Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 17. März 1995
Aktenzeichen: 6 U 228/94

(OLG Köln: Urteil v. 17.03.1995, Az.: 6 U 228/94)

Der Auskunftsanspruch nach § 101 a UrhG gewährt ebensowenig einen Anspruch auf Vorlage von Geschäftsunterlagen wie der Anspruch auf Rechnungslegung gem. § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG einen solchen auf Bucheinsicht. Derartige Rechte stehen dem verletzten Urheber bzw. Nutzungsberechtigten auch nicht aufgrund sonstiger zivilrechtlicher Vorschriften zu.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.3.1994 verkündete Teilversäumnis- und Schlußurteil des Landgerichts Köln - 28 O 549/93 - wird zurückgewiesen.2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.3. Die Beschwer der Klägerin beträgt 25.000,- DM.4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine bekannte Herstellerin und Vertreiberin

unter anderem von Sitzmöbeln. Zu ihrem Programm zählt ein

hinterbeinloser Stahlrohrstuhl, der nach einem im Jahre 1926 von M.

S. geschaffenen Prototyp gefertigt wird. Seit spätestens 1950 ist

die Klägerin ausschließliche Lizenznehmerin an dem insoweit

bestehenden Urheberrecht des M. S..

Der Beklagte, der mit Möbeln handelt, vertreibt - unter anderem

über das K. Möbelhaus "W. M. KG" - Nachahmungen dieses sogenannten

"S.-Stuhls".

Die Klägerin hat den Beklagten daraufhin mit folgenden Anträgen

auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie auf

Schadensersatzfeststellung in Anspruch genommen:

1. es bei Meidung eines vom Gericht für

jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis

zu 500.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder

einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher

Zuwiderhandlung bis zu 2 Jahren, zu unterlassen,

in der Bundesrepublik Deutschland

hinterbeinlose Stahlrohrstühle gewerbsmäßig anzubieten oder in den

Verkehr zu bringen,

bei denen von dem U-förmig gebogenen

Bodengestell die beiden Rohrteile nach viertelkreisförmiger Biegung

senkrecht emporsteigen, worauf sie nach weiterer

viertelkreisförmiger Biegung die beiden Sitzstangen parallel oder

nahezu parallel zu den Außenseiten des Bodengestells bilden und

nach weiterer viertelkreisförmiger Biegung als Träger der

Rückenlehne nahezu senkrecht ansteigen, insbesondere wenn sie

freischwebende Armlehnen haben,

und/oder

Abbildungen solcher Stahlrohrstühle zu

vervielfältigen oder zu verbreiten,

insbesondere nach Maßgabe der

nachstehenden Abbildungen;

2. ihr - der Klägerin - Auskunft über

die Herkunft und den Vertriebsweg der unter Ziffer I 1 bezeichneten

Stühle zu erteilen, und zwar - zum Zwecke der Anfertigung von

Abschriften - unter Vorlage sämtlicher Geschäftsunterlagen,

insbesondere Rechnungen, Bestell- und Lieferpapiere, mit der Angabe

der Namen und der Anschriften der Hersteller, Lieferanten oder

andere Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber

sowie über die Menge der erhaltenen, ausgelieferten oder bestellten

Stühle;

3. ihr - der Klägerin - über den Umfang

der unter Ziff. I 1 bezeichneten Handlungen in der Weise Rechnung

zu legen, daß der Beklagte einem von der Klägerin zu benennenden,

zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten

vereidigten Wirtschaftsprüfer Einblick in die Geschäftsunterlagen

gewährt und diesem alle zum Zwecke der Nachprüfung gestellten

Fragen beantwortet, insbesondere zu den einzelnen Lieferungen unter

Nennung

a) der Typenbezeichnung, Lieferzeiten,

Lieferpreise und Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der Gestehungskosten unter Angabe

der einzenen Kostenfaktoren sowie

c) des erzielten Gewinns,

und unter Angabe der einzelnen Angebote

und der Werbung unter Nennung

d) der Angebotsmengen,

Typenbezeichnungen, Angebotszeiten, Angebotspreise und Namen und

Anschriften der Angebotsempfänger,

e) der einzelnen Werbeträger, deren

Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

II.

