Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 31. August 2000
Aktenzeichen: 18 U 42/00
(OLG Köln: Urteil v. 31.08.2000, Az.: 18 U 42/00)
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 08.12.1999 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 25 O 434/99 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Den Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch Vorlage einer Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
Tatbestand
Der Beklagte war in der Zeit vom 01.09.1988 bis 31.07.1997 Mitglied des Vorstandes des Rechtsvorgängers des Klägers (K......versicherung VVaG - im folgenden: K.), der am 06.08.1998 mit dem Kläger verschmolzen wurde. Neben dem Beklagten waren bis zum 31.12.1996 Herr H. und bis zum 31.12.1997 Herr D. Vorstandsmitglieder der K..
Die K. war u. a. im Immobilien- und Hypothekenbereich tätig. In § 14 Abs. 3 Nr. 1 der Satzung der K. ist geregelt, dass der Vorstand bei Vermögensangelegenheiten von besonderer Bedeutung der Zustimmung des Aufsichtsrates bedarf (Anlage K15, Sonderheft I). In seiner Sitzung vom 15.09.1990 beschloss der Aufsichtsrat der K., dass sich künftig der Finanzausschuss mit der Prüfung von Vermögensanlagen von besonderer Bedeutung befassen werde. Hierunter sollten u. a. Hypotheken ab einer Summe von 500.000,00 DM fallen (S. 5 des Protokolls, Anlage K16, Sonderheft I). Gegenstand der Sitzung des Finanzausschusses vom 27.04.1996 waren auch die Grundsätze der Hypothekenvergabe. Der Finanzausschuss beschloss hierzu, dass die Hypothekenanträge mit folgenden Aktenvermerken versehen werden sollten:
"Aufgestellt: (Herr K.)
sachlich und rechnerisch richtig: (Herr G.)
genehmigt: (Herr H.)
zugestimmt: (Finanzausschuss)"
Der Zeuge K. war Kreditsachbearbeiter in der Abteilung Finanzanlagen, die von dem Zeugen G. geleitet wurde. Auf Vorstandsebene war hierfür Herr H. zuständig (Anlage zur Geschäftsordnung für den Vorstand der K. vom 04.09.1995, Anlage K17 Sonderheft I). Am 29.07.1996 fand eine Vorstandssitzung statt, die u.a. den Informationstransfer zwischen Hypotheken- und Antragsabteilung zum Gegenstand hatte. Die Hypothekenabteilung sollte der Antragsabteilung künftig einen Einblick in die Finanzierungsunterlagen ermöglichen (Anlage B25 Sonderheft II).
Am 17.09.1996 fand eine außerordentliche Sitzung des Aufsichtsrates statt. Darin wurde beschlossen, Herrn H. von der Führung der Finanzen freizustellen. Der diesbezügliche Beschluss lautet wie folgt:
"Die vom Aufsichtsratvorsitzenden ausgesprochene Untersagung der Tätigkeit des Vorstandsmitglieds, Herrn H., in Finanzangelegenheiten wird - sowie am 13.09.1996 ausgesprochen - bis zum Abschluss der Untersuchungen und der Entscheidung des Aufsichtsrates aufrechterhalten. Die Finanzangelegenheiten sind von den beiden übrigen Vorstandmitgliedern, Herrn D. und Herrn P., gemeinsam wahrzunehmen."
Anlässlich einer Klausurtagung der Aufsichtsräte der K. und der U. Versicherungs-AG erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende der K., dass nach seinem Empfinden Herr H. und Herr G. in Bezug auf die Kapitalanlagen einen vergleichsweisen großen Entscheidungsspielraum hätten. Der Beklagte wies darauf hin, dass bei der Vergabe von Hypothekendarlehen die Einschaltung des Finanzausschusses die Bearbeitungsdauer verlängere (S. 6 Anlage B27 Sonderheft II).
