Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Juli 2009
Aktenzeichen: 35 W (pat) 402/08

(BPatG: Beschluss v. 01.07.2009, Az.: 35 W (pat) 402/08)

Tenor

1.

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Deutschen Patentund Markenamtes -Gebrauchsmusterabteilung II -vom 24. Oktober 2007 aufgehoben.

2.

Das Gebrauchsmuster 203 21 052 wird in vollem Umfang gelöscht.

3.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

4.

Die Kosten des Löschungsverfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Antragsgegnerin.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des am 20. Mai 2003 als Abzweigung der europäischen Patentanmeldung EP 1 509 210 mit Prioritäten aus der deutschen Anmeldung DE 102 23 835 vom 28. Mai 2002 und der US-Anmeldung 60/428 556 vom 22. November 2002 angemeldeten und am 22. September 2005 unter der Bezeichnung

"Pflaster, enthaltend Fentanylum"

eingetragenen Gebrauchsmusters. Die Erstveröffentlichung (WO 03/101433 A1) erfolgte am 11. Dezember 2003. Es umfasst in der eingetragenen Fassung 14 Schutzansprüche, von denen Anspruch 1 wie folgt lautet:

1. Transdermales therapeutisches System mit einer Deckschicht, einer Klebermatrix mit einem Gehalt an Fentanyl als Wirkstoff und mit einer abziehbaren Schutzschicht, gekennzeichnet durch eine Acrylat-Copolymer-Klebermatrix, die frei von Penetrationsbeschleunigern ist, wobei die Klebermatrix ausgewählt ist aus der folgenden Gruppe: a) basisches Acrylat-Copolymeres, insbesondere Acrylat-Copolymeres mit Hydroxyethylacrylat-Einheiten, und mit einer organischen Titan-Verbindung als Vernetzer; undb) basisches Acrylat-Copolymeres mit Vinylacetat-Einheiten und frei von Vernetzern, insbesondere Acrylat-Copolymeres mit Hydroxyethylacrylat-Einheiten und Vinylacetat-Einheiten.

Wegen des Wortlauts der rückbezogenen, eingetragenen Ansprüche 2 bis 14 wird auf die Akten Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2007 die vollständige Löschung des Gebrauchsmusters beantragt und den Antrag auf den Löschungsgrund der fehlenden Schutzfähigkeit gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 GebrMG gestützt. Zur Begründung hat sie u. a. auf die Entgegenhaltungen hingewiesen.

GL2 Produktbeschreibung der Firma National Starch hinsichtlich Durotak¨ vom Februar 2002 GL10 EP 0 887 075 A2 GL23 Wabro K. et al, "Haftklebstoffe und Haftklebebänder: Entwicklungsstand, Herstellung, Anwendung, Prüfung", ASTORplast GmbH, 1. Auflage 1994, S. 21 bis 24 GL28 WO 00/41538 A2 und GL29 Produktbeschreibung 3M ScotchpakTM 1022 Release Liner Im patentamtlichen Löschungsverfahren hat die Antragsgegnerin das Gebrauchsmuster gemäß Hauptund Hilfsantrag mit Schutzansprüchen 1 bis 4 verteidigt. Die Gebrauchsmusterabteilung II hat mit Beschluss vom 24. Oktober 2007 die Teillöschung des Gebrauchsmusters angeordnet soweit es über die Fassung des Hilfsantrags hinausgeht. Sie hat das Gebrauchsmuster nach Anspruch 1 des Hauptantrags auf Grund der unzulässigen Erweiterung seines Gegenstandes für nicht schutzfähig gehalten.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden sowohl der Antragstellerin als auch der Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin verfolgt ihr Schutzbegehren mit dem mit Schriftsatz vom 25. August 2008 vorgelegten Hauptantrag und Hilfsantrag 2 sowie mit dem mit der Eingabe vom 15. Juni 2009 vorgelegten Hilfsantrag 1 weiter. Die Schutzansprüche 1 bis 4 gemäß Hauptantrag lauten:

1.

"Transdermales therapeutisches System mit einer Deckschicht, einer Klebermatrix mit einem Gehalt an Fentanyl als Wirkstoff und mit einer abziehbaren Schutzschicht, gekennzeichnet durch eine basische Acrylat-Copolymer-Klebermatrix, die frei von Penetrationsbeschleunigern ist, wobei die Klebermatrix frei von Vernetzern ist und aus 2-Ethylhexylacrylat, 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat bei einem Verhältnis von 2-Hydroxyethylacrylat : Vinylacetat von 1:0,6 bis 1,5 auf Molbasis oder auf Gewichtsbasis, besteht und eine Schichtdicke von 20 bis 500 µm aufweist.

2.

Transdermales therapeutisches System nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch einen Gehalt an Fentanyl in einer Konzentration von 5 bis 18 Gew.-%, bezogen auf das Gewicht der Klebermatrix mit Wirkstoff.

3.

