhalt der Stammanmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie ursprünglich eingereicht worden ist.
1. Der Ausdruck "Daten bezüglich der Anzeigeeinheit" ist aus Sicht des Fachmanns dahin auszulegen, dass er neben einer Empfangsbestätigung für das Steuersignal und Informationen zum momentanen Betriebszustand der Anzeigeeinheit auch jegliche andere Daten umfassen kann, mithin also auch einen unveränderlichen Code zur Identifizierung der Anzeigeeinheit.
1.1 Das Streitpatent verwendet den Ausdruck "Daten bezüglich der Anzeigeeinheit" nur in den Ansprüchen 4, 5 und 8. Aus diesen Ansprüchen ergibt sich lediglich, dass solche Daten gemeint sind, die von der Anzeigeeinheit an die Computereinheit gesendet werden. Die Beschreibung des Streitpatents verwendet den Ausdruck "Daten bezüglich der Anzeigeeinheit" an keiner Stelle.
1.2 Aus der Sicht des Fachmanns umfasst der Ausdruck "Daten bezüglich der Anzeigeeinheit" -im Kontext des Streitpatents verstanden -alle Daten, die von einer Anzeigeeinheit an eine Computereinheit gesendet werden können. Als ein solches Datum war im maßgeblichen Stand der Technik jedenfalls auch ein (möglicher) Identifikationscode der Anzeigeeinheit bekannt. Hierzu wird beispielhaft auf Anlage A3 Seite 2 Absatz 2, oder auf Anlage A4 Spalte 1 Zeile 23 - 36 verwiesen. Dort ist jeweils eine Anzeigeeinheit vorbeschrieben, die einen (unveränderlichen) Code zur Identifizierung ihres Gerätetyps aussendet.
2.
Der Auslegung unter 1. steht nicht entgegen, dass in der Beschreibung des Streitpatents konkret nur zwei Datentypen offenbart sind, die unter den Ausdruck "Daten bezüglich der Anzeigeeinheit" fallen könnten - nämlich eine Empfangsbestätigung für das Steuersignal und Informationen zum momentanen Betriebszustand der Anzeigeeinheit.
2.1 Das erste, vierte und fünfte Ausführungsbeispiel des Streitpatents beschreibt jeweils eine unidirektionale Signalübertragung von dem Computer zur Anzeigeeinheit hin (vgl. Fig. 1, Fig. 10 u. a.), die umgekehrte Übertragungsrichtung von der Anzeigeeinheit zum Computer ist dort nicht vorgesehen. Deshalb lassen sie sich zur Auslegung des Ausdrucks "Daten bezüglich der Anzeigeeinheit" nicht heranziehen. Eine Übermittlung von der Anzeigeeinheit an den Computer ist lediglich im zweiten und im dritten Ausführungsbeispiel des Streitpatents beschrieben, sowie in zusammenfassenden Beschreibungsteilen kurz erwähnt. Aus diesen Fundstellen erkennt der Fachmann nicht mehr als die genannten zwei Typen von Daten:
2.1.1 Absatz [0063]:
"In dem zweiten Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung kann, da das Steuersignal mittels der Allzweckschnittstelle übertragen und empfangen wird, eine zweiseitige Kommunikation zwischen der Anzeigeeinheit 1d und der Computereinheit 1c gemacht werden. Demgemäß kann die Computereinheit erkennen, ob die Anzeigeeinheit 1d das Steuersignal exakt empfangen hat oder nicht, wie der Steuerzustand der Anzeigeeinheit 1d zur momentanen Zeit ist oder ob die Anzeigeeinheit 1d exakt betrieben wird oder nicht."
Dabei versteht der hier zuständige Fachmann das "Erkennen, ob die Anzeigeeinheit das Steuersignal exakt empfangen hat oder nicht", als den Erhalt einer Empfangsbestätigung für das Steuersignal, gesendet von der Anzeigeeinheit. Den "Steuerzustand der Anzeigeeinheit zur momentanen Zeit" und "ob die Anzeigeeinheit exakt betrieben wird oder nicht" interpretiert er im Sinne einer Statusmeldung des momentanen Betriebszustands der Anzeigeeinheit.
2.1.2 Absatz [0070] Zeile 9 bis 17:
"Selbst in dem dritten Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung können, da die Schnittstellen zwischen der Computereinheit 1e und der Anzeigeeinheit 1f die Fähigkeit zur zweiseitigen Kommunikation haben, nicht nur die Bilddaten und das Steuersignal von der Computereinheit 1e übertragen werden, sondern auch ein Signal zur Empfangsbestätigung und ein Berichtsignal zur Betriebssituation können von der Anzeigeeinheit 1f übertragen werden."
Dies wird der Fachmann gleichfalls als Übertragung einer Empfangsbestätigung und Statusmeldung des momentanen Betriebszustands verstehen.
