Hamburgisches Oberverwaltungsgericht:
Beschluss vom 1. Juli 2016
Aktenzeichen: 4 Bs 261/15

(Hamburgisches OVG: Beschluss v. 01.07.2016, Az.: 4 Bs 261/15)

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 10. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die mietweise Überlassung einer Liegenschaft zum Betrieb einer Kindertageseinrichtung.

Die Antragstellerin und - mit Bescheid vom 5. April 2000 - der Beigeladene sind nach § 75 SGB VIII anerkannte Träger der freien Jugendhilfe und betreiben u.a. Kindertageseinrichtungen in Hamburg. Die Antragsgegnerin war ursprünglich Eigentümerin der Liegenschaft (...), die der Nutzung als Kindertagesstätte zugeführt werden soll.

In den Jahren 2006, 2008 und 2010 bemühte sich die Antragsgegnerin vergeblich, die zu dieser Zeit stark sanierungsbedürftige Liegenschaft zu verkaufen bzw. ein Erbbaurecht daran zu vergeben. 2010 gab auch der Beigeladene ein Gebot ab, zu einem Vertragsschluss kam es jedoch wohl wegen der hohen Bau- und Sanierungskosten nicht. Die Antragstellerin gab seinerzeit kein Gebot ab. Im Verlauf wurde dann erwogen, die Liegenschaft im Rahmen des Generalmietvertrages mit der A-AG (im Verlauf: A ) im Auftrag der Antragstellerin zu sanieren und langfristig für die Nutzung als Kindertagesstätte zu vermieten, wobei die Antragsgegnerin wohl wegen seines bereits 2010 geäußerten Interesses stets vom Beigeladenen als Mieter ausging. Schließlich wurde die Liegenschaft an die A verkauft, die am 15. Juli 2015 ins Grundbuch eingetragen wurde und nunmehr beabsichtigt, den Mietvertrag mit dem Beigeladenen zu schließen.

Nachdem die Antragstellerin einem Pressebericht vom 19. Januar 2015 entnommen hatte, dass die Antragsgegnerin beabsichtige, das Gebäude nach einer von ihr finanzierten Grundsanierung an den Beigeladenen zum Betrieb einer Kindertagesstätte zu vermieten, und nachdem sie bereits mit Schreiben vom 7. Januar 2014 ihr Interesse an dem Betrieb einer Kindertagesstätte in der (...) bekundet hatte, wandte sie sich mit Schreiben vom selben Tag an die Antragsgegnerin, rügte, dass die Liegenschaft an einen €von ihr beherrschten und folglich als Träger der öffentlichen Jugendhilfe einzuordnenden€ Träger überlassen werde, meldete an, an diesem Standort selbst als Träger einer Kindertageseinrichtung tätig werden zu wollen und begehrte die Beteiligung an einem Bewerbungsverfahren.

Die Antragsgegnerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 28. Januar 2015 mit, dass bei der Vermietung von städtischen Immobilien grundsätzlich kein Ausschreibungs- bzw. Interessenbekundungsverfahren stattfinde. Finanzielle Unterstützung erhalte nicht der Beigeladene, sondern die A. Die Subventionierung diene allein der Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes und diene nicht als Unterstützung der Kindertagesstätte.

Am 21. Februar 2015 hat die Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Der Entscheidung liege - unterstellt es handele sich um ein Konkurrieren zweier Träger der freien Jugendhilfe - weder ein wettbewerbliches Verfahren noch eine Ermessensentscheidung zugrunde. Es handele sich um eine Förderung nach § 74 SGB VIII, über die durch Verwaltungsakt zu entscheiden und bei der - auch wenn es um den Abschluss eines Mietvertrages gehe - Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 2 GG und Art. 12 GG zu beachten seien. Eine Förderung des Beigeladenen komme allerdings schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei ihm trotz der Ausgestaltung als privatrechtlich verfasster Verein und trotz der Anerkennung nach § 75 SGB VIII nicht um einen Träger der freien Jugendhilfe, sondern um ein von der Antragsgegnerin als Träger der öffentlichen Jugendhilfe beherrschtes und abhängiges Unternehmen handele. Der Bescheid vom (...), gegen den sie vorsorglich mit Schreiben vom (...) Drittwiderspruch eingelegt habe, habe keine Feststellungswirkung. Jedenfalls unterliege der Beigeladene, dessen wirtschaftliche und organisatorische Verflechtung mit der Antragsgegnerin die Antragstellerin eingehend darstellt, der Grundrechtsbindung. Eine Förderung liege in der Entscheidung für einen von mehreren an der Anmietung interessierten Trägern und der Vermietung zu einem subventionierten, nicht kostendeckenden Mietzins. Da seitens des Beigeladenen öffentliche Jugendhilfe angeboten werde, werde durch den Abschluss des Mietvertrages der Subsidiaritätsgrundsatz aus § 4 Abs. 2 SGB VIII verletzt. Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin sei die Anwendung von § 74 SGB VIII nicht durch § 74a SGB VIII ausgeschlossen, da das Kinderbetreuungsgesetz (KiBeG) nicht die Förderung von Kindertageseinrichtungen regelte, sondern Regelungen zur Förderung der Betreuung von Kindern in Kindertageseinrichtungen enthalte. Die Sicherungsanordnung sei zur Gewährleistung des Anspruchs auf eine den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachtende Auswahlentscheidung zu erlassen. Aufgrund des Verkaufs der Liegenschaft an die A sei die Antragsgegnerin - über ihr eigenes zivilrechtliches Instrument A - weiterhin Eigentümerin des Grundstücks und habe sich ihrer Grundrechtsbindung nicht entzogen. Die A stehe zu 31,67 % im Eigentum der Antragsgegnerin und zu 68,33 % im Eigentum der B, deren alleinige Gesellschafterin die Antragsgegnerin sei, so dass die A im Alleineigentum der Antragsgegnerin stehe. Jedenfalls sei die Antragsgegnerin nunmehr verpflichtet, auf die A und den Beigeladenen dahin einzuwirken, dass eine Überlassung der Nutzung an den Beigeladenen unterbleibe. Die Einwirkungsmöglichkeit auf den Beigeladenen bestehe, da alle Mitglieder Bedienstete der Freien und Hansestadt Hamburg seien und der Vorsitzende des Verwaltungsrats der Staatsrat der (...) sei. Einwirkungsmöglichkeiten auf die A habe die Antragsgegnerin trotz der Gestaltung als Aktiengesellschaft im Wege der Überwachung der Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat. Der Abschluss von Verträgen mit besonderer Bedeutung bedürfe zudem nach § 8 Abs. 1 Ziff. 1 der Geschäftsanweisung des Aufsichtsrats der A der Zustimmung des Aufsichtsrats.