Transdermales therapeutisches System nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch einen Restgehalt an Fentanyl-Lösemittel, insbesondere Ethylalkohol, von kleiner 0,25 Gew.-%, bezogen auf das Gewicht der Klebermatrix mit Wirkstoff.

4.

Transdermales therapeutisches System nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch eine Klebermatrix, die aus 2-Ethylhexylacrylat, 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat bei einem Verhältnis von 2-Hydroxyethylacrylat : Vinylacetat von 1 : 2,2 bis 1 : 5, auf Molbasis oder Gewichtsbasis, besteht."

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:

"Transdermales therapeutisches System mit einer Deckschicht, einer Klebermatrix mit einem Gehalt an Fentanyl als Wirkstoff und mit einer abziehbaren Schutzschicht, gekennzeichnet durch eine basische Acrylat-Copolymer-Klebermatrix, die frei von Penetrationsbeschleunigern ist, wobei die Klebermatrix frei von Vernetzern ist und aus 2-Ethylhexylacrylat, Methylcrylat, 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat bei einem Verhältnis von 2-Hydroxyethylacrylat : Vinylacetat von 1:0,6 bis 1,5 auf Molbasis oder auf Gewichtsbasis, gewinnbar ist und eine Schichtdicke von 20 bis 500 µm aufweist."

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet:

"Transdermales therapeutisches System mit einer Deckschicht, einer Klebermatrix mit einem Gehalt an Fentanyl als Wirkstoff und mit einer abziehbaren Schutzschicht, gekennzeichnet durch eine basische Acrylat-Copolymer-Klebermatrix, die frei von Penetrationsbeschleunigern ist, wobei die Klebermatrix frei von Vernetzern ist und aus 2-Ethylhexylacrylat, Methylacrylat, 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat bei einem Verhältnis von 2-Hydroxyethylacrylat : Vinylacetat von 1 : 0,6 bis 1,5 auf Molbasis oder auf Gewichtsbasis, besteht und eine Schichtdicke von 20 bis 500 µm aufweist."

Wegen des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 4 der Hilfsanträge 1 und 2 wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, Anspruch 1 des Hauptantrags sei unzulässig. Soweit die Antragsgegnerin diesbezüglich behaupte, nicht alle vier Monomere müssten zwingend im Copolymer enthalten sein, insbesondere könne das Methylacrylat weg gelassen werden, müsse ihr entgegen getreten werden. Folge man der Auslegung des Anspruchs der Antragsgegnerin, lasse der Wortlaut nämlich auch zu, lediglich ein Monomer zum Aufbau der Klebermatrix auszuwählen. Im Übrigen privilegiere er nicht 2-Ethylhexylacrylat oder Methylacrylat gegenüber 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat. Vielmehr bedeute die Formulierung, wonach "eine Klebermatrix ... die aus 2-Ethylhexylacrylat, Methylacrylat, 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat ... gewinnbar sei", dass der Anspruch auf die Herstellung einer Klebermatrix aus allen vier Monomeren gerichtet sei. Im Stand der Technik seien ferner zahlreiche Fentanyl enthaltende Transdermale Therapeutische Systeme (TTS) beschrieben, bei denen der Wirkstoff Fentanyl aus einer Polyacrylatmatrix freigesetzt werde. Der Fachmann wisse daraus, dass die Matrix in Form von Mischungen, sogenannter Blends, verschiedener Polyacrylate aus jeweils einem Monomer oder in Form von Copolymeren, d. h. Polymeren, die aus unterschiedlichen Monomeren zusammengesetzt sind, vorliegen könne. Es bestünden keine Schwierigkeiten für ihn, die Zusammensetzung der Polyacrylatmatrix den Eigenschaften des Wirkstoffes anzupassen, was erforderlich werden könne, wenn es zu einer Wechselwirkung zwischen Wirkstoff und funktionellen Gruppen, z.B. den Hydroxylgruppen eines Polymers, komme. Ergäben sich aus den Wechselwirkungen nachteilige Folgen hinsichtlich der Haftfähigkeit des TTS und/oder hinsichtlich der Verfügbarkeit des Wirkstoffes, sei es für den Fachmann selbstverständlich, durch die Auswahl geeigneter Monomere die Zusammensetzung der Polyacrylatmatrix so zu steuern, dass diesem Mangel entgegen gewirkt werden könne. Insbesondere wenn der Wirkstoff eine weichmachende Wirkung entfalte, liege der Zusatz eines höheren Anteils an härtenden Monomeren im Copolymer für den Fachmann ausgehend von einem umfangreich dokumentierten Stand der Technik auf der Hand. Hierfür geeignete Monomere seien ihm aus seinem allgemeinen Fachwissen bekannt.

Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung II des Deutschen Patentund Markenamts aufzuheben und das Gebrauchsmuster 203 21 052 vollständig zu löschen.