2.1.3 Absatz [0078], Unterpunkt 2:
"(2) Der Anwender kann den notwendigen Anzeigezustand exakt erhalten."
sowie Absatz [0086]:
"... und wobei Information bezüglich einer Betriebssituation der Anzeigeeinheit 1d in der Lage ist, durch die Schnittstelle von der Anzeigeeinheit 1d an die Computereinheit übertragen zu werden."
Hier ist für den Fachmann ebenfalls nicht mehr als eine "Betriebsstatusmeldung" erkennbar, so wie sie zuvor aus den anderen beiden Fundstellen hervorging. Eine darüber hinausgehende Offenbarung ist "unmittelbar und eindeutig" (vgl. BGH GRUR 2010, 910 - Fälschungssicheres Dokument) nicht zu entnehmen.
2.2 Weil der Ausdruck "Daten bezüglich der Anzeigeeinheit" in der Beschreibung der Streitpatentschrift selbst nicht näher definiert ist, und die genannten Fundstellen konkret auf bestimmte Ausführungsbeispiele bezogen sind, ohne eine allgemeine technische Lehre zu geben, ist die Beschreibung nicht geeignet, den sachlich weiter gefassten Wortlaut des Ausdrucks und damit das Patent auf die konkreten Beispiele zu beschränken.
Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird, wenn sich - wie hier - die Beschreibung und die Ausführungsbeispiele des Patents ausschließlich auf bestimmte Ausführungsformen beziehen, ein weiter zu verstehender Sinngehalt der Patentansprüche nicht auf diese Ausführungsformen eingeschränkt. Eine Auslegung unterhalb des Wortlauts (im Sinn einer Auslegung unterhalb des Sinngehalts) der Patentansprüche ist generell nicht zulässig (BGH GRUR 2007, 309 - Schussfädentransport; vgl. BGH GRUR 2004, 47 - Blasenfreie Gummibahn I).
3. Der Ausdruck "Daten bezüglich der Anzeigeeinheit", der von seinem Sinngehalt her auch einen unveränderlichen Code zur Identifizierung der Anzeigeeinheit umfasst, wird in den zugrundeliegenden Anmeldeunterlagen weder ausdrücklich noch mittelbar offenbart.
3.1 Das Streitpatent ist durch Teilung aus der Anmeldung P 43 05 026.3 hervorgegangen. Der Senat bezieht sich zum Nachweis der ursprünglichen Offenbarung im folgenden auf deren Offenlegungsschrift DE 43 05 026 A1 (Anlage A2 - im folgenden: A2), da zwischen den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen und der A2 kein Unterschied festgestellt wurde.
3.2 Der Wortlaut "Daten bezüglich der Anzeigeeinheit" findet sich an keiner Stelle der A2. Als mögliche Erläuterungen finden sich lediglich dieselben Textstellen wie im Streitpatent (s. o. 2.1.1 bis 2.1.3), in identischer Formulierung. Ein Code zur Identifizierung der Anzeigeeinheit ist ebensowenig wie im Streitpatent beschrieben oder auch nur angedeutet.
3.2.1 Der Inhalt der A2 ist mit dem Inhalt der Streitpatentschrift auf weiten Strecken identisch. Unterschiede bestehen bei der Angabe der Aufgabenstellung und des von der Prüfungsstelle für relevant erachteten Standes der Technik (Streitpatent: Abätze [0010] bis [0013] / A2 Spalte 2 Zeile 28 bis Spalte 4 Zeile 13), außerdem wurde der Text der ursprünglichen Patentansprüche (A2: Spalte 13 Zeile 28 bis Spalte 16 Zeile 39) als Beschreibung in die Streitpatentschrift aufgenommen (Absätze [0079] bis [0093]).
3.2.2 Die in die Streitpatentschrift nicht übernommenen Textpassagen (A2 Spalte 2 Zeile 28 bis Spalte 4 Zeile 13) liefern keinen zusätzliche Hinweis auf "Daten bezüglich der Anzeigeeinheit", insbesondere wird auch hier nirgendwo ein Code zur Identifizierung der Anzeigeeinheit beschrieben.
3.2.3 Die aus dem Streitpatent zitierten Textpassagen stimmen wörtlich mit den entsprechenden Passagen der A2 überein:
Streitpatent Absatz [0063] entspricht A2 Spalte 10 Zeile 10 - 19; Streitpatent Absatz [0070] Zeile 9 bis 17 entspricht A2 Spalte 11 Zeile 16 - 24;
Streitpatent Absatz [0078], Unterpunkt 2 entspricht A2 Spalte 13 Zeile 2 - 3;
und der zitierte Teil aus Streitpatent Absatz [0086] entspricht einem Teil des ursprünglichen Unteranspruchs 7.
Sonach ist hier nicht mehr zu entnehmen als aus dem Streitpatent.