festzustellen, daß der Beklagte

verpflichtet ist, ihr - der Klägerin - alle Schaden zu ersetzen,

der ihr durch die unter Ziff. I 1 beschriebenen Handlungen

entstanden ist und noch entsteht;

Nachdem der Beklagte dem Termin zur mündlichen Verhandlung trotz

ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt ferngeblieben war, hat das

Landgericht ihn durch Teilversäumnis- und Schlußurteil vom

30.3.1994, auf welches zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen

wird, antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt und die

Schadensersatzverpflichtung des Beklagten festgestellt.

Hinsichtlich der außerdem von der Klägerin geltend gemachten

Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung hat das Landgericht der

Klage allerdings nur teilweise stattgegeben: Soweit die Klägerin im

Rahmen der Auskunft auch die Vorlage sämtlicher

Geschäftsunterlagen, insbesondere Rechnungen, Bestell- und

Lieferpapiere sowie ferner - im Zusammenhang mit der

Rechnungslegung - die Gewährung der Einsichtnahme in die

Geschäftsunterlagen begehrt hat, hat das Landgericht die Klage

abgewiesen.

Zur Begründung dieser Teilklageabweisung hat das Landgericht

ausgeführt, daß der Klägerin weder für den Anspruch auf Vorlage der

Geschäftsunterlagen noch für die begehrte Bucheinsicht

Rechtsgrundlagen zur Seite stünden.

Der Anspruch auf Vorlage der Geschäftsunterlagen könne nicht aus

§ 101 a Abs. 1 und Abs. 2 UrhG abgeleitet werden, weil in dieser

Vorschrift, die regele, worauf sich die Auskunft des

Auskunftspflichtigen zu erstrecken habe, die Vorlage der

Geschäftsunterlagen an den Auskunftsberechtigten nicht vorgesehen

sei. Auch aus anderen gesetzlichen Grundlagen ergebe sich der

Anspruch auf Vorlage von Geschäftsunterlagen im Rahmen der

geschuldeten Auskunft nicht. Ein Anspruch aus § 810 BGB scheide

schon den tatbestandlichen Voraussetzungen nach aus. Ebensowenig

könne sich aus den allgemeinen Vorschriften der §§ 242, 259 ff. BGB

ein Anspruch auf Vorlage der Geschäftsunterlagen ergeben. Aus

diesen Vorschriften folge nur ausnahmsweise in besonders gelagerten

Fällen ein solcher Anspruch. Ein derartiger Ausnahmefall liege hier

aber nicht vor. Vielmehr unterscheide sich der gegebene Fall nicht

von der in jedem Verletzerprozeß gegebenen Fallkonstellation, in

der ein wegen Verletzung von Urheberrechten in Anspruch Genommener

zur Auskunft und zur Rechnungslegung verpflichtet sei.

Die im Rahmen des Rechnungslegungsanspruchs (§ 97 Abs. 1 S. 2

UrhG) geforderte Bucheinsicht scheitere daran, daß diese nicht

erforderlich sei, um der Klägerin als Verletzter eine Grundlage für

die Ermittlung des Gewinnherausgabeanspruchs sowie für die

Feststellung zu verschaffen, ob sie sich im Rahmen der nach § 97

UrhG möglichen Schadensberechnungsarten für den Anspruch auf

Gewinnherausgabe entscheiden solle. Die Rechnungslegung diene im

übrigen nicht der Grundlage für die Berechnung des Schadens im Wege

der Lizenzanalogie, so daß sich auch insoweit ein Anspruch auf

Bucheinsicht nicht ergeben könne.

Gegen dieses ihr am 22.4.1994 zugestellte Urteil hat die

Klägerin am 24.5.1994 Berufung eingelegt, die sie mittels eines am

22.9.1994 - nach entsprechender Fristverlängerung - eingegangenen

Schriftsatzes begründet hat.

