Bundespatentgericht:
Urteil vom 12. November 2002
Aktenzeichen: 3 Ni 26/01

(BPatG: Urteil v. 12.11.2002, Az.: 3 Ni 26/01)

Tenor

Das europäische Patent 0 331 810 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des am 13. Dezember 1988 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Gebrauchsmusterschrift 88 03 266 vom 10. März 1988 angemeldeten und ua mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 331 810 (Streitpatent), das vom Deutschen Patentund Markenamt unter der Nummer 38 83 745 geführt wird. Das Streitpatent betrifft einen Profilrahmen und umfasst 11 Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet in der erteilten Fassung:

"Profilrahmen für folienbespannte Gewächshauskonstruktionen, bei denen eine Folie in an mindestens zwei sich gegenüberliegenden Profilen (2) angeordneten ersten Klemmkammern (3) und zweiten Klemmkammern (5) mit einer Längserstreckung parallel zu den ersten Klemmkammern (3) mit Klemmleisten (4) befestigt ist, dadurch gekennzeichnet, dass in den ersten Klemmkammern (3) eine von zwei unterschiedlichen, voneinander getrennten einzeln auswechselbaren Folien (1, 6) und in den zweiten Klemmkammern die zweite dieser Folien (6) befestigt sind, wobei die Befestigung ausschließlich durch die Klemmung der Folie an deren Rand für jede Folie getrennt erfolgt, dass die Klemmkammern (3, 5) jeweils eine geschlossene Seitenwand (7, 9), zwei Stirnwände (8, 10) und eine teilweise offene Seitenwand (11) aufweisen, dass die zum Rahmeninneren gelegene Stirnwand (10) der Klemmkammer einen mindestens im Kammerinneren halbrunden Querschnitt aufweist und dass sich auf der teilweise offenen Seite ein kurzer, parallel zur geschlossenen Seitenwand (9) verlaufender Ansatz (11) anschließt, und dadurch, dass die Folie außen und innen an dem Ansatz (11) liegend geführt ist, um die Haftreibung zwischen Folie und Klemmkammer zu erhöhen (Fig. 3)."

Wegen des Wortlauts der mittelbar oder unmittelbar auf Patentanspruch 1 zurückbezogenen Patentansprüche 2 bis 11 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Die Kläger machen geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, weil er nicht mehr neu sei und auch nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Zur Begründung berufen sie sich neben den im Prüfungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt genannten Entgegenhaltungen

(1)

EP 0 043 466 A2,

(2)

DE 26 14 049 A1,

(3)

US4153981A,

(4)

EP 0 106 920 A1,

(5)

FR2117339A,

(6)

US4472862A zusätzlich auf folgende Dokumente:

(7) DE 33 02 341 A1,

(8)

DE7823881U1 sowie zusätzlich auf eine

(9) offenkundige Vorbenutzung des Profils N 5788 der Firma A... GmbH, Ö...ge

(10)

mäß der Anlage 1 und eine

(10) eidesstattliche Versicherung von Herrn B. vom 6. November 2002 mit Anlagen.

Die Kläger beantragen, das europäische Patent 0 331 810 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Der Beklagte legt mit Schriftsatz vom 9. Juli 2001 eine neue Fassung des Patentanspruchs 1 vor und erklärt, dass er das Streitpatent nur noch in beschränktem Umfang auf der Grundlage des neuen Patentanspruchs 1 verteidige.

Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung lautet:

"Profilrahmen für folienbespannte Gewächshauskonstruktionen, bei denen eine Folie in an mindestens zwei sich gegenüberliegenden Profilen (2) angeordneten ersten Klemmkammern (3) und zweiten Klemmkammern (5) mit einer Längserstreckung parallel zu den ersten Klemmkammern (3) mit Klemmleisten (4) befestigt ist, dadurch gekennzeichnet, dass in den ersten Klemmkammern (3) eine von zwei unterschiedlichen, voneinander getrennten einzeln auswechselbaren Folien (1, 6) und in den zweiten Klemmkammern die zweite dieser Folien (6) befestigt sind, wobei die Befestigung ausschließlich durch die Klemmung der Folie an deren Rand für jede Folie getrennt erfolgt, dass die Klemmkammern (3, 5) jeweils eine geschlossene Seitenwand (7, 9), zwei Stirnwände (8, 10) und eine teilweise offene Seitenwand (11) aufweisen, dass die zum Rahmeninneren gelegenen Stirnwände (8, 10) der Klemmkammern je einen mindestens im Kammerinneren halbrunden Querschnitt aufweist(en) und dass sich auf der teilweise offenen Seite ein kurzer, parallel zur geschlossenen Seitenwand (9) verlaufender Ansatz (11) anschließt, die Folie außen und innen an dem Ansatz (11) anliegend geführt ist, um die Haftreibung zwischen Folie und Klemmkammer zu erhöhen, und die Klemmkammern in einer Richtung quer zu ihrer Längserstreckung voneinander beabstandet sind."

Es schließen sich Patentansprüche 2 bis 11 an.

In der mündlichen Verhandlung erklärt er, dass er auf die erteilten abhängigen Patentansprüche 2 bis 11 verzichte und das Streitpatent nur noch im Umfang des oa Patentanspruchs 1 verteidige.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen das Streitpatent im verteidigten Umfang richtet.

Er tritt dem Vorbringen der Kläger entgegen, bestreitet die mit Klageschriftsatz vom 8. Mai 2001 behauptete offenkundige Vorbenutzung gemäß der Anlage 1 und hält das Streitpatent für patentfähig.

In der mündlichen Verhandlung legt der Beklagte zwei Hilfsanträge vor. Nach Hilfsantrag 1 hat Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut:

"Profilrahmen für folienbespannte Gewächshauskonstruktionen, bei denen eine Folie in an mindestens zwei sich gegenüberliegenden Profilen (2) angeordneten ersten Klemmkammern (3) und zweiten Klemmkammern (5) mit einer Längserstreckung parallel zu den ersten Klemmkammern (3) mit Klemmleisten (4) befestigt ist, dadurch gekennzeichnet, dass in den ersten Klemmkammern (3) eine von zwei unterschiedlichen, voneinander getrennten einzeln auswechselbaren Folien (1, 6) und in den zweiten Klemmkammern die zweite dieser Folien (6) befestigt sind, wobei die Befestigung ausschließlich durch die Klemmung der Folie an deren Rand für jede Folie getrennt erfolgt, dass die Klemmkammern (3, 5) jeweils eine geschlossene Seitenwand (7, 9), zwei Stirnwände (8, 10) und eine teilweise offene Seitenwand (11) aufweisen, dass die zum Rahmeninneren gelegenen Stirnwände (10) der Klemmkammern je einen mindestens im Kammerinneren halbrunden Querschnitt aufweist(en) und dass sich auf der teilweise offenen Seite ein kurzer, parallel zur geschlossenen Seitenwand (9) verlaufender Ansatz (11) anschließt, die Folie außen und innen an dem Ansatz (11) anliegend geführt ist, um die Haftreibung zwischen Folie und Klemmkammer zu erhöhen, und die geschlossene Seitenwand einer Klemmkammer mit einer Seitenwand eines Rechteckprofils fluchtet und die Seitenwand der anderen Klemmkammer die andere Seitenwand des Rechteckprofils ist."

Nach Hilfsantrag 2 lautet Patentanspruch 1:

"Profilrahmen für folienbespannte Gewächshauskonstruktionen, bei denen eine Folie in an mindestens zwei sich gegenüberliegenden Profilen (2) angeordneten ersten Klemmkammern (3) und zweiten Klemmkammern (5) mit einer Längserstreckung parallel zu den ersten Klemmkammern (3) mit Klemmleisten (4) befestigt ist, dadurch gekennzeichnet, dass in den ersten Klemmkammern (3) eine von zwei unterschiedlichen, voneinander getrennten einzeln auswechselbaren Folien (1, 6) und in den zweiten Klemmkammern die zweite dieser Folien (6) befestigt sind, wobei die Befestigung ausschließlich durch die Klemmung der Folie an deren Rand für jede Folie getrennt erfolgt, dass die Klemmkammern (3, 5) jeweils eine geschlossene Seitenwand (7, 9), zwei Stirnwände (8, 10) und eine teilweise offene Seitenwand (11) aufweisen, dass die zum Rahmeninneren gelegenen Stirnwände (10) der Klemmkammern je einen mindestens im Kammerinneren halbrunden Querschnitt aufweist(en) und dass sich auf der teilweise offenen Seite ein kurzer, parallel zur geschlossenen Seitenwand (9) verlaufender Ansatz (11) anschließt, die Folie außen und innen an dem Ansatz (11) anliegend geführt ist, um die Haftreibung zwischen Folie und Klemmkammer zu erhöhen, die geschlossene Seitenwand (9) einer Klemmkammer (3) mit einer Seitenwand eines Rechteckprofils fluchtet und die Seitenwand (7) der anderen Klemmkammer die andere Seitenwand des Rechteckprofils ist, und dass der Profilrahmen zur seitlichen Belüftung eines Gewächshauses ausgelegt ist."

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als begründet.

Das Streitpatent war bereits insoweit für nichtig zu erklären, als es vom Beklagten nicht mehr in der erteilten Fassung verteidigt worden ist.

Der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit bzw unzulässigen Erweiterung führt jedoch auch im übrigen zur Nichtigerklärung des Streitpatents mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, Art II § 6 Abs 1 Nr 1 bzw 3 IntPatÜG, Art 138 Abs 1 lit a bzw c EPÜ.

I.

1.

Das Streitpatent betrifft einen Profilrahmen für folienbespannte Gewächshauskonstruktionen, wie sie aus der europäischen Patentanmeldung 0 106 920 bekannt sind und beim Bau von leicht montierbaren Gewächshäusern aus Aluminium eingesetzt werden. Die Verwendung von Kunststofffolien anstelle von Glasscheiben macht solche Gewächshäuser preisgünstiger und lässt zudem mehr UV-Licht durchtreten. Nachteilig ist die ungünstige Wärmedämmung, die entweder zu höheren Heizkosten oder zu einer kürzeren Nutzungsperiode im Jahr führt.

Die europäische Offenlegungsschrift 0 106 920 (s StrPS Sp 1 Z 25 -38) beschreibt ein Bedachungssystem für Gebäude, bei dem eine Schlauchfolie an vier voneinander beabstandete, parallel zueinander verlaufende Klemmkammern gespannt wird. In dem entstehenden Hohlraum können Klimaund Druckverhältnisse reguliert werden. Als nachteilig hat sich erwiesen, dass bei einer Beschädigung der Folie nicht einzelne Flächen, sondern nur die Folie insgesamt ausgewechselt werden kann und auch keine Möglichkeit besteht, unterschiedliche Folien mit unterschiedlicher Zugspannung einzupassen.

2.

Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde (s StrPS Sp 1 Z 39 -45), einen Profilrahmen anzugeben, mit dem folienbespannte Gewächshauskonstruktionen erstellt werden können, die eine bessere Wärmedämmung aufweisen, und deren Bespannung einfach auszuwechseln und flexibel an die bestehenden Bedürfnisse angepasst ist.

Der für die Lösung dieser Aufgabe zuständige Fachmann ist ein Handwerksmeister auf dem Gebiet Stahlbau bzw Leichtmetallbau.

3.

Zur Lösung beschreibt Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassungeinen Profilrahmen für folienbespannte Gewächshauskonstruktionen, bei denen 1. eine Folie in an mindestens zwei sich gegenüberliegenden Profilen angeordneten 1.1. ersten Klemmkammern und 1.2. zweiten Klemmkammern 1.3. mit einer Längserstreckung parallel zu den ersten Klemmkammern 1.4. mit Klemmleisten befestigt ist, wobei 2.

in den ersten Klemmkammern eine von zwei unterschiedlichen, voneinander getrennten, einzeln auswechselbaren Folien 3.

und in den zweiten Klemmkammern die zweite dieser Folien befestigt sind, 4.

die Befestigung ausschließlich durch die Klemmung der Folie an deren Rand für jede Folie getrennt erfolgt, 5.

die Klemmkammern jeweils eine geschlossene Seitenwand, zwei Stirnwände und eine teilweise offene Seitenwand aufweisen, 6.

die zum Rahmeninneren gelegenen Stirnwände der Klemmkammern je einen mindestens im Kammerinneren halbrunden Querschnitt aufweisen, 7.

sich auf der teilweise offenen Seite ein kurzer, parallel zur geschlossenen Seitenwand verlaufender Ansatz anschließt, 8.

die Folie außen und innen an dem Ansatz anliegend geführt ist, um die Haftreibung zwischen Folie und Klemmkammer zu erhöhen und 9.

die Klemmkammern in einer Richtung quer zu ihrer Längserstreckung voneinander beabstandet sind.

