Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. März 2002
Aktenzeichen: 28 W (pat) 94/01
(BPatG: Beschluss v. 20.03.2002, Az.: 28 W (pat) 94/01)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 29 - vom 5. November 1999 und vom 14. Februar 2001 aufgehoben.
Gründe
I Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister für eine Vielzahl von Waren der Klassen 29 und 30, bei denen es sich im wesentlichen um Milchprodukte handelt, ist die nachfolgend wiedergegebene Wort/Bildmarkesiehe Abb. 1 am Ende Die Markenstelle für Klasse 29 hat die Anmeldung mangels Unterscheidungskraft zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Marke werde vom Wort "Milkland" geprägt, das dem deutschen Begriff "Milchland" gleichzusetzen sei, der wiederum lediglich auf eine Vertriebsstätte mit einem umfangreichen Warenangebot (hier: Milchprodukte) verweise bzw auf eine Region, die besonders gute Bedingungen für die Milchwirtschaft aufweise. Es handele sich mithin um eine glatte Sachaussage, die vom Verkehr nicht als kennzeichnend aufgefasst werde.
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Begehren auf Eintragung weiter und macht geltend, dass es zwischen der beanspruchten Marke und den angemeldeten Waren an jeglichem sachlichen Bezug fehle. Bei "Milkland" handele es sich um eine Wortneuschöpfung der Anmelderin mit einem eher schwammigen bzw allenfalls mehrdeutigen Begriffsbezug in Richtung auf eine Verkaufs- oder Erzeugerstätte, was vom Verkehr aber nur im Wege einer gedanklichen Analyse erschlossen werden könne. Im übrigen dürfe auch die graphische Gestaltung nicht unberücksichtigt bleiben.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis des Freihaltebedürfnisses (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) noch das der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) entgegen.
1. An der angemeldeten Marke besteht in Bezug auf die beanspruchten Waren kein Freihaltungsbedürfnis iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG; denn es ist nicht ersichtlich, dass sie in dieser Form als konkrete Angabe über wesentliche Eigenschaften der unter dieser Marke angebotenen Waren dienen könnte und deswegen für die Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden müßte.
Sieht man einmal von der bildlichen Ausgestaltung der Marke ab, so setzt sie sich aus den geläufigen Bezeichnungen "milk" und "land" zusammen, die auch im deutschen Sprachkreis ohne weiteres verständlich sind und umfangreich verwendet werden. Gerade in Wortzusammensetzungen ist "land" überaus beliebt zur Bezeichnung einer Vertriebsstätte mit einem hinsichtlich Qualität und Vielfalt umfassenden Warensortiment vergleichbar Wörtern wie "Welt, Paradies, Point, Eck" usw.
"Milkland" bedeutet demnach - falls man hierin nicht etwa einen nordischen Familiennamen sieht - in der Gesamtheit übersetzt "Milchland". Damit bezeichnet dieser Begriff aber nicht eine der in § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG im einzelnen aufgeführten Angaben oder ein sonstiges Merkmal der beanspruchten Waren. Zwar stellt wie ausgeführt der Bestandteil "Land" eine im Inland verbreitete Bezeichnung für einen Vertriebsort von Erzeugnissen dar und kann in der Kombination mit dem Bestandteil "Milk/Milch" einen kaufmännischen Betrieb bezeichnen, in dem Waren angeboten werden, die Milchprodukte jeglicher Art betreffen; diese Umstände begründen indes noch kein Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten Marke für die hier in Rede stehenden Waren. Denn von der Bestimmung des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG werden nur Wörter erfasst, die einen unmittelbaren Warenbezug aufweisen (vgl BGH MarkenR 1999, 351 - FOR YOU). Eine Bezeichnung für einen kaufmännischen Betrieb stellt aber nicht notwendig auch eine beschreibende Sachangabe für die in einem solchen Betrieb veräußerten Waren dar (vgl BGH MarkenR 1999, 292, 293 - HOUSE OF BLUES). Anhaltspunkte dafür, dass die beanspruchte Wortfolge sich nicht nur auf einen Geschäftsbetrieb bezieht, sondern zB auch auf ein Warensortiment und dass die Marke daher auch für die in diesem Betrieb veräußerten Waren als Bezeichnung besonderer Merkmale dienen kann, sind für den Senat nicht erkenn- und feststellbar.
Richtig ist allerdings, dass mit dem deutschen Wort "Milchland" auch ein Hinweis auf eine ländliche Region verbunden sein kann, die für Milchwirtschaft besonders geeignet ist; in diesem Sinne finden sich etwa Bezeichnungen wie "Milchland Niedersachsen, Milchland Allgäu, Milchland Schweiz usw.", und zwar häufig im Kontext entsprechender Wortverbindungen wie "Deutschland als Blumenland, Brotland, Apfelland, Käseland" (Süddt. Zeitung v. 18.1.00 S 3) oder "Radtouren im Milchland Niedersachsen auf der niedersächsischen Milchstrasse" (www.niedersächsischemilchstrasse.de) oder "Grasland-Milchland-Erlebnisland" (www.agff.ch/publikationen). Ob man vor diesem Hintergrund damit dem Begriff "Milchland" bereits den Charakter einer wenn nicht geographischen, so doch beschreibenden Herkunftsangabe oder der Bezeichnung einer Erzeugerstätte beimessen muss, erscheint dem Senat allerdings zweifelhaft. Allerdings kann diese Frage dahingestellt bleiben, da noch mehr Zweifel bestehen, diesen Begriff "Milchland" dem vorliegend relevanten Markenwort "Milkland" bei der registerrechtlichen Prüfung gleichzustellen, das weder lexikalisch noch im Wege der Internet-Recherche als Sachangabe nachweisbar ist. Letztlich lässt sich aus allen diesen Umständen ein Warenbezug damit allenfalls mittelbar und aufgrund einer analytischen Betrachtungsweise herstellen, die indes dem Markenregisterrecht fremd ist. Die bisherige Rechtsprechung zum Sachbezug zwischen Etablissementbezeichnungen und den dort vertriebenen Waren (vgl. etwa 32 W 292/95 Müsliland, 32 W 290/95 Fruitland, 28 W 3/99 Gourmetland, 26 W 85/96 Lederland usw.) muss im Hinblick auf die Entscheidung "House of Blues" des Bundesgerichtshofs als weitgehend überholt angesehen werden (vgl auch 29 W 34/99 TV Land; 33 W 195/98 Polymerland). Den Interessen der Mitbewerber ist in diesen Fällen durch eine sachgerechte Anwendung des § 23 MarkenG Rechnung zu tragen, wobei vorliegend zu beachten ist, dass nur die Gesamtbezeichnung zur Eintragung führt und Markenschutz nur hieraus hergeleitet werden kann, nicht aber aus einzelnen Elementen der Wortfolge.
Der Schutzfähigkeit der Bezeichnung "Milkland" steht damit ein Freihaltebedürfnis nicht entgegen. Für eine Verneinung der Unterscheidungskraft, fehlt es ebenfalls an entsprechenden Feststellungen, zumal jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen Anhalt dafür, dass ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Das gilt um so mehr, wenn Gegenstand der Anmeldung wie vorliegend eine Marke ist, die sich zusätzlich graphischer Elemente und einer besonderen Schrifttype bedient und schon deshalb bei unterstellter markenmäßiger Verwendung vom Verkehr als Kennzeichnungshinweis verstanden wird.
Die Beschwerde hatte damit Erfolg, so dass die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben waren.
Stoppel Schwarz-Angele Martens Bb Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/28W(pat)94-01.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 20.03.2002
Az: 28 W (pat) 94/01
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