Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 25. Januar 2005
Aktenzeichen: 11 U 51/04
(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 25.01.2005, Az.: 11 U 51/04)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 3. Zivilkammer - vom 05.08.2004 abgeändert.
Der Beschluss - einstweilige Verfügung - vom 07.06.2004 wird
aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits
Das Urteil ist rechtskräftig.
Gründe
I.
Die Verfügungsklägerin (künftig: Klägerin) nimmt die Verfügungsbeklagte (künftig: Beklagte) im Wege der einstweiligen Verfügung auf Auskunft gemäß § 101 a Abs. 1 und 3 UrhG in Anspruch. Die Klägerin ist ein großes deutsches Tonträgerunternehmen. Die Beklagte betätigt sich als Internetprovider.
Die Beklagte stellt einen ihrer Breitband-Hochgeschwindigkeits-Internetzugänge einem Nutzer zur Verfügung, der einen ftp-Server unter der Internetadresse €...€ betreibt und dort mp3-Musikdateien zum Download zur Verfügung stellt, ohne dazu berechtigt zu sein.
Der Download einer solchen Musikdatei erfolgt dergestalt, dass zunächst zwischen dem ftp-Server und dem Internet eine Verbindung hergestellt wird, indem der Kunde sich gegenüber der Beklagten durch seine Benutzerkennung identifiziert und ihm dann durch die Beklagte automatisch eine individuelle Kennung, die sog. IP-Nummer, zugeteilt wird. Die Verbindung zwischen dem ftp-Server und einem Suchenden erfolgt dergestalt, dass der Suchende durch Eingabe der entsprechenden Verbindungsdaten eine unmittelbare Verbindung zwischen dem ftp-Server und seinem Computer herstellt, um auf die auf dem ftp-Server abgespeicherten Daten zugreifen und diese herunterladen zu können. Eine Zwischenspeicherung durch die Beklagte findet nicht statt.
Die Klägerin, die behauptet, auf dem ftp-Server würden auch solche Musiktitel zum Download bereitgestellt, an denen sie die Tonträgerherstellerrechte besitze, hat mit Schreiben vom 13.05.2004 Auskunft über die Identität des Nutzers gefordert. Die Beklagte hat eine Auskunftserteilung mit Schreiben vom 21.05.2004 unter Hinweis auf das bestehende Datenschutzrecht abgelehnt.
Das Landgericht hat der Beklagten durch einstweilige Verfügung vom 7.6.2004 aufgegeben, der Klägerin Name und Anschrift des unbekannten Nutzers mitzuteilen. Auf den Widerspruch der Beklagten hat es den Beschluss mit Urteil vom 5.8.2004 im Wesentlichen bestätigt. Es hat gemeint, § 101 a UrhG sei auf Auskunftsansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen durch unkörperliche Vervielfältigungsstücke wie mp3-Dateien jedenfalls entsprechend anwendbar. Die Beklagte hafte als Störer, weil sie einen adäquat-kausalen Beitrag zu der Verletzungshandlung, die in dem Angebot zum Download der Musiktitel liege, geleistet habe. Die für Internetprovider durch das Teledienstegesetz (TDG) in bestimmten Situationen eröffneten Haftungsprivilegien stünden dem Auskunftsanspruch nicht entgegen. Wegen der weitergehenden Einzelheiten wird auf das Urteil vom 5.8.2004 Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die zulässige Berufung der Beklagten.
Sie hält den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung schon für unzulässig, weil eine missbräuchliche Prozessführungsbefugnis aufgrund Mehrfachverfolgung vorliege. Im Übrigen fehle es sowohl an einem Verfügungsgrund als auch an einem Verfügungsanspruch. Die Beklagte bestreitet die Rechteinhaberschaft der Klägerin. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung ihres Justitiars sei nicht geeignet, die erforderliche Rechtekette glaubhaft zu machen, weil sie sich in einer bloßen Aufzählung der angeblich erworbenen Rechte erschöpfe. Die Beklagte bestreitet auch, dass es sich bei den in Rede stehenden, zum Download angebotenen Dateien um die streitgegenständlichen Musiktitel handele.
§ 101 a UrhG sei, so meint die Beklagte, weder direkt noch analog anwendbar.