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, der Antrag sei unzulässig, da es um den Abschluss eines privatrechtlichen Mietvertrages, mithin um eine zivilrechtliche Streitigkeiten gehe. Es fehle am Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerin könne ihr Ziel einfacher durch eine Klage gegen die jetzige Eigentümerin erreichen. Selbst wenn der Antrag Erfolg hätte, wären ihre Einwirkungsmöglichkeiten auf die A aufgrund deren Organisation als Aktiengesellschaft sehr begrenzt, auf operative Maßnahmen wie die Vermietung einer der A gehörenden Immobilie könne sie keinen Einfluss nehmen. In der Sache hat sie vorgetragen, es fehle an einem Anordnungsanspruch. Ein Unterlassungsanspruch sei im Hinblick auf den Abschluss des Mietvertrages nicht begründet. Es liege keine ermessensfehlerhafte Förderung gemäß § 74 SGB VIII vor, da diese Vorschrift wegen § 74a SGB VIII nicht zur Anwendung komme. Der Landesgesetzgeber habe mit dem KiBeG vom 27. April 2004 und dem darin geregelten Kita-Gutscheinsystem eine eigenständige und umfassende Finanzierungsregelung getroffen. Es sei beabsichtigt, die Liegenschaft zu einem marktgerechten bzw. ortsüblichen Mietzins an den Beigeladenen zu vermieten. Die Fördermittel für die Sanierung sollten der A und nicht dem Beigeladenen zur Verfügung gestellt werden. Die mit Blick auf die spezifische Nutzung als Kindertagesstätte entstehenden Kosten der Baumaßnahmen trage der Beigeladene selbst. Der Mietvertrag werde noch verhandelt, es gehe um einen ortsangemessenen Mietzins zwischen 11,79 Euro und 14,22 Euro je m². Die Vermietung der Liegenschaft sei keine öffentliche Aufgabe, es würden keine hoheitlichen Befugnisse genutzt. Es handele sich auch um ein rein erwerbswirtschaftliches Tätigwerden. Insofern sei die Sachlage nicht mit der in der sog. Fraport-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Februar 2011 (1 BvR 699/09), in der es um die Überprüfung einer hoheitlichen Untersagungsverfügung gegangen sei, vergleichbar. Die Liegenschaft sei keineswegs die einzige für den Betrieb einer Kindertagesstätte in Betracht kommende Immobilie in Hamburg (...). Es gehe nicht um die Verteilung nicht für alle Interessenten ausreichender Kapazitäten und entsprechender Zugangsmöglichkeiten. Kindertageseinrichtungen könnten auch in privaten Räumlichkeiten betrieben werden, eine Beherrschung durch die öffentliche Hand gebe es nicht. Es entspreche der Praxis bei der Vermietung öffentlicher Räumlichkeiten, dass eine Ausschreibung nicht erfolge, weil die Interessenten in der Regel auf die Stadt als Vermieter zukämen, das gelte auch für Betreiber von Kindertageseinrichtungen. Eine Ausschreibung würde in aller Regel nur dann durchgeführt, wenn sich andernfalls kein Mieter für ein Gebäude finden lasse. Die Auswahl erfolge, wenn es mehrere Interessenten gebe, in erster Linie nach Nutzungsbedingungen sowie nach weiteren Kriterien wie zum Beispiel der Bonität des Mieters, der angestrebten Laufzeit des Mietvertrages oder mieter- und vermieterseitige Umbau- und Sanierungsarbeiten. Im Streitfall habe es kein umfangreiches Auswahlverfahren gegeben, weil dies nicht erforderlich gewesen sei. Dem Willkürverbot, dem sie bei erwerbswirtschaftlicher Betätigung unterworfen sei, sei sie gerecht geworden. Ihre Auswahlentscheidung habe sie sachlich begründet getroffen und habe keine besonderen Vergünstigungen gewährt.

Nach dem Verkauf der Liegenschaft an die A hat die Antragsgegnerin vorgetragen, sie sei nicht mehr passiv legitimiert und nicht mehr die richtige Antragsgegnerin. Einflussmöglichkeiten auf die Vermietung der Liegenschaft habe sie nicht mehr.