II.

1. Der Patentanspruch gemäß Hauptantrag erweist sich als nicht bestandsfähig, weil sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie beim Europäischen Patentamt ursprünglich eingereicht worden ist.

Der Patentinhaber konnte weder in den erteilten noch in den ursprünglichen Unterlagen eine Fundstelle angeben, der das neu in den Patentanspruch aufgenommene Merkmal 9., dass "die Klemmkammern in einer Richtung quer zu ihrer Längserstreckung voneinander beabstandet sind", wörtlich entnommen werden kann.

Das neue Merkmal 9. wird in den maßgeblichen Unterlagen auch nicht sinngemäß offenbart.

Der Patentinhaber verweist zur Offenbarung des neuen Patentanspruchs auf die patentierten Patentansprüche 1 und 2 sowie die Patentschrift Spalte 2, Zeilen 50 bis 57 und Spalte 3, Zeilen 30 und 31. An keiner dieser Fundstellen findet sich jedoch ein Hinweis über eine Beabstandung der Klemmkammern quer zu ihrer Längserstreckung. Spalte 2, Zeilen 50 bis 57 betrifft die Befestigung einer Dichtlippe an der Verlängerung der rechten Seitenwand des Rechteckprofils sowie der zweiten Klemmkammer an die linke Seitenfläche des Rechteckprofils. In welcher Richtung die beiden Klemmkammern im Allgemeinen beabstandet sein sollen, wird hier nicht erwähnt. In Spalte 3, Zeilen 24 bis 31 wird ua dargelegt, dass bei dem in Figur 2 gezeigten Rahmenteil die Seitenwände etwas größer dimensioniert sind, wodurch sich auch ein größerer Abstand zwischen den Klemmkammern ergibt. Mit dieser Aussage wird jedoch nicht sinngemäß offenbart, dass "die Klemmkammern in einer Richtung quer zu ihrer Längserstreckung voneinander beabstandet sind". Die erteilten Patentansprüche 1 und 2 geben ebenfalls keinen konkreten Hinweis auf die Richtung der Beabstandung der beiden Klemmkammern.

Der Senat konnte auch in den vollständigen ursprünglichen Unterlagen keine geeignete Stelle für eine Offenbarung des neuen Merkmals 9. ermitteln.

2. Die von dem Beklagten hilfsweise verteidigten Fassungen des Patentanspruchs gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 erweisen sich ebenfalls als nicht bestandsfähig.

Nach dem vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsantrag 1 ist der Patentanspruch gerichtet auf einen Profilrahmen für folienbespannte Gewächshauskonstruktionen, bei dem 1. eine Folie in an mindestens zwei sich gegenüberliegenden Profilen angeordneten 1.1. ersten Klemmkammern und 1.2. zweiten Klemmkammern 1.3. mit einer Längserstreckung parallel zu den ersten Klemmkammern 1.4.

mit Klemmleisten befestigt ist, wobei 2.

in den ersten Klemmkammern eine von zwei unterschiedlichen, voneinander getrennten einzeln auswechselbaren Folien und 3.

in den zweiten Klemmkammern die zweite dieser Folien befestigt sind, 4.

die Befestigung ausschließlich durch die Klemmung der Folie an deren Rand für jede Folie getrennt erfolgt, 5.

die Klemmkammern jeweils eine geschlossene Seitenwand, zwei Stirnwände und eine teilweise offene Seitenwand aufweisen, 6.

die zum Rahmeninneren gelegenen Stirnwände der Klemmkammern je einen mindestens im Kammerinneren halbrunden Querschnitt aufweisen, 7.

sich auf der teilweise offenen Seite ein kurzer, parallel zur geschlossenen Seitenwand verlaufender Ansatz anschließt, 8.

die Folie außen und innen an dem Ansatz anliegend geführt ist, um die Haftreibung zwischen Folie und Klemmkammer zu erhöhen und 9.

die geschlossene Seitenwand einer Klemmkammer mit einer Seitenwand eines Rechteckprofils fluchtet und 10.

die Seitenwand der anderen Klemmkammer die andere Seitenwand des Rechteckprofils ist.

