Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. April 2005
Aktenzeichen: 23 W (pat) 333/03

(BPatG: Beschluss v. 07.04.2005, Az.: 23 W (pat) 333/03)

Tenor

Das Patent 199 28 093 wird widerrufen.

Gründe:

I Die Prüfungsstelle für Klasse H 01 J des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf die am 19. Juni 1999 eingegangene Patentanmeldung das am 26. Juni 2003 veröffentlichte Patent 199 28 093 (Streitpatent) mit der Bezeichnung "Farbbildröhre mit einer Entmagnetisierungsspule und Verfahren zum Anbringen einer solchen an einer Farbbildröhre" erteilt.

Die Einsprechende hat mit Schriftsatz vom 19. September 2003, beim Patentamt eingegangenen am nächsten Tag, Einspruch erhoben und beantragt, das Streitpatent wegen mangelnder Patentfähigkeit gemäß § 21 Abs 1 PatG in vollem Umfang zu widerrufen. Als Beweismittel hat sie die Dokumente - US-Patentschrift 3 163 794 (Druckschrift D1)

- britische Offenlegungsschrift 2 051 467 (Druckschrift D2) und - japanische Offenlegungsschrift 10-269967 mit englischsprachiger Übersetzung des Abstracts und der Bezugszeichenliste (Druckschrift D3)

vorgelegt und geltend gemacht, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents durch den Stand der Technik nach den Druckschriften D1 bis D3 nahegelegt sei. Die vom Anspruch 1 abhängigen Ansprüche beinhalteten lediglich handwerkliche Ausgestaltungen der Farbbildröhre nach Anspruch 1 und seien deshalb nicht geeignet, eine erfinderische Tätigkeit zu begründen. Dasselbe gelte für die Verfahrensansprüche 10 und 11.

Die Patentinhaberin ist dem Einspruchsvorbringen mit Schriftsatz vom 19. Januar 2004 in allen wesentlichen Punkten entgegengetreten und hat beantragt, den Einspruch zurückzuweisen, da er unbegründet sei. Die Druckschriften D1 bis D3 führten den Fachmann nicht zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents. Da der Anspruch 1 rechtsbeständig sei, hätten die auf ihn zuückbezogenen abhängigen Vorrichtungsansprüche und die Verfahrensansprüche ebenfalls Bestand. Das beanspruchte Verfahren sei durch die Druckschriften D1 bis D3 zudem ebenfalls nicht nahegelegt.

Im Prüfungsverfahren sind zum Stand der Technik die Entgegenhaltungen - deutsche Offenlegungsschrift 38 07 125 (Druckschrift D4)

- japanische Offenlegungsschrift 7-264613 (Druckschrift D5)

- englischsprachiges Abstract zur japanischen Offenlegungsschrift 8-222152 (Druckschrift D6) und - deutsche Auslegeschrift 1 199 893 (Druckschrift D7)

in Betracht gezogen worden.

Von der Patentinhaberin sind zum Stand der Technik ferner die - deutsche Offenlegungsschrift 44 41 013 (Druckschrift D8)

- deutsche Offenlegungsschrift 35 34 150 (Druckschrift D9) und - deutsche Patentschrift 40 39 076 (Druckschrift D10)

genannt worden.

Auf die Terminsladung vom 23. Dezember 2004 hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 25. Januar 2005 mitgeteilt, daß für sie niemand zu der auf den 7. April 2005 anberaumten mündlichen Verhandlung erscheinen werde.

Die Patentinhaberin hat mit Telex vom 4. April 2005 mitgeteilt, daß ihrerseits kein Vertreter an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde, daß der mit Schriftsatz vom 19. Januar 2004 gestellte Antrag auf Zurückweisung des Einspruchs aufrechterhalten werde und daß für den Fall, daß der erteilte Anspruch 1 modifiziert werden muß, beantragt werde, von Amts wegen entsprechende Änderungen einzubringen, wobei ausdrücklich jedweder vorgeschlagenen Änderung ungesehen zugestimmt werde.

Mit Telefax des Senats vom 4. April 2005 sind die Parteien darauf hingewiesen worden, daß der Verhandlungstermin aufrechterhalten bleibt, daß Anträgen der Patentinhaberin ohne konkrete Angaben von Änderungen des erteilten Patents nicht stattgegeben werden kann und daß in der mündlichen Verhandlung die Zulässigkeit des Einspruchs von Amts wegen zu überprüfen sein wird.