Nach Auffassung der Klägerin ergibt sich der Anspruch auf

Belegvorlage im Rahmen der sogenannten Drittauskunft unmittelbar

aus § 101 a Abs. 2 UrhG, jedenfalls aber aus den §§ 242, 259 ff.

BGB i.V.m. § 97 c HGB, nach den Grundsätzen der sog. unechten

Geschäftsführung analog §§ 687, 667 BGB und aus §§ 810, 809 BGB

analog.

Die im Rahmen der Rechnungslegung geforderte Bucheinsicht folgt

nach Ansicht der Klägerin aus § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG i.V.m. § 242

BGB. Darüber hinaus sei sie - die Klägerin -, die ihren

Schadenersatz auch im Wege der Lizenzanalogie berechnen können,

konsequent so zu stellen, als sei ein Lizenzvertrag mit dem

Beklagten tatsächlich abgeschlossen worden. Es entspreche aber der

Óblichkeit, in Lizenzverträgen im Bereich der angewandten Kunst ein

Bucheinsichtsrecht des Lizenzgebers zu vereinbaren. Desweiteren

folge der Anspruch auf Bucheinsicht auch aus den §§ 687 S. 2, 681,

666, 667 BGB, weil dem in § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG geregelten Anspruch

auf Herausgabe des vom Verletzer erzielten Gewinns die Konstruktion

der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag zugrundeliege.

Schließlich ließe sich auch aus den in §§ 809, 810 BGB getroffenen

Regelungen über die Besichtigung einer Sache und die Einsichtnahme

in Urkunden ein Anspruch auf Bucheinsicht im Rahmen der

Rechnungslegung herleiten.

Hinsichtlich des Vortrags der Klägerin hierzu im einzelnen wird

auf ihre Ausführungen im berufungsbegründenden Schriftsatz vom

17.9.1994 (Bl. 88 - 105) und im Schriftsatz vom 26.1.1995 (Bl. 150

- 156 d.A. nebst Anlage) verwiesen.

Die Klägerin beantragt gegen den im Termin am 22.2.1995 trotz

ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienenen Beklagten ein

Versäumnisurteil mit dem Inhalt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom

30.3.1994 (Aktenzeichen: 28 O 344/93) wie folgt abzuändern:

der Beklagten wird verurteilt,

a) ihr - der Klägerin - Auskunft über

die Herkunft und den Vertriebsweg hinterbeinloser Stahlrohrstühle

zu erteilen, bei denen von dem U-förmig gebogenen Bodengestell die

beiden Rohrteile nach 1/4-kreisförmiger Biegung senkrecht

emporsteigen, worauf sie nach weiterer 1/4-kreisförmiger Biegung

die beiden Sitzstangen parallel oder nahezu parallel zu den

Außenseiten des Bodengestells bilden und nach weiterer

1/4-kreisförmiger Biegung als Träger der Rückenlehne nahezu

senkrecht ansteigen, insbesondere wenn sie freischwebende Armlehnen

haben, und zwar - zum Zwecke der Anfertigung von Abschriften -

unter Vorlage sämtlicher Geschäftsunterlagen, insbesondere

Rechnungen, Bestellungen und Lieferpapieren mit der Angabe der

Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten oder anderer

Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber sowie über

die Menge der erhaltenen, ausgelieferten oder bestellten

Stühle;

b) ihr - der Klägerin - über den Umfang

der unter Ziff. 1 a) bezeichneten Handlungen in der Weise Rechnung

zu legen, daß der Beklagte einem von der Klägerin zu benennenden,

zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten

vereidigten Wirtschaftsprüfer Einblick in die Geschäftsunterlagen

gewährt und diesem alle zum Zwecke der Nachprüfung gestellten

Fragen beantwortet, insbesondere zu den einzelnen Lieferungen unter

Nennung

a) der Typenbezeichnung, Lieferzeiten,

Lieferpreise und Namen und Anschriften der Abnehmer

b) der Gestehungskosten unter Angabe

der einzelnen Kostenfaktoren sowie

c) des erzielten Gewinns;

und unter Angabe der einzelnen Angebote

und der Werbung unter Nennung

d) der Angebotsmengen,

Typenbezeichnungen, Angebotszeiten, Angebotspreise und Namen und

Anschriften der Angebotsempfänger,

e) der einzelnen Werbeträger, deren

Auflagenhöhe, Verbreitung, Zeitraum und Verbreitungsgebiet;

Gründe

Die Berufung ist zwar zulässig, insbesondere rechtzeitig

innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist (§ 516 ZPO) eingelegt.