Nach Hilfsantrag 2 fluchtet die geschlossene Seitenwand einer Klemmkammer mit einer Seitenwand eines Rechteckprofils und die Seitenwand der anderen Klemmkammer ist die andere Seitenwand des Rechteckprofils (Merkmale 9. und 10. wie oben), wobei der Profilrahmen zur seitlichen Belüftung eines Gewächshauses ausgelegt ist (Merkmal 11.).

2.1 Der neue Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 basiert auf den erteilten Patentansprüchen 1 und 2 iVm der Beschreibung Spalte 2, Zeilen 25 bis 31 und Spalte 2, Zeilen 55 bis 58. Das zusätzliche Merkmal des Patentanspruchs nach Hilfsantrag 2, dass "der Profilrahmen zur seitlichen Belüftung eines Gewächshauses ausgelegt ist", ist sinngemäß in Spalte 1, Zeilen 51 bis 55 offenbart. Das Patentbegehren gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 hält sich im Umfang der ursprünglichen Offenbarung. Weder der Patentgegenstand noch der Schutzbereich des Streitpatents sind hierdurch erweitert worden; die Beschränkungen sind daher zulässig.

2.2 Die Gegenstände nach den Patentansprüchen gemäß Hilfsantrag 1 und 2 sind neu, weil den vorgelegten Entgegenhaltungen und Beweismitteln ein Profilrahmen mit allen beanspruchten Merkmalen nicht entnommen werden kann.

Die Gegenstände nach den Patentansprüchen gemäß Hilfsantrag 1 und 2 beruhen jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Nächstliegender Stand der Technik sind Profile zum Bau von Foliengewächshäusern, wie sie sich aus den Anlagen zur eidesstattlichen Versicherung (10) ergeben. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass zumindest das SL-Profil und das Pfettenprofil vor dem Anmeldetag der Streitpatentschrift bekannt waren und zum Bau von Foliengewächshäusern eingesetzt wurden. Die mit der eidesstattlichen Versicherung eingereichte Konstruktionszeichnung des SL-Profils der H... GmbH trägt das Datum vom 3.1.84.

Den Konstruktionszeichnungen zur eidesstattlichen Versicherung (10) kann entnommen werden, dass das SL-Profil und das Pfettenprofil durch folgende Merkmale gekennzeichnet sind:

1.

die Klemmkammer weist eine geschlossene Seitenwand, zwei Stirnwände und eine teilweise offene Seitenwand auf (siehe Merkmal 5. des Patentanspruchs), 2.

die zum Rahmeninneren gelegenen Stirnwand der Klemmkammer weist einen mindestens im Kammerinneren halbrunden Querschnitt auf (siehe Merkmal 6. des Patentanspruchs), 3.

auf der teilweise offenen Seite schließt sich ein kurzer, parallel zur geschlossenen Seitenwand verlaufender Ansatz an (siehe Merkmal 7. des Patentanspruchs), 4.

die geschlossene Seitenwand der Klemmkammer fluchtet mit einer Seitenwand eines Rechteckprofils (siehe Merkmal 9. des Patentanspruchs).