Die Antragsgegnerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag im Umfang des Hauptantrags eingereicht mit Schriftsatz vom 25. August 2008, hilfsweise im Umfang des Hilfsantrags 1 eingereicht mit Schriftsatz vom 15. Juni 2009, weiter hilfsweise im Umfang des Hilfsantrags 2, eingereicht mit Schriftsatz vom 25. August 2008, sowie die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, die Formulierung des Anspruches 1 des Hauptantrags ergebe sich aus der Zusammensetzung der Variante 1b des TTS nach dem eingetragenen Anspruch 1, kombiniert mit dem eingetragenen Anspruch 7, in dem die Zusammensetzung der Klebermatrix als aus den vier Monomeren 2-Ethylhexylacrylat, Methylacrylat, 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat "gewinnbar" bezeichnet sei. Die vier Monomere müssten daher nicht zwingend im Copolymer enthalten sein. Hauptsache sei, das Verhältnis von Hydroxylgruppen zu Vinylacetat werde eingehalten. Eine unzulässige Erweiterung des Anspruchs 1 nach Hauptantrag liege daher nicht vor.

Die Antragsgegnerin macht ferner geltend, es sei das Verdienst der Erfinder erkannt zu haben, dass das Fentanyl die Polyacrylatmatrix weich mache und dass es in Folge dessen zu kaltem Fluss komme. Dieser beeinträchtige die Haftfähigkeit der Klebermatrix. Ziel sei es daher, ein möglichst patientenfreundliches Pflaster mit guten Klebeeigenschaften bereitzustellen. Dies werde erfindungsgemäß dadurch erreicht, dass eine besonders dicke und daher gut handhabbare Schutzfolie, die mit einem basischen Copolymer, bei dem das Verhältnis der Hydroxylgruppen zu Vinylacetat zwischen 1:0,6 bis 1:5 liege, beschichtet sei, kombiniert werde. Für eine solche Lösung gebe es im Stand der Technik kein Vorbild. Vielmehr offenbare dieser lediglich Blends, d. h. Mischungen verschiedener Polymere und kein Acrylat-Copolymer mit dem beanspruchten Verhältnis von Hydroxylgruppen zu Vinylacetat; er gehe auch nicht auf den Einfluss des Fentanyls auf die Klebermatrix im Einzelnen ein. Zu den im Stand der Technik erwähnten, weich machenden Substanzen, die in der Regel flüssig seien, zähle Fentanyl auch nicht, so dass der Fachmann ausgehend davon keine Veranlassung gehabt habe, die Klebekraft des Pflasters durch das Zumischen von Vinylacetat zu verbessern. Die Auswahl der Schutzfolie in Kombination mit der beanspruchten Mischung der Monomere im Copolymer sei daher nicht nahe gelegt. Insbesondere gebe es keinen Hinweis im Stand der Technik auf die Verbesserung der Klebekraft durch die spezielle Abmischung der Monomere.

Zum weiteren Vorbringen der Verfahrensbeteiligten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet, da der geltend gemachte Löschungsgrund der fehlenden Schutzfähigkeit (§ 15 (1) Nr. 1 GebrMG) besteht. Der Löschungsantrag war mithin begründet.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet.

1.

Das Streitgebrauchsmuster betrifft ein Transdermales Therapeutisches System (TTS) mit einer Deckschicht, einer Klebermatrix mit einem Gehalt an Fentanyl als Wirkstoff und mit einer abziehbaren Schutzschicht. Fentanyl ist bereits seit 1984 in der Anwendung mittels eines transdermalen Pflasters bekannt. Es hat sich seither bestens in der Therapie von starken und/oder chronischen Schmerzzuständen, insbesondere postoperativ als auch bei Krebspatienten bewährt. Als Nebenwirkungen sind in dieser Substanzklasse der Opioide und so auch bei Fentanyl Übelkeit, Kreislaufprobleme, Verstopfung oder Pruritus und lebensbedrohliche Atemdepression zu beobachten, was eine langsame und kontinuierliche Zufuhr in den Körper erfordert. Wegen der schlechten oralen Bioverfügbarkeit von < 10% sind orale Retardformen (Retardtabletten) nicht anwendbar. Transdermal appliziert wird der firstpass-Effekt in der Leber vermieden, die Aufnahme der Substanz durch die Haut ist gut und man kann auf diese Weise lang anhaltende gleichmäßige Blutspiegel erreichen, wenn es gelingt, eine geeignete transdermale Formulierung zu entwickeln (Streitgebrauchsmusterschrift S. 2/9, Abs. 0001 und 0002).

2.

Davon ausgehend liegt dem Streitgebrauchsmuster die Aufgabe zu Grunde, ein verbessertes transdermales therapeutisches System der einleitend genannten Art auszubilden (Streitgebrauchsmusterschrift, S. 3/9, Abs. 0008).

Gelöst werden soll diese Aufgabe gemäß Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag durch ein TTS mit folgenden Merkmalen:

1.

