Finanzgericht Hamburg:
Urteil vom 6. August 2014
Aktenzeichen: 2 K 189/13

(FG Hamburg: Urteil v. 06.08.2014, Az.: 2 K 189/13)

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Behandlung der gegenüber ihrer im Freihafen ansässigen Tochtergesellschaft erbrachten Leistungen als nicht steuerbare Innenumsätze im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft.

Die Klägerin ist eine in ... ansässige Holding-Gesellschaft. Unternehmensgegenstand ist das Halten und die Verwaltung von Beteiligungen an Unternehmen sowie ... in Deutschland. Die Klägerin hält zu 100 % unmittelbar und mittelbar Beteiligungen an diversen Produktions- und Vertriebsgesellschaften, mit denen sie aufgrund finanzieller, organisatorischer und wirtschaftlicher Eingliederung einen umsatzsteuerlichen Organkreis bildet.

Die Klägerin hält zudem 100 % der Anteile an der A Gesellschaft mbH (A), welche im Gebiet des ... Freihafens ansässig ist. Einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin als auch Geschäftsführer der A waren im Streitjahr B bzw. zeitweise Dr. C. Zwischen der Klägerin und der A besteht ein Beherrschungsvertrag im Sinne des § 291 des Aktiengesetzes (AktG).

Die A produziert im Freihafen XX und erbringt damit vornehmlich gemäß § 4 Nr. 20 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) von der Umsatzsteuer befreite Theaterleistungen. Eine entsprechende Bescheinigung ... wurde ihr erteilt. Zusätzlich verkauft sie Merchandise-Artikel und erbringt Gastronomieleistungen gegenüber Endverbrauchern. Teilweise erbringt die A auch Leistungen gegenüber anderen Unternehmern, insbesondere der Klägerin.

Im Gesamtkonzern übernimmt die Klägerin als Muttergesellschaft zahlreiche allgemeine Managementaufgaben wie Marktforschung, Konzeption und Produktauswahl, Produktionsaufbau, Product Management, Personalangelegenheiten und allgemeine Verwaltung. Auf der Grundlage eines Managementvertrags vom ... 2001 erbrachte die Klägerin gegenüber der A - wie auch gegenüber den Organgesellschaften - Management-Dienstleistungen und EDV-Leistungen gegen Entgelt. Die Leistungen bestanden insbesondere in der Unterstützung in Fragen der Unternehmensführung, bei Personalangelegenheiten, der Finanzierung und Buchhaltung sowie bei der Produktion und Vermarktung von ... Ferner hatte sich die Klägerin gegenüber der A verpflichtet, diese mit der Büro-EDV (Hard- und Software, WAN, LAN und Helpdesk) auszustatten. Die Klägerin stellte insbesondere eine ERP-Anwendungssoftware zur Verfügung, die im Konzern für das gesamte Controlling, das Rechnungs- und Finanzwesen eingesetzt wird, sowie die erforderliche technische Unterstützung. Für die Management-Leistungen war eine Vergütung von ... DM pro Woche vorgesehen, pro Computer-Arbeitsplatz zusätzlich eine jährliche Vergütung von ... DM. Beide Entgelte sollten jährlich angepasst werden. Mit Vereinbarung vom ... 2007 wurde dieser Vertrag mit Wirkung ab dem ... 2006 dergestalt ausgesetzt, dass die Klägerin die vereinbarten Leistungen bis auf weiteres ohne Entgelt erbringen sollte. In einem Nachtrag vom ... 2007 wurde die Aussetzungsvereinbarung dergestalt ergänzt, dass die EDV-Arbeitsplätze für eine Gesamtpauschale i. H. v. ... € monatlich zur Verfügung gestellt werden sollten.

Im Rahmen eines mit allen ihren Tochtergesellschaften - auch der A - geschlossenen Cash-Management-Vertrags mit der Klägerin als Cash-Pool-Manager stellte sie die Liquiditätsversorgung der Tochtergesellschaften sicher. Im Bedarfsfall reichte sie gegenüber ihren Tochtergesellschaften verzinsliche Darlehen aus.