Der Beigeladene hat vorgetragen, ein Anordnungsanspruch sei nicht gegeben. Die mietweise Überlassung der sanierten Liegenschaft an ihn stelle keine Förderung nach § 74 SGB VIII dar, zumal die Förderung in Hamburg auf der Grundlage von § 74a SGB VIII abschließend nach dem KiBeG erfolge. Als Förderung würde sich allenfalls eine kostenlose oder verbilligte Überlassung von Grundstücken darstellen, die hier nicht beabsichtigt sei. Die Sanierung, der vernünftigerweise ein Nutzungskonzept zugrunde liege, sei erforderlich, um die (...) vermietbar zu machen. Zudem sei von seiner Beteiligung an den Sanierungskosten in Höhe von mehr als 500.000 Euro auszugehen. Bei ihm handele es sich um einen Verein; die Antragsgegnerin sei weder dessen Mitglied noch beherrsche sie ihn. Nach seiner Satzung könne die Antragsgegnerin auch im Verwaltungsrat nicht ihren Willen durchsetzen. Daher komme auch eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips aus § 4 Abs. 2 SGB VIII nicht in Betracht.

Mit Beschluss vom 10. Dezember 2015 hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zwar sei ein Anordnungsgrund gegeben, die Antragstellerin habe jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass ihr ein Anordnungsanspruch zustehe. Der Antrag zu 1. habe keinen Erfolg, die Antragstellerin habe keinen Unterlassungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin, weil diese wegen des Verkaufs der Liegenschaft an die A nicht mehr als Vertragspartnerin in Betracht komme. Hinsichtlich der Anträge zu 2. und 3. sei das Rechtsschutzbedürfnis zweifelhaft, die Antragstellerin könne den ihrer Auffassung nach bestehenden Unterlassungsanspruch unmittelbar gegenüber der A bzw. dem Beigeladenen geltend machen. Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform und gemischtwirtschaftliche, von öffentlichen Anteilseignern beherrschte Unternehmen unterlägen der unmittelbaren Grundrechtsbindung. Der Zivilrechtsweg stünde der Antragstellerin offen. Selbst wenn daneben die Grundrechte über den Umweg der Einwirkungsrechte geltend gemacht werden könnten, sei aufgrund der aktienrechtlichen Bestimmungen und der Satzung der A fraglich, ob die Antragsgegnerin gegenüber dieser über Einwirkungsmöglichkeiten verfüge, um den beabsichtigten Mietvertragsabschluss zu verhindern. Einwirkungsmöglichkeiten der Antragsgegnerin auf den Beigeladenen seien ebenfalls zweifelhaft. Selbst wenn Einwirkungsmöglichkeiten faktisch bestünden, wäre die Antragsgegnerin nicht verpflichtet, hiervon Gebrauch zu machen, weil die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht habe, durch den Abschluss des beabsichtigten Mietvertrages in ihren Rechten verletzt zu sein. Es bestehe kein Unterlassungsanspruch aus dem Subsidiaritätsgrundsatz des § 4 Abs. 2 SGB VIII, wonach die öffentliche Jugendhilfe von einer Maßnahme absehen solle, soweit sie von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden könne, da auch der Beigeladene als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt sei. Es bestehe weiter kein Unterlassungsanspruch aus § 74 SGB VIII wegen unzulässiger, ermessensfehlerhafter Förderung des Beigeladenen. Die Vorschrift komme im Rahmen der Finanzierung von Tageseinrichtungen in Hamburg nicht zur Anwendung. Die Antragstellerin habe auch keinen Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt einer gleichheitswidrigen Subventionierung. Die Entscheidung, einen freien Träger der Jugendhilfe ohne vorheriges Interessenbekundungsverfahren als Mieter für ein Objekt auszuwählen, stelle keine Förderung oder Subventionierung dar, solange der ortsübliche Mietzins vereinbart werde. Gegenteiliges sei nicht ersichtlich. Schließlich bestehe kein Unterlassungsanspruch aus der Grundrechtsbindung der Antragsgegnerin bzw. der A. Der Fall sei nicht vergleichbar mit einer Verteilung begrenzter Kapazitäten. Vielmehr sei das beabsichtigte Rechtsgeschäft der erwerbswirtschaftlichen Betätigung zuzurechnen, hier verbiete Art. 3 Abs. 1 GG an marktrelevante Kriterien anknüpfende Differenzierungen nicht. Die Entscheidung für den Beigeladenen sei nicht willkürlich.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Antragstellerin hat mit ihrer Beschwerdebegründung, auf die gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO abzustellen ist, die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts, sie könne aus der Grundrechtsbindung der Antragsgegnerin bzw. der A keine Ansprüche herleiten, weil das beabsichtigte Rechtsgeschäft der erwerbswirtschaftlichen Betätigung zuzurechnen sei, in dessen Bereich Art. 3 Abs. 1 GG Differenzierungen, die an marktrelevante Kriterien wie Produktqualität, Zuverlässigkeit und Zahlungsfähigkeit anknüpften, nicht unzulässig seien, wobei sie - die Antragstellerin - sich im Rahmen des Interessenbekundungsverfahrens hinsichtlich des Verkaufs des Grundstücks im Gegensatz zum Beigeladenen nicht als zuverlässiger finanzstarker Kaufinteressent gezeigt und auch im laufenden Verfahren nicht einmal behaupte habe, den ortsüblichen Mietzins und die nicht unerheblichen Kosten für die nutzungsspezifischen Innenarbeiten aufbringen zu können, mit gewichtigen Argumenten in Zweifel gezogen. Die Antragstellerin hat in der Beschwerdebegründung zutreffend darauf hingewiesen, dass es nicht darauf ankommen könne, ob sie sich bei der Ausschreibung bezüglich des Erbbaurechts im Jahre 2010 beteiligt habe, da seinerzeit der Erwerb der (...) unter gänzlich anderen Vorzeichen ausgeschrieben worden sei; wäre die Vermietung ausgeschrieben worden, hätte sie sich beworben und selbstverständlich ein Gebot abgegeben. Insofern ist das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet, ohne die Beschränkung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO über die Beschwerde zu entscheiden.

2. Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist mit den Anträgen zu 1. und 2. zulässig, aber unbegründet. Es dürfte zwar - wegen des wohl kurzfristig bevorstehenden Abschlusses des Mietvertrages zwischen der A und dem Beigeladenen - ein Anordnungsgrund bestehen, indes hat die Antragstellerin nicht mit der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, dass ein Anordnungsanspruch vorliegt (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO). Mit dem Antrag zu 3. ist der Antrag bereits unzulässig.

a. Der Antrag zu 1. ist zulässig, aber unbegründet. Mit ihm beantragt die Antragstellerin, der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, die (...) zum Zwecke des Betriebs einer Kindertageseinrichtung an den Beigeladenen selbst oder durch ein von ihr beherrschtes Privatrechtssubjekt zu überlassen und/oder die Überlassung zu bewirken.

Sofern die Antragstellerin begehrt, der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, die streitgegenständliche Liegenschaft selbst an den Beigeladenen zu überlassen, ist der Antrag unbegründet. Die Antragsgegnerin kommt nach dem Verkauf der Liegenschaft an die A und deren Eintragung im Grundbuch am 15. Juli 2015 nicht mehr als Vermieterin in Betracht. Sie kann rechtlich nicht dazu verpflichtet werden, ein nicht in ihrem Eigentum stehendes Gebäude an die Antragstellerin zu vermieten. Mögliche Vertragspartnerin der Antragstellerin kann im Zusammenhang mit der Anmietung der Am(...) nur der Grundstücks- und Gebäudeeigentümer, hier also die rechtlich selbständige A, sein, ohne dass es in diesem Zusammenhang auf die von der Antragstellerin erörterte Frage der Beherrschung der A durch die Antragsgegnerin ankäme. Insoweit ist die Antragsgegnerin nicht passiv legitimiert.

Sofern die Antragstellerin begehrt, der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, die streitgegenständliche Liegenschaft durch ein von ihr beherrschtes Privatrechtssubjekt - gemeint sein kann nur die A - dem Beigeladenen zu überlassen oder die Überlassung zu bewirken, fehlt es ebenfalls an der Passivlegitimation. Die A ist kein Organ der Antragsgegnerin, mit dem sie gleichsam als verlängerter Arm handelt, sondern eine rechtlich selbstständige Aktiengesellschaft, auf die sie - namentlich durch eine Senatorin als Aufsichtsratsvorsitzende qua Amtes - Einfluss nehmen können mag, die ihre Entscheidungen aber innerhalb des durch das Aktiengesetz und die eigene Satzung bzw. die Geschäftsanweisung ihres Aufsichtsrates für den Vorstand vorgegebenen Rahmens selbstständig trifft. Insoweit wird auf die Ausführungen zum Antrag zu 2. verwiesen.

b. Der Antrag zu 2. ist zulässig, aber unbegründet. Mit ihm beantragt die Antragstellerin, die Antragsgegnerin zu verpflichten, auf die A dahin einzuwirken, dass eine Überlassung der (...) an den Beigeladenen zur Nutzung als Kindertagesstätte bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache unterbleibt.

aa. Dieser Antrag ist zulässig. Insbesondere dürfte der Antragstellerin - und nur insoweit kann die Zulässigkeit problematisch sein - ein Rechtsschutzbedürfnis nicht abzusprechen sein. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist keine gesetzlich vorgegebene, gleichwohl aber allgemein anerkannte Zulässigkeitsvoraussetzung, die die Gerichte vor überflüssigen, nutzlosen und mutwilligen Prozessen bewahren soll. Es ist im Regelfall anzunehmen und nur bei Vorliegen besonderer Umstände, die das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtsstreits entfallen lassen, zu verneinen (Sodan in Sodan/ Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 42 Rn. 335). Derartige besondere Umstände liegen hier nicht vor.

Im Streitfall dürfte das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis nicht bereits deshalb zu verneinen sein, weil sich das Ziel des vorliegenden Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auf anderem Wege schneller oder einfacher erreichen ließe, als durch die Inanspruchnahme des Verwaltungsrechtswegs (vgl. Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 42 Rn. 349). Im Streitfall dürfte der Antragstellerin zwar der Zivilrechtsweg unmittelbar gegen die A offen stehen, auf den Zivilrechtsweg beschränkt dürfte sie indes nicht sein.