Die Patentinhaberin hat daraufhin mit Telex vom 5. April 2005 für den Fall, daß dem Senat Modifizierungen im erteilten Anspruch 1 notwendig erschienen, hilfsweise eine schriftliche Fortführung des Verfahrens beantragt und um einen Vorschlag eines als gewährbar erachteten Patentanspruchs 1 gebeten.

Zur mündlichen Verhandlung am 7. April 2005 ist für die ordnungsgemäß geladenen Parteien - wie schriftsätzlich angekündigt - niemand erschienen.

Die nebengeordneten erteilten Patentansprüche 1 und 10 des Streitpatents lauten:

"1. Farbbildröhre (1), aufweisend ein Frontglas (2) mit einem am Rand umlaufenden, sich nach hinten erstreckenden Rahmenglas (3) und einem sich anschließenden Konusglas (4) und einem Systemkolben (13), einer Loch- und/oder Schlitzmaske, einem auf das Rahmenglas (3) aufgezogenen Befestigungsband (5) und mindestens einer anliegenden Entmagnetisierungsspule (6, 7), dadurch gekennzeichnet, daß hinter dem Befestigungsband (5) in dem Rahmenglas (3 )und/oder in dem Konusglas (4) mindestens eine nutenförmige Vertiefung (8) zur Aufnahme mindestens einer Entmagnetisierungsspule (6, 7) vorgesehen ist, die endlos in Form von Kanälen entsprechend dem Verlegemuster der Entmagnetisierungsspule (6, 7) ausgebildet ist.

10. Verfahren zum Einbringen einer Entmagnetisierungsspule in eine Vertiefung einer Farbbildröhre nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Entmagnetisierungsspule (6, 7) vorgefertigt in die Vertiefung (8) eingedrückt und darin mittels Kleber und/oder durch eigene Spannung fixiert ist."

Wegen der Unteransprüche 2 bis 9 und 11 wird auf die Streitpatentschrift und wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für die Entscheidung über den Einspruch ergibt sich aus § 147 Abs 3 Satz 1 Nr 1 PatG. Danach ist nicht das Patentamt, sondern der (technische) Beschwerdesenat des Patentgerichts zuständig, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Einspruchsfrist nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist.

Wer - wie vorliegend auch die Patentinhaberin - zur mündlichen Verhandlung freiwillig nicht erscheint, begibt sich seines Rechts auf rechtliches Gehör. Er muß daher auch mit einer bis dahin nicht erörterten Entscheidungsgrundlage - hier der mangelnden Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik nach den vorgenannten Druckschriften D3 und D9 - rechnen (vgl hierzu Schulte, PatG, 7. Aufl, Einleitung Rdn 233 und 234).

Gründe: für den beantragten Übergang von der vom Senat im vorliegenden Verfahren als sachdienlich erachteten mündlichen Verhandlung ins schriftliche Verfahren waren nicht ersichtlich, so daß der Termin zur mündlichen Verhandlung - wie mitgeteilt - aufrecht erhalten blieb.

III Der form- und fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig. Er ist auch begründet. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung war das Streitpatent zu widerrufen.

1. Zulässigkeit des Einspruchs Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von der Patentinhaberin zwar nicht in Frage gestellt worden. Jedoch haben Patentamt und Gericht auch ohne Antrag der Patentinhaberin die Zulässigkeit des Einspruchs in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu überprüfen (vgl Schulte, PatG, 7. Aufl, § 59, Rdn 145), da ein unzulässiger - einziger - Einspruch zur Beendigung des Einspruchsverfahrens ohne weitere Sachprüfung über die Rechtsbeständigkeit des Streitpatents führt (vgl hierzu Schulte, PatG, 7. Aufl, § 61, Rdn 24; BGH GRUR 1987, 513, II.1. - "Streichgarn").