Den Ticketverkauf für das von der A im Freihafen produzierte XX übernahmen aufgrund eines mit der A geschlossenen Vertriebsvertrags zum umsatzsteuerlichen Organkreis der Klägerin gehörende Vertriebsgesellschaften (Vertrag mit der D GmbH, die ihrerseits die E GmbH und die F GmbH einsetzte). Diese handelten dabei gegenüber den Ticketkäufern in Bezug auf den Verkauf der Eintrittskarten für die A als Veranstalter in fremdem Namen und auf fremde Rechnung. Entsprechend wurde in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf hingewiesen, dass vertragliche Beziehungen ausschließlich zwischen Veranstalter und Kunden zustande kommen. Zudem wurde auf den Eintrittskarten vermerkt, dass Umsatzsteuer im Namen und auf Rechnung des Veranstalters ausgewiesen wird. Die Vertriebsgesellschaften vereinnahmten die Ticket-Entgelte zzgl. Vorverkaufs-, Versand- und Systemgebühren. Das Ticket-Entgelt kehrten sie an die A aus. Als Entgelt für ihre Verkaufsleistung behielten sie die Vorverkaufs-, Versand- und Systemgebühren, die im Streitjahr ... € betrugen.

Am ... 2008 reichte die Klägerin die Umsatzsteuererklärung für 2007 ein. Dabei behandelte sie ihre gegenüber der A erbrachten Leistungen als nicht steuerbare Leistungen innerhalb eines Organkreises, obwohl die A aufgrund ihres Sitzes im Freihafen nicht im Inland im Sinne des § 1 Abs. 2 UStG ansässig war. Der Beklagte folgte dieser Rechtsansicht nicht und erließ am ... 2008 einen Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr, in dem er diese Leistungen der Klägerin als steuerbar und steuerpflichtig behandelte. Gegen diesen Bescheid richtete sich die Klägerin mit ihrem Einspruch vom ... 2008. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens erweiterte sie ihren Einspruch und beantragte zudem, die von ihren Organgesellschaften gegenüber der A erbrachten Vermittlungsleistungen ebenfalls als nicht steuerbare Leistungen innerhalb eines Organkreises zu behandeln. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte den Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr aus anderen Gründen am ... 2012 und am ... 2013. Mit der Entscheidung vom ... 2013 wies der Beklagte den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

Am ... 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.

Nach ihrer - bereits im Rahmen eines vom Beklagten abgelehnten Antrags auf verbindliche Auskunft und im Einspruchsverfahren vertretenen - Rechtsauffassung bewirke die ab dem 19. Dezember 2006 gültige Neuregelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UStG, dass die gegenüber der A erbrachten sonstigen Leistungen der Klägerin und ihrer Organgesellschaften grundsätzlich steuerbar und steuerpflichtig seien. Leistungsort der Management- und EDV-Leistungen sei gemäß § 3a Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 3 bzw. Nr. 4 UStG (i. d. F. 2007) der Freihafen als Sitz der A als Leistungsempfängerin. Ebenso verhalte es sich mit den Vermittlungsleistungen gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 3 Buchst. a UStG (i. d. F. 2007). Mangels Ausführung im Inland seien diese Umsätze bis zur Neuregelung des § 1 Abs. 3 UStG nicht steuerbar gewesen. Aufgrund der Neuregelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UStG seien diese im Freihafen bewirkten sonstigen Leistungen wie Umsätze im Inland zu behandeln, da die A als Leistungsempfänger diese zumindest teilweise für nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfreie Ausgangsumsätze verwende.

Als Leistungen innerhalb eines Organkreises seien sie dennoch nicht steuerbar. Aufgrund finanzieller, organisatorischer und wirtschaftlicher Eingliederung sei die A als Organgesellschaft der Klägerin i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG zu werten und damit in den umsatzsteuerlichen Organkreis einzubeziehen. Zwar beschränke sich die Wirkung der Organschaft auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen, § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG, wozu der Freihafen und damit die A aufgrund der Inlandsdefinition gemäß § 1 Abs. 2 UStG grundsätzlich nicht gehörten. Nach der gesetzlichen Fiktion des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UStG seien die Umsätze der Klägerin bzw. ihrer Organgesellschaften an die A aber "wie Umsätze im Inland" zu behandeln. Diese Fiktion umfasse dann auch die Inlandswirkung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG. Insoweit könne § 1 Abs. 3 UStG auch als Ergänzung der Definition des Inlandsbegriffs gemäß § 1 Abs. 2 UStG verstanden werden.

