Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Januar 2006
Aktenzeichen: 28 W (pat) 263/04

(BPatG: Beschluss v. 18.01.2006, Az.: 28 W (pat) 263/04)

Tenor

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Marke 303 35 839 ROS-A-ROMA ist für Waren der Klasse 31, nämlichlebende Pflanzen und natürliche Blumen, insbesondere Rosen und Rosenpflanzen; Vermehrungsgut für Pflanzenin das Markenregister eingetragen worden. Die Inhaberin der rangälteren Gemeinschaftsmarke 2 149 334 ROSANOVA hat dagegen Widerspruch erhoben. Diese Marke ist für unter anderem fürland-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, lebende Pflanzen und natürliche Blumengeschützt.

Die Markenstelle für Klasse 31 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes eine Verwechslungsgefahr bejaht und die Löschung der jüngeren Marke angeordnet. Angesichts der Identität der Waren reiche der Abstand der Marken, bei denen die Silbengliederung sowie der Sprech- und Betonrhythmus übereinstimmten, für ein sicheres Auseinanderhalten nicht aus. Hierbei hat die Markenstelle eine normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zugrunde gelegt.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde, die sie insbesondere auf den, wie sie meint, verminderten Schutzumfang der Widerspruchsmarke stützt. Rosanova bedeute nichts anderes als "neue Rose" und sei für die Waren unmittelbar beschreibend. Die Widersprechende könne somit nur einen Schutz für identische Marken beanspruchen, hier jedoch gebe es zwischen den Marken wegen des übereinstimmend schwachen Bestandteils ROSA und der damit verstärkt beachteten Wortendungen sowie deren unterschiedlichen Bedeutungsgehalt ausreichend Unterschiede um Verwechslungen zu vermeiden. Soweit die Widersprechende einen erweiterten Schutzumfang wegen erhöhter Bekanntheit beansprucht, hält die Markeninhaberin den Sachvortrag für nicht ausreichend.

Die Widersprechende hingegen meint, in beiden Marken trete das Wort ROSA nicht deutlich hervor, es könne im Übrigen auch auf die Farbe rosa oder den Mädchennamen hinweisen. Bei einer klanglichen Gegenüberstellung der Marken zeige sich wegen der weitgehend gleichen Vokal- und Konsonantenfolge eine hochgradige Ähnlichkeit. Die Widerspruchsmarke besitze eine erhöhte Kennzeichnungskraft, denn sie werde seit 14 Jahren intensiv benutzt. Jährlich würden damit europaweit 18 Millionen Topf-Rosen verkauft, 7 Millionen hiervon allein in Deutschland. Diese Behauptung hat die Widersprechende durch eine eidesstattliche Versicherung bekräftigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 165 Abs. 4, 66 Abs. 1 MarkenG), hat in der Sache aber keine Erfolg, denn die Markenstelle hat zutreffend eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bejaht.

Die Rechtsfrage, ob Verwechslungsgefahr vorliegt, erfordert - unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls - eine Gewichtung der Faktoren Waren/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, Markenidentität oder -ähnlichkeit und Kennzeichnungskraft der älteren Marke in dem Sinn, dass der höhere Grad einer der Faktoren durch den niederen Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann (st. Rspr. z. B. BGH MarkenR 2005, 519 - coccodrillo).

Angesichts der Warenidentität müsste der Abstand der Marken grundsätzlich deutlich und erkennbar sein, was bei den Worten "Rosaroma" und "Rosanova" aber nicht der Fall ist. Zunächst kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei der jüngeren Marke wegen der getrennten Schreibweise auch eine entsprechende Silbentrennung erfolgen wird. Der Verbraucher ist in erster Linie an einer einfachen und leicht merkbaren Aussprache interessiert, die Marke wird deshalb im rechterheblichen Ausmaß als ein einheitliches viersilbiges Wort, also wie Rosaroma ausgesprochen werden. Stellt man die ältere Marke Rosanova gegenüber, zeigt sich die völlige Übereinstimmung in der durchaus nicht üblichen Vokalfolge oaoa, sowie in der Silben- und Buchstabenzahl, was dazu führt, dass beide Worte ein überaus ähnliches Gesamtklangbild besitzen. Beide Worte sind sehr melodiös und rollen quasi von selbst; schon nach kurzem ist es aus der Erinnerung heraus nicht mehr möglich, beide Worte auseinander zu halten.