Die A wird von der Antragsgegnerin beherrscht. Sie stand ausweislich des A-Geschäftsberichts 2014 zu 28,42 % im Eigentum der Antragsgegnerin und zu 71,58 % im Eigentum der B, deren alleinige Gesellschafterin die Antragsgegnerin ist, so dass die A im Alleineigentum der Antragsgegnerin stand. Dass sich am Alleineigentum der Antragsgegnerin zwischenzeitlich etwas geändert hätte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Antragstellerin begründet ihre Einwirkungsklage unter anderem mit der Grundrechtsbindung, der die A ebenso wie die Antragsgegnerin unterliege; es gehe nicht um eine rein erwerbswirtschaftliche (fiskalische) Betätigung, sondern um Daseinsvorsorge. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urt. v. 22.2.2011, 1 BvR 699/06, BVerfGE 188, 226-278, juris Rn. 46-52) unterliegen öffentliche Unternehmen, die vollständig im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, sowie gemischtwirtschaftliche Unternehmen, die von der öffentlichen Hand beherrscht werden, der unmittelbaren Grundrechtsbindung. Deren Aktivitäten bleiben unabhängig von der Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Einflussbereiche eine Form staatlicher Aufgabenwahrnehmung, bei der die Unternehmen selbst unmittelbar an die Grundrechte gebunden sind. Daraus folgt, dass Grundrechte in diesen Fällen gegenüber einem grundrechtsgebundenen Unternehmen auf dem Zivilrechtsweg, sofern dieser für das Erstreiten von Handlungen oder Unterlassungen eines solchen privatrechtlich organisierten Unternehmens eröffnet ist, geltend gemacht werden können. Dies auch deshalb, weil die Geltendmachung von Grundrechten über den Umweg der Einwirkungsrechte, zumal wenn an einem Unternehmen mehrere öffentliche Anteilseigner beteiligt sind, vom Verfahren und vom Zeitaufwand her zu schwerfällig sind, um einen effektiven Grundrechtsschutz sicherzustellen (BVerfG, Urt. v. 22.2.2011, 1 BvR 699/06 a.a.O.). Allerdings lässt sich dem genannten Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht sicher entnehmen, dass in diesen Fällen der Weg über ein gegen die öffentliche Hand auf Einwirkung gerichtetes Begehren mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässige wäre (so bereits OVG Hamburg, Urt. vom 25.2.2014, 3 Bf 338/09, DVBl 2014, 1069-1074, juris Rn. 48 ff.). Die Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses dürfte nach Auffassung des Beschwerdegerichts jedenfalls in einer Konstellation wie der vorliegenden geboten sein, in der erst nach Antragstellung (am 21.2.2015) durch den Verkauf des Grundstücks an die A (am 10.7.2015) eine prozessuale Situation entstanden ist, in der eine Umstellung des Antrags von der ursprünglich beantragten Unterlassung in eine Verpflichtung zur Einwirkung in Betracht kommt.

Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis dürfte ferner nicht deswegen zu verneinen sein, weil das Rechtsschutzziel für die Antragstellerin nutzlos bzw. rechtlich nicht vorteilhaft sein könnte (vgl. Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 42 Rn. 350). Losgelöst von der - in der Begründetheitsprüfung noch näher zu erörternden - Frage, in welchem Umfang und mit welcher Effektivität die Antragsgegnerin im Sinne der Antragstellerin auf die A einwirken könnte, ist ein Einwirkungsanspruch jedenfalls nicht von vornherein auszuschließen. Die Möglichkeit, zumindest ein €Zwischenziel€ in dem Sinne zu erreichen, dass die Antragsgegnerin etwa über die Vorsitzende des Aufsichtsrates der A, die Senatorin für (...) der Freien und Hansestadt Hamburg, auf die A einwirkt, lässt das Beschreiten des Rechtswegs jedenfalls nicht von vornherein als rechtlich nutzlos erscheinen (vgl. zu diesem Maßstab OVG Hamburg, Urt. v. 25.2.2014, 3 Bf 338/09, juris, 55, 56). Der Umstand, dass ein Anspruch letztlich zu verneinen ist, lässt das Rechtsschutzbedürfnis für sich genommen noch nicht entfallen.

bb. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Das Vorliegen eines Anspruchs darauf, dass die Antragsgegnerin auf die A dahin einwirkt, dass sie die (...) nicht an den Beigeladenen vermietet oder anderweitig zur Nutzung überlässt, hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.

Unabhängig von der Frage, auf welche Rechtsgrundlage sich ein derartiger Einwirkungsanspruch stützen ließe, dürfte er bereits am Fehlen einer hinreichenden Einwirkungsmöglichkeit der Antragsgegnerin auf die A scheitern. Das Beschwerdegericht geht davon aus, dass die Möglichkeit einer Einwirkung auf einen Dritten, um damit ein Rechtsschutzziel zu erreichen, für das eine Handlung oder ein Unterlassen dieses Dritten erforderlich ist, nur dann anzunehmen ist, wenn diese Einwirkung auch geeignet ist, dieses dahinter stehende Rechtsschutzziel zuverlässig zu erreichen. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass es der Antragsgegnerin möglich sein müsste, derart auf die A einzuwirken, dass davon ausgegangen werden muss, dass sie sich auch in dem vorgegebenen Sinne verhält. Dies wäre der Fall, wenn es eine entsprechende Weisungsbefugnis gegenüber dem mit der Geschäftsführung betrauten Organ oder zumindest eine Weisungsmöglichkeit gegenüber einem in die Geschäftsführung qualifiziert eingebundenen Organ gäbe. Auf eine Einwirkung, die rechtlich leer liefe, weil sie letztlich über eine unverbindliche Empfehlung nicht hinausginge, dürfte schon kein Anspruch bestehen. So liegt es hier.

Bei der A handelt es sich um eine Aktiengesellschaft. Ihre geschäftliche Tätigkeit richtet sich nach dem Aktiengesetz (AktG), ihrer Satzung sowie der Geschäftsanweisung des Aufsichtsrates für den Vorstand (Geschäftsanweisung). Dass die Antragsgegnerin gegenüber dem Vorstand, der gemäß § 76 Abs. 1 AktG unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten hat, unmittelbar oder zumindest mittelbar Weisungsmöglichkeiten hätte, ist nicht ersichtlich.