Eine solche Auslegung widerspreche auch nicht Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UStG. Dieser wolle ungerechtfertigte Steuervorteile bei solchen Leistungsempfängern verhindern, die den Vorsteuerabzug ausschließende Ausgangsumsätze ausführten und daher eine Ansässigkeit im Freihafen gewählt hätten, um von vornherein nicht steuerbare Eingangsleistungen zu beziehen. Wären bei einem im Inland ansässigen Leistungsempfänger die an sich steuerpflichtigen Eingangsleistungen aufgrund einer umsatzsteuerlichen Organschaft bereits nicht steuerbar, könne dies auch bei einem im Freihafen ansässigen Leistungsempfänger gelten, ohne dass dieser im Vergleich zum Inlandsfall besser gestellt würde. Insoweit sei bei der Bildung einer umsatzsteuerlichen Organschaft auch nicht von einem Gestaltungsmissbrauch auszugehen.

Diese Auslegung verletze auch nicht die Kohärenz des Steuersystems und führe insbesondere im Hinblick auf das Bestimmungslandprinzip bei grenzüberschreitenden Leistungsbeziehungen nicht zu Systemverwerfungen. Auch verstoße sie nicht gegen die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) und sei zudem durch Art. 3 des Grundgesetzes (GG) zwingend geboten, um eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Vergleich zu inländischen Organgesellschaften zu vermeiden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,den Bescheid für 2007 über Umsatzsteuer vom ... 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... 2013 dahingehend zu ändern, dass Vermittlungsleistungen von Organgesellschaften der Klägerin i. H. v. ... € sowie Management- und EDV-Leistungen der Klägerin i. H. v. ... € an die A Gesellschaft mbH als nicht steuerbare Leistungen innerhalb eines Organkreises behandelt werden.

Der Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.

Er trägt insoweit vor, dass der Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG eindeutig sei. Der Inlandsbegriff sei in § 1 Abs. 2 UStG abschließend definiert. § 1 Abs. 3 UStG selbst bediene sich dieses Begriffs und erweitere ihn nicht. Für eine erweiterte Auslegung des Inlandsbegriffs bestehe auch keine Notwendigkeit. Auch wenn Anlass für die Änderung des § 1 Abs. 3 UStG die Vermeidung von ungerechtfertigten Steuervorteilen gewesen sein sollte, sei es nicht erforderlich, dass bei jeder Anwendung des § 1 Abs. 3 UStG auch tatsächlich ein ungerechtfertigter Steuervorteil vermieden würde. Zudem sei das Institut der umsatzsteuerlichen Organschaft eine Ausnahme von der Regel der Selbstständigkeit jedes einzelnen Unternehmers und daher eng auszulegen. Dieses bedinge einen klar definierten Wirkungskreis. Es entspreche dem gesetzgeberischen Willen, eine im Inland ansässige Organgesellschaft umsatzsteuerlich anders zu behandeln als eine nicht im Inland ansässige Organgesellschaft.

Klägerin und Beklagter haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die beim Beklagten geführten Steuerakten der Klägerin (Umsatzsteuerakte, Bilanzakte, Betriebsprüfungsakte Bd. I und II, Rechtsbehelfsakte Bd. I bis III, Sonderband Verträge, Sonderband verbindliche Auskunft) sowie die Umsatzsteuerakte der A vorgelegen.

Gründe

Die Entscheidung ergeht gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Der Bescheid über Umsatzsteuer für 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Beklagte hat die von der Klägerin und ihren Organgesellschaften gegenüber der A erbrachten Leistungen zu Recht als steuerpflichtige Umsätze angesehen (1.) und diese zutreffend nicht als nicht steuerbare Innenumsätze im Organkreis behandelt (2.).

1. Die von der Klägerin und ihren Organgesellschaften gegenüber der A erbrachten Leistungen sind als sonstige Leistungen gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und -pflichtig. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UStG sind sonstige Leistungen, die in den Freihäfen bewirkt und vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nr. 8 bis 27 UStG steuerfreie Tätigkeit verwendet werden, wie Umsätze im Inland zu behandeln.

a) Bei den von der Klägerin gegenüber der A zur Verfügung gestellten EDV-Arbeitsplätzen handelt es sich um sonstige Leistungen, die die Klägerin als Unternehmerin gegen Entgelt im Rahmen ihres Unternehmens ausgeführt hat. Diese wurden im Freihafen bewirkt. Dies ergibt sich aus § 3a Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 Nr. 11, bzw. Nr. 4 und Nr. 14 UStG (i. d. F. 2007). Soweit Computer zur Nutzung überlassen worden sind, handelt es sich um die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 11 UStG (i. d. F. 2007). Darüber hinaus auf elektronischem Weg erbrachte Leistungen, sollten sie von der Überlassung der Hard- und Software als eigenständig zu beurteilende Leistung anzusehen sein, sind von § 3a Abs. 4 Nr. 4 (i. d. F. 2007) - Datenverarbeitung - bzw. § 3a Abs. 4 Nr. 14 (i. d. F. 2007) - auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen - erfasst. Ort der Leistung ist mithin der Freihafen, da die A als Empfängerin dieser Leistungen Unternehmerin ist und ihr Unternehmen im Freihafen betreibt, vgl. § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG (i. d. F. 2007).

