Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Februar 2005
Aktenzeichen: 26 W (pat) 245/02

(BPatG: Beschluss v. 02.02.2005, Az.: 26 W (pat) 245/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 398 15 108 Mediflexfür die Waren

"Möbel, Bettzeug (Bettwäsche, Kissen und Steppdecken), Auflagen, Matratzen, Federholzrahmen, Schonerdecken"

ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren

"Bettartikel, nämlich Oberbetten, Unterbetten, Kopfkissen, Nakkenrollen, Schlafsäcke, Matratzen, Bettrahmen und Bettgestelle, sowie solche Waren für orthopädische/medizinische Zwecke"

eingetragenen älteren Marke 2 034 756 Die Markenstelle hat wegen des Widerspruchs die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet und die dagegen gerichtete Erinnerung der Markeninhaberin zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, angesichts der Identität bzw hochgradigen Ähnlichkeit der Waren bestehe zwischen der angegriffenen Marke und der insgesamt annähernd normal kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarke in klanglicher Hinsicht Verwechslungsgefahr. Zwar seien die Bestandteile "MED" und "FLEX" der Widerspruchsmarke als Hinweis auf die Wareneigenschaften "medizinisch" bzw "flexibel" in vielen Marken enthalten und daher für sich betrachtet kennzeichnungsschwach. Für das Gesamtzeichen "MED à O à FLEX" treffe dies jedoch nicht zu, weil es insgesamt kein sprachüblich gebildeter Sachhinweis sei. Deshalb seien an den erforderlichen Markenabstand auch keine geringen Anforderungen zu stellen. In klanglicher Hinsicht sei der notwendige Abstand nicht gewahrt, weil beide Markenwörter dreisilbig seien, den gleichen Sprechrhythmus aufwiesen und nur in den jeweils unbetonten Mittelsilben voneinander abwichen. In der Gesamtklangwirkung dominierten die Übereinstimmungen der Marken so deutlich, dass mit Verwechslungen infolge Verhörens gerechnet werden müsse.

Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde und dem Antrag, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen. Sie ist der Ansicht, zwischen der Ware "Möbel" der angegriffenen Marke und den Waren, für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist, bestehe keine oder allenfalls eine entfernte Ähnlichkeit. Die beiderseitigen Marken seien aber auch im Bereich identischer Waren ausreichend unterschiedlich, weil die Widerspruchsmarke nur eine schwache Kennzeichnungskraft aufweise. Die in beiden Marken enthaltenen Bestandteile "MED" und "FLEX" seien rein beschreibender Natur. Sie kämen als Abkürzungen für die Begriffe "medizinisch" bzw "flexibel" - auch in Kombination - in zahlreichen Marken vor. Im Markenregister seien neben den verfahrensgegenständlichen Marken noch zwei weitere Marken "Mediflex" sowie die Marken "Mediaflex" und "MEDIAFLEX" für unterschiedliche Markeninhaber eingetragen. Eingetragen seien ferner die Marken "FLEXIMED" und "FLEXAMED". Das Markenregister weise für die Klassen 20 und 24 insgesamt 52 eingetragene Marken mit dem Bestandteil "MED" und 138 eingetragene Marken mit dem Bestandteil "FLEX" auf. Bei dieser Ausgangslage genügten die zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke bestehenden Unterschiede sowohl in schriftbildlicher als auch in klanglicher Hinsicht für eine Verneinung der Verwechslungsgefahr. Die die rein beschreibenden Bestandteile "MED" und "FLEX" verbindenden Mittelvokale "i" und "o", die den phantasievollen Überschuss der Marken bildeten, seien in ihrer Form und in ihrem hellen bzw dunklen Klang ausreichend verschieden.

Demgegenüber macht die Widersprechende geltend, sämtliche Waren der angegriffenen Marke seien mit den Waren der Widerspruchsmarke weitgehend identisch und im übrigen hochgradig ähnlich. Da Bettgestelle auch Möbel seien, liege auch insoweit Warenidentität vor. Die beiderseitigen Marken seien klanglich und schriftbildlich hochgradig ähnlich. Die Unterschiede in den unbetonten Mittelsilben fielen angesichts der sonstigen Übereinstimmungen der Marken sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht nicht genügend ins Auge. Die zwischen die einzelnen Elemente der Widerspruchsmarke gesetzten Punkte seien für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr unerheblich, weil die Widerspruchsmarke Schutz für alle gängigen Schreibweisen ohne Punkte genieße. Da in beiden Marken auch ähnliche Begriffsinhalte anklängen, bestehe auch eine begriffliche Ähnlichkeit der Marken. Die Widerspruchsmarke weise insgesamt auch eine normale Kennzeichnungskraft auf. Diese werde weder durch die Tatsache, dass sie beschreibende Bestandteile enthalte, noch durch die von der Markeninhaberin angeführten Drittmarken vermindert, wozu sie ins einzelne gehende Ausführungen macht. Kennzeichnungsschwache Bestandteile von Marken seien zudem bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit mit zu berücksichtigen, wenn beide Marken aus diesen Bestandteilen bestünden. Auch wenn von einer verminderten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen werde, bestehe zwischen diesen Verwechslungsgefahr. Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht eine klangliche Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR 1998, 922 - Canon).