3.3 Dem gegenüber hat die Patentinhaberin die Auffassung vertreten, die Begriffe "Berichtsignal zur Betriebssituation", "Steuerzustand der Anzeigeeinheit" und "Anzeigezustand" seien dahingehend funktional zu verstehen, dass ein auf der konkreten Anzeigeeinheit optimal anzuzeigendes Bild erreicht werde, ohne dass der Anwender sich um die Einstellung der Anzeigeeinheit kümmern müsse. Dies könne (auch) dadurch erreicht werden, dass die Anzeigeeinheit identifiziert und dadurch Rückschlüsse auf ihre Fähigkeiten gezogen würden. Daher sei ein Identifizierungscode einer Anzeigeeinheit, aus dem auf deren Fähigkeiten geschlossen werden könne, ursprünglich mit offenbart.
Dieser Auslegung ist der Senat nicht gefolgt. Denn wenn man die genannten Begriffe "funktional" verstehen würde, hätte es für den Durchschnittsfachmann weitergehender Überlegungen bedurft, um die Übersendung eines Identifizierungscodes als implizit mit offenbart zu erkennen. Dafür hätte er, ausgehend von den in der Stammanmeldung beschriebenen Daten, die den momentanen Betriebszustand darstellen, zu der Erkenntnis gelangen müssen, dass statt dieser Daten auch eine Information über den Anzeigegerätetyp für den erfindungsgemäßen Zweck ausreichen könnte. Diese Information ist jedoch eine unveränderliche, gerätespezifische Information; dagegen haben die Betriebsstatusdaten als "momentane Werte", die sich ständig verändern, einen ganz anderen Informationscharakter. Das wäre eine über die Ursprungsoffenbarung hinausgehende, weiterführende Überlegung gewesen. Als offenbart gilt aber nur, was sich "unmittelbar und eindeutig" der Offenbarung entnehmen läßt (vgl. BGH GRUR 2010, 910 - Fälschungssicheres Dokument).
4. Mit dem nebengeordneten erteilten Patentanspruch 5 fallen nicht nur die diesem untergeordneten erteilten Patentansprüche 6 bis 8, sondern auch der erteilte selbständige Anspruch 1 zusammen mit den diesem untergeordneten Patentansprüchen 2 bis 4. Vorliegend hat die Patentinhaberin das Streitpatent nicht nur in der erteilten Fassung verteidigt, sondern auch in solchen Fassungen, die sie im Rahmen der Hilfsanträge 1 und 2 zur Entscheidung gestellt hat. Mit diesen Hilfsanträgen hat sie klargestellt, in welchen beschränkten Fassungen das Streitpatent nach ihrem Willen bestehen bleiben sollte, sofern das Streitpatent in seiner erteilten Fassung auch nur teilweise für nichtig zu erklären war (vgl. BGHZ 173, 47 - Informationsübermittlungsverfahren II). Für ein stillschweigendes Begehren der Patentinhaberin, das Streitpatent möge bei Nichtigkeit des erteilten Patentanspruchs 5 im Umfang des erteilten Patentanspruchs 1 und der auf ihn rückbezogenen Unteransprüche aufrechterhalten werden, ergeben sich keine Anhaltspunkte.
IV.
Die Patentinhaberin kann ihr Patent auch nicht in der Fassung nach Hilfsantrag 1 erfolgreich verteidigen. Denn Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 steht der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Schutzfähigkeit gemäß § 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG entgegen.
1.
Der einzige Patentanspruch gemäß Hilfsantrag 1 umfasst alle Merkmale des erteilten Patentanspruchs 5 und das zusätzliche Merkmal h), "wobei die Daten bezüglich der Anzeigeeinheit eine Betriebssituation der Anzeigeeinheit beschreiben". Dieses zusätzliche Merkmal beschränkt den ursprünglichen Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 5 in dem Umfang, wie dieser nach den Feststellungen oben unter III. über das ursprünglich Offenbarte hinausgeht. Ob dem Gegenstand des einen Patentanspruchs aus anderen Gründen der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG entgegensteht, kann offenbleiben, weil sich dieser Gegenstand am Prioritätstag der Stammanmeldung für den Fachmann bereits in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab und er deswegen gemäß § 22 Abs. 1, 21 Abs 1 Nr. 1 PatG nicht schutzfähig ist.
2.
Die verwendeten Begriffe "Kommunikationssignale" und "Empfangsbestätigungssignal" bedürfen der Auslegung, wobei insbesondere auch die Beziehung zu den unterschiedlichen Ausführungsbeispielen zu klären ist.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass allein die verwendeten Bezugszeichen 1e, 83 und 84 den Patentanspruch nicht auf ein Ausführungsbeispiel einschränken (vgl. BGH GRUR 2006, 316 - Koksofentür).
2.1 Grundlage für eine sachgerechte Auslegung können nur das zweite und dritte Ausführungsbeispiel (Figuren 7 / 8, Absätze [0057] -[0070]), sowie ggf. dort in Bezug genommene andere Beschreibungsteile sein.