Die am 24.5.1994 eingegangene Berufungsschrift wahrt diese

Berufungsfrist, da das kalendermäßige Fristende auf einen

allgemeinen Feiertag, nämlich Pfingstsonntag (22.5.1994) bzw.

Pfingstmontag (23.5.1994) fiel, § 222 Abs. 2 ZPO.

Der Sache nach hat die Berufung allerdings keinen Erfolg.

Die Klägerin kann weder im Rahmen des Auskunftsanspruchs gemäß §

101 a UrhG die Vorlage von Geschäftsunterlagen fordern, noch steht

ihr ein Anspruch auf Bucheinsicht im Rahmen der vom Beklagten

geschuldeten Rechnungslegung gemäß § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG zu.

Dabei ist von vornherein festzuhalten, daß die Klägerin die

Vorlage der Geschäftsunterlagen ebenso wie die im Rahmen der

Rechnungslegung geforderte Bucheinsicht nur in dem Umfang fordern

kann, wie ihr überhaupt ein materiellrechtlicher Anspruch auf

Auskunftserteilung und Rechnungslegung zusteht. Soweit sie nämlich

im darüber hinausgehenden Umfang weitergehende Belegvorlage und

Bucheinsicht fordern sollte, stellte sich dies als von vornherein

unzulässige Ausforschung dar mit der Folge, daß der Anspruch auf

Belegvorlage und Bucheinsicht schon auf diesem Grund abzulehnen

wäre.

Sofern die von der Klägerin begehrte Vorlage der

Geschäftsunterlagen und die Bucheinsicht nur so weit gehen soll,

wie die Auskunft zu erteilen bzw. Rechnung zu legen ist, kann die

Vorlage der Geschäfsunterlagen sowie die Bucheinsicht nur zum Beleg

bzw. zur Sicherstellung der Richtigkeit der im Rahmen der

Auskunftserteilung und Rechnungslegung vom Schuldner mitgeteilten

Daten dienen. Das hierfür gesetzlich vorgesehene Mittel ist aber

die eidesstattliche Versicherung (§ 259 Abs. 2 BGB). Weitergehende

Zwangsmittel zur Sicherstellung der Richtigkeit und Vollständigkeit

der im Rahmen einer Auskunftserteilung und Rechnungslegung

mitgeteilten Daten nennt das Gesetz nicht (vgl. BGH in GRUR 1984,

728 ff., 729 f.). Hieraus wiederum ergibt sich, daß ein Anspruch

auf Vorlage von Geschäftsunterlagen und Bucheinsicht der eigenen

gesetzlichen Grundlage bedarf.

Auf derartige Rechtsgrundlagen kann sich die Klägerin hier aber

nicht stützen.

Aus § 101 a UrhG läßt sich zugunsten der Klägerin ein Anspruch

auf Vorlage von Geschäftsunterlagen nicht herleiten. In § 101 a

UrhG ist nur geregelt, daß dem Verletzten auch ein Anspruch auf

Auskunft hinsichtlich Dritter zusteht und worauf sich diese

Auskunft zu erstrecken hat. Dazu, wie diese Auskunft im einzelnen

zu erteilen ist, ob also hierfür konkret auch die

Geschäftsunterlagen vorzulegen sind, enthält § 101 a UrhG keine

Regelung. Aus den Materialien zum Entwurf eines Gesetzes zur

Bekämpfung der Produktpiraterie (Bundestagsdrucksache 11/4792, S.