Eine Möglichkeit, den aus drei Personen bestehenden Vorstand unmittelbar anzuweisen, besteht soweit ersichtlich weder aus aktienrechtlichen Vorschriften noch aus der Satzung oder der Geschäftsanweisung. Auch gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vorstandsmitglieder aus anderen Gründen - etwa als Landesbeamte - in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Antragsgegnerin stünden, aufgrund dessen sie gehalten sein könnten, deren Vorgaben umzusetzen. Auch die Antragstellerin behauptet nichts Gegenteiliges.

Die Antragsgegnerin verfügt aber auch nicht über mittelbare Weisungsmöglichkeiten. In Betracht käme etwa ein Einwirken auf den Aufsichtsrat, dem die Senatorin für (...) als Vorsitzende angehört, über die die Antragsgegnerin grundsätzlich eine Möglichkeit der Einflussnahme haben dürfte. Unabhängig von der noch zu erörternden Frage der rechtlichen Möglichkeit und der Effektivität eines solchen Einwirkens dürften die Befugnisse des Aufsichtsrats jedenfalls nicht so weit gehen, dass er konkret die Vermietung der (...) an den Beigeladenen verhindern könnte.

Der Aufsichtsrat hat gemäß § 111 Abs. 1 AktG die Aufgabe, die Geschäftsführung zu überwachen, woraus sich wiederum bestimmte Rechte ergeben. So haben etwa die Satzung einer Gesellschaft oder der Aufsichtsrat gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zu bestimmen, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen. Konkretisiert wird dies im Falle der A durch deren Satzung sowie durch die Geschäftsanweisung. Die Satzung bestimmt in § 10 Abs. 1 ergänzend zu § 76 Abs. 1 AktG, dass der Aufsichtsrat den Vorstand nicht nur zu überwachen, sondern auch zu beraten hat. Daneben listet die Satzung in § 11 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 verschiedene Entscheidungen und Geschäfte auf, die der Zustimmung des Aufsichtsrates bedürfen. Der Abschluss von Mietverträgen gehört dazu nicht. Aufgrund von § 11 Abs. 2 der Satzung hat der Aufsichtsrat in § 8 der Geschäftsanweisung Geschäfte benannt, die neben den bereits in der Satzung aufgeführten Geschäften seiner Zustimmung bedürfen. Zu den zustimmungsbedürftigen Geschäften gehört - und nur dies kommt hier ernsthaft in Betracht - gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 der Geschäftsanweisung der Abschluss, die Änderung und die Aufhebung von Verträgen mit besonderer Bedeutung. Der Abschluss eines Mietvertrages in Bezug auf die streitgegenständliche (...) zur Nutzung als Kindertagesstätte dürfte indes nicht zu den Verträgen mit besonderer Bedeutung in diesem Sinne gehören. Welche Verträge hierunter fallen, wird in der Geschäftsanweisung nicht definiert. Allerdings zeigt der systematische Zusammenhang mit den anderen in § 8 Abs. 1 der Geschäftsanweisung aufgelisteten Geschäften, dass es dabei nicht um solche gehen kann, die dem Kernbereich der geschäftlichen Tätigkeit der A zuzurechnen sind. Zu den zustimmungsbedürftigen Geschäften gehören danach bestimmte Bargeldanlagen (Nr. 2), Rechtsgeschäfte mit Aufsichtsratsmitgliedern oder deren Angehörigen (Nr. 3), die Übertragung von Aufgaben innerhalb der Gesellschaft (Nr. 4), die Einleitung bestimmter Rechtsstreitigkeiten (Nr. 5), die Gewährung von Spenden, Schenkungen und sonstigen Zuwendung ab einer bestimmten Größenordnung (Nr. 6) und die Übernahme neuer Aufgaben (Nr. 7). All diese Geschäfte haben mit dem Alltagsgeschäft der A nichts zu tun. Dieses konzentriert sich, wie sich aus § 2 Abs. 2 der Satzung ergibt, auf die Bewirtschaftung, die Errichtung, den Erwerb und die Betreuung von Bauten sowie die Übernahme von allen im Bereich der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, des Städtebaus und der wohnhaften Infrastruktur anfallenden Aufgaben. Die Vermietung von eigenen Immobilien gehört daher zum Kernbereich der Aufgaben der A und nicht zu den darüber hinausgehenden sonstigen wesentlichen Geschäften, die im Zusammenhang mit der Führung einer Aktiengesellschaft anfallen und die in § 8 Abs. 1 der Geschäftsanweisung hervorgehoben sind. Dafür, ein einzelnes Vermietungsgeschäft - und sei es auch ein bedeutsames - nicht als €Vertrag mit besonderer Bedeutung€ anzusehen, spricht auch, in welchem Umfang die A in der Immobilienwirtschaft tätig ist. Ausweislich ihrer Homepage (...) vermietet sie ...