b) Bei den von den Organgesellschaften der Klägerin im Zusammenhang mit dem Kartenverkauf gegenüber der A erbrachten Leistungen handelt es sich ebenfalls um sonstige Leistungen in Form von Vermittlungsleistungen, die auf Grundlage von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG der Klägerin zugerechnet werden und gegen Entgelt im Rahmen des Unternehmens ausgeführt wurden. Diese Umsätze wurden ebenfalls im Freihafen bewirkt.

Nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 3. November 2011 (V R 16/09, BStBl II 2012, 378) haben die Organgesellschaften Vermittlungsleistungen ausschließlich gegenüber der A erbracht. Sie haben dem jeweiligen Käufer der Eintrittskarten die sonstige Leistung "Theateraufführung" vermittelt, indem sie in fremdem Namen und auf fremde Rechnung den Vertrieb der Tickets übernahmen. Dieses ergibt sich zum einen aus dem mit der A geschlossenen Vertriebsvertrag. Zum anderen ist der Wille, lediglich als Vermittler der A aufzutreten, durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Vertriebsgesellschaften sowie durch entsprechende Aufdrucke auf den verkauften Karten hinreichend nach außen getreten.

Leistungsort der Vermittlungsleistung ist gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 3 UStG (i. d. F. 2007) der Freihafen, da die A durch die ...-Aufführungen als kulturelle Leistung zum wesentlichen Teil im Freihafen tätig geworden ist und die Vermittlungsleistung nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG (i. d. F. 2007) an dem Ort erbracht wird, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.

c) Die gegenüber der A erbrachten Leistungen sind trotz Leistungsorts im Freihafen und damit nicht im Inland dennoch nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und steuerpflichtig, da die A die Eingangsleistungen zumindest zum Teil für die nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfreien Umsätze eines einem Theater in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft gleichgestellten Theaters verwandt hat, so dass diese nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UStG "wie Umsätze im Inland" zu behandeln sind. Eine Steuerbefreiung für diese Umsätze ist nicht ersichtlich.

2. Bei den gegenüber der A erbrachten sonstigen Leistungen handelt es sich nicht um nicht steuerbare Innenumsätze im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft.

a) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG. Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist, § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG, mithin eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt.

aa) Der Klägerin ist zuzugestehen, dass die A in diesem Sinn die drei Eingliederungsmerkmale erfüllen dürfte. Die finanzielle Eingliederung ergibt sich daraus, dass die Klägerin 100 % der Anteile an der A hält und somit ihren Willen durch Mehrheitsbeschlüsse auf Ebene der A durchsetzen kann (vgl. BFH, Urteil vom 20. Januar 1999 XI R 69/97, BFH/NV 1999, 1136). Auch eine organisatorische Eingliederung ist aufgrund der Personenidentität der Geschäftsführer der Klägerin und der A sowie dem Beherrschungsvertrag nach § 291 AktG gegeben, so dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung tatsächlich wahrgenommen wird und sichergestellt ist, dass eine vom Willen der Muttergesellschaft abweichende Willensbildung in der Tochtergesellschaft nicht stattfindet (vgl. BFH, Urteil vom 14. Februar 2008 V R 12/06, BFH/NV 2008, 1365). Darüber hinaus ist die A auch wirtschaftlich in das Unternehmen der Klägerin eingegliedert, da sie aufgrund ihrer Tätigkeit als Produktionsgesellschaft von ... dem Unternehmenszweck der Klägerin entscheidend dient. Insoweit besteht ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung, welche die A im Gefüge zu übergeordneten Muttergesellschaft als deren Bestandteil erscheinen lässt (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 2008 XI R 74/07, BStBl II 2009, 256).