15 ff.) geht allerdings im Gegenteil hervor, daß der Gesetzgeber

allein die eideststattliche Versicherung nach § 259 Abs. 2 BGB als

Mittel zulassen wollte, um den Auskunftsschuldner dazu anzuhalten,

von Anfang an richtige und vollständige Angaben im Rahmen der gemäß

§ 101 a UrhG geschuldeten Auskunft zu machen (Bundestagsdrucksache

a.a.O., S. 32 f). In den erwähnten Materialien ist ausdrücklich

ausgeführt, daß ein (seiner Zielsetzung nach der Vorlage von

Geschäftsunterlagen entsprechender Anspruch) des Verletzten auf

Einsichtnahme in die Geschäftsbücher des Auskunftsschuldners

abzulehnen sei, weil dies zu einer unvertretbaren Bevorzugung der

Interessen des Schutzrechtsinhabers gegenüber den Interessen des

Verletzers an der Wahrung seiner Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse

führen würde und mit dem geltenden Rechtsschutzsystem unvereinbar

wäre. Diese Bedenken des Gesetzgebers sind auch keineswegs - wie

die Klägerin meint - auf einen im Wege der einstweiligen Verfügung

durchsetzbaren Anspruch auf Einsichtnahme in die Geschäftsbücher

beschränkt. Sie erfassen vielmehr - wie aus dem

Begründungszusammenhang eindeutig hervorgeht - den Anspruch auf

Bucheinsicht überhaupt, die insbesondere aber eine im Wege der

einstweiligen Verfügung durchsetzbaren Anspruch auf Bucheinsicht.

So ist beispielsweise an anderer Stelle ausdrücklich dargelegt, daß

die eidesstattliche Versicherung der Vollständigkeit der Auskunft

ausreicht, um den Auskunftschuldner anzuhalten, von Anfang an

richtige und vollständige Angaben zu machen (III.4 lit e a.a.O. S.

32). Im übrigen, so ist den Materialien weiter zu entnehmen, stelle

es sich als eine unverhältnismäßige und nicht begründbare Regelung

dar, dem Schutzrechtinhaber eine gesetzliche Möglichkeit zum

Einblick in Betriebsinterna im Rahmen eines zivilrechtlichen

Anspruchs zu eröffnen, auf den der Geschädigte selbst dann nicht

angewiesen sei, wenn es sich beim Auskunftsschuldner um einen

hartnäckigen und kriminellen Schutzrechtsverletzer handele. Der

Auskunftsgläubiger sei hier auf die Möglichkeit, Strafantrag zu

stellen, zu verweisen (a.a.O., III Nr. 5, S. 33). Selbst wenn man

daher das nach alledem für ausreichend erachtete Verfahren der

eidesstattlichen Versicherung und die Einleitung eines

Strafverfahrens gegenüber dem Einsichtsanspruch bzw. dem Anspruch

auf Vorlage der Geschäftsunterlagen für weniger effektiv hält, kann

dies angesichts der den Materialien zu entnehmenden ausdrücklichen

Wertung des Gesetzgebers nicht dazu führen, dem in § 101 a UrhG

geregelten Auskunftsanspruch einen derartigen Umfang

beizumessen.

Nur in Ausnahmefällen, also unter der Voraussetzung einer

eigenen gesetzlichen Grundlage hierfür, kann sich daher ein

Anspruch auf Vorlage von Geschäftsunterlagen bzw. Belegen im Rahmen

der Drittauskunft ergeben. Entsprechendes gilt hinsichtlich des

Anspruchs auf Rechnungslegung gemäß § 97 Abs. 1 S. 2 BGB, der die

Herausgabe des Verletzergewinns vorbereiten soll. Auch § 97 Abs. 1

S. 2 UrhG formuliert lediglich, daß der Verletzte Rechnungslegung

über den Gewinn verlangen kann; wie diese Rechnungslegung

inhaltlich zu erfolgen hat und ob insbesondere der Verletzte in

diesem Zusammenhang verlangen kann, entweder selbst oder durch

einen Buchprüfer, in die Bücher des Verletzers Einsicht zu nehmen,

geht aus § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG nicht hervor.