Eine Zustimmungsbedürftigkeit ergibt sich auch nicht aus § 3 Abs. 2 der Satzung, wonach u.a. wesentliche Abweichungen von der Marktmiete bei der Überlassung sonstiger Mietobjekte, insbesondere von Gewerbeflächen, im Aufsichtsrat zustimmungspflichtig sind. Dass die Räumlichkeiten nicht entsprechend der Marktmiete vermietet werden sollen, ist jedenfalls auf Grundlage der Akten, auf die abzustellen ist, da das Beschwerdegericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes insoweit keine weiteren Ermittlungen anstellen muss, nicht ersichtlich. Die Antragstellerin behauptet nicht, dass der mutmaßliche Mietzins (wohl etwa ...) für sich genommen nicht marktüblich wäre. Sie nimmt dies lediglich deswegen an, weil die Immobilie erst aufgrund umfangreicher Sanierungsmaßnahmen in einen vermietbaren Zustand versetzt werden muss oder möglicherweise bereits versetzt worden ist. Ohne dass dem Beschwerdegericht insoweit die Einzelheiten bekannt wären, ergibt sich aus der Aktenlage, dass die für die Sanierung erforderlichen Mittel nicht von der A stammen. Die A mag die (...), die mit öffentlichen Mitteln grundsaniert werden soll oder bereits grundsaniert worden ist, letztlich nicht zu marktüblichen Konditionen erworben haben. Auch mag zutreffen, dass der Mietzins nicht kostendeckend wäre, hätte der Vermieter - die A - die Sanierungskosten selbst aufbringen müssen. Dass jedoch der mit dem Beigeladenen vereinbarte bzw. - da der Mietvertrag wohl noch nicht abgeschlossen worden ist - noch zu vereinbarende Mietzins nicht dem für eine vergleichbare, für den Ausbau und die Nutzung als Kindertagesstätte geeignete Räumlichkeit marktüblich zu zahlenden Mietzins entspricht, ist nicht ersichtlich.

Schließlich ergibt sich keinerlei Einwirkungsmöglichkeit aus dem Umstand, dass die Freie und Hansestadt Hamburg gemäß § 18 Abs. 1 der Satzung die Rechte aus § 53 Haushaltsgrundsätzegesetz in Anspruch nimmt. Diese Vorschrift gewährt Rechte im Rahmen der Prüfung des Jahresabschlusses, um die es vorliegend nicht geht.

Weitere Rechtsgrundlagen, aus denen sich ergeben könnte, dass der Abschluss des Mietvertrages der Zustimmung des Aufsichtsrates bedürfte, sind nicht ersichtlich.

Abgesehen davon dürfte die Antragsgegnerin den Aufsichtsrat ohnehin nicht anweisen können, sich in ihrem Sinne zu verhalten. Zu Recht hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass gemäß § 9 Abs. 1 der Satzung zwei Drittel der Mitglieder des Aufsichtsrats auf Vorschlag des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg und ein Drittel der Mitglieder von den Arbeitnehmern gewählt werden und dass die Senatorin für (...) Vorsitzende des Aufsichtsrats ist. Ansonsten besteht der neunköpfige Aufsichtsrat ausweislich des A-Geschäftsberichts 2014 aus drei kaufmännischen Angestellten der A, der Geschäftsführerin der B, einem selbstständigen Unternehmensberater, einem Mitglied des Vorstands der C (einem Tochterunternehmen der D, deren Anteile sich im Besitz der B befinden) sowie zwei Senatsdirektoren. Der Aufsichtsrat fasst seine Beschlüsse gemäß § 13 Abs. 2 der Satzung mit einfacher Stimmenmehrheit, wobei die Stimme des bzw. der Aufsichtsratsvorsitzenden bei Stimmengleichheit den Ausschlag gibt. Angesichts dieser Zusammensetzung des Aufsichtsrats kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Mehrheit seiner Mitglieder von der Antragsgegnerin angewiesen werden könnte, sich in bestimmter Weise gegenüber dem Vorstand zu verhalten. Selbst wenn man unterstellen würde, dass die Senatorin und die Senatsdirektoren als Landesbeamte angewiesen werden könnten, ist nicht ersichtlich, inwiefern dies auch für die bei der A, der C und der B Beschäftigten sowie dem selbstständigen Unternehmensberater der Fall sein sollte.

Bei alledem übersieht das Beschwerdegericht natürlich nicht, dass die A auf dem Hamburger Immobilienmarkt eine Sonderstellung einnimmt. Sie handelt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 der Satzung nach gemeinnützigen Grundsätzen und versteht sich, wie sie auf ihrer Homepage schreibt, als städtischer Konzern, der eine ausgewogene Wachstumsstrategie zur Stärkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit betreibt und zugleich für den sozialen Ausgleich in Wohnquartieren sowie für den Klimaschutz sorgt. Die A selbst betont das hohe Maß an Übereinstimmung mit ihrer ausschließlichen Gesellschafterin, der Freien und Hansestadt Hamburg und die wechselseitigen Interessen und sieht sich als strategisches Instrument für die Stadt zur Förderung von Wohnen, Wirtschaft, Bildung und Arbeit (Publikation (...). Gleichwohl dürfte sich allein aus diesem Verständnis nicht herleiten lassen, dass die Antragsgegnerin rechtlich durchsetzbare Einwirkungsmöglichkeiten im hier erforderlichen Sinne auf die A hat. Soweit - was sich der Kenntnis des Beschwerdegerichts im Einzelnen entzieht - bei der A eine generelle Bereitschaft vorhanden sein sollte, Vorgaben der Freien und Hansestadt Hamburg auch jenseits rechtlicher Verpflichtungen umzusetzen, dürfte dies im rechtlich Unverbindlichen bleiben und damit - auch aus Sicht der Antragsgegnerin - nicht abschließend kalkulierbar sein.