2.1.1 In der Beschreibung des Streitpatents sind fünf unabhängige, nur im Hinblick auf die Ausgangs-Anordnung übereinstimmende Ausführungsbeispiele offenbart, welche sich in ursprünglich fünf nebengeordneten Patentansprüchen wiederfinden (siehe Stammanmeldung / Anlage A2) und welche sich hinsichtlich der Signalübertragung zwischen Computereinheit und Bildanzeigeeinheit unterscheiden.
Das "erste Ausführungsbeispiel" ist in den Figuren 1 bis 5 erläutert. Es betrifft die Übermittlung von Steueranweisungen zum Einstellen eines Anzeigebildes von einer Computereinheit an eine Anzeigeeinheit, wobei die Steueranweisungen vom Benutzer mit einer üblichen Eingabeeinheit (Tastatur, Maus, Eingabestift) erzeugt werden. Die Übertragung zur Anzeigeeinheit erfolgt durch Überlagerung eines Videooder Synchronisierungssignals während der vertikalen Rücksprungperiode. Hierfür wird eine geeignete elektronische Schaltung jeweils in der Computereinheit und in der Anzeigeeinheit angegeben.
Eine Alternative des "ersten Ausführungsbeispiels" ist anhand der Figur 6 beschrieben. Zur Verarbeitung der übermittelten Steueranweisungen wird hier in der Anzeigeeinheit anstelle einer komplexen Steuerschaltung ein Mikrocomputer eingesetzt. Diesem kann auch ein nichtflüchtiger Speicher zugeordnet sein, in dem empfangene Einstelldaten dauerhaft abgelegt und sogar bei einem späteren erneuten Einschalten der Anzeigeeinheit abgerufen werden können.
Das "zweite Ausführungsbeispiel" gemäß Figur 7 schlägt für die Übertragung der Steueranweisungen statt der Videooder SynchronisierungssignalÜberlagerung eine übliche digitale Schnittstelle wie RS-232C, GP-IB oder SCSI vor. Das habe auch den Vorteil, dass eine bidirektionale Kommunikation durchgeführt werden könne.
Diese Idee wird im "dritten Ausführungsbeispiel" (Figur 8) noch dahingehend erweitert, dass die digitale Schnittstelle zusätzlich für die Übertragung der Bilddaten eingesetzt werden soll, so dass eine Erzeugung und Übertragung der Videound Synchronisationssignale von der Computereinheit aus nicht länger erforderlich ist.
Das "vierte Ausführungsbeispiel" (Figur 9) beruht wiederum auf der bekannten Videound Synchronisationssignalübertragung. Zur Übermittlung der Steueranweisungen von der Computereinheit an die Anzeigeeinheit wird hier eine Modulationsschaltung vorgeschlagen, welche die zu übertragenden digitalen Einstelldaten der Wechselspannungs-Energieversorgung überlagert.
Das "fünfte Ausführungsbeispiel" gemäß Figur 10 will - im Unterschied zu den ersten vier Ausführungsbeispielen - jede Belastung der Computereinheit vermeiden und schlägt dazu vor, die Eingabeeinheit für die Steueranweisungen direkt an die Anzeigeeinheit anzuschließen.
Eine diesen fünf Ausführungsbeispielen zugrundeliegende allgemeine technische Lehre zur Ausgestaltung der Kommunikation zwischen Computereinheit und Anzeigeeinheit vermag der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen nicht zu entnehmen.
2.1.2 Der einzige Patentanspruch nach Hilfsantrag 1 ist auf eine Anzeigeeinheit mit einer Steuerschaltung (84) und einer damit verbundenen bidirektionalen (weil empfangenden und sendenden) Schnittstellenschaltung (83) gerichtet.
Eine solche bidirektionale Schnittstellenschaltung liegt nur dem zweiten und dem dritten Ausführungsbeispiel zugrunde. Hingegen beschreibt das "erste Ausführungsbeispiel" eine Schnittstelle, mit der nur Daten zur Anzeigeeinheit hin übertragen werden können, ohne die Möglichkeit der Rücksendung von Informationen an den Computer; das "fünfte Ausführungsbeispiel", bei dem Einstellsignale von einer Eingabeeinheit direkt an die Anzeigeeinheit übermittelt werden, bietet ebenfalls keinen Rücksende-Kanal zur Computereinheit. Die Überlagerung der Wechselspannungs-Energieversorgung mit Einstelldaten nach dem "vierten Ausführungsbeispiel" könnte zwar prinzipiell als bidirektionale Kommunikation ausgelegt sein; da aber explizit nur eine Modulationsschaltung (91) auf Seiten des Computers und eine Demodulationsschaltung (93) in der Anzeigeeinheit beschrieben werden, fehlt auch hier der Rücksende-Kanal, Informationen lassen sich nur zur Anzeigeeinheit hin senden. Diese drei letztgenannten Ausführungsbeispiele sind daher zur Erläuterung einer bidirektionalen Datenverbindung grundsätzlich nicht geeignet.