Der vorliegenden Schadensersatzklage liegt folgender Darlehensvorgang zugrunde:
Am 13.08.1996 genehmigte der Finanzausschuss des Aufsichtsrates der K. die Gewährung von Hypothekendarlehen in Höhe von insgesamt 2,9 Millionen DM an einen Herrn W.L., der unter dem falschen Namen Dr. M. J. auftrat, zur Finanzierung des Erwerbs des Grundstücks Auf den B. in G. (Anlage K31 Sonderheft III). Der Kaufvertrag (Anlage K20 Sonderheft I) sah einen Kaufpreis von 3,25 Millionen DM vor. Der Notar hatte das Grundbuch vor der Beurkundung nicht eingesehen. Nach Angaben des Verkäufers war der Grundbesitz mit Grundschulden in Höhe von insgesamt 2,71 Millionen DM zu Gunsten der Dresdner Bank belastet. Nach einer Zusatzvereinbarung vom 13.07.1995 (Anlage K 21 Sonderheft I) sollte die Auszahlung eines Teilkaufpreises in Höhe von 2,18 Millionen DM erfolgen, wenn zu Gunsten "Dr. J." ein Grundpfandrecht in Höhe von 2,5 Millionen DM zu Gunsten der Volksbank R. - S. eG erstrangig ins Grundbuch eingetragen sei. Unter dem 09.08.1996 erteilte die K. "Dr. J." eine Finanzierungszusage über eine Summe von 2,9 Millionen DM unter den Voraussetzungen, dass eine Hypothek an erster Rangstelle im Grundbuch eingetragen, eine Kapital-Lebensversicherung zur Rückführung des Darlehens abgeschlossen, ein Wertgutachten erstellt werde und die fehlenden Unterlagen für die bereits durchgeführten Finanzierungen vorgelegt würden (Anlage K22 Sonderheft I). Letzteres bezieht sich auf bereits zuvor zu Gunsten "Dr. J." valutierte Kredite in Höhe von 2,3 Millionen DM und 6 Millionen DM. Die Finanzierungszusage ist von den Zeugen G. und K. unterzeichnet. Auf Veranlassung des "Dr. J." erstattete der Sachverständige K. unter dem 26.08.1996 ein Wertgutachten und ermittelte einen Verkehrs-Verkaufswert in Höhe von 3,4 Millionen DM (Anlage K19 Sonderheft I). Unter dem 20.09.1996 wurden mit "Dr. J." zwei Darlehensverträge über eine Summe von insgesamt 2,9 Millionen DM abgeschlossen (Anlage K11 Sonderheft I). Die Darlehensverträge waren von Seiten der K. von den Zeugen G. und K. unterzeichnet. In der Darlehensakte "Dr. J." befinden sich ferner Hypothekenbestellungen und Schuldanerkenntnisse über einen Betrag von insgesamt 2,9 Millionen DM (Anlage K12 Sonderheft I). Die Urkunden sind von einem "Notar K." unterzeichnet, der zum damaligen Zeitpunkt das Amt des Notars nicht mehr inne hatte (Anlage K13 Sonderheft I). "Notar K." stellte ferner unter dem 02.10.1996 eine Rangbestätigung aus, ausweislich derer die Löschung der zu Gunsten der Deutschen Bank in Abt. III eingetragenen Grundschulden sichergestellt sei und die Eintragung der zu Gunsten der K. bestellten Hypotheken erstrangig erfolgen werde (Anlage K12 Sonderheft I). Unter dem 14.10.1996 veranlassen Herr H. und der Zeuge G. die Auszahlung von 2,9 Millionen DM auf ein Notaranderkonto des "Notars" K. (Anlagen K23 bis K25 Sonderheft I). Herr L. alias "Dr. J." wurde wegen Betruges zu einer Haftstrafe verurteilt. Herr H. nahm sich im Herbst 1997 das Leben. Unter dem 27.03.1998 beschloss der Aufsichtsrat des Klägers, Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten geltend zu machen (Anlage K4 Sonderheft I).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe nach dem Beschluss des Aufsichtsrates vom 17.09.1996 die Großkreditgeschäfte einer Überprüfung zuführen müssen. Im Falle "Dr. J." - so hat der Kläger behauptet - hätten die Voraussetzungen für eine Auszahlung des Darlehens nicht vorgelegen. In der Kreditakte habe sich nur ein unbeglaubigter und veralteter Grundbuchauszug vom 02.09.1993 befunden. Die Unterlagen zur Bonitätsprüfung hätten sich auf eine Selbstauskunft des "Dr. J." vom 05.02.1996 beschränkt. Die Zustimmung des Finanzausschusses habe sich der Kreditakte "Dr. J." nicht entnehmen lassen.
