Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 18. Januar 2010
Aktenzeichen: 5 U 73/09

(OLG Köln: Beschluss v. 18.01.2010, Az.: 5 U 73/09)

Tenor

wird der Wert des Streitgegenstandes unter gleichzeitiger Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen und für den Vergleich festgesetzt auf

1.417.989,40 €.

Gründe

Die Streitwertbestimmung richtet sich für alle Anträge nach § 3 ZPO.

§ 12 UWG findet keine Anwendung, da es sich nicht um eine wettbewerbsrechtliche Streitigkeit handelt. Gegenstand des Rechtsstreits ist im Schwerpunkt die Frage, ob die Beklagten sich an den Vorschriften des Krankenhausentgeltgesetzes messen lassen müssen, insbesondere auf die Beklagte zu 2 § 17 Abs.1 KHEntgG anwendbar ist, und sodann, ob die Voraussetzungen für eine Herabsetzung der geltend gemachten Entgelte vorliegen. Der Kläger vertritt dabei die Interessen der ihm angeschlossenen privaten Krankenversicherer und damit - wenn auch nur in sehr mittelbarer Form - letztlich auch die Interessen der Patienten, die mit den Beklagten in vertragliche Beziehungen treten. Mit einer wettbewerbsrechtlichen Beziehung im Sinne des UWG hat dies nichts zu tun, was für alle Klageanträge gilt. Auch eine analoge Anwendung von § 12 UWG kommt nicht in Betracht.

§§ 41, 42 GKG finden ebenfalls keine Anwendung, denn die dort geregelten Konstellationen sind nicht gegeben. Auch hier kommt eine analoge Anwendung mangels Vergleichbarkeit nicht in Betracht.

§ 9 ZPO ist schließlich ebenfalls nicht anwendbar. Weder bei dem Klageantrag zu 1 noch bei den Anträgen zu 2 - 4 handelt es sich um Klagen, die auf "wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen" gerichtet sind. Wiederkehrend sind Nutzungen und Leistungen, wenn sie sich in regelmäßigen oder unregelmäßigen Zeitabschnitten als einheitliche Folgen eines Rechtsverhältnisses ergeben (statt vieler: Zöller-Herget, 28. Aufl. 2010, § 9 Rn. 2). Darum geht es hier indes nicht. Weder die Frage der Einbett- oder Zweibettzimmerzuschläge (Antrag zu 1) noch diejenige der Abrechnung allgemeiner Krankenhausleistungen (Anträge 2 bis 4) ergeben sich als Folge eines einheitlichen Rechtsverhältnisses. Sie ergeben sich vielmehr als Folge zahlreicher einzelner Rechtsverhältnisse, nämlich von Behandlungsverhältnissen zu ganz unterschiedlichen Patienten. Eine unmittelbare rechtliche Beziehung gibt es weder zwischen den Mitgliedern des Klägers und den Beklagten noch gar zwischen dem Kläger selbst und den Beklagten. Soweit einzelne Gerichte (vgl. die durch den Kläger vorgelegten Entscheidungen LG Hannover vom 15.4.2008 - 14 O 465/04; OLG München vom 17.2.2009 - 3 U 3959/06) gleichwohl § 9 ZPO für anwendbar halten, ist dies ohne nähere Begründung erfolgt, so dass eine Auseinandersetzung hiermit nicht möglich ist.