Sie sei als Accessprovider kein Rechteverletzer im Sinne von § 101 a UrhG. Die Haftungsprivilegierung gem. § 9 TDG schließe einen Anspruch gem. § 101 a UrhG gegen sie im Übrigen von vornherein aus. Die Erzwingung der Auskunftserteilung sei unverhältnismäßig. Der begehrten Auskunftserteilung stünden im Übrigen das Fernmeldegeheimnis sowie datenschutzrechtliche Bestimmungen entgegen.
Die Beklagte beantragt:
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5. August 2004 sowie die einstweilige Verfügung vom 7. Juni 2004 (Az. 2/3 O 297/04) werden aufgehoben.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 3. Juni 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält die Beklagte als Verletzerin im Sinne von § 101 a UrhG für zur Auskunftserteilung verpflichtet. § 101 a UrhG sei auf unkörperliche Vervielfältigungsstücke direkt, jedenfalls aber entsprechend anwendbar. Für den Auskunftsanspruch sei weder Verschulden noch Rechtswidrigkeit erforderlich. Ein Diensteanbieter, der auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen werde, sei verpflichtet, das konkrete Angebot zu sperren und Vorsorge dafür zu treffen, dass es nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen komme. § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG stelle klar, dass die Beklagte unabhängig von ihrer Verantwortlichkeit nach den §§ 9 - 11 TDG nach den allgemeinen Gesetzen immer und in jedem Fall zur Entfernung oder Sperrung rechtswidriger Inhalte und damit erst recht zur Auskunftserteilung verpflichtet sei. Sämtliche von dem illegalen ftp -Server verwendeten IP -Nummern stammten von der Beklagten, die die einzige Verbindung des Servers mit dem Internet herstelle und deshalb funktional als Host-Provider tätig sei. Auf eine Haftungsprivilegierung gem. § 9 TDG könne sich die Beklagte nicht berufen. Für die Abgrenzung zwischen einem Host- und einem Access-Provider komme es allein auf die technische Herrschaftsmacht an. Der Beklagten sei es möglich und zumutbar, den Zugang zu diesem Inhalt wirksam zu kontrollieren und zu sperren. Da die Beklagte die erforderliche Kenntnis habe, aber der Zugang zu den fraglichen Inhalten bis heute nicht gesperrt sei, hafte sie voll gem. § 11 TDG. Eine Einschränkung der Störerhaftung komme nicht in Betracht. Die Beklagte liefere nicht lediglich einen relativ kleinen Beitrag zur Verletzungshandlung. Sie nutze die illegale Nutzung ihrer Hochgeschwindigkeitszugänge vielmehr zur Steigerung ihrer eigenen Umsätze, wie ihre Werbung mit der Möglichkeit des Herunterladens von Musik zeige. Da die von der Beklagten bereit gestellten Zugänge mit deren Wissen und Wollen zu einem erheblichen Teil zu illegalen Zwecken genutzt würden, nehme sie die Rechtsverletzungen ihrer Kunden zumindest billigend in Kauf und handele bedingt vorsätzlich. Auf die Verletzung von Prüfungspflichten komme es daher nicht an. Für die Passivlegitimation der Beklagten im Sinne von § 101 a UrhG genüge allein die tatsächliche Beteiligung an der allein maßgeblichen Rechtsverletzung des Betreibers des ftp -Servers.
Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der vom Landgericht erlassenen einstweiligen Verfügung und zur Zurückweisung des Eilantrags.
Der Klägerin steht kein Auskunftsanspruch gemäß § 101 a Abs. 1 und 3 UrhG gegen die Beklagte zu.
1.) Allerdings scheitert der Antrag nicht bereits - wie die Beklagte meint - an der fehlenden Zulässigkeit wegen missbräuchlicher Rechtsverfolgung.