Transdermales Therapeutisches System (TTS)

2.

mit einer Deckschicht, 3.

einem Gehalt an Fentanyl als Wirkstoff 4.

und mit einer abziehbaren Schutzschicht, gekennzeichnet durch, 5.

eine basische Acrylat-Copolymer-Klebermatrix, 6.

die frei von Penetrationsbeschleunigern ist, 7.

wobei die Klebermatrix frei von Vernetzern ist und 8.

und aus 2-Ethylhexylacrylat, 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat bei einem Verhältnis von 2-Hydroxyethylacrylat : Vinylacetat von 1 : 0,6 bis 1 : 5 auf Molbasis oder Gewichtsbasis, besteht, 9.

und eine Schichtdicke von 20 bis 500 µm aufweist.

3.

Der maßgebende Fachmann ist ein Pharmazeut oder Chemiker mit praktischer Erfahrung und speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Entwicklung von Wirkstoffpflastern, der -bei Besonderheiten die eingesetzten Polymerkleber betreffend -gegebenenfalls auf die Spezialkenntnisse eines Polymerchemikers zurückgreift.

4.

Das transdermale therapeutische System nach Schutzanspruch 1 des Hauptantrags ist aus den Gründen des § 15 (1) Nr. 3 GebrMG nicht schutzfähig.

Die Offenbarung einer Anmeldung ist nach geltender Rechtsprechung unter Zugrundelegung der gleichen Kriterien zu prüfen wie die Neuheit, d.h. unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Anmeldung (Schulte PatG § 34 Rdn. 341 i. V. m. § 3 Rdn. 94 ff.). Demnach wäre ein TTS, welches das im Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag genannte Polymer (Merkmal 8) enthält, gegenüber dem eingetragenen Streitgebrauchsmuster neu, weil die Streitgebrauchsmusterschrift in ihrer Gesamtheit dem Fachmann an keiner Stelle Hinweise auf Polymere der Zusammensetzung gemäß Merkmal 8 des Anspruchs 1 des Hauptantrags vermittelt. Als erfindungsgemäß unvernetzt beschrieben werden nämlich ausschließlich Polymermischungen, die alle vier der in den eingetragenen Ansprüchen 4, 7 und 8 genannten Monomere enthalten (vgl. Streitgebrauchsmusterschrift, S. 5/9, Tab. mit erfindungsgem. Beisp. 2 bis 4; S. 6/9 und 7/9, Abs. 0026, 0027 u. 0028). Selbst wenn die Formulierungen "herrühren" und "gewinnbar" in den eingetragenen Schutzansprüchen 4, 7 und 8 als interpretierbar im Sinne des Anspruchs 1 des Hauptantrags -wie von der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang geltend gemacht -angesehen würden, sprechen die in den erfindungsgemäßen Beispielen angegebenen Bestandteile und Mengenverhältnisse für 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat gegen eine solche Auslegung. Denn nachgewiesen wurde der geltend gemachte Effekt, i.e. die Verbesserung der Klebeeigenschaften der Matrix, ausschließlich für Polymermischungen, die alle vier in den Ansprüchen 4, 7 und 8 genannten Monomere aufweisen. Dazu zählt auch das Methylacrylat, dessen Anteil im streitmustergemäß verwendeten Durotak¨ 3872510 immerhin 23 % beträgt (vgl. Streitmusterschrift S. 5/9, Tab. i. V. m. GL2). Hinweise dahingehend, es seien auch Polymere mit einer davon abweichenden Monomeren-Zusammensetzung als gleich wirkend in Betracht zu ziehen, wie z. B. das in Absatz 0017 der Streitmusterschrift genannte Durotak¨ 87-2979, mit denen das gewünschte Ergebnis erzielbar sei, enthält das Streitgebrauchsmuster jedoch nicht. Denn bei dem von der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Anspruchsformulierung genannten Durotak¨ 87-2979 handelt es sich im Unterschied zur vorliegend beanspruchten Klebermatrix nicht um ein Vernetzter freies, sondern um ein einen Vernetzer enthaltendes Polymer (vgl. GL 2). Die in den Schutzansprüchen 7 und 8 angegebenen Mengenverhältnisse für 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat sind daher nur in Verbindung mit solchen Systemen zu lesen, die alle vier genannten Monomere enthalten.

Das TTS nach Anspruch 1 des Hauptantrags ist daher mangels unzulässiger Erweiterung nicht schutzfähig.

5. Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Schutzansprüche nach den Hilfsanträgen 1 und 2 bestehen dagegen nicht. Ein weiteres Eingehen hierauf erübrigt sich, da das Gebrauchsmuster wegen mangelnder Schutzfähigkeit scheitert.

5.1. Das TTS des Streitgebrauchsmusters gemäß den Schutzansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 und 2 mag die erforderliche Neuheit aufweisen, es beruht in der Fassung dieser Anträge aber nicht auf einem erfinderischen Schritt.