Derartige, den Anspruch auf Vorlag der Geschäftsunterlagen und

auf Bucheinsicht stützende Rechtsgrundlagen bestehen hier aber

nicht.

Aus § 810 BGB kann die Klägerin zu ihren Gunsten nichts

herleiten. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die

tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift überhaupt

vorliegen. Es mag unterstellt werden, daß § 810 BGB, der seinem

Wortlaut nach nur die Gestattung der Einsicht in eine in fremdem

Besitz befindliche Urkunde erfaßt, auch die Vorlage von Urkunden,

mit der im Ergebnis diese Einsichtnahme in eben diese Urkunde

bezweckt wird, erfaßt. Die Einsichtnahme bzw. Vorlage von Urkunden

nach § 810 BGB kann aber nur verlangt werden, wenn dies für die

beabsichtigte Rechtsverteidigung überhaupt erforderlich ist (vgl.

Hüffer in Münchener Kommentar, BGB, 2. Aufl. Rdnr. 11 zu § 810;

BGH, Der Betrieb 1971, S. 1416 f, 1417). Das ist hier aber nicht

der Fall.

Die Klägerin erfährt bereits über die Auskunftserteilung und die

Rechnungslegung sämtliche für die Rechtsverteidigung bzw.

Rechtsverfolgung - also die Beseitigung der durch die Verletzung

ihres Urheberrechts eingetretenen Störung - erforderlichen Daten,

die dann durch die Vorlage bzw. "Abschrift" der vorgelegten

Urkunden und die Bucheinsicht lediglich überprüft und ggfls.

bestätigt werden. Auch ohne Vorlage der Geschäftsunterlagen und

ohne Einsichtnahme in die Bücher ist die Klägerin in der Lage, die

im Rahmen der Auskunftserteilung und Rechnungslegung erhaltenen

Daten als Grundlage der weiteren Rechtsverfolgung zu verwerten. Sie

ist dabei auch nicht auf Kopien von vorgelegten Geschäftsunterlagen

als Beweismittel oder als Mittel der Glaubhaftmachung angewiesen.

Vielmehr erhält sie über die (schriftlich vorzunehmende)

Auskunftserteilung bzw. Rechnungslegung selbst geeignete

Beweismittel (Zeugen/Urkunde) bzw. Mittel der Glaubhaftmachung, die

sie in gerichtliche Verfahren einführen kann.

§ 809 BGB in analoger Anwendung scheidet schon deshalb aus, weil

der Klägerin kein Anspruch in "Ansehung der Sachen", hier also

bezüglich den Urkunden (Geschäftsunterlagen/Büchern) zusteht. Der

Rechtsgedanke des § 809 BGB, wonach ein rechtliches Interesse an

der Besichtigung der Sache nur demjenigen zusteht, der in einer

rechtlichen Beziehung zu der Sache selbst steht, ist auf den

gegebenen Fall nicht übertragbar. Die Klägerin steht in keiner

rechtlichen Beziehung zu den Urkunden (Geschäftsunterlagen/Bücher

des Beklagten), vielmehr sollen diese Urkunden nur der

Geltendmachung eines im Hinblick auf eine andere rechtliche

Beziehung, nämlich das aus der Urheberrechtsverletzung entstandene

gesetzliche Schuldverhältnis, bestehenden Anspruchs dienen.

Letztgenannter Anspruch ist aber nicht vom Bestand oder der

Beschaffenheit der Urkunde abhängig, sondern allein von der

Auskunftserteilung und Rechnungslegung als solcher.