Der Kläger hat weiter behauptet, der Beklagte habe die Mitarbeiter in der Kreditabteilung nicht davon in Kenntnis gesetzt, dass Herrn H. intern die Zuständigkeit für das Ressort Finanzen entzogen worden sei. Sonst hätte der Zeuge G. an der Valutierung des Darlehens nicht mitgewirkt. Auch habe der Beklagte es pflichtwidrig unterlassen, die kontoführenden Banken von dem Zuständigkeitswechsel zu unterrichten.
Der Kläger hat gegen den Beklagten weitere Schadensersatzansprüche geltend gemacht, die das Landgericht abgetrennt hat.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2,9 Millionen DM nebst 5% Zinsen seit dem 08.07.1998 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, unmittelbar nach der Aufsichtsratssitzung vom 17.09.1996 mit den anderen Vorstandsmitgliedern übereingekommen zu sein, dass zunächst Herr H. in einem persönlichen Gespräch die Abteilungsleiter von dem Wechsel in der Zuständigkeit unterrichten solle. Der Zeuge G. habe hiervon seit Mitte September 1997 Kenntnis gehabt. Er habe die Zeugen G. und K. angewiesen, höhere Kreditengagements einer Überprüfung zu unterziehen und ihm die zweifelhaften Fälle vorzulegen. In einigen Fällen sei dies auch geschehen, nicht aber in der Sache "Dr. J.".
Das Landgericht hat die Klage nach der Vernehmung von Zeugen durch ein am 08.12.1999 verkündetes Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, ein für den geltend gemachten Schaden ursächliches Fehlverhalten des Beklagten stehe nicht fest. Eine Unterrichtung der Finanzbuchhaltung von dem Zuständigkeitswechsel sei nicht erforderlich gewesen, weil vorliegend der Finanzausschuss den Darlehensvertrag bereits genehmigt habe. Gleiches gelte für eine Information der kontoführenden Banken. Dass der Beklagte der ihm obliegenden Verpflichtung, den Zeugen G. von der geänderten Ressortzuständigkeit zu unterrichten, nachgekommen sei, stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der Begründung der Kammer wird auf Bl. 256 bis 270 d.A. Bezug genommen.
Gegen dieses ihm am 21.12.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.01.2000 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 16.03.2000 begründet. Er ist der Auffassung, dem Beklagten falle ein Organisationsverschulden zur Last, weil er die Immobilienabteilung nicht mit geeigneten Führungskräften ausgestattet habe. Auch sei der Beklagte gehalten gewesen, sich nach dem 17.09.1996 einen Überblick über die Großkredite zu verschaffen und sodann die Auszahlung des Darlehens an "Dr. J." zu verhindern.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2,9 Millionen DM nebst 5% Zinsen seit dem 8. Juli 1998 zu zahlen,
Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen zu dürfen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
ihm zu gestatten, Sicherheit auch durch die Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu leisten.
Er verweist darauf, dass der Aufsichtsrat Herrn H. nur von der "Führung" der Finanzen freigestellt habe; hierunter falle die Anweisung einer Zahlung aufgrund eines bereits genehmigten Hypothekendarlehens nicht. Der Beklagte habe auch keine Veranlassung gehabt, genehmigte Kredite zu überprüfen. Anlass für die Freistellung des Herrn H. seien nicht Unregelmäßigkeiten bei der Bewilligung von Hypothekendarlehen, sondern die Abwicklung des Immobiliengeschäfts D. gewesen.
Gründe
Die prozessual bedenkenfreie Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Er hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Leistung von Schadensersatz gemäß § 93 Abs. 2 AG.