Damit ist eine Festsetzung nach freiem Ermessen geboten. Maßgeblich ist das Interesse des Klägers. Sein Interesse als Vertreter der ihm angeschlossenen privaten Krankenversicherer liegt in der Vermeidung von überhöhten Kostenerstattungen seiner Mitglieder an deren Versicherungsnehmer, denen sich diese versicherungsvertraglich im Regelfall (Anwendung der MBKK) nicht entziehen können, weil die privat versicherten Patienten nicht gehindert sind, die Beklagte zu 2 als Krankenhaus zu wählen (insoweit geht der Senat aufgrund des Parteivorbringens davon aus, dass es sich bei der Beklagten zu 2 um ein Krankenhaus im Sinne von § 4 Abs.4 MBKK handelt). Das wirtschaftliche Interesse ist also grundsätzlich ohne weiteres an den Mehraufwendungen, hier also den Differenzbeträgen der in Streit stehenden Leistungen, zu orientieren. Dabei ist aber mit Rücksicht darauf, dass es nicht um unmittelbare Leistungserstattungen geht, sondern um Grundsatzfragen, ferner, dass es sich um die Klage eines Verbandes handelt, der einen Prozess führt, den grundsätzlich auch ein einzelner Patient führen könnte (wenn er denn ein entsprechendes Interesse hätte), und schließlich, dass völlig ungewiss ist, welcher Zeitraum in Rede steht (die Beklagte zu 2 könnte - etwa wegen mangelnder Rentabilität - jederzeit wieder aufgelöst und etwa wieder in die Beklagte zu 1 eingegliedert werden), eine Begrenzung geboten. Es drängt sich förmlich auf, diese in zeitlicher Hinsicht vorzunehmen. Eine andere Lösung, etwa in Form eines prozentualen Abschlags von einer Gesamtdifferenz, bietet sich wegen der Schwierigkeiten, den zeitlichen Faktor näher zu bestimmen, hingegen nicht an. Dabei erscheint es als angemessen, d.h. als einerseits geboten, andererseits aber auch ausreichend, die Differenzbeträge eines Jahres zugrunde zu legen. Dies gilt in gleicher Weise für den Antrag zu 1 (Zimmerzuschläge) wie für die Anträge zu 2 bis 4 (allgemeine Krankenhausleistungen).

Die tatsächlichen Grundlagen, soweit die Höhe der Zuschläge und die Auslastung der Betten betroffen sind, hat der Kläger konkret vorgetragen und haben die Beklagten nicht bestritten. Diese Angaben sind ebenso zugrunde zu legen wie die Anzahl der zu berücksichtigenden Betten gemäß dem Vortrag des Klägers (nach dem Vortrag der Beklagten würde sich insoweit ein noch höherer Betrag ergeben). Damit geht der Senat hinsichtlich des Antrags zu 1 von dem seitens des Klägers nachvollziehbar errechneten Betrag von 632.472,00 € aus. Auch hinsichtlich der Frage der Preisgestaltung für die allgemeinen Krankenhausleistungen (Anträge zu 2 - 4) erscheint dem Senat die durch den Kläger vorgenommene Schätzung im Rahmen der Klageschrift (dort Seite 16, Bl. 32 der Akten - konkret: 2102 Behandlungen jährlich bei durchschnittlich 373,70 € Mehrkosten), die konkret durch die Beklagten nicht angegriffen wird, als nachvollziehbar, so dass der daraus errechnete Betrag von 785.517,40 € zugrunde zu legen ist. Eine weitere Ausdifferenzierung der Anträge 2 - 4 ist nicht geboten. Wirtschaftlich verfolgen sie das gleiche Ziel. In der Summe ergibt sich damit der oben genannte Betrag.

Der Vergleich hat keinen Mehrwert. Die Unterlassungsansprüche waren auf unbestimmte Dauer in die Zukunft gerichtet. Diese Ungewissheit in zeitlicher Hinsicht ist bei der Bemessung des Streitwertes nach § 3 ZPO angemessen zum Ausdruck gekommen. Wenn ein Vergleich insoweit eine zeitliche Begrenzung enthält, bis zu der die getroffene Regelung nicht gekündigt werden darf, ist damit kein Mehr an Ansprüchen abgefunden, eher ein Weniger. Insbesondere ist der Streitgegenstand derselbe geblieben und keineswegs ein weiterer Streitgegenstand mit erledigt worden.

Köln, den 18.1.2010

OLG, 5. Zivilsenat






OLG Köln:
Beschluss v. 18.01.2010
Az: 5 U 73/09


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