bb) Die Klägerin hält ihre Beteiligung an der A auch in ihrem unternehmerischen Bereich; die A ist in das "Unternehmen" der Klägerin eingegliedert. Als Holding-Gesellschaft ist die Klägerin nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des BFH nur insoweit Unternehmerin und eine von ihr gehaltene Beteiligung dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen, als sie Beteiligungen an Tochtergesellschaften nicht nur hält und verwaltet (Finanzholding), sondern darüber hinaus durch entgeltliche administrative, finanzielle, kaufmännische oder technische Dienstleistungen (Führungs- oder Funktionsholding) im Sinn einer einheitlichen Leitung aktiv in das laufende Tagesgeschäft ihrer Tochtergesellschaften eingreift (vgl. BFH, EuGH-Vorlage vom 11. Dezember 2013 XI R 17/11, BStBl II 2014, 417 m. w. N.) bzw. die Beteiligung der Förderung einer bestehenden oder beabsichtigten unternehmerischen Tätigkeit dient (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 C-306/94, Slg 1996, S. I-3695). Sind diese Voraussetzungen nur bezüglich bestimmter Beteiligungen erfüllt, verfügt die Holding über einen unternehmerischen als auch einen nichtunternehmerischen Bereich (gemischte Holding).

Aufgrund der Aussetzungsvereinbarung vom ... 2007 und dem Zusatz vom ... 2007 werden von der Klägerin im Rahmen des Management-Vertrags zwar nur noch EDV-Leistungen gegenüber der A entgeltlich erbracht, da weitere Managementaufgaben weiterhin wahrgenommen, jedoch aufgrund der Unentgeltlichkeit nicht mehr im Rahmen des Leistungsaustausches, sondern auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage erbracht werden. In der Zusammenschau mit dem Cash-Management-Vertrag, insbesondere der verzinslichen Darlehensgewährung als wirtschaftliche Tätigkeit (vgl. EuGH, Urteil vom 29. April 2004 C-77/01, Slg. 2004, S. I-0425) sowie der strategischen Bedeutung der Beteiligung der A für den Gesamtkonzern (G-Lizenzvertrag, größter Ertrags- und Liquiditätslieferant im Konzern), ist die Klägerin aber weiterhin unternehmerisch gegenüber der A tätig.

b) Die A ist jedoch entgegen den Anforderungen von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG, der die Wirkungen der Organschaft auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt, nicht im Inland gelegen.

Nach § 1 Abs. 2 UStG ist Inland im Sinn des Umsatzsteuergesetzes das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme insbesondere der Freizonen des Kontrolltyps I nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Zollverwaltungsgesetzes (Freihäfen). Aufgrund ihrer Ansässigkeit im ... Freihafen ist die A nicht im Inland belegen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch Auslegung des § 1 Abs. 3 UStG. Weder Wortlaut, systematische Stellung, gesetzgeberische Intention noch Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 UStG, nach dem bestimmte in den Freihäfen bewirkte Umsätze "wie Umsätze im Inland zu behandeln" sind, lassen es zu, organschaftlichen Regelungen auf eine im Freihafen belegende Tochtergesellschaft zu erstrecken.

aa) Bereits seinem Wortlaut und seiner systematischen Stellung nach erweitert § 1 Abs. 3 UStG nicht die in § 1 Abs. 2 UStG getroffene Definition des Inlands für bestimmte im Freihafen bewirkte Umsätze. § 1 Abs. 3 UStG ist einzig zu entnehmen, dass im Wege einer gesetzlichen Fiktion lediglich die gleichen Rechtsfolgen eintreten sollen, als würde der Umsatz im Inland erfolgen. § 1 Abs. 3 UStG nimmt selbst - zur Anordnung einer bestimmten Rechtsfolge - Bezug auf den Begriff des Inlands, wie er in § 1 Abs. 2 UStG definiert ist. Er bestimmt damit gerade nicht als lex specialis gegenüber § 1 Abs. 2 UStG, dass für bestimmte im Freihafen bewirkte Umsätze der Freihafen selbst als Inland gelten soll.

bb) Auch im Rahmen der durch Auslegung zu bestimmenden Reichweite der von § 1 Abs. 3 UStG angeordneten Rechtsfolge der Behandlung bestimmter Umsätze "wie Umsätze im Inland" ergibt sich keine Anwendung der Organschaftsregeln.