5.2. Die Schutzansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 2 unterscheiden sich vom TTS gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass -die Klebermatrix gemäß Merkmal 8 aus 2-Ethylhexylacrylat, Methylacrylat, 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat bei einem Verhältnis von 2-Hydroxyethylacrylat : Vinylacetat von 1 : 0,6 bis 1 : 5 auf Molbasis oder Gewichtsbasis gewinnbar ist (Hilfsantrag 1), bzw. dadurch dass -die Klebermatrix gemäß Merkmal 8 aus 2-Ethylhexylacrylat, Methylacrylat, 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat bei einem Verhältnis von 2-Hydroxyethylacrylat : Vinylacetat von 1 : 0,6 bis 1 : 5, auf Molbasis oder Gewichtsbasis besteht (Hilfsantrag 2).

Die Antragsgegnerin will den Schutzanspruch 1 des Hilfsantrags 1 so verstanden wissen, dass mit der Formulierung "gewinnbar" zum Ausdruck gebracht wird, dass die Klebermatrix gemäß Merkmal 8 nicht zwingend aus allen vier der genannten Monomere 2-Ethylhexylacrylat, Methylacrylat, 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat zusammengesetzt sein muss. Im Hinblick auf die Feststellung der mangelnden Schutzfähigkeit eines aus weniger als vier der genannten Monomere zusammengesetzten basischen Copolymerisats für das TTS nach Anspruch 1 des Hauptantrags, erübrigt es sich, auf die Frage des erfinderischen Schritts des TTS nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 einzugehen, da sein Gegenstand in dieser Auslegung ebenfalls unzulässig erweitert ist. Wird die Formulierung "gewinnbar" im Merkmal 8 im Sinne eines productbyprocess Anspruches interpretiert, kennzeichnet der Anspruch ein Produkt, dessen Klebermatrix aus den genannten vier Monomeren zusammengesetzt ist und das demnach wesensgleich mit dem TTS nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 ist. Insofern beziehen sich nachstehende Ausführungen zum erfinderischen Schritt auf den Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 in gleicher Weise.

Den nächst liegenden Stand der Technik beschreibt die Entgegenhaltung GL 28. Sie geht von einer vergleichbaren Aufgabenstellung wie das Streitgebrauchsmuster aus (S. 3, Abs. 3). Es ist daraus ein TTS mit den Merkmalen 1 bis 5, 6, 7 und 9 -gemäß vorstehender Merkmalsgliederung -bekannt. Das TTS der GL28 weist nämlich ebenfalls eine Deckschicht und eine abziehbare Schutzschicht auf (Anspr. 26 und 28 i. V. m. S. 23, Abs. 3 und 4; S. 24, Abs. 2 und 3). Als Wirkstoff kann das TTS ferner einen Gehalt an Fentanyl aufweisen (Anspr. 1 i. V. m. S. 14, vorl. Abs. und S. 15, Abs. 1). Penetrationsbeschleuniger sind im TTS der GL28 nicht zwingend vorhanden (S. 18, Abs. 3). Die Klebermatrix weist eine Schichtdicke zwischen 12 und 250 µm auf (S. 23, letzt. Abs.).

Das TTS nach Schutzanspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 unterscheidet sich demnach vom TTS der Entgegenhaltung GL28 dadurch, dass anstelle einer Mischung von Polymeren -Blend -gemäß Merkmal 8 ein basisches Acrylat-Copolymer als Klebermatrix verwendet wird, wobei die streitmustergemäßen Monomere, i.e. 2-Ethylhexylacrylat, Methylacrylat, 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat, auch bereits zum Aufbau der Homo-, Cooder Terpolymere der GL28 verwendet werden und diese Polymere neben anderen als für die Zusammensetzung der Klebermatrix nicht nur als geeignet beschrieben, sondern auch als bevorzugt zu verwendende, nicht vernetzte Polymere genannt werden (S. 11, Abs. 3 bis S. 11/12 Brückenabs.). Dabei sind die Polymere derart aufgebaut, dass sich Polymere mit und ohne funktionelle Gruppen ergeben, die dann in bestimmten Mengenverhältnissen gemischt vorliegen können (Anspr. 1 i. V. m. S. 6, vorl. Abs. bis S. 7, Abs. 4; S. 10, Abs. 2 bis S. 11, Abs. 2 und S. 12, Abs. 2 bis S. 13, Abs. 1 und S.13/14, Brückenabs.). Ein Verhältnis von 2-Hydroxyethylacrylat zu Vinylacetat wie im Merkmal 8 des Anspruches 1 der Hilfsanträge 1 und 2 angegeben -ist der Entgegenhaltung GL28 jedoch nicht ausdrücklich zu entnehmen.