Im vorliegenden Fall sind die beiderseitigen Waren teilweise, nämlich was Matratzen, Federholzrahmen und Kissen betrifft, identisch. Eine zumindest teilweise Identität der Waren besteht entgegen der Auffassung der Markeninhaberin auch in Bezug auf die im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke enthaltene Ware "Möbel", da diese die im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltene Ware "Bettgestelle" umfasst. Im übrigen weisen die beiderseitigen Waren zumindest deshalb eine wenigstens mittlere Ähnlichkeit auf, weil sie als einander ergänzende Waren für den Schlafbereich in den gleichen Fachgeschäften direkt nebeneinander und zum Teil sogar als Sets gemeinsam vertrieben werden.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke insgesamt ist, wie die Markenstelle im angegriffenen Beschluss zutreffend festgestellt hat, trotz des warenbeschreibenden Charakters der in ihr enthaltenen Abkürzungen "MED" (für "medizinisch") und "FLEX" (für "flexibel") aufgrund der Verknüpfung dieser Bestandteile mittels des Vokals "O" von Haus aus als normal zu bewerten. Für eine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch benutzte Drittmarken ist nichts vorgetragen. Auch für die Annahme einer Originalitätsschwäche der Widerspruchsmarke wegen der von der Markeninhaberin angeführten eingetragenen Drittmarken fehlt es an genügenden tatsächlichen Anhaltspunkten. Soweit sie jeweils entweder nur die Abkürzung "MED" oder nur die Abkürzung "FLEX" enthalten, aber im übrigen nicht mit der Widerspruchsmarke vergleichbar sind, können sie deren Originalität in ihrer Gesamtheit nicht in Frage stellen. Von den übrigen sieben Marken, die die Abkürzungen "MED" und "FLEX" enthalten, sind die verfahrensgegenständlichen Marken und ferner die "MEDIAFLEX"-Marken zu vernachlässigen, die mit dem Markenbestandteil "MEDIA" einen anderen Begriff, nämlich "Medien", aufweisen und im übrigen folgerichtig andere Waren betreffen als im vorliegenden Verfahren. Die danach verbleibenden drei vergleichbaren eingetragenen Marken reichen nicht aus, um eine entscheidungserhebliche Originalitätsschwäche zu begründen, weil es dafür einer erheblich größeren Anzahl im engsten Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchsmarke liegender Drittmarken bedürfte (BGH GRUR 1999, 241, 243 - Lions; GRUR 1999, 586, 587 - White Lion).

Letztlich kann aber zugunsten der Markeninhaberin für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sogar eine eher unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke unterstellt werden, weil auch bei dieser Ausgangslage wegen der hochgradigen Ähnlichkeit bzw der Identität der Waren die Gefahr besteht, dass die Marken verwechselt werden, weil diese zumindest in klanglicher Hinsicht eine große Ähnlichkeit aufweisen. Zwar stimmen sie formal betrachtet in erster Linie in für sich gesehen schutzunfähigen Bestandteilen, nämlich den Abkürzungen "MED" und "FLEX", überein. Im Ausgangspunkt zutreffend weist die Markeninhaberin insoweit darauf hin, dass eine Gefahr von Verwechslungen grundsätzlich zu verneinen ist, wenn sich die Gemeinsamkeiten der Vergleichsmarken im wesentlichen auf schutzunfähige oder kennzeichnungsschwache Elemente der älteren Marke beschränken, und dass insoweit den abweichenden anderen, kennzeichnungsstärkeren Markenteilen grundsätzlich eine die Verwechslungsgefahr ausschließende Bedeutung zukommt (BGH GRUR 2000, 605, 606 - comtes / ComTel). Schutzunfähige oder kennzeichnungsschwache Elemente dürfen aber, sofern sie Teile einer einheitlichen Marke sind, auch nicht von vornherein unberücksichtigt bleiben, weil sie im Zusammenhang mit weiteren Ähnlichkeiten der Marken Bedeutung für die Bejahung der Verwechslungsgefahr erlangen können. Im Einzelfall kann sogar ein an sich kennzeichnungsschwacher Markenteil wesentliches Gewicht gewinnen, zB wenn er innerhalb einer Gesamtbezeichnung wegen seiner Stellung oder Betonung gegenüber den weiteren Elementen dominiert (BGH GRUR 1990, 367, 370 - alpi/Alba Moda; GRUR 1993, 118, 120 - Corvaton / Corvasal).

Hiervon ausgehend besteht zwischen den beiderseitigen Marken trotz der Schutzunfähigkeit bzw Schwäche ihrer übereinstimmenden Einzelbestandteile "MED" und "FLEX" eine klangliche Ähnlichkeit, weil sich die Gemeinsamkeit beider Marken nicht auf den Umstand beschränkt, dass sie jeweils die genannten Bestandteile aufweisen, sondern insoweit deutlich darüber hinausgeht, als beide Marken diese Bestandteile in gleicher Reihenfolge und jeweils unter Verbindung durch einen einzigen Vokal enthalten. Da sich die einzige Abweichung der Marken in deren Wortinnerem in der jeweils unbetonten Mittelsilbe findet, ist diese trotz des unterschiedlichen Klangcharakters der Vokale "i" (hellklingender Vokal) und "o" (dunkelklingender Vokal) wegen des ansonsten gleichen Aufbaus der Marken und ihrer weitgehenden Übereinstimmung nicht geeignet, klangliche Verwechslungen auszuschließen. Der Beschwerde der Markeninhaberin muss daher der Erfolg versagt bleiben.

Umstände, die eine Kostenauferlegung gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.

Albert Kraft Reker Pü






BPatG:
Beschluss v. 02.02.2005
Az: 26 W (pat) 245/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/3a5285424cbc/BPatG_Beschluss_vom_2-Februar-2005_Az_26-W-pat-245-02




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share