Die missbräuchliche Ausnutzung einer an sich bestehenden Klagebefugnis ist ein Ausnahmetatbestand, an dessen Vorliegen hohe Anforderungen zu stellen sind. Dass die Klägerin Mitglied der International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) ist und auch andere Mitglieder in vergleichbaren Fällen wegen Auskunftserteilung gem. § 101 a UrhG gegen die Beklagte vorgehen, macht das Auskunftsersuchen der Klägerin nicht rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin verfolgt einen eigenen Anspruch, wozu sie grundsätzlich berechtigt ist, ohne dass ihr die Mitgliedschaft in einer Vereinigung entgegengehalten werden kann. Sie verfolgt auch nicht etwa in erster Linie ein Gebühreninteresse oder bezweckt absichtlich eine Schädigung oder Behinderung der Beklagten. Die Klägerin hat erkennbar ein ernsthaftes Rechtsschutzinteresse an der Durchsetzung des Auskunftsanspruchs, da ihr erhebliche Schäden durch Verletzungshandlungen entstehen können und sie bei Kenntnis des Verletzers unmittelbar gegen diesen vorgehen könnte. Angesichts der als offen zu bezeichnenden Rechtslage wäre es auch nicht zu beanstanden, wenn andere Mitglieder der IFPI, die an einer Klärung der Rechtslage ebenfalls interessiert sind, hierzu Anträge bei verschiedenen Gerichten eingereicht haben.
2.) Ob die Klägerin einen Verfügungsgrund und ihre Berechtigung als Tonträgerhersteller an den hier in Rede stehenden Musiktiteln ausreichend glaubhaft gemacht hat, kann der Senat offen lassen. Denn jedenfalls fehlt es an einem Verfügungsanspruch der Klägerin.
3.) Gem. § 101 a UrhG kann, wer durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht verletzt, vom Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg dieser Vervielfältigungsstücke in Anspruch genommen werden.
Ob § 101 a UrhG bei der Herstellung unkörperlicher Vervielfältigungsstücke zumindest entsprechend anzuwenden ist (hierzu etwa Dreier/Schulze, UrhG, § 101 a Rn. 7 mwN) kann für die Entscheidung dieses Verfahrens dahingestellt bleiben, weil die Beklagte jedenfalls nicht passivlegitimiert ist.
Auch wenn § 101 a UrhG unmittelbar oder mittelbar auf unkörperliche Vervielfältigungsstücke anwendbar wäre und sich der Auskunftsanspruch aus § 101 a UrhG gegebenenfalls auf Verletzungshandlungen nach § 19 a UrhG erstrecken würde (so Dreier/Schulze a.a.O. Rn. 7) erfüllt die Beklagte vorliegend die Merkmale einer Verletzungshandlung nach diesen Bestimmungen nicht.
Zur Auskunft verpflichtet ist nach § 101 a UrhG nur, wer ein fremdes Urheber- oder Leistungsschutzrecht verletzt. Verletzer ist, wer die Rechtsverletzung als Täter entweder selbst adäquat-kausal begeht oder daran als Teilnehmer (Anstifter, Gehilfe) beteiligt ist. Täter ist darüber hinaus derjenige, der eine unbefugte Nutzungshandlung zwar nicht selbst vorgenommen hat, dem diese jedoch als eigene zugerechnet wird, weil er sie veranlasst hat (Dreier/Schulze aaO. § 97 Rn. 23). Die Verletzung setzt tatbestandsmäßiges Verhalten und Rechtswidrigkeit voraus (Loewenheim/Vinck, Handbuch des Urheberrechts, §81 Rn. 14; Dreier/Schulze aaO. Rn. 6).
Ersichtlich stellt die Beklagte weder Vervielfältigungsstücke her, noch bietet sie solche an, bringt sie in den Verkehr oder macht sie der Öffentlichkeit zugänglich. Als Access-Provider stellt die Beklagte - unstreitig - lediglich Verbindungen zu einem Kommunikationsnetz her und macht das Werk damit nicht selbst zugänglich (Kitz, GRUR 03, 1014, 1015). Auch die Klägerin behauptet nicht, dass die Beklagte selbst als Täter in Betracht kommt.
Auch eine Tätigkeit als Teilnehmerin der Urheberrechtsverletzung eines Dritten scheidet aus, weil die hier allein in Betracht zu ziehende Gehilfenstellung zumindest einen bedingten Vorsatz voraussetzt, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (BGHZ 148, 13 - Ambiente.de). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte bis zum Auskunftsverlangen der Klägerin überhaupt Kenntnis von der illegalen Nutzung des Servers hatte.