Das Merkmal 8 in der Form der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 2 kann den erfinderischen Schritt des TTS aber nicht begründen. Denn der Fachmann, der vor die Aufgabe gestellt ist, ein TTS mit einer Polyacrylat-Klebermatrix mit einer bestimmten erwünschten Klebekraft, einer ausreichenden Wirkstoffmenge und einem ebensolchen Wirkstofffluss herzustellen, erhält aus der Druckschrift GL28 bereits Anregungen, wie er diese Aufgabe lösen kann. Es wird in der Entgegenhaltung nämlich ausgeführt, wie die Zusammensetzung einer Polymermischung variiert werden muss, wenn die Klebekraft des Pflasters zu wünschen übrig lässt oder der Wirkstofffluss nicht der Zielsetzung entspricht (S. 2, Abs. 3; S. 9/10 Brückenabs.;

S. 8/9 Brückenabs. und S. 12, Abs. 2 bis S. 13, Abs. 3). Insbesondere wird vorgeschlagen, die Zusammensetzung der Klebermatrix so zu wählen, dass das Polymer eine bestimmte Glasübergangstemperatur aufweist, um eine genügende Klebekraft und gute Trageeigenschaften beim erwünschten Wirkstofffluss aufzuweisen (S. 9, letzt. Abs.). Da Zusammensetzungen mit einem hohen Anteil an Acrylatpolymeren ohne funktionelle Gruppen üblicherweise keine ausreichenden Trageeigenschaften aufweisen, wie auch aus der Tabelle von Seite 5/9 der Streitmusterschrift für das Polymer Durotak¨ 87-4098 ersichtlich, soll deren Anteil eine bestimmte Grenze nicht überschreiten, die durch Routineversuche in Abhängigkeit vom verwendeten Wirkstoff zu ermitteln ist (vgl. GL28, S. 9/10, Brückenabs.). Die Antragsgegnerin hat -wie aus den Versuchen der Tabelle von S. 5/9 der Streitgebrauchsmusterschrift ersichtlich -nichts Anderes getan, als dieser Lehre zu folgen, indem dem Acrylat-Polymer ohne funktionelle Gruppen ein eine Hydroxylgruppe enthaltendes Acrylat-Polymer, von dem aus dem Fachwissen bekannt ist, dass es die Haftung verbessert und die Glasübergangstemperatur erhöht, zugemischt und die Wirkung einer schrittweisen Beimischung auf die Klebekraft des TTS in Anwesenheit des Wirkstoffs Fentanyl festgestellt wird (vgl. GL23, S. 21 vorl. Abs. i. V. m. Tab. 2.4). Unter den zahlreichen in der Praxis einsetzbaren "Acrylic Adhesives" hebt die Entgegenhaltung GL28 u. a. aber bereits auch jene als besonders bevorzugte Acrylat-Copolymere hervor, nämlich z. B. Durotak¨ 874098 und Durotak¨ 87-2510, auf die auch die Antragsgegnerin zurückgegriffen hat (S. 11, vorl. Abs. und folgend S. 11/12 Brückenabs.). Diese aus der als bevorzugt genannten Gruppe zu ermitteln, bedurfte angesichts der vorstehend dargelegten Sachlage lediglich orientierender Versuche, die kein erfinderisches Zutun erforderten. Dabei ergibt sich das Verhältnis von 2-Hydroxyethylacrylat zu Vinylacetat für diejenigen Gemische, die sich als für den Wirkstoff Fentanyl geeignete Klebermatrix erweisen und die gestellte Aufgabe lösen, auf Grund der jeweils bekannten fixen Zusammensetzungen der beiden Acrylat-Polymere Durotak¨ 874098 und 87-2510 sodann von selbst. Es bedurfte daher keines erfinderischen Schrittes, das sich bei Ausführung der in GL28 angeregten Routineversuche von selbst ergebende Verhältnis auf ein einziges basisches Acrylat-Copolymer zu übertragen (S. 9/10, Brückenabs.).

Die Antragsgegnerin hat hierzu eingewandt, die Druckschrift GL28 enthalte hinsichtlich der Einstellung der Klebekraft keinen Hinweis, diese durch das Verhältnis von 2-Hydroxyethylacrylat zu Vinylacetat einzustellen. Das Monomer Vinylacetat könne nach der Lehre der GL28 als Comonomer sowohl in dem Polymeranteil der Klebermatrix mit funktionellen Gruppen als auch in dem Polymeranteil ohne funktionelle Gruppen enthalten sein und sei daher nicht wesentlich für die Einstellung der Klebekraft; vielmehr lehre die GL28 zur Erhöhung der Glasübergangstemperatur und damit zur Verbesserung der Klebekraft nur die Verwendung von Styrolmonomeren. Die Auswahl und Mischung der streitmustergemäßen Monomere sei daher durch GL28 nicht nahe gelegt.

