Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Oktober 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 181/03
(BPatG: Beschluss v. 12.10.2005, Az.: 32 W (pat) 181/03)
Tenor
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 24. März 2003 insoweit aufgehoben, als der angemeldeten Marke die Eintragung für die Dienstleistungen "Werbung, auch online-Werbung, sowie Beratung hierzu, Marketing" versagt worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die am 7. Januar 2002 für die Dienstleistungen
"Werbung, auch online-Werbung, sowie Beratung hierzu, Marketing; Unterhaltung, nämlich Musikdarbietungen, Produktion von Musikaufnahmen; Veranstaltungsmanagement, nämlich Beratung bei der Konzeption, Planung, Organisation und Durchführung von Veranstaltungen für Unterhaltungszwecke; Dienstleistungen einer Künstleragentur, nämlich Vermittlung von Musikern"
angemeldete Wortmarkereal groovehat die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss einer Beamtin des gehobenen Dienstes vom 24. März 2003 mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich um eine rein beschreibende Sachangabe, der jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs 2 Nrn 1 und 2 MarkenG).
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders.
Unter Vorlage von Unterlagen aus dem Internet trägt er zur Begründung vor, der Begriff "groove" bezeichne ein ständig wiederkehrendes, mitreißendes rhythmisch- melodisches Element. Zusammen mit dem voranstehenden Bestandteil "real" werde allerdings nicht der "echte groove" oder "wahre groove" bezeichnet, vielmehr ergebe sich ein Hinweis auf die "Real Groove Band", deren Musical Director und Drummer er, der Anmelder, sei. Diese stelle eine feste Größe in der deutschen Musikszene dar. Er wolle das Zeichen nicht für eigene Musikaufnahmen, mithin nicht für eine bestimmte Spielweise und Interpretationsform schützen lassen, sondern unter Nutzung der Bekanntheit des Bandnamens für Maklertätigkeiten im Musikgeschäft.
Zusammen mit einem Zwischenbescheid des Berichterstatters sind dem Anmelder weitere Belege aus dem Internet zur Verwendung der Bezeichnungen "groove" und "real groove" auf dem Gebiet der Unterhaltungsmusik übersandt worden. Bezüglich deren Inhalt und wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist, da im Jahre 2003 erhoben, ohne vorherige Erinnerung zulässig (§ 66, § 165 Abs 4 MarkenG), jedoch nur teilweise - hinsichtlich der in der Beschlussformel genannten Dienstleistungen - begründet. Im Übrigen ist ihr der Erfolg zu versagen.
1. a) Für die beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 41, die sämtlich einen naheliegenden Bezug zur Unterhaltungsmusik aufweisen, entbehrt "real groove" von Hause aus, dh vor und unabhängig von jeder Benutzung, des erforderlichen Mindestmaßes an Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten. Zur Beurteilung der Unterscheidungskraft ist eine auf den Einzelfall bezogene sorgfältige und gründliche Prüfung - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - erforderlich (EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Rdn 59; GRUR 2004, 674 - Postkantoor, Rdn 123). Kann einer Wortmarke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort (bzw eine Wortkombination) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr, etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so entbehrt diese jeglicher Unterscheidungskraft (st Rspr: vgl BGH BlPMZ 2004, 30 - Cityservice).
Es kann, auch aufgrund der dem Anmelder zur Kenntnis gegebenen Belegstellen aus dem Internet, nicht zweifelhaft sein, dass "groove" - losgelöst von seiner ursprünglichen englischsprachigen Bedeutung - ein musikalischer Fachbegriff ist und als solcher vom inländischen, an Unterhaltungsmusik interessierten Verkehr verstanden wird. Der Anmelder räumt dies der Sache nach selbst ein, wenn er vorträgt, "groove" bezeichne ein ständig wiederkehrendes, mitreißendes rhythmischmelodisches Element. Einem solchen Fachbegriff wird daher für Dienstleistungen, die sich in irgendeiner Weise auf den Musikbereich beziehen - was hier für sämtliche beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 41 zutrifft -, kein Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Betrieb entnommen.
Die Voranstellung des ebenfalls englischsprachigen Wortes "real" (= wirklich, real, wahr, echt, effektiv; vgl PONS, Wörterbuch für Schule und Unterricht, Englisch-Deutsch, 1. Aufl 2001, S 1064) bewirkt keine derartige Verfremdung, dass der Gesamtbegriff in einem abweichenden Sinne verstanden würde. Zwar mag es Fälle geben, in denen die Kombination von "real" mit einem nachfolgenden Eigenschaftswort bei nicht eindeutigem Warenbezug einen in der Gesamtheit unterscheidungskräftigen Ausdruck ergibt (vgl BPatG BlPMZ 1999, 318 - REAL BIG). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, da "real groove" (iSv wirklicher groove, wahrer groove) in gleicher Weise wie "groove" in Alleinstellung der betriebskennzeichnenden Hinweiskraft entbehrt. Dass es sich bei "real groove" um eine in der englischen Sprache übliche Wortzusammenstellung handelt, die im Gebrauch unterschiedlicher Verwender ist, ergibt sich ebenfalls aus einigen der übersandten Internet-Seiten.
b) Ob die angemeldete Bezeichnung für die Dienstleistungen in Klasse 41 außerdem auch als unmittelbar beschreibende und deshalb freihaltebedürftige Angabe anzusehen ist (gem § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG), kann dahingestellt bleiben.
c) Auf Durchsetzung im Verkehr infolge Benutzung (§ 8 Abs 3 MarkenG) hat der Anmelder sein Eintragungsbegehren nicht gestützt. Er hatte dies zwar, wie sich aus dem Schriftsatz vom 21. März 2005 ergibt, früher einmal erwogen, aber letztlich davon Abstand genommen.
2. Eine andere Beurteilung der Schutzfähigkeit ist jedoch für die Dienstleistungen der Klasse 35 geboten. Diese weisen - jedenfalls nach der (neutralen) Fassung des Dienstleistungsverzeichnisses - keinen naheliegenden Bezug zum Musikbereich auf; auf tatsächliche Verwendungsabsichten des Anmelders ist insoweit nicht maßgeblich abzustellen. Für den angesprochenen Verkehr steht kein dienstleistungsbezogener Sinngehalt im Vordergrund des Verständnisses. Teilweise wird "groove" hier gar nicht als musikalischer Begriff (im oben dargelegten Sinn) verstanden werden, sondern gemäß seiner ursprünglichen Bedeutung in der englischen Sprache (= Rille, Nut, Bahn; vgl PONS, aaO, S 552). In der Gesamtheit kann "real groove" somit ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft für diese Dienstleistungen nicht abgesprochen werden; es handelt sich insoweit ersichtlich auch nicht um eine unmissverständliche beschreibende Angabe, so dass die Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nrn 1 und 2 MarkenG nicht eingreifen.
Dr. Hacker Kruppa Viereck Hu
BPatG:
Beschluss v. 12.10.2005
Az: 32 W (pat) 181/03
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