In Betracht kommt daher in erster Linie - wie das Landgericht im Ansatz zutreffend gemeint hat -, eine mögliche Haftung der Beklagten als Störer. Wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsguts beiträgt, kann als Störer für eine Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (BGHZ 148, 13, 17 - Ambiente.de; BGH GRUR 02, 618 - Meissner Dekor).
Zwar setzt - wie schon das Landgericht ausgeführt hat, - die Haftung als Störer nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verletzung von Prüfungspflichten voraus, damit die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt wird, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben. Eine derartige Prüfungs- bzw. Kontrollpflicht könnte die Beklagte hier aber ab dem Zeitpunkt der Abmahnung durch die Klägerin und der Kenntniserlangung von der Übermittlung urheberrechtsverletzender Inhalte haben.
Als Access-Provider ist die Beklagte allerdings gem. § 9 Abs. 1 TDG für fremde Informationen grundsätzlich nicht verantwortlich (Spindler/Schmitz/Geis, TDG, § 9 Rn. 14 m.w.N.) und nicht verpflichtet, die von ihr übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 TDG). Der lediglich den Zugang zu fremden Informationen eröffnende Access-Provider haftet nicht, wenn er die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen weder ausgewählt noch verändert hat (Wandtke/Bullinger/v.Wolf, UrhR, § 97 Rn. 24; Schricker/Wild, UrhR 2. Aufl. §97 Rn. 40 f). Unberührt von dieser Privilegierung der bloßen Durchleitung von Informationen bleibt der Access-Provider gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen verpflichtet, wenn er Kenntnis erlangt hat. Insoweit besteht ab Kenntniserlangung die verschuldensunabhängige Störerhaftung, die einfache positive Kenntnis vom Verstoß voraussetzt (Spindler a.a.O., § 9 Rn. 34 m.w.N.; v. Wolf aaO. Rn. 26;).
Die ab Kenntniserlangung bestehende Störerhaftung begründet indes lediglich einen Unterlassungsanspruch, aber keine Schadensersatz- und Auskunftsansprüche (BGH WRP 04, 1287, 1292 - Internet-Versteigerung; BGH GRUR 02, 618 - Meissner Dekor m.w.N.). Die Störerhaftung findet ihre Grundlage nicht im Deliktsrecht, sondern in der Regelung über die Besitz- und die Eigentumsstörung in § 862 und § 1004 BGB und vermittelt daher nur Abwehransprüche (BGH a.a.O. m.w.N.).
Für den gesetzlich geregelten Anspruch auf Drittauskunft (§§ 19 Markengesetz, 101 a UrhG) gilt nichts anderes. Es handelt sich zwar um einen selbständigen, nicht akzessorischen Anspruch, der nicht auf die Ermittlung des Anspruchsinhalts gegenüber dem auf Auskunft in Anspruch genommenen Verletzer gerichtet ist, sondern von diesem Informationen zur Vorbereitung des Vorgehens gegen Dritte in Erfahrung zu bringen sucht. Der Anspruch soll dem Verletzten die Aufdeckung und damit letztlich die Trockenlegung der Quellen und Vertriebswege der bei einem Verletzer aufgefundenen schutzrechtsverletzenden Ware ermöglichen (Dreier/Schulze a.a.O. § 101 a Rn. 1). Er unterscheidet sich von einem allgemeinen, auf § 242 BGB gestützten Auskunftsanspruch vor allem dadurch, dass es nicht auf ein Verschulden des Auskunftspflichtigen ankommt. Es handelt sich aber letztlich ungeachtet dieser Besonderheiten um die gesetzlich modifizierte Form des allgemeinen aus § 242 BGB herzuleitenden Auskunftsanspruchs. Das gilt insbesondere vom Kreis der Auskunftspflichtigen.
Der Auskunftsanspruch gem. § 101 a Abs. 1 UrhG richtet sich ausdrücklich nur gegen den Verletzer, also denjenigen, der als Täter oder Teilnehmer am rechtswidrigen Eingriff in ein fremdes Urheberrecht beteiligt ist. Deshalb kommt auch ein Anspruch auf Drittauskunft gegenüber einem Störer nicht in Betracht, denn der Störer haftet
(nur) auf Unterlassung, ohne selbst Verletzer zu sein (Dreier/Schulze a.a.O. § 97 Rn. 33; zum Auskunftsanspruch gem. § 19 MarkG vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz § 19 Rn. 10 und vor §§ 14 -19 Rn. 21 ff).