Die Möglichkeit, auf die A einzuwirken, ist daher äußerst begrenzt. Die Antragsgegnerin könnte allenfalls versuchen, über die Senatorin als Aufsichtsratsvorsitzende und möglicherweise auch über die beamteten Aufsichtsratsmitglieder einen Beschluss des Aufsichtsrats zu beantragen - erzwingen kann sie ihn nicht -, dass der Vorstand dahin beraten wird, die Liegenschaft nicht an den Beigeladenen zu vermieten. Diese Möglichkeit der rechtlich unverbindlichen, eher appellhaften Einflussnahme hält das Beschwerdegericht nicht für ausreichend, um eine für die Anerkennung eines Einwirkungsanspruchs hinreichende Einwirkungsmöglichkeit feststellen zu können. Damit ist die Antragstellerin im Übrigen nicht rechtsschutzlos gestellt. Das Bundesverfassungsgericht hat - wie bereits ausgeführt - in seinem Urteil vom 22. Februar 2011 (1 BvR 699/06, a.a.O., juris Rn. 52) die Problematik der gesellschaftsrechtlich beschränkten und vielfach nicht durchsetzbaren Einwirkungsrechte von Anteilseignern auf die laufende Geschäftsführung eines von der öffentlichen Hand beherrschten Unternehmens in Privatrechtsform betont und auch deshalb die unmittelbare Grundrechtsbindung öffentlicher Unternehmen statuiert. Die Grundrechte der Antragstellerin - im Streitfall geht es insbesondere um den Anspruch auf eine den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachtende Auswahlentscheidung - sind also von der A zu beachten und können durchgesetzt werden, selbst wenn dies nicht im Wege eines gegen die Antragsgegnerin gerichteten Einwirkungsanspruchs möglich ist.

b. Der Antrag zu 3. ist unzulässig. Mit ihm beantragt die Antragstellerin, die Antragsgegnerin zu verpflichten, auf den Beigeladenen dahingehend einzuwirken, dass die Anmietung der/oder die sonstige Eingehung eines Nutzungsverhältnisses bezüglich der (...) durch diesen zur Nutzung als Kindertagesstätte und/oder der Schaffung einer Kindertagesstätte in den Räumen der (...) durch ihn bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache unterbleibt. In der Sache geht es der Antragstellerin um eine vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin, auf den Beigeladenen dahin einzuwirken, dass er die (...) nicht anmietet und deren Nutzung als Kindertagesstätte unterlässt.

In Bezug auf diesen Antrag fehlt der Antragstellerin bereits die auch für einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog. Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Klage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt sein. Dieses Erfordernis gilt entsprechend für Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO (OVG Saarlouis, Beschl. v. 14.5.2014, 1 D 272/14, NVwZ-RR 2014, 671, juris Rn. 4; OVG Weimar, Beschl. v. 7.2.2014, 2 EO 212/13, ThürVBl 2014, 192, juris Rn. 2, 8; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 42 Rn. 80). Die Antragsbefugnis setzt voraus, dass die Verletzung eines subjektiven öffentlichen Rechts zumindest als möglich erscheint.

Diese Rechtsverletzung muss, wie sich bereits aus der Bezugnahme auf den angefochtenen oder begehrten Verwaltungsakt in § 42 Abs. 2 VwGO ergibt, von demjenigen ausgehen, der klageweise bzw. mit einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Anspruch genommen wird. Sofern allerdings das mit dem Antrag unmittelbar verfolgte Begehren nur dazu dient, einen Dritten zu einem bestimmten Verhalten oder Unterlassen zu veranlassen, wird man für die Annahme einer Antragsbefugnis die Möglichkeit einer Rechtsverletzung des Antragstellers durch das Verhalten oder Unterlassen dieses Dritten verlangen müssen. Der Sache nach möchte die Antragstellerin im Streitfall erreichen, dass unter Berücksichtigung ihrer Interessenbekundung eine den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 GG sowie verschiedene, von ihr benannte sozialrechtliche Vorschriften beachtende Auswahlentscheidung getroffen wird, wobei sie der Auffassung ist, dass der Beigeladene kein Träger der freien Jugendhilfe sei und schon deshalb nicht als Betreiber der Kindertagesstätte und Mieter der (...) in Betracht komme. Die für die Annahme einer Antragsbefugnis erforderliche Möglichkeit, dass der Beigeladene subjektive Rechte der Antragstellerin verletzt, wenn er die Räumlichkeiten anmietet, besteht nicht. Die genannten Grundrechte sowie Bestimmungen des einfachen Rechts können subjektive Rechte der Antragstellerin begründen, die von der Stelle, die über die Auswahl des Mieters entscheidet, zu beachten sind. Dies ist hier die grundrechtsgebundene A. Der Beigeladene wird möglicherweise ebenfalls von der öffentlichen Hand beherrscht und mag insoweit ebenfalls grundrechtsgebunden sein. Er verfolgt mit dem Bestreben, die (...) anzumieten - ebenso wie die Antragstellerin selbst - eigene wirtschaftliche Interessen und steht insoweit zu ihr in einem Konkurrenzverhältnis. Dass der Beigeladene dabei gegenüber der Antragstellerin Rechte zu wahren hätte, deren Verletzung durch den Abschluss des Mietvertrages im Sinne der an die Antragsbefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog zu stellenden Anforderung möglich wäre, sieht das Beschwerdegericht nicht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.






Hamburgisches OVG:
Beschluss v. 01.07.2016
Az: 4 Bs 261/15


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/3bee0078be14/Hamburgisches-OVG_Beschluss_vom_1-Juli-2016_Az_4-Bs-261-15




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