Im vorliegenden Fall erweist sich der Einspruch jedoch insofern als zulässig, als in dem Einspruchsschriftsatz vom 19. September 2003 der erforderliche Zusammenhang zwischen dem Stand der Technik und den Merkmalen des Patentanspruchs 1 (vgl BGH BlPMZ 1988, 250 Leitsatz 2, 251 li Sp Abs 1 - "Epoxidation") zwar nur hinsichtlich der Merkmale nach dem kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 explizit hergestellt worden ist, die im Einspruchsschriftsatz nicht erörterten Merkmale nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 bei Farbbildröhren jedoch derart allgemein üblich sind, daß der Fachmann diese Merkmale als bei Farbbildröhren selbstverständlich in Gedanken gleich mitliest (vgl hierzu BGH Mitt 1995, 220, Leitsatz 2 - "Elektrische Steckverbindung"). Damit sind im Einspruchsschriftsatz die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, aber zumindest zum Patentanspruch 1 des Streitpatents "im einzelnen" iSd § 59 Abs 1 Satz 4 PatG angegeben worden (vgl hierzu BGH Mitt 2004, 18, Leitsatz - "Automatisches Fahrzeuggetriebe").

2. Zulässigkeit der Patentansprüche Im Einspruchsverfahren ist die Zulässigkeit der Patentansprüche von Amts wegen auch dann zu überprüfen, wenn von der Einsprechenden der Widerrufsgrund der unzulässigen Erweiterung - wie vorliegend - nicht geltend gemacht worden ist (vgl hierzu BGH Mitt 1995, 243, Leitsatz 2 - "Aluminium-Trihydroxid").

Gegen die Zulässigkeit der Patentansprüche 1 bis 11 des Streitpatents bestehen im vorliegenden Fall jedoch keine Bedenken.

Der erteilte Patentanspruch 1 findet inhaltlich eine ausreichende Stütze in den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 2 (wobei er zulässigerweise auf eine von zwei Alternativen des ursprünglichen Anspruchs 1 beschränkt ist).

Die erteilten Patentansprüche 2 bis 11 entsprechen inhaltlich - in dieser Reihenfolge - den ursprünglichen Ansprüchen 5 bis 14.

3. Patentgegenstand Nach den Angaben in der Streitpatentschrift (vgl den Abs [0002]) ist es bei Farbbildröhren erforderlich, diese von Zeit zu Zeit zu entmagnetisieren, um deren Farbreinheit zu garantieren. Zu diesem Zweck sei es bekannt, die Farbbildröhren auf der Rückseite mit Entmagnetisierungsspulen zu versehen und durch diese einen Entmagnetisierungsstrom zumindest beim Ein- oder Ausschalten des Fernsehgerätes oder Monitors fließen zu lassen. Die Entmagnetisierungsspulen würden je nach Bauart der Farbbildröhre und deren Anordnung in einem Gehäuse als Einzelspulen oder in Form einer 8 verlegter Spulen auf dem Konusglas der Farbbildröhre aufgebracht und mittels Halter vorzugsweise an dem Befestigungsband - dem sogenannten Rimband - befestigt, das umlaufend auf das Rahmenglas der Farbbildröhre aufgezogen ist.

Aus der Druckschrift D5 sei eine Farbbildröhre der gattungsgemäßen Art bekannt, bei der die Entmagnetisierungsspule in ein aufgesetztes U-förmiges Rahmenteil eingelegt ist, das mittels einer Abdeckung verschließbar ist (vgl Abs [0004] der Streitpatentschrift).

Nach den weiteren Angaben in der Streitpatentschrift (vgl. Abs [0008]) liegt die Entmagnetisierungsspule bei allen bekannten Ausführungsformen entweder unmittelbar an dem Konusglas oder dem Rahmenglas der Farbbildröhre an oder ist in kurzer Distanz dazu angeordnet. Die Entmagnetisierungsspule bilde mit der Farbbildröhre keine bauliche Einheit, sondern werde stets nachträglich - insbesondere während der Montage eines Fernsehgeräts oder Monitors - an der Farbbildröhre oder im Gehäuse befestigt.

Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatentgegenstand als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, die Bildröhre derart zu gestalten, daß die Entmagnetisierungsspule mit dieser selbst eine bauliche Einheit bildet (vgl Abs [0009] der Streitpatentschrift).

Diese Aufgabe wird bei einer gattungsgemäßen Farbbildröhre mit den Merkmalen nach dem kennzeichnenden Teil des erteilten Patentanspruchs 1 gelöst.