Dieses Ergebnis stimmt nach Auffassung des Senats auch mit der in §§ 9 ff TDG zum Ausdruck kommenden Privilegierung der Internet Provider und insb. der Access -Provider überein, die von einer Haftung für fremde Inhalte weitgehend freigestellt werden sollen. Insoweit unterscheidet sich die tatsächliche und rechtliche Situation des Internet Providers erkennbar von dem Kreis der Auskunftspflichtigen, die § 101 a UrhG in erster Linie erfassen will. Durch die Herstellung oder Vervielfältigung körperlicher Werkstücke besteht eine unmittelbare Beziehung des Verletzers zum Verletzungsgegenstand. Auch der Besitzer derartiger unberechtigt produzierter Vervielfältigungsstücke - meist ein Händler - kommt als Glied der Vertriebskette und innerhalb des Vertriebswegs unmittelbar mit dem Verletzungsgegenstand in Berührung, weshalb ihm eine Auskunft über den Vertriebsweg nach der Entscheidung des Gesetzgebers grundsätzlich zumutbar ist. Eine vergleichbare Sachnähe besteht bei der bloßen Durchleitung von Informationen zwischen dem Access-Provider und dem illegalen Nutzer eines Servers nicht, was durchaus schon gegen eine entsprechende Anwendung des § 101 a UrhG sprechen könnte.
4.) Dass sich die Beklagte vorsätzlich zur Steigerung ihres Umsatzes an den illegalen Musikangeboten beteiligt und deshalb als Teilnehmer haftet, lässt sich allein anhand ihrer Werbung nicht feststellen. Im Hinblick auf die generelle Haftungsprivilegierung wären an die Feststellung eines vorsätzlich rechtswidrigen Handelns eines Access-Providers strenge Anforderungen zu stellen. Ob eine Gehilfenstellung des Host Providers in Betracht zu ziehen wäre, wenn die Pflichten, die sich aus der Stellung als Störer ergeben, nachhaltig verletzt werden, hat der BGH in der erwähnten Entscheidung (Internet-Versteigerung a.a.O.) offengelassen. Hinreichende Anhaltspunkte, die es rechtfertigen könnten, von einer nachhaltigen Verletzung auszugehen, sind auch hier nicht ersichtlich. Dafür reicht es nicht aus, dass die Beklagte sich geweigert hat, gegenüber der Klägerin Auskunft zu erteilen. Die Beklagte ist bisher - soweit ersichtlich auch außergerichtlich - nicht zur Sperrung aufgefordert worden. Dass sie bislang eine Sperrung nicht von sich aus vorgenommen hat, lässt noch nicht auf eine nachhaltige Verletzung ihrer Prüfungspflichten schließen.
5.) Jedenfalls kann unter diesen Umständen nicht von einer offensichtlichen Rechtsverletzung im Sinne von § 101 a Abs. 3 UrhG ausgegangen werden, zumal die Voraussetzungen, unter denen aus einer Störerhaftung des Access-Providers eine Gehilfenstellung erwachsen könnte, von der Rechtsprechung bislang noch weitgehend ungeklärt sind.
Die Klägerin ist durch die Ablehnung eines Auskunftsanspruchs nicht rechtsschutzlos. Sie hätte ohne weiteres im Wege des Eilverfahrens einen Unterlassungsantrag geltend machen können, der bei Glaubhaftmachung der tatsächlichen Voraussetzungen gegen die Beklagte als Störer voraussichtlich Erfolg gehabt hätte. Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint dem Senat die analoge Anwendung des § 101 a UrhG auf Fälle der hier zu beurteilenden Art jedenfalls zweifelhaft.
6.) Da die Voraussetzungen für eine Auskunftserteilung im Wege der einstweiligen Verfügung nicht gegeben sind, war die einstweilige Verfügung vom 07.06.2004 aufzuheben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückzuweisen.
Die Kosten des Eilverfahrens hat die Klägerin als unterlegene Partei zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).
OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 25.01.2005
Az: 11 U 51/04
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