Dieser Einwand der Antragsgegnerin kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Dem Fachmann ist -wie die Antragstellerin vorgetragen hat -bekannt, dass die Variation der Comonomeren-Zusammensetzung das wichtigste Mittel ist, die Klebeigenschaften der Haftklebstoffe zu beeinflussen. Durch eine gezielte Auswahl von weichmachenden und hartmachenden Monomeren, sowohl hinsichtlich ihrer Art als auch ihrer Menge, lässt sich bei der Copolymerisation von zwei oder mehreren Monomeren eine bestimmte Glasübergangstemperatur einstellen (GL23, S. 21, vorl. und letzt. Abs.). In der Entgegenhaltung GL28 werden die hier in Rede stehenden Monomere 2-Ethylhexylacrylat, Methylacrylat, 2-Hydroxyethylacrylat und Vinylacetat auch expressis verbis bereits genannt (S. 10, Abs. 2 und 3 i. V. m. S. 11, Abs. 2). Ausgehend von der Empfehlung in der Entgegenhaltung GL28, zur Erzielung einer guten Klebekraft des Polymers dessen Glasübergangstemperatur auf einen Wert zwischen -70¡C bis 0¡C einzustellen, und in Kenntnis dessen, dass es sich bei den Monomeren Methylacrylat und Vinylacetat um härtende, die Glasübergangstemperatur erhöhende Monomere handelt, kann der Fachmann der Lehre der GL28 folgend, die Zusammensetzung des Copolymers ohne weitere Überlegung durch Routineversuche so steuern, dass sie den weichmachendenden Eigenschaften des Wirkstoffs Fentanyl Rechnung trägt (vgl GL28, S. 9, letzt. Abs.; GL23, S. 22, Tab. 2.3 i. V. m. GL10, S. 8, Z. 39 bis 41). Gegen den Einwand der Antragsgegnerin, wonach das Monomer Vinylacetat gemäß GL28 sowohl als Comonomer in dem Polymeranteil der Klebermatrix mit funktionellen Gruppen als auch in dem Polymeranteil ohne funktionelle Gruppen enthalten sein könne und das Monomer Vinylacetat daher nicht wesentlich für die Einstellung der Klebekraft sei, sprechen die Beispiele 2 bis 4 des Streitgebrauchsmusters selbst (vgl. Streitmusterschrift Tab. v. S. 5/9). Die Antragsgegnerin hat den gewünschten Effekt der Klebekraftverbesserung nämlich nach eigenen Angaben an Hand eines Blends zweier Copolymere stellvertretend für ein Copolymer aus den streitmustergemäßen Bestandteilen nachgewiesen, wobei Vinylacetat zusammen mit einem Monomer ohne funktionelle Gruppen, dem 2-Ethylhexylacrylat, eines der im Blend enthaltenen (Co)Polymere bildet. Diese Versuchsdurchführung spricht nicht für die Argumentation der Antragsgegnerin, wonach es entscheidend sei, in welchem der Copolymere einer Mischung aus mindestens zwei Copolymeren, die die Eigenschaften der Mischung beeinflussenden Monomeren enthalten sind. Im Übrigen bezeichnet die Entgegenhaltung GL28 im Zusammenhang mit der Erhöhung der Glasübergangstemperatur und der Verbesserung der Klebekraft insbesondere solche Monomere als geeignet, die einer Polymerisation über Vinylgruppen zugänglich sind und nennt dabei zur Herstellung geeigneter Acrylatbasierter Polymere nicht nur expressis verbis Styrolmonomere sondern in diesem Kontext zugleich auch Vinylacetat-Monomere (S. 11, Abs. 2).

Auch das weitere Vorbringen der Antragsgegnerin, die Beispiele der GL28 lehrten lediglich vernetzte mit unvernetzten Acrylat-Polymeren zu mischen, bietet keinen Anhaltspunkt für eine andere Beurteilung. Die Antragsgegnerin hat zur Verwirklichung des streitmustergemäßen TTS ursprünglich selbst sowohl vernetzte als auch unvernetzte Acrylat-Copolymere in Betracht gezogen und verfolgt im vorliegenden Fall ihr Schutzbegehren nur noch hinsichtlich der unvernetzten Variante der ursprünglich beanspruchten Copolymere weiter. Dieser Lösung widerspricht auch die Lehre der GL28 nicht, der kein Hinweis darauf zu entnehmen ist, dass es sich bei den dort beschriebenen Polymeren (a) um eine Mischung aus vernetzten mit unvernetzten Copolymeren (i) und (ii) handeln muss (vgl. GL28, Anspr. 1). Dem stehen auch die Beispiele nicht entgegen, da diese andere Wirkstoffe als Fentanyl betreffen und die Zusammensetzung der Blends, wie vorstehend ausgeführt, stets in Abhängigkeit vom Wirkstoff und der Form, in der er -z.B. als freie Base oder Salz -vorliegt, zu wählen ist; sie erläutern lediglich die Verwirklichung eines Teils der umfassenderen Lehre dieser Druckschrift.