2.2 Der Fachmann wird den in den Merkmalen e1), f1), f2), g1) und g2) verwendeten Begriff "Kommunikationssignale" verstehen als digitale Daten zum Einstellen der Anzeigeeinheit im Sinne des in den Absätzen [0061] bis [0063] und [0068] bis [0070] des Streitpatents beschriebenen "Steuersignals"; diese Einstelldaten werden von einem Computerprogramm aus an die Anzeigeeinheit gesendet, was aber im gegebenen Zusammenhang keine irgendwie geartete Besonderheit darstellt.
2.2.1 Der Begriff "Kommunikationssignale" kommt in der gesamten Beschreibung des Streitpatents nicht vor, ebensowenig in den ursprünglichen Patentansprüchen (siehe Anlage A2).
2.2.2 Aus dem erteilten Patentanspruch 5 lässt sich lediglich entnehmen, dass die "Kommunikationssignale" von einem Programm im Computer erzeugt werden, in der Schnittstellenschaltung der Anzeigeeinheit empfangen werden, und zum Steuern der Anzeigeeinheit dienen sollen; für ihren Empfang ist ein Empfangsbestätigungssignal vorgesehen. Der erteilte Anspruch 1 - Merkmal b1) - kann noch den Hinweis liefern, dass zu übermittelnde Bilddaten von den Kommunikationssignalen zu unterscheiden sind.
Die Anforderung "zum Steuern der Anzeigeeinheit" (Merkmal g2)) führt den Fachmann hin auf die Absätze [0060] - [0062] und [0067] / [0068] der Streitpatentschrift, wonach in Reaktion auf eine "Steueranweisung" des Anwenders zum Einstellen des Anzeigebildes ein entsprechendes "Steuersignal" über die Schnittstellenschaltung an die Anzeigeeinheit gesendet wird. Gemäß Absatz [0063] bzw. [0070] soll der Empfang des "Steuersignals" anschließend bestätigt werden können (vgl. Merkmal f2)). Die Übertragung selbst soll über eine übliche Datenschnittstelle erfolgen (Absatz [0061]: wie z. B. RS-232C, GP-IB, SCSI; Absatz [0068]:
z. B. SCSI), d. h. es werden digitale Daten übertragen, keine analogen Signale. Sonach handelt es sich bei den beanspruchten "Kommunikationssignalen" im Sinne des beschriebenen "Steuersignals" um digitale Daten zum Einstellen der Anzeigeeinheit.
Ausgehend von diesen Feststellungen wird der Fachmann die Anforderung nach Merkmal f1), dass die Kommunikationssignale "von einem Programm zum Betreiben des Computers erzeugt werden", als allgemeinen Hinweis dahin verstehen, dass die Erzeugung des Steuersignals auf eine Steueranweisung des Anwenders hin durch ein Computerbetriebsprogramm erfolgt. Da die Steueranweisung mit einer computerüblichen Eingabeeinheit 10 (Tastatur, Maus, Stift - siehe Absatz [0025]) eingegeben wird und diese Eingabe von einem Computerbetriebsprogramm erkannt und umgesetzt werden muss, entspricht dieser Aspekt von Merkmal f1) dem Stand der Technik zum Prioritätszeitpunkt und wird vom Fachmann insoweit als übliche Vorgehensweise angesehen.
2.3 Den in Merkmal f2) enthaltenen Ausdruck "Empfangsbestätigungssignal" versteht der Fachmann als Rückmeldung über den korrekten Empfang von Daten, welche hier zwar durch das Vorsehen einer bidirektionalen Schnittstelle erst möglich wird, aber für sich betrachtet aus dem Stand der Technik bekannt und gebräuchlich ist.
Für den Begriff selbst finden sich in der ursprünglichen Offenbarung nur die beiden bereits zuvor (s. o. III. 2.1.1 / 2.1.2) wiedergegebenen Fundstellen.
Genau genommen stellt die ursprüngliche Anmeldung an diesen beiden Stellen als besonderen Gedanken heraus, statt der im ersten Ausführungsbeispiel beschriebenen, nur für eine Senderichtung vorgesehenen Überlagerung eines analogen Videosignals eine digitale Standardschnittstelle einzusetzen, die dann auch eine beidseitige Datenübertragung erlaubt. Daraus resultiere dann u.a. der Vorteil, dass der korrekte Empfang des Steuersignals (d. h. der Einstelldaten für die Anzeige) bestätigt werden könne.