(1) Zur Verwirklichung der gesetzgeberischen Intention ist dies nicht notwendig. § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a, § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 UStG dienen der Besteuerung des Endverbrauchs in den genannten, nicht dem Inland zugehörigen Gebieten. Die nicht im umsatzsteuerrechtlichen Inland ausgeführten Umsätze sind grundsätzlich nicht steuerbar. Die genannten Vorschriften wollen nunmehr eine Besteuerung des Letztverbrauchs bewirken, um Wettbewerbsverzerrungen zu begegnen. Durch die Ergänzungen der Nr. 1 und Nr. 2 des § 1 Abs. 3 UStG mit dem Jahressteuergesetz 2007 (BStBl. I 2007, S. 28) wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass Leistungsbezüge von in den genannten Gebieten ansässigen unternehmerisch tätigen Leistungsempfängern ebenfalls steuerbar und steuerpflichtig sind, wenn sie den Vorsteuerabzug ausschließende Ausgangsumsätze ausführen (vgl. Gesetzesbegründung, BR-Drs. 622/06, S. 128). Insoweit sollten Gestaltungen vermieden werden, wonach sich Unternehmen, die überwiegend den Vorsteuerabzug ausschließende Ausgangsumsätze ausführen, sich z. B. in einem Freihafen ansiedeln, um die Versagung des Vorsteuerabzugs dadurch zu kompensieren, dass sie nicht umsatzsteuerbare Eingangsleistungen beziehen.

Zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks, die mangels Leistungsorts im Inland grundsätzlich nicht steuerbaren Umsätze als steuerpflichtige Umsätze zu fingieren, bedarf es allerdings keiner Erweiterung der Fiktion auch auf den Leistungsempfänger als im Inland belegen.

Grundsätzlich umsatzsteuerbar und -steuerpflichtig sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Nicht Bestandteil dieses Tatbestands sind sowohl Ansässigkeitsort bzw. Sitz des Leistungserbringers als auch des Leistungsempfängers. Besteuert wird der im Inland ausgeführte Umsatz unabhängig von der Ansässigkeit des Leistungsempfängers. Gedeckt wird dieses Verständnis zudem durch § 1 Abs. 2 Satz 3 UStG, wonach es bei einem im Inland ausgeführten Umsatz nicht darauf ankommt, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Gleiches gilt auch für die Person des Leistungsempfängers.

Für die Bestimmung der Reichweite der von § 1 Abs. 3 UStG angeordneten Rechtsfolge zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks ist demnach notwendig aber auch ausreichend, im Rahmen des Tatbestands des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG allein den Umsatz als im Inland ausgeführt zu fingieren, unabhängig insbesondere von der Belegenheit des Unternehmens des Leistungsempfängers.

(2) Eine Erstreckung der Rechtsfolge des § 1 Abs. 3 UStG auch auf die Belegenheit des Leistungsempfängers ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch bei teleologischer Auslegung gerade nicht geboten.

(a) Zum einen ist die von der Klägerin gerügte Schlechterstellung gegenüber dem reinen Inlandsfall bei der hier vertretenen Auslegung so pauschal nicht zu erkennen. Im Inlandsfall wäre eine Organschaft zwischen der Klägerin und der A zwar mit der Folge anzuerkennen, dass die von der Klägerin an die A ausgeführten sonstigen Leistungen als innerorganschaftliche Umsätze nicht steuerbar wären. Jedoch wäre die Klägerin aufgrund der von der A ausgeführten und der Klägerin zuzurechnenden steuerfreien Ausgangsumsätze für damit im Zusammenhang stehende Eingangsleistungen nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Führt sie hingegen nach § 1 Abs. 3 UStG steuerbare und -pflichtige Ausgangsumsätze aus, steht ihr insoweit auch grundsätzlich der entsprechende Vorsteuerabzug zu.

(b) Zum anderen führt die von der Klägerin vertretene Auslegung, wonach die von § 1 Abs. 3 UStG angeordnete Rechtsfolge auch auf die Organschaftsregeln zu erstrecken sei, zu Verwerfungen insbesondere in der Systematik der umsatzsteuerlichen Organschaft. Sie widerspricht damit dem Gebot einer systemkohärenten Auslegung.

Rechtsfolge einer Eingliederung einer juristischen Person in das Unternehmen eines Organträgers ist, dass eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nichtselbstständig ausgeübt wird, mithin die eingegliederte Gesellschaft nicht mehr Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG ist. Die Organgesellschaft wird unselbständiger Teil des Unternehmens des Organträgers (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rz. 936). Beide Gesellschaften sind als ein Unternehmen zu behandeln (BFH, Urteil vom 29. Oktober 2008 XI R 74/07, BStBl II 2009, 256). Grundsätzlich werden jegliche Umsätze der Organgesellschaften einschließlich der Verwirklichung der Entnahmetatbestände und der übrigen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 UStG dem Organträger zugerechnet. Dieser ist Schuldner der auf diese Umsätze entfallenden Umsatzsteuer. Er hat alle Pflichten zu erfüllen, die sich aus § 18 UStG für den Unternehmer ergeben. Er allein gibt Voranmeldungen und Jahreserklärungen für die gesamte Organschaft ab. Die Organgesellschaft hat grundsätzlich keine Steuererklärungspflicht (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rz. 950 und Klenk in Sölch/Ringleb, UStG, § 2 Rz. 143). Die gesetzlichen Regelungen zielen folglich auf eine vollumfängliche, alle Eingangs- und Ausgangsumsätze der Organgesellschaften erfassende Organschaft. Eine partielle Organschaft, insbesondere in Abhängigkeit von bestimmten Umsätzen, sieht das Gesetz gerade nicht vor.