Auch aus den §§ 242, 259 ff. BGB, 97 c HGB analog kann die

Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Vorlage der

Geschäftsunterlagen und Bucheinsicht nicht herleiten. Dabei kann es

dahingestellt bleiben, ob der den genannten Vorschriften

zugrundeliegende Rechtsgedanken im Wege einer Analogie auf den

gegebenen Sachverhalt überhaupt übertragbar ist. Nur am Rande sei

daher erwähnt, daß insoweit erhebliche Bedenken bestehen. § 87 c

HGB formuliert eine Sonderregelung im Verhältnis zwischen

Unternehmer und Handelsvertreter betreffend die

Provisionsabrechnung. Diese ein konkretes Abrechnungsverhältnis

voraussetzende Regelung ist auf den Auskunftsanspruch gemäß § 101 a

UrhG und den Rechnungslegungsanspruch nach § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG

nicht ohne weiteres übertragbar. Im Ergebnis kommt dem aber keine

entscheidungserhebliche Bedeutung zu, weil jedenfalls selbst das

Einsichtsrecht nach § 87 c HGB zunächst voraussetzt, daß entweder

der Buchauszug vom Geschäftsherrn verweigert wurde oder aber

begründete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit eines

erteilten Buchauszugs bestehen (Baumbach-Hoppt, Handelsgesetzbuch,

29. Aufl., Rdnr. 25 zu § 87 c m.w.N.). Das aber ist hier nicht

ersichtlich. Soweit die Klägerin sich in diesem Zusammenhang auf

die sogenannte "Nullauskunft" des Beklagten vom 7.10.1992 (Bl. 30

AH) bezieht, rechtfertigt das keine abweichende Beurteilung. Selbst

wenn der Beklagte vorprozessual eine objektiv unzutreffende

Auskunft gegeben haben sollte, rechtfertigt das ohne Hinzutreten

weiterer Umstände nicht den Rückschluß, er werde auch auf den gegen

ihn titulierten Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch

unzutreffende oder unvollständige Angaben machen sowie darüber

hinaus eine falsche Versicherung an Eides Statt abgeben. Gerade der

Umstand, daß der Beklagte sich im vorliegenden Verfahren nicht

gegen die Klage verteidigt hat und keine Einwände gegen die damit

geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung

einschließlich der Vorlage der Geschäftsunterlagen und Bucheinsicht

vorgebracht hat, läßt ebensogut darauf schließen, daß er bereit

ist, seiner Auskunfts- und Rechnungslegungsverpflichtung

vollständig und richtig nachzukommen. Maßgeblich ist allein, ob die

Auskunft bzw. Rechnungslegung entsprechend der titulierten

Verpflichtung verweigert oder nur so erteilt wird, daß Zweifel an

der Richtigkeit und Vollständigkeit bestehen. Dies schließt es aus,

bereits "vorsorglich" im Verfahren der Auskunftserteilung und

Rechnungslegung selbst die Bucheinsicht bzw. die Vorlage von

Geschäftsunterlagen zu gewähren.

Auch die Grundsätze der sogenannten unechten Geschäftsführung

stützen die Ansprüche auf Vorlage der Geschäftsunterlagen und

Bucheinsicht nicht. Selbst wenn man davon ausgeht, daß § 97 Abs. 1

S. 2 UrhG der Gedanke der unechten Geschäftsführung analog §§ 687

Abs. 2, 667 BGB zugrundeliegt (vgl. Baumbach-Hefermehl,

Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., Rdnr. 384, Einleitung UWG), so kann

daraus nicht gefolgert werden, daß die Vorschriften der

Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. des Auftrags - insbesondere die

§§ 666, 667 BGB - ohne weiteres den sich aus

Urheberrechtsverletzungen ergebenden Auskunfts- und

Rechnungslegungsansprüchen "überzustülpen" sind. Hiergegen spricht

entschieden der Umstand, daß in § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG und in § 101

a UrhG "eigene" Ansprüche auf

Rechnungslegung betreffend den Gewinnherausgabeanspruch und

Auskunftsansprüche formuliert sind, was sich bei Annahme der

Geltung der Regelungen der "unechten Geschäftsführung" gemäß § 687

Abs. 2, 681, 667 BGB erübrigt hätte.