Die Antragsgegnerin hat schließlich noch den Einwand erhoben, die allgemeine Lehre der GL28 könne das TTS des Streitmusters schon deshalb nicht nahelegen, weil diese sich weder mit dem Wirkstoff Fentanyl im Speziellen noch mit seiner weichmachenden Wirkung auf das Polyacrylat beschäftigt habe. Sofern in der GL28 von weichmachenden Substanzen die Rede sei, handle es sich um flüssige Wirkstoffe, was auf das Fentanyl jedoch nicht zutreffe.

Dieser Einwand der Antragsgegnerin kann jedoch ebenfalls nicht durchdringen. So beschreibt die Streitmusterschrift selbst, dass es sich bei dem Wirkstoff Fentanyl um einen seit langem bekannten und in der Schmerztherapie bewährten Wirkstoff handelt (vgl. Streitmusterschrift Abs. 0002). Über den Wirkstoff ist bekannt, dass er sich in einer seine Löslichkeit in Acrylat-Copolymeren überschreitenden Konzentration in die Matrix einarbeiten lässt, wobei diese Übersättigung u. a. zu mangelnder Klebekraft führen kann (Streitmusterschrift Abs. 0006). Den möglichen Einflüssen der verschiedenen Wirkstoffe auf den Wirkstofffluss und die Klebekraft trägt aber auch die Druckschrift GL28 bereits Rechnung. Sie gibt nämlich an, dass die Eigenschaften des Wirkstoffs entscheidend sind für die Zusammensetzung der Klebermatrix und lehrt den Fachmann, diesen Eigenschaften durch verschiedenste Maßnahmen zu begegnen, wobei er die für eine effiziente transdermale Applikation des Wirkstoffs wichtige Klebekraft nie vernachlässigen wird, da alle Bemühungen um einen zuverlässigen Wirkstofffluss vergeblich sind, wenn das Pflaster keine ausreichende Klebekraft auf der Haut hat (S. 12, Abs. 2 i. V. m.

S. 17 vorl. Abs. bis S. 18, Abs. 1; S. 19, vorl. Abs. bis S. 21, Abs. 1). Einer Erörterung der Eigenschaften jedes einzelnen der in GL28 genannten Wirkstoffe über diese Lehre hinaus bedurfte es für den Fachmann zur Lösung der Aufgabe daher nicht. Im Übrigen kann auch dahin gestellt bleiben, ob -wie die Antragsgegnerin ebenfalls geltend gemacht hat -die Erfinder erst beim Testen mehrerer Acrylatcopolymere die weichmachende Wirkung des Fentanyls auf das funktionelle Gruppen enthaltende Acrylat-Polymer Durotak¨ 87-2510 erkannt haben, da diese Wirkung ausweislich der Tabelle von Seite 5/9 der Streitmusterschrift offenbar keinen Einfluss auf die Klebekraft und den kalten Fluss hat (vgl. auch Streitmusterschrift S. 3/9, Abs. 0012).

Schließlich vertritt die Antragsgegnerin noch die Ansicht, der Druckschrift GL28 sei auch kein Hinweis auf die vorteilhafte Kombination der beanspruchten Klebermatrix mit der streitmustergemäßen Schutzschicht zu entnehmen, die zur Lösung der Aufgabe insofern beitrage, als sie in Folge ihrer Dicke das TTS besonders gut handhabbar mache. Wie vorstehend ausgeführt, weist auch das TTS der GL28 eine Schutzschicht auf. Die in der GL28 beispielhaft genannten und kommerziell erhältlichen Schutzschichten, wie ScotchpakTM 1022, sind üblicherweise 3 mil (entsprechend 76,2 µm) dick, so dass die Kombination aus Klebermatrix und Schutzschicht im Hinblick auf die Dicke der Schutzschicht, wie sie in Absatz 0021 von Seite 6/9 der Streitmusterschrift angegeben ist, den erfinderischen Schritt ebenfalls nicht begründen kann (vgl. GL28, S. 24, Abs. 2 und 3 i. V. m. GL29).

Das TTS nach Anspruch 1 des 1. und 2. Hilfsantrags ist daher mangels eines erfinderischen Schrittes nicht schutzfähig.

5.3.

Die jeweils nachgeordneten Schutzansprüche 2 bis 4 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 und 2 werden von dem Löschungsausspruch mit umfasst. Für diese Ansprüche ist ein eigenständiger schutzfähiger Gehalt nicht geltend gemacht worden und für den Senat auch nicht erkennbar.

6.

Damit erweist sich die Beschwerde der Antragsgegnerin als unbegründet.

7.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2Satz1 und 2 PatG und i.V.m. §91Abs. 1 ZPO.

Müllner Dr. Proksch-Ledig Dr. Schuster Pr






BPatG:
Beschluss v. 01.07.2009
Az: 35 W (pat) 402/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/3c8a91b1309e/BPatG_Beschluss_vom_1-Juli-2009_Az_35-W-pat-402-08




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