Der Beklagte hat die ihm als Mitglied des Vorstandes des Rechtsvorgängers des Klägers obliegenen Pflichten nicht (nachweislich) verletzt.
Die der Behauptung des Klägers zufolge unzureichende personelle Besetzung des Ressorts Finanzen ist nicht geeignet, eine Haftung des Beklagten zu begründen. Vor dem 17.09.1996 fielen die Bereiche Anlagenmanagement und Finanzbuchhaltung in die Zuständigkeit des Vorstandsmitgliedes H. (Geschäftsordnung des Vorstandes vom 04.04.1995, Anlage K 17 Sonderheft I). Für Personalfragen war das Vorstandsmitglied D. zuständig. Im Grundsatz obliegt es dem jeweils für ein Ressort zuständigen Vorstandsmitglied, persönlich dafür Sorge zu tragen, dass in seinem Bereich eine Überwachungsstruktur besteht und die ihm unterstellten Mitarbeiter sorgfältig ausgewählt sind (Götz, AG 1995, 337, 338). Wegen des Grundsatzes der Gesamtverantwortung des Vorstandes hat zwar jedes Vorstandsmitglied Aufsichtspflichten in Bezug auf die Nachbarressorts. Solange aber keine Anhaltspunkte für eine sorgfaltswidrige Geschäftsführung vorliegen, ist ein Vorstandsmitglied nicht gehalten, Aufsichtsmaßnahmen in Bezug auf das Nachbarressort zu ergreifen (Götz, a.a.O., S. 339; Kölner Kommentar/Merter AktG, § 93 Rz. 34 m.w.N.). Welchen konkreten Anlass der Beklagte gehabt haben sollte, sich vor dem 17.09.1996 um die personelle Besetzung des Kreditbereichs zu kümmern, hat der Kläger nicht konkret dargetan. In der Aufsichtsratssitzung vom 16.12.1995 ist von einer insgesamt zufriedenstellenden Entwicklung die Rede (S. 4 Anlage B13 Sonderheft II). Gegenstand der Vorstandssitzung vom 29.07.1996 war zwar auch der nicht optimale Informationstransfer zwischen Hypotheken und Antragsabteilung (S. 2 Anlage B25 Sonderheft II). Das hierfür zuständige Vorstandmitglied H. sagte aber zu, diesen Mangel durch organisatorische Maßnahmen abzustellen. Dem durfte der Beklagte vertrauen. Die von den Parteien vorgelegten Protokolle aus der Zeit vor dem 17.09.1996 geben keine Hinweise auf ein unkorrektes Vorgehen bei der Bewilligung von Darlehen. Der Beklagte hatte mit Rücksicht darauf seinerzeit objektiv keine Veranlassung, Aufsichtsmaßnahmen in Bezug auf das Nachbarressort des Herrn H. zu ergreifen.
Auch der Umstand, dass der Rechtsvorgänger des Klägers das Kreditgeschäft ausgeweitet hat, ohne dass konkrete Richtlinien für die Vergabe von Darlehen und die Überprüfung der Sicherheiten aufgestellt worden waren, ist nicht geeignet, eine Haftung des Beklagten zu begründen. Die Aufstellung und die Überprüfung der Einhaltung von Vergaberichtlinien oblag vielmehr dem hierfür zuständigen Vorstandsmitglied H. und dem Finanzausschuss. Der Beklagte gehörte unstreitig diesem Gremium nicht an. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte hätten erkennen können, dass sein Mitvorstand H. dieser ihm obliegenen Verpflichtung nicht oder in unzureichendem Maße nachkommen würde, hat der Kläger nicht dargetan. Sie lassen sich auch aus den von den Parteien vorgelegten Protokollen der Aufsichtsrats- und Vorstandssitzungen nicht entnehmen.