Hier ist zu beachten, dass dem Durchschnittsfachmann zum Prioritätszeitpunkt bidirektionale Datenschnittstellen und die Vorteile einer Rückmeldung, insbesondere einer Empfangsbestätigung seit Jahrzehnten vertraut waren. Er wird die ursprüngliche Offenbarung deshalb dahingehend verstehen, dass der beschriebene Einsatz bidirektionaler Schnittstellen den zusätzlichen Effekt hat, dass eine Rückmeldung für den korrekten Empfang möglich wird. Dies stellt sich ihm aber als ein untergeordneter Nebeneffekt der offenbarten Erfindung dar, nicht dagegen als deren eigentlicher Schwerpunkt.
3. Gegenüber dem so auszulegenden einen Patentanspruch gemäß Hilfsantrag 1 ist als nächstkommend die vorveröffentlichte Druckschrift EP 0 456 923 A1 (Anlage A4) anzusehen. Sie beschreibt ein Bildanzeigesystem mit einem Computer (80 -86, 90 -94 mit 96, siehe Figur 1) und einer Anzeigeeinheit (88 mit 97, 9). Beide Geräte sind über drei Videoleitungen und eine bidirektionale Datenschnittstelle 95 (serial link 3, computerseitig angeschlossen an first line driver 4 und first receiver 17, anzeigeseitig angeschlossen an second receiver 5 und second line driver 16, siehe Figur 1 / 2 und Spalte 3 Zeile 38 -43, Spalte 4 Zeile 51 -54) miteinander verbunden.
Die Anzeigeeinheit empfängt einerseits vom Computer Videound Synchronisationssignale, tauscht aber außerdem Daten mit diesem aus (Spalte 3 Zeile 20 -29)
- Merkmale e), e1) e2). Dazu ist eine bidirektionale Schnittstellenschaltung (5 + 6 als Empfänger, 15 + 16 als Sender) vorgesehen - Merkmale f), f1) und grundsätzlich auch f2) (näheres dazu siehe unten: 3.3). Eine Steuerschaltung (7, 14, 9 -13) empfängt im command decoder 7 Kommunikationssignale von der Schnittstellenschaltung und steuert damit über den nichtflüchtigen Speicher NVM 9 und die display I/O -Schaltung 12 die Anzeigeeinheit (Spalte 4 Zeile 20 -31) - Merkmale g), g1) g2). Die response logic 14 sendet "Daten bezüglich der Anzeigeeinheit" zurück an den Computer - Merkmal g3).
Dabei bedürfen drei Aspekte einer näheren Erläuterung:
3.1 Gemäß Spalte 4 Zeile 27 -31 kann die Anzeige von einem Computerprogramm aus zwischen verschiedenen Anzeigemodi umgeschaltet werden, indem geeignete im "program NVM" 11 gespeicherte Steuercodes (Spalte 4 Zeile 20 23) abgerufen werden. Das Computerprogramm läuft in dem Computer, welcher somit (in Form der Steuercode-Abrufe) Daten zum Einstellen der Anzeigeeinheit an diese sendet, also "Kommunikationssignale" im Sinne der Anmeldung (vgl. oben 2.2).
3.2 Gemäß Spalte 4 Zeile 31 -39 kann das "program NVM" 11 die display I/O -Schaltung 12 anweisen, Abtastwerte von Treibersignalgrößen an bestimmten Punkten der Anzeigentreiberschaltung 13 zu erfassen, beispielsweise zur automatischen Diagnose des Betriebszustands. Diese Diagnosedaten können gemäß Spalte 4 Zeile 40 -46 von dem computerseitigen Adapter 96 ausgelesen werden.
D. h. die Anzeigeeinheit sendet in einem solchen Fall "Daten bezüglich der Anzeigeeinheit" an den Computer, welche eine Betriebssituation der Anzeigeeinheit beschreiben - Merkmale e), e2), g), g3), h).
3.3 Empfangsbestätigungssignale waren dem Fachmann im Umfeld der Datenübertragung über digitale Schnittstellen vertraut. Signalleitungen zur Bestätigung des Empfangs von Datenbits oder -worten mittels eines Bestätigungssignals finden sich in vielen Schnittstellenbeschreibungen, wie ein Blick in die Dokumentation beispielsweise der (vorbekannten, vgl. Streitpatent Absatz [0061]) GP-IB-oder SCSI-Schnittstelle zeigt.
Im Streitpatent sind mit "Signal" allerdings eher Datenworte gemeint. Eine solche Empfangsbestätigung nicht auf Signal-, sondern auf Datenebene ist ebenfalls bereits Gegenstand der Druckschrift A4. Denn dort ist aus Spalte 5 Zeile 9 - 15 zu entnehmen, dass der computerseitige Adapter 96 für den Empfang von Antworten von der anzeigegerätseitigen "device logic 97" konfiguriert werden kann. Im "Handshaking Mode" wartet das Anzeigegerät danach auf einen "acknowledgement code", d. h. einen Empfangsbestätigungscode, vom computerseitigen Adapter 96.
