Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. März 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 14/04
(BPatG: Beschluss v. 22.03.2005, Az.: 27 W (pat) 14/04)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. November 2003 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch den angefochtenen Beschluss die Anmeldung der Wortmarke ProDriveteilweise für die Waren
"Software, einschließlich Software zur Berechnung von Antrieben; Computerprogramme; Bild-, Text- und/oder Toninformationen oder sonstige Daten enthaltende optische, elektronische und magnetische Datenträger; Computer; Geräte zur Erzeugung, Aufzeichnung, Übertragung und/oder Wiedergabe von Signalen; Druckerzeugnisse"
zurückgewiesen, weil sie für die genannten Waren um eine unmittelbar beschreibende und damit freihaltebedürftige Angabe darstelle, die zudem nicht unterscheidungskräftig sei, sodass der Eintragung die absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegenstünden. Von der Zurückweisung ausgenommen hat die Markenstelle die Waren "Geräte zur Erzeugung, Aufzeichnung, Übertragung und/oder Wiedergabe von Bild und/oder Ton"
Wegen der Binnengroßschreibung sei die angemeldete Marke ohne weiteres erkennbar eine Zusammensetzung aus "Pro" und "Drive" und bezeichne somit im Hinblick auf die beanspruchten Waren einen professionellen Antrieb. Damit sei sie erkennbar eine Bestimmungseingabe für die Waren "Software, einschließlich Software zur Berechnung von Antrieben; Computerprogramme". Die beanspruchten "Druckerzeugnisse" könnte sich ebenso wie die "Bild-, Text- und/oder Toninformationen oder sonstige Daten enthaltende optische, elektronische und magnetische Datenträger" thematisch mit einem "ProDrive" etwa in Gestalt eines technischen Handbuchs befassen. Eine solche Merkmalsangabe dürfe nicht zu Gunsten einer einzelnen Anmelderin monopolisiert werden. Hinsichtlich der genannten Waren entbehre die angemeldete Marke darüber hinaus der markenrechtlichen Unterscheidungskraft, denn der Verkehr messe ihr insoweit einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt bei. Damit sei kein Anknüpfungspunkt für eine betriebskennzeichnende Funktion gegeben.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt. Sie hält die von der Markenstelle angeführten absoluten Schutzhindernisse nicht für gegeben. Sie ist der Ansicht, das Markenwort "ProDrive" sei als beschreibende Angabe für eine wie auch immer geartete Eigenschaft der angemeldeten Waren nicht geeignet. Insbesondere habe der Wortbestandteil "Drive" keine unmissverständliche Bedeutung. Außer auf einen "Antrieb" könne er auch auf ein besonderes Engagement oder eine besondere Aktivität hinweisen. Eine eindeutige technische Sachaussage könne daher in der angemeldeten Marke nicht gesehen werden. Angesichts der Unschärfe der Bedeutung des Markenworts fehle es folglich an einem Freihaltungsbedürfnis; auch von einem Mangel jeglicher Unterscheidungskraft sei nicht auszugehen.
In der mündlichen Verhandlung wurde die Rechtsansicht der Anmelderin unter Berücksichtigung der aktuellen Markenrechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ausführlich erörtert. Nach dem Übergang in das schriftliche Verfahren hat die Anmelderin ein neues Warenverzeichnis vorgelegt, und beantragt, dieses dem weiteren Verfahren zugrunde zu legen. Danach soll Schutz gewährt werden für:
"Software, einschließlich Software zur Berechnung von Antrieben; Computerprogramme; Bild-, Text- und/oder Toninformationen oder sonstige Daten enthaltende optische, elektronische und magnetische Datenträger; Computer; Geräte zur Erzeugung, Aufzeichnung, Übertragung und/oder Wiedergabe von Bild und/oder Ton oder sonstigen Signalen; alle vorgenannten Waren ausschließlich auf dem Gebiet der industriellen elektrischen und/oder pneumatischen Antriebstechnik; Druckerzeugnisse, nämlich Bedienungsanleitungen und Handbücher für die vorgenannten Waren."
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet, denn der Eintragung der angemeldeten Marke in das Register stehen keine absoluten Schutzhindernisse im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen. Für die mit dem zuletzt vorgelegten Warenverzeichnis beanspruchten Waren ist das angemeldete Zeichen weder freihaltungsbedürftig, noch entbehrt es jeglicher Unterscheidungskraft.
Der angemeldeten Bezeichnung kann weder ein im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden noch handelt es sich um eine gebräuchliche Wortfolge, welche der Verkehr stets nur in ihrem Wortsinn und nicht als Unterscheidungsmittel versteht (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice).
Es kann nicht in Abrede gestellt werden, dass die angemeldete Bezeichnung in ihren Elementen Aussagen enthält, die den angesprochenen Verkehrskreisen als solche ohne weiteres verständlich sind. In Bezug auf die noch beanspruchten Waren kann der Senat der angemeldeten Wortkombination "ProDrive" gleichwohl keine im Vordergrund stehende Sachaussage entnehmen, die sich etwa auf die Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder anderer Merkmale dieser Waren beziehen ließe.
Gegenstand der Beurteilung ist allein die Marke in ihrer angemeldeten Form, da der Verkehr, auf dessen Verständnis es ankommt, die Marke üblicherweise in ihrer Gesamtheit und ohne eine die Einzelbestandteile analysierenden Betrachtungsweise aufnimmt (vgl. u. a. BGH GRUR 1995, 408 - PROTECH). So weit die Markenstelle angenommen hat, Teile des Verkehrs sähen in der angemeldeten Marke insgesamt einen nahe liegenden Hinweis auf professionelle Antriebe, ist dies jedenfalls für die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht zutreffend. Schon das Verständnis des Wortbestandteils "Pro", das sowohl "professionell" als auch "für" bedeutet (vgl BGH aaO - PROTECH), ausschließlich im Sinne von "professionell" liegt bei Waren, die sich ihrer Art nach ausschließlich an Fachleute wenden, die auf dem Gebiet der industriellen elektrischen und/oder pneumatischen Antriebstechnik tätig sind, nicht ohne weiteres nahe. Da diese Waren regelmäßig nur von professionellen Anwendern erworben und verwendet werden, erwartet der angesprochene Verkehr beispielsweise nicht, dass sie in mehreren Produktlinien hergestellt und angeboten werden, von denen die eine sich an "Profis", eine andere dagegen an "Nichtprofis", z. B. Amateure oder Endverbraucher, richtet. Im Zusammenhang mit den nunmehr noch beanspruchten Produkten stellt sich "ProDrive" mithin als eine Bezeichnung dar, der die angesprochenen Verkehrskreise, sofern sie ihre Bedeutung überhaupt analysieren und hinterfragen, keine die Waren oder einzelne ihrer Merkmale in klar verständlicher und üblicher Weise beschreibende Aussage entnehmen.
Es bestehen daher weder konkrete Anhaltspunkte für ein ernsthaftes Bedürfnis der Mitbewerber oder der Allgemeinheit an der Verwendung der Bezeichnung "ProDrive" in dem beanspruchten speziellen Warenbereich, noch kann ihr insoweit das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Denn wenn die angesprochenen Verkehrskreise den betreffenden Produkten mit der Kennzeichnung "ProDrive" begegnen, der sie keinen beschreibenden Sachgehalt zuordnen, werden sie diese Kennzeichnung mangels anderer Anhaltspunkte ohne weiteres als Herkunftsangabe verstehen.
Dr. Schermer Schwarz Dr. van Raden Na
BPatG:
Beschluss v. 22.03.2005
Az: 27 W (pat) 14/04
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