Die Zustimmung des Finanzausschusses vom 13.08.1996 zu der Bewilligung des Darlehens an "Dr. J." (Anlage K31 Sonderheft III) fällt ebenfalls nicht in den Verantwortungsbereich des Beklagten, der unstreitig nicht Mitglied dieses Gremiums war. Ihm oblag es auch nicht, dessen Entscheidung vorzubereiten. Ausweislich des Protokolls der Sitzung des Finanzausschusses vom 27.04.1996 (Anlage K18 Sonderheft I) war dies vielmehr Aufgabe der Zeugen K. und G. sowie des Vorstandsmitgliedes H.. Konkrete Anhaltspunkte für Unkorrektheiten im Bereich der Vorbereitungen von Entscheidungen des Finanzausschusses, die dem Beklagten Veranlassung zu Aufsichtsmaßnahmen hätten geben müssen, hat der Kläger nicht dargetan.
Ebenso wie das Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststeht, dass die Mitarbeiter des Klägers von dem Beschluss des Aufsichtsrates vom 17.09.1996 Kenntnis hatten. Ein solcher teilweiser "Machtentzug" spricht sich, wie der Zeuge D. anschaulich bekundet hat, über die Arbeitnehmer-Vertretungen sogleich herum.
Der Beklagte war auch nicht gehalten, die kontoführenden Banken von einem Wechsel in der Zuständigkeit zu unterrichten. Es wäre nicht im wohlverstandenen Interesse und der Kreditwürdigkeit der K. gewesen, interne Schwierigkeiten nach außen zu tragen.
Der Beklagte war schließlich nicht verpflichtet, vor Auszahlung des Darlehens an den Kreditnehmer "Dr. J." die Voraussetzungen für eine Kreditvergabe und für eine Auszahlung des Darlehensbetrages zu überprüfen.
Am 14.10.1996 gab es nämlich noch keine Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten im Bereich der Bewilligung und Auszahlung von Hypothekendarlehen. Gegenstand der Sitzung des Finanzausschusses vom 13.08.1996 war die Entwicklung der Kapitalanlagen (Anlage B17 Sonderheft II). Gleiches gilt für die Aufsichtsratsitzung vom 17.09.1996, in der das Vorstandsmitglied H. von dem Bereich Führung der Finanzen freigestellt worden ist (Anlage K14 Sonderheft I). Dem Vorstandsmitglied H. wurde in dieser Sitzung die Verletzung von Informationspflichten in Bezug auf Kapitalanlagen insbesondere im Zusammenhang mit Geschäftsbeziehungen zu einer Firma D. zum Vorwurf gemacht; nur zu diesem Komplex wurde eine Wirtschaftsprüfergesellschaft mit einer Überprüfung beauftragt. Der Hypothekenbereich war hingegen nicht Tagesordnungspunkt der vorgenannten Aufsichtsratssitzung. Auch in der Klausurtagung der Aufsichtsräte vom 27./28.08.1996 war Gegenstand der Besprechung der Vorgang "D."; ferner wurde erörtert, ob das Vorstandsmitglied H. und der Zeuge G. einen zu großen Entscheidungsspielraum in Bezug auf die Kapitalanlagen hätten. Der Darlehensbereich findet in dem Protokoll der Sitzung vom 27./28.08.1996 hingegen keine Erwähnung. Das Schreiben des Kläger an die K. vom 27.09.1996 verhält sich in erster Linie zu dem Komplex D. und dem Grundstückserwerb; in diesem Bereich sei eine zureichende Kontrolle nicht gewährleistet. Der Kläger hat in diesem Schreiben ferner die Auffassung vertreten, dass die Vergabe von Hypotheken an gewerbliche Kreditnehmer risikobehaftet sei. Von Unregelmäßigkeiten im Hypothekenbereich ist in dem Schreiben hingegen keine Rede. Mit Rücksicht darauf war der Beklagte im Oktober 1996 in erster Linie gehalten, den Immobilienbereich einer Überprüfung zu unterziehen. Er war nicht schon am 14.10.1996 verpflichtet, die vom Finanzausschuss genehmigten Großkredite, bei denen die Entscheidung über die Gewährung des Darlehens bereits gefallen war, vor der Valutierung erneut zu überprüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Streitwert für den zweiten Rechtszug und Beschwer des Klägers: 2,9 Mio. DM.
OLG Köln:
Urteil v. 31.08.2000
Az: 18 U 42/00
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