Eine solche partielle Organschaft wäre allerdings die Folge der von der Klägerin bevorzugten Auslegung des § 1 Abs. 3 UStG. Die Eingliederung in das Unternehmen des Organträgers unterstellt, wäre eine im Freihafen ansässige "Organgesellschaft" einmal als unselbständiger Unternehmensteil, einmal als eigenständiger Unternehmer anzusehen, je nachdem, ob ein Umsatz nach § 1 Abs. 3 UStG vorliegt oder nicht. Insbesondere wäre die Behandlung von Innenumsätzen im Organkreis nur unvollständig geregelt. Zum einen wären die von der Klägerin und ihren Organgesellschaften an die A erbrachten Leistungen als Innenumsätze nicht steuerbar. Entgegen der Systematik der organschaftlichen Regelungen wären allerdings sonstige Leistungen der A gegenüber der Klägerin mit Leistungsort im Inland - z. B. erbrachte Beratungsleistungen, § 3a Abs. 3, Abs. 4 Nr. 3 UStG (i. d. F. 2007) - mangels Anwendbarkeit des § 1 Abs. 3 UStG keine nicht steuerbaren Innenleistungen, sondern steuerpflichtig.

Diesen Systemverwerfungen könnte man nur begegnen, wenn man bereits bei einem einzigen, dem § 1 Abs. 3 UStG unterfallenden Umsatz die im Freihafen ansässige, eingegliederte Gesellschaft mit allen übrigen Umsätzen unabhängig von § 1 Abs. 3 UStG vollumfänglich als Organgesellschaft ansieht. So wäre die A auf Basis nur eines Restaurationsumsatzes an einen ...-Besucher (Umsatz nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst a UStG) mit all ihren übrigen Ein- und Ausgangsumsätze sowie empfangenen "Innenumsätze" als Organgesellschaft anzusehen. Dagegen spricht jedoch zum einen die Wortlautgrenze des § 1 Abs. 3 UStG, wonach die Rechtsfolgenwirkung "wie im Inland" eindeutig auf den jeweiligen Umsatz begrenzt ist. Zum anderen würde dies durch einfache Gestaltungsmöglichkeiten faktisch zu einem Wahlrecht für oder gegen eine umsatzsteuerlichen Organschaft führen, was sowohl das Umsatzsteuergesetz als auch das Unionsrecht ausschließen (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 2008 XI R 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256).

cc) Aus den gleichen Erwägungen heraus ist entgegen ihrer Ansicht die von der Klägerin vertretene Auslegung des § 1 Abs. 3 UStG nicht mit der MwStSysRL vereinbar.

Art. 11 der MwStSysRL bestimmt, dass nach Konsultation des Beratenden Ausschusses für die Mehrwertsteuer jeder Mitgliedstaat in seinem Gebiet ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln kann.

Der EuGH hat diesbezüglich zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie (77/388/EWG) entschieden, dass entsprechende Gesellschaften nicht mehr als getrennte Mehrwertsteuerpflichtige, sondern zusammen als ein Steuerpflichtiger behandelt werden und die untergeordnete Person nicht mehr als ein Steuerpflichtiger gilt. Zudem schließe es die Verschmelzung zu einem einzigen Steuerpflichtigen aus, dass die untergeordneten Personen weiterhin getrennt Mehrwertsteuererklärungen abgeben und innerhalb und außerhalb ihres Konzerns weiter als Steuerpflichtige angesehen werden könne, da nur der einzige Steuerpflichtige befugt sei, diese Erklärungen abzugeben (EuGH, Urteil vom 22. Mai 2008 C-162/07, Slg 2008, S. I-4019).

Eine partielle, vom jeweiligen Eingangs- bzw. Ausgangsumsatz abhängige umsatzsteuerliche Organschaft ist mit diesem Verständnis nicht vereinbar.