Die Klägerin kann die geltend gemachten Ansprüche auf eine

Vorlage der Geschäftsunterlagen und Bucheinsicht schließlich auch

nicht damit begründen, daß sie, weil sie ihren Schaden auch im Wege

der Lizenzanalogie berechnen könne, so zu stellen sei, als sei

tatsächlich ein Lizenzvertrag mit den Beklagten abgeschlossen

worden. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob im Rahmen von

Lizenzverträgen tatsächlich die Vereinbarung eines

Bucheinsichtsrechts zugunsten des Lizenzgebers der Óblichkeit

entspricht. Wie das Landgericht, auf dessen überzeugende

Ausführungen der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen verweist

und die er sich zu eigen macht, mit Recht ausgeführt hat, dient der

Rechnungslegungsanspruch jedenfalls nicht dazu, dem Verletzten die

Grundlage für die Berechnung seines Schadens nach der

Lizenzanalogie zu geben, so daß der Hinweis auf die Lizenzanalogie

zur Begründung des Anspruchs auf Bucheinsicht im Rahmen des

Rechnungslegungsanspruch fehl geht. Entsprechendes gilt

hinsichtlich der im Rahmen des Auskunftsanspruchs geltend gemachten

Vorlage der Geschäftsunterlagen.

Auch die von der Klägerin vorgelegten Entscheidungen des

Landgerichts Mannheim (vom 25.11.1994 - 7 O 145/94), des

Landgerichts Hamburg (vom 14.12.1994 - 315 O 510/94) und des

Landgerichts Frankfurt/Main (vom 23.12.1994 - 3/12 O 73/94)

veranlassen den Senat nicht zu einer abweichenden Beurteilung der

hier maßgeblichen Rechtsfrage. Soweit in diesen Entscheidungen die

Vorlage von Belegen im Rahmen des Auskunfts- und

Rechnungslegungsanspruchs aus § 101 a UrhG bzw. - was hier nicht

einschlägig ist - § 1 UWG mit der Begründung gewährt wurde, dies

sei zur Geltendmachung und

Durchsetzung berechtigter Ansprüche erforderlich, vermag sich

dem der Senat aus den oben näher ausgeführten Gründen nicht

anzuschließen. Soweit in der vorbezeichneten Entscheidung des

Landgerichts Mannheim im übrigen die Vorlage von Kopien im Rahmen

eines den Schadensersatzanspruch aus den §§ 1, 5, 14 a Abs. 1

Geschmacksmustergesetz vorbereitenden Anspruchs auf Auskunft gemäß

§ 14 a Abs. 2 Geschmacksmustergesetz i.V.m. § 101 a UrhG bejaht

wurde, bezog sich dies auf einen nach dem dort zu beurteilten

Sachverhalt angenommenen Ausnahmefall, der es gerechtfertigt habe,

von der Regel abzuweichen, daß ein zur Rechnungslegung

verpflichteter Schutzrechtverletzer "nicht in allen Fällen" die

Richtigkeit seiner Abrechnung durch Beifügung schriftlicher Belege

beweisen müsse. Die Voraussetzungen eines derartigen besonders

gelagerten Ausnahmefalls (vgl. BGH Betrieb 1971, 1416) hat die

Klägerin hier aber nicht dargetan. Óber die im Rahmen der

Durchsetzung von Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüchen für den

Gläubiger im Regelfall bestehenden Unwägbarkeiten hinaus, begegnet

sie keinen besonderen Schwierigkeiten, die die Vorlage von Belegen

sowie die Bucheinsicht im Rahmen der Auskunft und Rechnungslegung

erforderlich machten.

Die Beschwer war gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzen; sie

entspricht dem Wert des Unterliegens der Klägerin im vorliegenden

Rechtsstreit.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre

Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Es bestand schließlich auch kein Anlaß für die Zulassung der

Revision. Der vorliegende Streit betraf weder eine Frage von

grundsätzlicher und damit allgemeiner Bedeutung (§ 546 Abs. 1 S. 2

1. Alternative ZPO), noch liegen die in

§ 546 Abs. 1 S. 2 2. Alternative ZPO formulierten

Zulassungsvoraussetzungen vor.






OLG Köln:
Urteil v. 17.03.1995
Az: 6 U 228/94


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/3d191098708a/OLG-Koeln_Urteil_vom_17-Maerz-1995_Az_6-U-228-94




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share