Hier ist zwar der Patentinhaberin zuzustimmen, dass dies wegen der entgegengesetzten Richtung nicht mit Merkmal f2) übereinstimmt. Jedoch ist die Schnittstelle 3 zwischen Computer und Anzeigeeinheit in Druckschrift A4 ausdrücklich als "bidirektionale" Schnittstelle beschrieben mit Sender 4, Empfänger 5 in Richtung zum Anzeigegerät, und mit einem gleichartigen Sender 16 und Empfänger 17 in Richtung zum Computer; es lag daher für den Fachmann nahe, den Ablauf der Datenübermittlung in beiden Richtungen gleichartig auszugestalten und somit die für eine der beiden Richtungen beschriebenen Empfangsbestätigungscodes auch in der anderen Richtung einzusetzen.
Demgegenüber hat die Patentinhaberin eingewendet, der Fachmann habe keinen Anlass gehabt, die technische Lehre der A4 zu verändern. Da die Steuercodes zum Ansteuern der Anzeige im NVM in der Anzeigeeinheit gespeichert seien, bestehe kein Risiko durch Fehlübermittlung falscher Steuercodes. Dem ist der Senat nicht gefolgt. Denn aus A4 Spalte 4 Zeile 20 ff. lässt sich entnehmen, dass im "program NVM" 11 eine Mehrzahl von Steuercodes gespeichert ist, so dass auch eine entsprechende Mehrzahl von unterschiedlichen Aufrufen für diese verschiedenen Steuercodes notwendig ist; dabei besteht das Risiko der Fehlübermittlung eines bestimmten Aufrufs.
4. Sonach ergeben sich sämtliche Merkmale des einzigen Patentanspruchs nach Hilfsantrag 1 direkt aus Druckschrift A4, mit Ausnahme des Empfangsbestätigungssignals nach Merkmal f2); ein solches wird in A4 nur für die Gegenrichtung, d.h. vom Computer zur Anzeigeeinheit, beschrieben. Ein entsprechendes Empfangsbestätigungssignal auch in der beanspruchten Richtung, d. h. von der Anzeigeeinheit zum Computer, vorzusehen, lag für den Fachmann aber nahe und kann das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen.
V.
Auch in der Fassung des einzigen Patentanspruchs nach Hilfsantrag 2 kann die Patentinhaberin das Streitpatent nicht erfolgreich verteidigen. Denn der Gegenstand dieses Patentanspruchs geht über den Inhalt der Stammanmeldung P 43 05 026.3-53 in der Fassung hinaus, in der sie ursprünglich eingereicht worden ist. Der mit Hilfsantrag 2 verteidigten Fassung des Streitpatents steht daher der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung gemäß §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG entgegen.
1.
Auch der eine Patentanspruch gemäß Hilfsantrag 2 umfasst alle Merkmale des erteilten Patentanspruchs 5. Neu hinzu treten die Merkmale 2.
Das Merkmal l) beschränkt - wie das gleichlautende Merkmal h) im einen Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 - den ursprünglichen Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 5 in dem Umfang, wie dieser nach den Feststellungen oben unter III. über das ursprünglich Offenbarte hinausgeht.
3.
Die Merkmale j) und k) sind, für sich betrachtet, im Streitpatent ebenso wie in den Anmeldeunterlagen offenbart. Sie sind Teil der technischen Lehre für die zweite Alternative des ersten Ausführungsbeispiels, siehe A2, Figur 6 und Spalte 8 Zeile 27 -Spalte 9 Zeile 14. Dort ist beschrieben, dass ein dem Videosignal (B') überlagertes Steuersignal Sc zurückgewonnen und von einem Mikrocomputer in Steuerdaten zum Einstellen der Anzeigeeinheit umgesetzt wird. Diese Steuerdaten werden ferner in ein EEPROM (603) geschrieben, so dass sie beim nächsten Einschalten der Anzeigeeinheit dort ausgelesen werden können, um eine entsprechende Einstellung durchzuführen.
j) einen Mikrocomputer (602) zur Erzeugung von Steuerdatenaus den Kommunikationssignalen, um durch die Steuerdateneine vorbestimmte Einstellung der Anzeigeeinheit einzustellen, undk) einen Speicher (603) zum Speichern der Steuerdaten zur Ausführung einer vorbestimmten Einstellung der Anzeigeeinheit, welche aus dem Speicher (603) ausgelesen werden, wenn die Anzeigeeinheit das nächste Mal eingeschaltet wird, um die vorbestimmte Einstellung der Anzeigeeinheit auszuführen, l) wobei die Daten bezüglich der Anzeigeeinheit eine Betriebssituation der Anzeigeeinheit beschreiben.
