Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. November 2008
Aktenzeichen: 26 W (pat) 10/08
(BPatG: Beschluss v. 05.11.2008, Az.: 26 W (pat) 10/08)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
Gründe
I Die anliegende Marke ist als sonstige Markenform (Positionsmarke) angemeldet worden für die Waren
"Glaswaren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, insbesondere Trinkgläser".
Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patentund Markenamts hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der angemeldeten Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Positionsmarke sei für alle übrigen Markenkategorien gleich. Die beiden miteinander verbundenen Fingerringe, die reliefartig mehrere Zentimeter unterhalb des oberen Glasrands in einer Größe von ca. 2 bis 5 cm und einer Tiefe von bis zu 5 mm auf den Glaswaren angebracht seien, erscheine dem Verbraucher als reine (Hochzeits-)Dekoration eines Glases und damit absolut üblich. Sie weise keinerlei über die technischfunktionelle oder das typische Design von Gläsern hinausreichende charakteristische Gestaltung auf. Bei Gebrauchsgegenständen und Haushaltswaren werde das Publikum selbst bei besonderen Gestaltungsmerkmalen grundsätzlich nicht auf eine Marke, sondern nur auf ein zweckmäßiges oder allenfalls dekoratives Element schließen, das nicht betriebskennzeichnend wirke. Ausweislich einer Internet-Recherche gebe es Gläser für Hochzeiten mit unterschiedlichen Motiven wie Herzen, Ringe, Mann und Frau. Zwar weise die angemeldete Marke ein Relief von bis zu 5 mm auf. Aber der Umstand der Einzigartigkeit begründe noch nicht die Annahme eines Herkunftshinweises. Auf dem Glassektor seien weder das Design noch die Dekoration ein Hinweis auf verschiedene Hersteller. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Dekoration für einen bestimmten Anlass exemplarisch stehe, wie dies vorliegend bei zwei miteinander verbundenen Fingerringen als Symbol für Hochzeitsdekorationen der Fall sei. Damit liege nur eine ästhetische Gestaltung und kein betrieblicher Herkunftshinweis vor.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie vertritt die Auffassung, die Einzigartigkeit der Applikation von zwei miteinander verbundenen Ringen, die in einer Tiefe bis zu 5 mm an einer bestimmten, stets gleich bleibenden Position eines Glases angebracht sei, eigne sich als konkretes Unterscheidungsmittel. Im Warenbereich Gläser sei es üblich, ein bestimmtes einzigartiges Design einem bestimmten Hersteller zuzuordnen, wie dies Beispiele der bekannten Firmen Rosenthal oder Riedel zeigten. Umso mehr gelte dies für eine reliefartige Applikation, die in gleichbleibender Position auf dem jeweiligen Glas angebracht sei.
Die Anmelderin beantragt daher sinngemäß, die versagenden Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
II Die zulässige Beschwerde erweist sich als unbegründet, da die angemeldete Marke keine ausreichende Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweist.
Die Marke wird beansprucht als "sonstige Aufmachung" nach § 3 Abs. 1 MarkenG als Positionsmarke mit folgender Beschreibung i. S. v. § 12 Abs. 3 MarkenG:
" zwei miteinander verbundene Fingerringe,
- die reliefartig auf den schutzbegründenden Waren angebracht sind, undzwar -außen am Glas anliegend, mehrere cm unterhalb des oberen Glasrandes (verhältnismäßig zur Höhe des jeweiligen Glases),
-in einer Größe von circa zwei bis fünf cm im Durchmesser (verhältnismäßig zur Größe des jeweiligen Glases) und einer Tiefe von bis zufünf mm (verhältnismäßig zur Größe des jeweiligen Glases).
Die Formund Farbgebung des Glases ist beliebig."
Abgesehen von den Bedenken, die gegen die Spruchpraxis geäußert werden, wonach Positionsmarken grundsätzlich die erforderliche Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die nicht unterscheidungskräftigen Bildelemente auf einem bestimmten Warenteil an stets gleichbleibender Stelle in gleicher Form und Größe angebracht sind (vgl. BPatG GRUR 1998, 819 ff. -Jeanstasche mit Ausrufezeichen; Ströbele/Hacker, Markengesetz 8. Aufl., § 8 Rdnr. 170), erfüllt die vorliegende Anmeldung bereits deshalb nicht die für Positionsmarken erforderlichen Voraussetzungen, weil die der Anmeldung beigefügte Beschreibung keine Angaben über die gleichbleibende Platzierung und Größe der Marke auf den beanspruchten Waren enthält. So beschränkt sich die Beschreibung auf die Angabe "mehrere cm unterhalb des oberen Glasrandes (verhältnismäßig zur Größe des jeweiligen Glases)", wodurch eine bestimmte Positionierung nicht exakt bzw. eindeutig definiert ist.