Bei einer derartigen Klangähnlichkeit bedürfte es gewichtiger entgegenstehender Faktoren um eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Der Markeninhaberin ist recht zu geben, wenn sie auf die Kennzeichnungsschwäche des Bestandteiles "ROSA" hinweist, denn in Verbindung mit der Ware "Rose" wird diese richtige botanische Bezeichnung, auch in ein Gesamtwort eingebunden, nicht derart untergehen, dass sie dem Verbraucher nicht mehr auffällt. Die Übereinstimmung in diesem unmittelbar beschreibenden Bestandteil ist aber dann nicht unbeachtlich, wenn auch die weiteren Zeichenbestandteile Gemeinsamkeiten aufweisen (BGH, MarkenR 2004, 356 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). Davon ist hier, wie oben dargelegt auszugehen, denn auch die Bestandteile ROMA und NOVA stehen sich klanglich sehr nahe. Diese zu Verwechslungen führende Klangnähe könnte durch einen ohne weiteres erkennbaren eindeutigen Sinngehalt in wenigstens einem der beiden Zeichen beseitigt, bzw. neutralisiert werden (BGH, GRUR 1992, 130 - Bally/Ball; EuGH v. 12.1.2006, C-361/04 - PICASSO). Dazu aber müsste der Bedeutungsgehalt vom Verkehr auch bei flüchtiger Wahrnehmung sofort erfasst werden, was bei keiner der beiden Marken angenommen werden kann. In der jüngeren Marke mag der Verbraucher die "aromatische Rose" oder die "Rose aus Rom" sehen, und bei der älteren Marke wird er, soweit er über gewisse Fremdsprachenkenntnisse verfügt, die "neue Rose" erkennen, beides jedoch erfordert Gedankenschritte und Überlegungen, einen ohne weiteres erfassbaren und unzweideutigen Wortinhalt hat keine der beiden Marken.

Zuletzt könnte die Verwechslungsgefahr an einem reduzierten Schutzumfang der Widerspruchsmarke scheitern, denn in Ausnahmefällen kann sich der Schutz einer Marke auf die völlige Übereinstimmung der Waren und Marken beschränken. Aber auch hierfür fehlt es an den notwendigen Voraussetzungen. Die Widerspruchsmarke gibt zwar einen deutlichen Hinweis auf "neue Rose" (lat. und port.), bei "rosa nova" handelt es sich aber nicht um eine botanische Gattungs-Bezeichnung wie z. B. Rosa alba (Weiße Rose), Rosa arvensis (Kriechrose), Rosa pendulina (Alpenrose), Rosa muscosa (Moosrose), die schon allein deshalb freihaltebedürftig wäre. Allerdings soll der Aussagehalt "neue Rose" einen Hinweis auf eine neuartige Rosensorte geben, man wird deshalb zu Recht von einem nur unterdurchschnittlichen Schutzumfang auszugehen haben. Dieser ist jedoch durch eine intensive Benutzung der Widerspruchsmarke ausgeglichen. Mit der Widerspruchsmarke, bei der es sich zugleich um den Firmennamen der Widersprechenden handelt, werden jährlich in Deutschland über 7 Millionen Topfrosen verkauft. Dies und die langjährige Benutzung sprechen dafür, dass es sich zumindest in diesem Marktsegment um eine gut eingeführte Marke handelt. Der Sachvortrag der Widersprechenden wäre zwar für die Annahme eines erhöhten Schutzumfanges nicht ausreichend, denn es sind weder der Gesamtumsatz noch die Marktposition der älteren Marke bekannt, er genügt jedoch, um der Widersprechenden einen durchschnittlichen Schutzumfang für ihre Marke zuzubilligen.

Die Gewichtung all dieser Faktoren führt zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr beider Marken. Die Beschwerde ist deshalb ohne Erfolg.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, § 71 Abs. 1 Satz 2 Markengesetz.






BPatG:
Beschluss v. 18.01.2006
Az: 28 W (pat) 263/04


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