Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 11. August 1993
Aktenzeichen: 6 W 41/93
(OLG Köln: Beschluss v. 11.08.1993, Az.: 6 W 41/93)
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den am 27. April 1993 verkündeten Beschluß der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 41 O 57/93 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Gründe
Das Rechtsmittel der Antragstellerin
ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat der Antragstellerin
zu Recht die Kosten des Verfahrens auferlegt, nachdem der
Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Dabei
ist es im Rahmen der Entscheidung nach § 91 a ZPO zutreffend von
der Anwendbarkeit des Rechtsgedankens des § 93 ZPO ausgegangen.
Soweit in dem angefochtenen Beschluß
angenommen wird, daß die Unterlassungserklärung "sofort" im Sinne
des § 93 ZPO abgegeben worden ist, begegnet dies keinen Bedenken.
"Sofort" im Sinne dieser Bestimmung bedeutet, daß das Anerkenntnis
- hier die Unterlassungsverpflichtungserklärung - in der ersten
mündlichen Verhandlung erklärt wird. Dies ist hier geschehen, und
zwar unmittelbar nachdem die Antragstellerin ihren Antrag, der ihr
konkretes Begehren bis zu diesem Zeitpunkt allenfalls annähernd
umschrieb, durch Neufassung klargestellt hatte.
Die Antragsgegnerin hat auch keine
Veranlassung zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens gegeben.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, daß in
Wettbewerbsstreitigkeiten der Verletzte, falls er Kostennachteile
für sich vermeiden will, den Verletzer zunächst abmahnen muß, um
ihm Gelegenheit zu geben, den Streit außergerichtlich durch eine
strafbewehrte Unterlassungverpflichtungserklä-rung beizulegen,
bevor er den Rechtsweg beschreitet (vgl. Senat in WRP 1986, 426;
NJW-RR 1988, 187; GRUR 1988, 487, jeweils m.w.N.). Andernfalls muß
der Verletzte die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 93 ZPO tragen,
wenn der Verletzer den Klageanspruch sofort anerkennt bzw. eine
strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt. Vom Erfordernis der
vorherigen Abmahnung kann nur in Ausnahmefällen abgesehen werden.
Einen solchen Ausnahmefall hat die Antragstellerin, die es
unterlassen hat, die Antragsgegnerin vor Einleitung des Verfahrens
abzumahnen, nicht dargetan; er ist auch den im
Beschwerdeverfahren vorgetragenen Umständen nicht zu
entnehmen.
Die Abmahnung ist entbehrlich, wenn
ihre Erfolglosigkeit von vornherein vorauszusehen ist oder wenn
sie dem Verletzten aufgrund der besonderen Umstände des Falles
unzumutbar ist (vgl. Großkommentar/Kreft Vor § 13 UWG Abschnitt C,
Rn. 84; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 6. Aufl.,
Kapitel 41, Rn. 21; Senat a.a.O., jeweils m.w.N.). Die
Unzumutbarkeit der Abmahnung kann hingegen nicht ohne weiteres in
allen Fällen vorsätzlicher Wettbewerbsverstöße angenommen werden.
Soweit die Antragstellerin sich auf Vorsatz der Antragsgegnerin
beruft, läßt dies für sich mithin die Abmahnung nicht entbehrlich
erscheinen. Hier hätten vielmehr weitere Umstände hinzukommen
müssen, die eine Abmahnung unzumutbar machten; solche sind jedoch
nicht dargetan.
Die Antragstellerin hat mehrfach darauf
hingewiesen, daß der Prozeßbevollmächtigte der Antragsgegnerin
noch wenige Tage vor Abgabe der
Unterlassungsverpflichtungserklärung im Verfahren 42 O 40/93
Landgericht Aachen zu Protokoll erklärt habe, das fragliche Zeichen
sei als Wortzeichen eingetragen. In einer solchen Erklärung könnte
zwar grundsätzlich eine Berühmung zu sehen sein. Die
Antragsgegnerin hat jedoch eingewandt, ihr Prozeßbevollmächtigter
habe eine derartige Erklärung niemals abgegeben, die
Sitzungsniederschrift sei insoweit unzutreffend. Ob die
Antragstellerin dies einräumen will, ist ihrem Vorbringen nicht
deutlich zu entnehmen. Die Vorsitzende der betreffenden Kammer für
Handelssachen des Landgerichts Aachen hat jedoch im Beschluß vom
21. April 1993 in dem Parallelverfahren 42 O 56/93 ausdrücklich
darauf hingewiesen, soweit in dem Sitzungsprotokoll von dem
"eingetragenen Wortzeichen" die Rede sei, handele es sich um ein
Mißverständnis zwischen Gericht und Prozeßbevollmächtigtem. Danach
kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Prozeßbevollmächtigte
der Antragsgegnerin seinerzeit eine Erklärung des behaupteten
Inhalts abgegeben hat.