Selbst wenn die Angaben zur Positionierung der reliefartigen Applikation als ausreichend angesehen würden, fehlt der angemeldeten Marke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Auch als besondere Markenform unterliegt sie den gleichen rechtlichen Anforderungen wie andere Kennzeichenarten.
Unterscheidungskraft im Sinn der vorgenannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom maßgeblichen Publikum als betrieblicher Herkunftshinweis und Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden und damit die betriebliche Zuordnung dieser Waren zu ermöglichen (vgl. BGH GRUR Cityservice). Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Warenverkehr zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2002, 804, 805, 809 -Philips; GRUR Int 2004, 943 -Farbe Orange). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen. Es kommt darauf an, ob die Marke aus der Sicht des von den jeweiligen Waren angesprochenen Durchschnittsverbrauchers über technischfunktionelle oder über die typische Gestaltung der Ware hinausreichende charakteristische Merkmale aufweist, die aus dem verkehrsüblichen Rahmen der Gestaltungsvielfalt auf dem jeweiligen Warengebiet fallen (vgl. EuGH GRUR 2005, 229 -Flaschenform; BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 163/04 -Silberstreifen).
Ein derart von der Norm oder Branchenüblichkeit erheblich abweichendes Gestaltungsmerkmal weist die angemeldete Marke nicht auf. Die auf dem Glas angebrachte reliefartige Applikation zweier miteinander verbundener Ringe stellt nämlich -wie auch bereits die Markenstelle ausgeführt hat -ein gebräuchliches Hochzeitsmotiv und damit eine bloße Bestimmungsangabe dar. Aus den dem Beschluss der Markenstelle vom 30. Oktober 2007 angefügten Beispielen ergibt sich die Geläufigkeit derartiger Motive. Die angesprochenen Verkehrskreise werden diesen Motiven rein ästhetische bzw. Dekorationszwecke entnehmen, aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis. Dass der Verkehr gerade auf dem Glassektor an vielfältige Designelemente gewöhnt ist, ergibt sich nicht zuletzt aus den von der Anmelderin vorgelegten Beispielen. Der Umstand, dass das betreffende Motiv reliefartig auf den Gläsern angebracht ist, vermag bereits deshalb keine Unterscheidungskraft zu begründen, weil dies für den unbefangenen Betrachter auf Anhieb gar nicht wahrnehmbar erscheint.
Allein aus der Positionierung der nicht unterscheidungskräftigen reliefartigen Applikation ergibt sich kein betrieblicher Herkunftshinweis. Zum einen wurde vorstehend bereits dargelegt, dass aufgrund der Beschreibung der Anmelderin eine Positionierung gar nicht eindeutig definiert ist, Zum anderen erscheint die Stelle der Anbringung auf dem Glas mehrere cm unterhalb des oberen Glasrandes keinesfalls so ungewöhnlich, dass der Verkehr allein daraus auf einen Betriebshinweis schließen würde, denn es ist absolut üblich, Motive auf Gläsern an dieser Stelle anzubringen.
Sogar wenn davon auszugehen wäre, dass die vorliegende Art eines Glases bislang bei Produkten der Mitbewerber nicht zu finden wäre, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Weder Neuheit noch Erfindungshöhe i. S. d. Patentrechts noch Eigentümlichkeit i. S. d. Geschmacksmusterrechts können entscheidende Anhaltspunkte dafür liefern, ob eine Gestaltung als individuell kennzeichnend zu bewerten ist (vgl. BPatG PAVIS PROMA 27 W (pat) 98/02 -Positionsmarke auf Schuh).
Die Frage eines bestehenden Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kann angesichts der fehlenden Unterscheidungskraft dahingestellt bleiben.
Dr. Fuchs-Wissemann Reker Kopacek Ko
BPatG:
Beschluss v. 05.11.2008
Az: 26 W (pat) 10/08
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