Wie solche Leichtmetallprofile zum Bau von Foliengewächshäusern eingesetzt werden, war dem hier zuständigen Fachmann vor dem Anmeldetag der Streitpatentschrift prinzipiell bekannt. Die von der Klägerin genannte Entgegenhaltung (8) ist hier lediglich zur Bestätigung für diesen Sachverhalt heranzuziehen. Gemäß den Figuren 2, 4 und 5 iVm dem die Seiten 2 und 3 übergreifenden Absatz und dem Absatz 1 auf Seite 6 der Druckschrift (8) wird beim Bau von Foliengewächshäusern 1. eine Folie in an mindestens zwei sich gegenüberliegenden Profilen angeordneten 1.1. ersten Klemmkammern und 1.2. zweiten Klemmkammern 1.3. mit einer Längserstreckung parallel zu den ersten Klemmkammern 1.4. mit Klemmleisten befestigt (Merkmale 1. bis 1.4.

des Patentanspruchs), wobei 2.

die Befestigung ausschließlich durch die Klemmung der Folie an deren Rand für jede Folie getrennt erfolgt (siehe Merkmal 4. des Patentanspruchs), 3.

die Klemmkammern jeweils eine geschlossene Seitenwand, zwei Stirnwände und eine teilweise offene Seitenwand aufweisen (siehe Merkmal 5. des Patentanspruchs), 4.

die zum Rahmeninneren gelegenen Stirnwände der Klemmkammern je einen mindestens im Kammerinneren halbrunden Querschnitt aufweisen (Merkmal 6. des Patentanspruchs), 5.

sich auf der teilweise offenen Seite ein kurzer, parallel zur geschlossenen Seitenwand verlaufender Ansatz anschließt (siehe Merkmal 7. des Patentanspruchs), 6.

die Folie außen und innen an dem Ansatz anliegend geführt ist, um die Haftreibung zwischen Folie und Klemmkammer zu erhöhen (siehe Merkmal 8. des Patentanspruchs).

Somit war der Einsatz von Profilrahmen mit den Merkmalen 1. bis 1.4. und 4. bis 9. zum Bau von Foliengewächshäusern vor dem Anmeldetag dem Fachmann bekannt. Demgegenüber unterscheidet sich der Anmeldungsgegenstand durch folgende Merkmale:

1.

In ersten Klemmkammern einer Profilleiste wird eine von zwei unterschiedlichen, voneinander getrennten einzeln auswechselbaren Folien (siehe Merkmal 2. des Patentanspruchs) und 2.

in zweiten Klemmkammern wird die zweite dieser Folien befestigt (siehe Merkmal 3. des Patentanspruchs), wobei 3.

die Seitenwand der zweiten Klemmkammer die andere Seitenwand des Rechteckprofils ist (siehe Merkmal 10. des Patentanspruchs).

Die bekannten Profilrahmen (SL-Profil, Pfettenprofil) für folienbespannte Gewächshauskonstruktionen konstruktiv abzuändern, liegt aber bei der gegebenen Aufgabenstellung, nämlich einen Profilrahmen anzugeben, mit dem folienbespannte Gewächshauskonstruktionen erstellt werden können, die eine bessere Wärmedämmung aufweisen, und deren Bespannung einfach auszuwechseln und flexibel an die bestehenden Bedürfnisse angepasst ist, voll im Bereich des Wissens und Könnens des hier zuständigen Durchschnittsfachmanns.

Aus der Druckschrift (7) ist dem hier zuständigen Fachmann nämlich bekannt, dass bei herkömmlicher Bauweise von Foliengewächshäusern der Verlust an Wärme bei großer Differenz zwischen Innenund Außentemperatur verhältnismäßig groß ist, was sich bei den derzeitigen hohen Energiekosten besonders negativ auswirkt. Um bei gesenkten Energiekosten den Flächenertrag in der kalten und lichtarmen Zeit zu steigern, wird in Entgegenhaltung (7) daher ein mehrwandiges Foliengewächshaus vorgeschlagen (Seite 3, Zeile 11 vu bis Seite 4, Zeile 13). An einem tragenden Konstruktionselement werden zwei getrennte Folien so eingeklemmt, dass sie übereinander zu liegen kommen und zwischen den beiden Folien ein abgeschlossener wärmedämmender Zwischenraum gebildet wird (siehe zB (7) Figur 3). In die erste Klemmkammer eines Rahmenelements wird dabei eine von zwei unterschiedlichen, voneinander getrennten einzeln auswechselbaren Folien (siehe Merkmal 2.) und in die zweite Klemmkammer dieses Rahmenelements die zweite dieser Folien befestigt (siehe Merkmal 3.). Die Einklemmung der Folien erfolgt hier durch Spanndrähte.