Auch die Begründung einer vollumfänglichen Organschaft aufgrund nur eines einzigen nach § 1 Abs. 3 UStG ausgeführten Umsatzes widerspricht Art. 11 der MwStSysRL. Danach entscheidet über das Vorliegen einer Organschaft allein die enge Verbundenheit von Unternehmen durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen und nicht die Art der ausgeführten Umsätze.

dd) Die hier vertretene Auslegung führt entgegen der klägerischen Ansicht nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (ständige Rechtsprechung des BVerfG, z. B. BVerfG, Beschluss vom 6. April 2011 1 BvR 1765/09, HFR 2011, 812 m. w. N.). Der jeweilige Maßstab, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lässt sich nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2010 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 m. w. N.).

Es ist bereits zweifelhaft, ob Organträger mit einer im Inland ansässigen eingegliederten Tochtergesellschaft bzw. einer nicht im Inland ansässigen eingegliederten Tochtergesellschaft als im Wesentlichen gleich und damit als zutreffende Vergleichsgruppe anzusehen sind. Die Besteuerung einer im Freihafen und damit im Drittland ansässigen Gesellschaft folgt aufgrund zollrechtlicher Vorschriften, den Regelungen über Einfuhren und Ausfuhren und dem im Umsatzsteuergesetz vorherrschenden Bestimmungslandprinzip einem kohärenten, eigenständigen System. Gleiches gilt für die Besteuerung einer im Inland ansässigen Gesellschaft. Durch die lediglich partiell nach § 1 Abs. 3 UStG vorzunehmende Gleichstellung von im Freihafen bewirkten Umsätzen mit inländischen Umsätzen werden diese unterschiedlichen Systeme nicht aufgehoben. Organträger mit im Inland bzw. im Ausland ansässigen Tochtergesellschaften werden dadurch nicht im Wesentlichen gleich.

Auch ist fraglich, ob es im vorliegenden Fall tatsächlich zu einer Ungleichbehandlung der Klägerin im Sinn einer Schlechterstellung gekommen ist. Bei Anerkennung einer Organschaft wären zwar die Leistungen der Klägerin und ihrer Organgesellschaften an die A als Innenumsätze nicht mit Umsatzsteuer belastet. Jedoch verlöre die Klägerin aufgrund der den Vorsteuerabzug ausschließenden Ausgangsumsätze der A, die ihr als Organträgerin zuzurechnen wären, zumindest partiell ihr Recht auf Vorsteuerabzug. Eine generelle Aussage darüber, ob die organschaftliche Verbundenheit von Unternehmern bezogen auf den Organkreis steuerlich vorteilhaft ist, lässt sich nicht treffen.

Selbst wenn man eine Ungleichbehandlung annähme, so wäre diese jedenfalls gerechtfertigt. Mit der Einführung des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UStG verfolgte der Gesetzgeber das legitime Ziel der Missbrauchsbekämpfung. Unternehmen mit den Vorsteuerabzug ausschließenden Ausgangsleistungen sollen sich nicht dadurch einen Steuervorteil verschaffen können, dass sie durch Ansiedlung im Freihafen bereits nicht umsatzsteuerbare Eingangsleistungen beziehen. Den ihm dabei zustehenden Wertungsspielraum hat der Gesetzgeber dabei nicht verletzt. Er war nicht gehalten, im Rahmen der Gleichstellung bestimmter im Freihafen bewirkter Umsätze mit Inlandsumsätzen zugleich punktuell auf diese Umsätze die Organschaftsregeln zu erstrecken. Die mit einer partiellen, vom jeweiligen Umsatz abhängigen Organschaft einhergehenden, unionsrechtlich gar nicht zulässigen Verwerfungen im System der umsatzsteuerlichen Organschaft sprechen dagegen.

3. Fehler bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage sind nicht ersichtlich. Dabei kann offenbleiben, ob bzgl. der von der Klägerin erbrachten - unentgeltlichen - Managementleistungen bzw. den EDV-Leistungen die Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 UStG heranzuziehen gewesen wäre. Insoweit ist das Gericht an die gestellten Anträge gebunden. Die Befugnis zur Verböserung zu Lasten der Klägerin enthalten weder § 96 FGO noch § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO.

II. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.






FG Hamburg:
Urteil v. 06.08.2014
Az: 2 K 189/13


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/3b7c7a2ce678/FG-Hamburg_Urteil_vom_6-August-2014_Az_2-K-189-13




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