Denn dadurch, daß

- hinter dem Befestigungsband (5) in dem Rahmenglas (3) und/oder in dem Konusglas (4) mindestens eine nutenförmige Vertiefung (8) zur Aufnahme mindestens einer Entmagnetisierungsspule (6, 7) vorgesehen ist, die endlos in Form von Kanälen entsprechend dem Verlegemuster der Entmagnetisierungsspule (6, 7) ausgebildet ist, bildet die Entmagnetisierungsspule (6, 7) - nach dem Anbringen in der nutenförmigen Vertiefung (8) - eine bauliche Einheit mit der Farbbildröhre (vgl hierzu auch die Absätze [0013] und [0015] der Streitpatentschrift).

4. Patentfähigkeit A) Patentanspruch 1 Der zweifelsohne gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ist zwar unbestritten neu, beruht jedoch gegenüber dem Stand der Technik nach den eingangs genannten Druckschriften D3 und D9 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Durchschnittsfachmanns, der hier als ein mit der Entwicklung und Fertigung von Farbbildröhren befaßter, berufserfahrener Elektroingenieur mit Fachhochschulausbildung zu definieren ist.

Die Druckschrift 9 offenbart nämlich eine Farbbildröhre, die folgende Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents aufweist:

- ein Frontglas mit einem am Rand umlaufenden, sich nach hinten erstreckenden Rahmenglas, einem sich anschließenden Konusglas und einem Systemkolben (diese Merkmale sind in der Druckschrift D9 zwar nicht explizit erwähnt, werden jedoch vom Fachmann als allgemein üblich und daher selbstverständlich ohne weiteres ergänzt und in Gedanken gleich mitgelesen, vgl. hierzu BGH, "Elektrische Steckverbindung" aaO).

- eine Loch- und/oder Schlitzmaske (ebenfalls selbstverständlich, vgl. auch Spalte 1, Zeile 44 der Druckschrift D9)

- ein auf das Rahmenglas aufgezogenes Befestigungsband (vgl. in Fig. 1 die zum Befestigungsband gehörenden Befestigungslaschen 2) und - mindestens eine anliegende Entmagnetisierungsspule (5a, 5b) (vgl. den Anspruch 1 iVm der Fig. 1 nebst der dazugehörigen Beschreibung in Spalte 2, Zeilen 35 bis 45),

- wobei die Entmagnetisierungsspulen (5a, 5b) hinter dem Befestigungsband an dem Rahmenglas und an dem Konusglas anliegen (vgl. die Fig. 1).

Die Entmagnetisierungsspulen (5a, 5b) sind dabei mittels einer Vielzahl von Kabelhaltern (6 - Fig 1) am Rahmenglas der Farbbildröhre befestigt (vgl Sp 2, Z 40 bis 55 zur Fig 1 - ersichtlich Kabelhalter "6", weil das Bezugszeichen "5" dort bereits für die Entmagnetisierungsspule vergeben ist).

Folglich unterscheidet sich der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 des Streitpatents von dieser bekannten Farbbildröhre nach der Druckschrift D9 noch dadurch, daß bei ihm anstelle der Kabelhalter:

- zur Aufnahme der mindestens einen Entmagnetisierungsspule (6, 7) in dem Rahmenglas (3) und/oder dem Konusglas (4) mindestens eine nutenförmige Vertiefung (8) vorgesehen ist, die endlos in Form von Kanälen entsprechend dem Verlegemuster der Entmagnetisierungsspule (6, 7) ausgebildet ist.

Dies ist dem Fachmann jedoch durch die Druckschrift D3 nahegelegt. Denn diese sieht bei einer Kathodenstrahlbildröhre mit einem Frontglas (screen 3) mit am Rand umlaufendem, sich nach hinten erstreckenden Rahmenglas (skirt part 2 of screen 3) und mit einem sich anschließenden Konusglas (funnel 4) und Systemkolben (neck 6) zur Aufnahme einer schleifenförmigen Kompensationselektrode (looped compensating electrode 21) - mit der Wechselstrom-Streufelder kompensierbar sind - in dem Rahmenglas (2) eine nutenförmige Vertiefung (indented groove 23) vor, die endlos in Form eines Kanals entsprechend dem Verlegemuster der Kompensationselektrode (21) ausgebildet ist, so daß die Kompensationselektrode (21) - nach dem Anbringen in der nutenförmigen Vertiefung (23) - ersichtlich eine bauliche Einheit mit der Bildröhre bildet (vgl das englischsprachige Abstract iVm den Fig 1a und 1b).