Will der Fachmann nun ein doppelwandiges Foliengewächshaus nicht mit den in

(7)

verwendeten Klemmprofilen realisieren, sondern mit den aus Entgegenhaltung

(8)

bekannten Befestigungsvorrichtungen, bei denen die Bespannung einfach auszuwechseln ist und flexibel an die bestehenden Bedürfnisse angepasst werden kann (vgl Beschreibung der Entgegenhaltung (8) S 3 Abs 3 bis S 4 Abs 2 und S 7/8 übergreifender Abs), so wird dieser Fachmann bei Kenntnis des SL-Profils oder des Pfettenprofils (siehe Anlagen zur eidesstattliche Erklärung (10)) direkt zu der patentgemäßen Lösung geführt, nämlich der Befestigung einer weiteren Klemmkammer an der anderen (der ersten Klemmkammer gegenüberliegenden) Seitenfläche des Rechteckprofils. Diese Seitenfläche auf dem Rechteckprofil drängt sich bei der gegebenen Aufgabenstellung dem Fachmann direkt auf, denn sie ermöglicht es, dass die Folien voneinander getrennt einzeln leicht auswechselbar sind. Dem hier in Rede stehenden Fachmann ist es auch ohne weiteres gegeben, die Seitenwand des Rechtseckprofils direkt als zweite Klemmkammer auszubilden (Merkmal 10.). Somit gelangt der Durchschnittsfachmann ausgehend vom bekannten SL-Profil oder dem Pfettenprofil und deren allgemein üblicher Anwendung bei der gegebenen Aufgabe direkt zum Patentgegenstand. Der Patentanspruch nach Hilfsantrag 1 ist daher mangels erfinderischer Tätigkeit nicht beständig.

2.3 Der Patentanspruch nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Patentanspruch gemäß Hilfsantrag 1 im wesentlichen durch das Merkmal 11., nämlich dass der Profilrahmen zur seitlichen Belüftung eines Gewächshauses ausgelegt ist.

Die Seitenbelüftung eines Foliengewächshauses wird dadurch erreicht, dass eine Profilschiene einer Seitenwand in der Höhe verstellbar befestigt ist (siehe zB eidesstattliche Versicherung (10)). Eine derartige Befestigung der Profilschiene eines Profilrahmens kann der Fachmann ohne erfinderische Tätigkeit vorsehen, wenn die Möglichkeit einer Seitenbelüftung gewünscht ist. Somit kann auch dieses zusätzliche Merkmal die Erfindungshöhe des beanspruchten Gegenstands nicht begründen. Der Patentanspruch gemäß Hilfsantrag 2 ist daher ebenfalls mangels erfinderischer Tätigkeit nicht beständig.

III.

Der Antrag des Beklagten auf Nachlass einer Schriftsatzfrist gem § 99 Abs 1 PatG, § 283 ZPO war zurückzuweisen.

Der Senat hält es im Hinblick auf den relativ überschaubaren und einfachen technischen Sachverhalt für zumutbar, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu dem erstmals mit Schriftsatz vom 6. November 2002 übermittelten und mit Schriftsatz vom 7. November 2002 ergänzten neuen Vorbenutzungseinwand und der jeweils beigefügten identischen Skizze dreier Profile Stellung nimmt. Diese Schriftsätze hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger ausweislich seines Vermerks auf dem Schriftsatz vom 6. November 2002 bzw des Vermerks der Geschäftsstellenbeamtin des Bundespatentgerichts auf dem Schriftsatz vom 7. November 2002 dem Beklagtenvertreter direkt per Fax zugeleitet. Bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung oder sogar noch in der Mittagspause stand nach Auffassung des Senats ausreichend Zeit zur Verfügung, um die Sache mit dem Mandanten ausführlich zu erörtern (vgl Baumbach-Lauterbach, ZPO, 60. Aufl 2001, § 283, Rdn 6 ff).

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 Satz 2 ZPO nF.

Hellebrand Dr.G. Wagner Sredl Dr. Proksch-Ledig Dr. Feuerlein Fa






BPatG:
Urteil v. 12.11.2002
Az: 3 Ni 26/01


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