Ohne Erfolg macht die Antragstellerin
weiter geltend, eine Abmahnung sei für sie unzumutbar gewesen,
weil die Antragsgegnerin ihrerseits im Februar 1993 ein
Verfügungsverfahren eingeleitet habe, um der Antragstellerin
untersagen zu lassen, von der Antragsgegnerin oder anderen, mit
dieser verbundenen F. bezogene Waren der Marke "G " anzubieten
..., ohne unter der Bezeichnung "G " zu firmieren. Aus welchem
Grunde ein solcher Verfügungsantrag der Antragsgegnerin aus der
Sicht der Antragstellerin eine Abmahnung unzumutbar erscheinen
lassen konnte, ist nicht ersichtlich, zumal es in dem
Verfügungsverfahren umgekehrten Rubrums ausweislich des zitierten
Antrags um die Firmierung, also um die Bezeichnung des
Unternehmens und nicht um die Angabe des Warenzeichens , ging. An
näheren Ausführungen zum damaligen Verfahrensgegenstand fehlt
es.
Die Hinweise der Antragstellerin auf
zwischenzeitlich ergangene einstweilige Verfügungen des
Landgerichts Aachen und prozessuale Erklärungen der
Antragsgegnerin in Rechtsstreitigkeiten vor den Landgerichten Köln,
Freiburg und Osnabrück rechtfertigen ebenfalls keine im Ergebnis
abweichende Beurteilung. Insoweit ist zu berücksichtigen, daß
Veranlassung zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens durch
ein Verhalten gegeben wird, das vernünftigerweise den Schluß auf
die Notwendigkeit eines Prozesses bzw. Verfügungsverfahrens
rechtfertigt. Daraus wird zutreffend die Folgerung gezogen, daß es
für die Frage, ob der Gegner Anlaß zur Einleitung eines
gerichtlichen Verfahrens gegeben hat, grundsätzlich auf sein
Verhalten vor dem Prozeß ankommt (vgl. BGH NJW 1979, 2040, 2041 und
Senat in NJW-RR 1988, 187 m.w.N.). Zwar ist anerkannt, daß zur
Beurteilung des vorprozessualen Verhaltens des Gegners auch dessen
Verhalten nach der Verfahrenseinleitung herangezogen werden kann.
Dies ändert jedoch nichts daran, daß ein Anlaß, der bei Einleitung
eines gerichtlichen Verfahrens noch nicht vorgelegen hat, nicht
später rückwirkend eintreten, also nicht "nachwachsen" kann (vgl.
BGH a.a.O.). Das von der Antragstellerin angeführte Prozeßverhalten
der Antragsgegnerin betrifft ausnahmslos Verfahren, die später als
das vorliegende eingeleitet worden sind. Óberdies ist das
Vorbringen zu diesen Verfahren unsubstantiiert, denn die zitierten
Àußerungen und die auszugsweise in Ablichtung vorgelegten
Schriftsätze der Antragsgegnerin lassen nicht nachvollziehbar
erkennen, in welchem Zusammenhang die Antragsgegnerin die
wiedergegebenen Àußerungen getan hat. Die in dem Rechtsstreit vor
dem Landgericht Osnabrück erklärte Anfechtung der
Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 30. März 1993 ist
ausdrücklich "vorsorglich" erfolgt und scheint allein auf einer
unterschiedlichen Interpretation der Formulierung "durch Dritte"
zu beruhen.
OLG Köln:
Beschluss v. 11.08.1993
Az: 6 W 41/93
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/3c5995cdef0b/OLG-Koeln_Beschluss_vom_11-August-1993_Az_6-W-41-93