Wie bereits unter IV 2.1.1 / 2.1.2 festgestellt, haben das erste, vierte und fünfte Ausführungsbeispiel die Gemeinsamkeit, dass sie eine unidirektionale Datenübertragung nur von der Computereinheit zur Anzeigeeinheit vorsehen und nicht in umgekehrter Richtung. Eine bidirektionale Schnittstelle für die Datenübersendung von der Computereinheit zur Anzeigeeinheit und in umgekehrter Richtung weisen nur das zweite und das dritte Ausführungsbeispiel auf. Nur auf diese Ausführungsbeispiele kann sich daher der erteilte Patentanspruch 5 und damit auch der ihn fortbildende eine Patentanspruch gemäß Hilfsantrag 2 beziehen; denn ihre gemeinsamen Merkmale e), e1) und e2) ("Anzeigeeinheit zum Empfangen ... und zum Senden von Daten ...") enthalten die Lehre einer bidirektionalen Datenübertragung zwischen der Computerund der Anzeigeeinheit. Eine solche bidirektionale Datenübertragung lässt sich mit der zweiten Alternative zum ersten Ausführungsbeispiel in A2 Figur 6 nicht realisieren, weil dort die Anzeigeeinheit nicht zum Senden von Daten an die Computereinheit eingerichtet ist.
Der eine Patentanspruch gemäß Hilfsantrag 2 schlägt folglich eine Kombination zwischen der nur im zweiten und im dritten Ausführungsbeispiel vorgesehenen bidirektionalen Datenübertragung zwischen Computerund Anzeigeeinheit mit solchen Merkmalen vor, die nur für die Alternative zum ersten Ausführungsbeispiel und damit für eine Lösung mit unidirektionaler Datenübertragung gelehrt werden.
4. Für den Fachmann war beim Studium der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennbar, dass eine solche Merkmalskombination zur Erfindung gehören und möglicherweise unter Schutz gestellt werden sollte.
Die beanspruchte Merkmalskombination ist der Gesamtheit der ursprünglich eingereichten Unterlagen, deren Inhalt der A2 entspricht, nicht als zur Erfindung gehörend zu entnehmen. In den Patentansprüchen, der Beschreibung und den Zeichnungen in der A2 wird sie weder ausdrücklich vorgeschlagen noch sonst irgendwie behandelt. Zu dieser Feststellung hat auch die Patentinhaberin nichts Abweichendes vorgetragen. Vielmehr beschreibt die ursprüngliche Offenbarung die fünf Ausführungsbeispiele als voneinander unabhängig. Das entnimmt der Fachmann beispielsweise den Formulierungen "in alternativer Weise" an mehreren Stellen der Beschreibungseinleitung (A2 Spalte 2 und 3), sowie den Hinweisen auf die "unterschiedliche" Computereinheit (A2 Spalte 9 Zeile 34/35, Spalte 10 Zeile 22 - 24 u. a.), und den für jedes Ausführungsbeispiel vorgesehenen eigenen Zeichnungen.
Es kommt hinzu, dass sich das unverändert mit dem Merkmal f2) beanspruchte Empfangsbestätigungssignal wie auch das Rücksenden des momentanen Betriebsstatus nach den Merkmalen g3) und h) des Patentanspruchs mit der Ausführungsform gemäß Figur 6, welche den Mikrocomputer und den Speicher nach den Merkmalen j) und k) darstellt, nicht realisieren lässt. Vielmehr müsste der Fachmann aufgrund seines Fachwissens entsprechende Änderungen der Schaltung vornehmen, etwa eine zusätzliche digitale Schnittstelle einbauen (die dann aber wiederum die vorhandene Überlagerung des Videosignals obsolet machte).
5.
Es kommt nicht darauf an, ob die mit dem einen Patentanspruch gemäß Hilfsantrag 2 beanspruchte Merkmalskombination technisch sinnvoll oder auch nur möglich sein könnte. Für die Frage der unzulässigen Erweiterung i.S.v. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG ist allein entscheidend, ob der fachkundige Leser der ursprünglichen Unterlagen damit rechnen musste, dass ein Patentanspruch auf diese Kombination gerichtet werden sollte.
6.
Die Patentinhaberin hält diesen Feststellungen entgegen, dass es keinen Rechtssatz gäbe, der die Kombination von Beispielen verbiete. Es sei legitim, abtrennbare Teile eines Ausführungsbeispiels auf andere Ausführungsbeispiele zu übertragen. Dazu beruft sich die Beklagte auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in BGH GRUR 2010, 599 - Formteil und BGH GRUR 1990, 432 - Spleißkammer. Der Senat folgt der Patentinhaberin insoweit, als dass es durchausi. S. v. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG zulässig sein kann, im Nichtigkeitsverfahren ein Streitpatent mit einer Kombination von Merkmalen aus verschiedenen Ausführungsbeispielen zu verteidigen. Die entscheidende Frage ist aber, ob der Fachmann diese neue Merkmalskombination bereits der Ursprungsoffenbarung als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen konnte. Von diesem Grundsatz gehen auch die von der Patentinhaberin in Bezug genommenen Entscheidungen aus.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
Sredl Prasch Werner Baumgardt Thum-Rungprö
BPatG:
Urteil v. 11.11.2010
Az: 2 Ni 31/09
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