Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. April 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 65/02
(BPatG: Beschluss v. 28.04.2004, Az.: 32 W (pat) 65/02)
Tenor
Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 18. Februar 2000 und vom 14. Januar 2002 aufgehoben.
Gründe
I Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister, nun noch für Schokoladewarenist die farbige (braune) 3-dimensionale Markesiehe Abb. 1 am Ende Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich um die Abbildung eines "normalen" Schokoladenriegels handele, der in der bei diesen Waren gängigen Weise gestaltet sei, sodass eine Schutzfähigkeit von Haus aus ausscheide. Die Verkehrsdurchsetzung sei nicht nachgewiesen, da es an einem ausreichenden Zuordnungsgrad der Marke zur Anmelderin fehle. Zusätzlich enthalte die Umfrage eine unzulässige Suggestivbefragung, da die Befragten lediglich die Wahlmöglichkeiten gehabt hätten, die Marke einem oder mehreren Unternehmen zuzuordnen oder dazu momentan nichts zu sagen. In diesem Zusammenhang wäre es erforderlich gewesen, den Befragten die Möglichkeit einzuräumen, das Zeichen gerade nicht als betriebsbezogen zu werten.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält die vorgelegte Verkehrsbefragung für einen ausreichenden Nachweis der Verkehrsdurchsetzung und legt eine eidesstattliche Versicherung des Produktmanagers für das Produkt "Duplo" der Anmelderin vor, aus der sich ergibt, dass in den Geschäftsjahren 1994/95 bis 2002/03 mit dem Produkt "Duplo" in Deutschland Umsätze von jeweils mehr als ... Millionen Euro jährlich erzielt worden seien und in diesem Zeitraum die Werbewerte für das Produkt in Höhe von jährlich mehr als ... Millionen Euro gelegen hätten.
II Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch das einer Produktmerkmalsbezeichnung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber den Waren oder Dienstleistungen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Bei der Beurteilung ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Bei der Feststellung der Unterscheidungskraft von dreidimensionalen Marken, welcher die Form der Ware darstellen, ist kein strengerer Maßstab als bei anderen Markenformen anzulegen. Bei der konkreten Beurteilung der Unterscheidungskraft eines dreidimensionalen Zeichens, das die Form der Ware darstellt, ist daher zu prüfen, ob die Form als Herkunftshinweis verstanden wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in einer bestimmten Formgestaltung nur dann einen Herkunftshinweis sehen wird, wenn er diese Form nicht nur einer Funktion der Ware oder ganz allgemein dem Bemühen zuschreibt, ein ästhetisch ansprechendes Produkt zu schaffen (vgl. BGH GRUR 2004, 329 - Käse in Blütenform). Die angemeldete Marke stellt einen unverpackten Schokoladenriegel dar. Die Gestaltung erfüllt nicht ausschließlich technische Funktionen. Sie ist gekennzeichnet durch eine halbrunde Riegelform mit abgeschrägten Enden und vor allem durch eine Art Baumrindenstruktur der Oberfläche. Bei Schokoladewaren liegt es nach der Lebenserfahrung nahe, dass eine sich von der funktionsbezogenen Gestaltung lösende Form vom Verbraucher ohne weiteres einem bestimmten Hersteller zugeordnet wird, wenn nicht festgestellt werden kann, dass der Verkehr die Form als bloßes Dekor auffasst. Selbst bei der auf dem Gebiet der Schokoladewaren üblichen Vielfalt der Gestaltungen wird der Verkehr dazu neigen, eine Gestaltung mit einer bestimmten betrieblichen Herkunft zu verbinden, wenn es sich erkennbar um eine willkürliche Formgebung handelt, die sich von anderen Gestaltungen durch wiederkehrende charakteristische, also identitätsstiftende Merkmale unterscheidet, wie dies hier zumindest aufgrund der ausgeprägten Rindenstruktur der Riegeloberfläche der Fall ist. Da dieser nicht jegliche betriebliche Unterscheidungseignung fehlt, kommt es nicht mehr darauf an, ob sich die Marke gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG im Verkehr durchgesetzt hat. Im übrigen bestätigt das vorgelegte Gutachten der Firma I... GmbH vom Mai 1999 die Unterschei- dungseignung, jedenfalls in einem Umfang, der nicht die Feststellung erlaubt, dass der Marke jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Marke sich vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die Waren, für die sie angemeldet worden ist, in den beteiligten Kreisen Unterscheidungskraft erworben hat, ist eine Gesamtschau vorzunehmen, bei der alle maßgeblichen Einzelumstände des Falles heranzuziehen sind. Hierzu gehören einmal der Marktanteil, den die mit der Marke versehenen Waren erreichen, nämlich die mit der Markenware erzielten Umsätze, die Identität, die geografische Verbreitung, die Dauer der Benutzung der Marke sowie der Umfang der Werbeaufwendungen für die Marke und die hierdurch beim angesprochenen Verkehr erreichte Marktpräsenz (vgl. BGH BlPMZ 2004, 158 - Westi-Kopf, EuGH, MarkenR, 2004, 99 Tz. 31 ff - KPN/Postkontoor). Die Anmelderin hat glaubhaft gemacht, dass die Marke seit 10 Jahren benutzt wird und jeweils jährlich ein Umsatz von mehr als ... Millionen Euro erzielt wird. Im gleichen Zeitraum wurden jährlich mehr als ... Millionen Euro an Werbeaufwendungen getätigt. Dabei ist zwar zu berücksichtigen, dass die Werbung für das Produkt wohl sehr häufig den verpackten Riegel zeigen werden. Bei einer solchen intensiven Bewerbung und Benutzung ist die vom Deutschen Patent- und Markenamt beanstandete Frage gleichwohl aussagekräftig. Der Befragte hatte die Möglichkeit zu sagen, dass das Produkt von einem ganz bestimmten Hersteller kommt, dass es verschiedene Hersteller gibt oder dass er momentan hierzu nichts sagen könne. Wenn auf eine solche Frage 72,8 % die Marke einem bestimmten Hersteller zuordnen, so kann keinesfalls daraus entnommen werden, dass der Marke jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
2. Die Marke ist auch nicht deshalb von der Eintragung ausgeschlossen, weil sie ausschließlich aus Zeichen besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können. Die Marke zeigt eine Schokolade, nämlich einen Schokoladeriegel. Die Marke besteht aber nicht ausschließlich aus dieser Form, weil sie die oben beschriebenen Gestaltungen, insbesondere die auffällige Baumrindenstruktur an der Oberfläche aufweist. Ob das Schutzhindernis nach seinem Sinn und Zweck dann weit ausgelegt werden muss, wenn die beanspruchte Form im Rahmen einer auf diesem Warengebiet üblichen Formenvielfalt liegt und die Möglichkeiten, die Produktgestaltung im Interesse einer Individualisierung zu variieren beschränkt ist (vgl. hierzu BGH GRUR 2004, 329 - Käse in Blütenform) kann für diese Entscheidung dahinstehen, denn es war weder feststellbar, dass die verwendete Baumrindenstruktur im Bereich der Schokoladewaren als Merkmalsbezeichnung verwendet wird, sie zu den üblichen Formen gehört, noch dass die Möglichkeiten die Produktgestaltung im Interesse einer Individualisierung beschränkt sind. Der Phantasie bei der Gestaltung von Oberflächenstrukturen sind keine Grenzen gesetzt.
Winkler Sekretaruk Kruppa Pü
Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/20754.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 28.04.2004
Az: 32 W (pat) 65/02
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