Es beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn der Fachmann diese aus der Druckschrift D3 bekannte Maßnahme (Aufnahme einer schleifenförmigen Elektrode in einer nutenförmigen Vertiefung des Bildröhrenglases) um ihres offensichtlichen Vorteils willen (Herstellung einer baulichen Einheit mit der Bildröhre) entsprechend auch bei der Farbbildröhre nach der Druckschrift D9 anwendet, indem er bei dieser - dem dortigen Verlauf der Entmagnetisierungsspulen (5a, 5b) folgend - hinter dem Befestigungsband in dem Rahmenglas und in dem Konusglas eine der Anzahl der Entmagnetisierungsspulen (5a, 5b) entsprechende Anzahl nutenförmiger Vertiefungen zur Aufnahme der Entmagnetisierungsspulen (5a, 5b) vorsieht, die endlos in Form von Kanälen entsprechend dem Verlegemuster der Entmagnetisierungsspulen (5a, 5b) ausgebildet sind. Damit gelangt der Fachmann aber ohne erfinderisches Zutun bereits zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents.

Die Farbbildröhre nach dem Patentanspruch 1 des Streitpatents ist daher mangels einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem Stand der Technik nach den Druckschriften D3 und D9 nicht patentfähig.

B) Patentanspruch 10 Die Merkmale des auf ein Verfahren gerichteten nebengeordneten Patentanspruchs 10 des Streitpatents - soweit sie über den Patentanspruch 1 hinausgehen - sind dem Fachmann durch die Druckschrift D3 nahegelegt, gemäß der die Kompensationselektrode (21) ersichtlich ebenfalls vorgefertigt in die Vertiefung (23) eingedrückt und darin durch eigene Spannung fixiert wird (vgl hierzu im übrigen auch BGH GRUR 1997, 120, amtlicher Leitsatz - "Elektrisches Speicherheizgerät").

Das Verfahren zum Einbringen einer Entmagnetisierungsspule in eine Vertiefung einer Farbbildröhre nach dem Patentanspruch 10 des Streitpatents ist daher ebenfalls nicht patentfähig.

C) Unteransprüche 2 bis 9 und 11 Mit den Patentansprüchen 1 und 10 fallen wegen der Antragsbindung auch die darauf zurückbezogenen Unteransprüche 2 bis 9 und 11. Einen eigenen erfinderischen Gehalt hat auch die Patentinhaberin für diese Unteransprüche nicht geltend gemacht.

Das Patent ist daher nicht rechtsbeständig.

5. Antrag auf Anspruchsänderungen "von Amts wegen"

Abgesehen davon, daß nicht erkennbar ist, wie aus den erteilten Unterlagen schutzfähige Patentansprüche formuliert werden könnten, ist es auch nicht die Aufgabe des Senats, gewährbare Patentansprüche zu erarbeiten. Dies ist vielmehr Sache der Patentinhaberin (vgl hierzu BGH GRUR 1989, 103 Ls, 104 Abschn III.2.d - "Verschlußvorrichtung für Gießpfannen"). Sie hat die Patentansprüche zu formulieren, gegebenenfalls auch nach Haupt- und Hilfsanträgen gestaffelt, wobei der Senat allerdings durch entsprechende Hinweise auf sachdienliche Anträge bzw im Rahmen der Antragstellung auf sinnvolle Formulierung der Patentansprüche hinwirken kann. Der Senat hat dann über die gestellten Anträge zu entscheiden (vgl zur Antragsbindung Schulte, PatG, 7. Aufl, Einleitung, Rdn 7 und § 59 Rdn 174). Ihrer Aufgabe, Anträge zu stellen, kann sich die Patentinhaberin nicht dadurch entledigen, daß sie unter Fernbleiben vom Verhandlungstermin dem Senat ohne jede Einschränkung gestattet, die für notwendig erachteten Änderungen beim erteilten Patentanspruch 1 von Amts wegen vorzunehmen. Dies widerspricht dem Grundsatz der Antragsbindung und der dadurch im Verfahren vorgegebenen Rollenverteilung zwischen den Beteiligten einerseits und dem Senat andererseits (vgl dazu auch BPatGE 16, 130 ff).

Dr. Meinel Dr. Gottschalk Knoll Lokys Be






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Az: 23 W (pat) 333/03


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