Bundespatentgericht:
Urteil vom 26. Oktober 2006
Aktenzeichen: 2 Ni 2/05
(BPatG: Urteil v. 26.10.2006, Az.: 2 Ni 2/05)
Tenor
1. Das europäische Patent EP 0618 540 B1 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in der Verfahrenssprache Englisch erteilten europäischen Patents 0 618 540 (Streitpatent), das am 31. März 1994 angemeldet wurde unter Inanspruchnahme der Priorität der in den Vereinigten Staaten von Amerika am 1. April 1993 unter der Nummer 41497 eingereichten Patentanmeldung. Das Streitpatent trägt die Bezeichnung "Gemeinsamer Speicherbereich für lange und kurze Dateinamen" und wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 694 29 378 geführt. Es umfasst 23 Patentansprüche, von denen die nebengeordneten Patentansprüche 1, 12 und 23 in der Verfahrenssprache Englisch folgenden Wortlaut haben:
"1. A method of operating a data processing system (10) comprising memory (16) holding an operating system (17), and a processor (12) for running the operating system (17), the method comprising:
a) storing (58, 59) in the memory (16) a first directory entry (18) holding a short filename for a file;
b) storing (58, 59) in the memory (16) a second directory entry (20) being associated with the first directory entry (18) and holding a long filename for the file, said long filename having more characters than said short filename, said second directory entry (20) further holding information (42) indicating that said second directory entry (20) holds said long filename; andc) in case that the operating system (17) permits only short filenames and said information (42) is set to make said second directory entry (20) invisible to the operating system (17), locating the file by accessing said first directory entry (18) or, in case that the operating system (17) permits long filenames and said information (42) is set to make said second directory entry (20) visible to the operating system (17), locating the file by accessing said second directory entry (20).
12. A data processing system (10), comprising:
(a) memory (16) holding:
(i) an operating system (17),
(ii) a first directory entry (18) holding a short filename for a file, and
(iii) a second directory entry (20) being associated with the first directory entry (18) and holding a long filename for the file, said long filename having more characters than said short filename, said second directory entry (20) further holding information (42) indicating that said second directory entry (20) holds said long filename; and
(b) a processor (12) for running the operating system (17) and, in case that the operating system (17) permits only short filenames and said information (42) is set to make said second directory entry (20) invisible to the operating system (17), locating the file by accessing said first directory entry (18) or, in case that the operating system (17) permits long filenames and said information (42) is set to make said second directory entry (20) visible to the operating system (17), locating the file by accessing said second directory entry (20).
23. A computerreadable medium having computerexecutable instructions adapted to enable a data processing system to perform the method of one of claims 1 to 11."
Wegen des Wortlauts der auf die Patentansprüche 1 und 12 rückbezogenen Patentansprüche wird auf die Patentschrift EP 0 618 540 B1 Bezug genommen.
Mit seiner Nichtigkeitsklage macht der Kläger geltend, dass der Gegenstand des Streitpatents nicht patentfähig sei, da er gegenüber dem Stand der Technik nicht neu sei, zumindest sich aber für den Fachmann in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe. Weiterhin macht er geltend, dass der Gegenstand des Streitpatents nicht hinreichend deutlich und vollständig offenbart sei und über den Inhalt der prioritätsbegründenden Anmeldung hinausgehe. Zur Stützung seines Vorbringens verweist er auf folgende Unterlagen:
NK1 EP 0 618 540 B1 (Streitpatent), NK2 Auszug aus Patentrolle DE 694 29 378.4 NK3 Y.E. Gail Wang, Universal File Names for Ada, Ada Letters, January 1990, Vol. 10, No. 1, Seiten 111-117 NK4 EP 0 578 205 B1 NK5 Merkmalsanalyse des Anspruchs 1 NK6 Merkmalsanalyse des Anspruchs 12 NK7 "Rock Ridge Interchange Protocol", Version 1, Rock Ridge Technical Working Group, Revision 1.09, vom 24. Juli 1991, NK7a [alt.cdrom] "Rock Ridge specs available by ftp", Beitrag in der Newsgroup comp.archives vom 21. August 1992, NK7b "Rock Ridge CD-ROM Proposed Specifications" Beitrag in der Newsgroup comp.std.misc vom 21. März 1991, NK7c "Rock Ridge CD-ROM article for comp.newprod", Beitrag in der Newsgroup comp.newprod vom 20. August 1991 NK7d "Re 386BSD + LINIX + GNU + X11R5 on CDROM - let us know what you want!", Beitrag in den Newsgroups comp.unix.bsd und comp.os.linux vom 12. Dezember 1992 NK8 US 5 083 264 NK9 JP 42 97934 Nk9a US 5 367 671 (Feigenbaum et al.) veröffentlicht am 22. November 1994 NK10 JP A 01 041 039 NK10a Patent Abstracts of Japan, Bd: 13, Nr: 231 (P-878), veröffentlicht am 29. Mai 1989, NK10b US A 5 307 494 (Yasumatsu K.et al.), veröffentlicht am 26. April 1994, NK11 JP A 02 148 341 (Fujitsu Ltd.) veröffentlicht am 7. Juni 1990, NK11a Patent Abstracts of Japan, Bd: 14, Nr: 392 (P-1096), veröffentlicht am 23. August 1990, NK12 JP A 01 315 843, veröffentlicht am 20. Dezember 1989, NK12a Patent Abstracts of Japan, Bd: 14, Nr: 122 (P-1017), veröffentlicht am 7. März 1990, NK13 JP A 06 019 763, veröffentlicht am 28. Januar 1994, NK13a Patent Abstracts of Japan, Bd. 18, Nr. 232 (P-1731), veröffentlicht am 27. April 1994 NK14 Brief des Beklagtenvertreters vom 10. Mai 2000 NK15 ursprünglich eingereichte Anmeldung NK16 Amtsbescheid EPO vom 19. Dezember 2000 NK17 Übersetzung des Streitpatents (DE 694 29 378 T2)
NK18 Blatt RRIP Der Kläger stellt den Antrag, das europäische Patent 0 618 540 B1 (Deutsche Patentnummer DE 694 29 378 T2) mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären und der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Beklagte stellt den Antrag, die Klage abzuweisen, hilfsweise das Patent beschränkt im Umfang des Hilfsantrags 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung, aufrechtzuerhalten.
Sie verteidigt das Streitpatent mit den erteilten Ansprüchen (Hauptantrag), hilfsweise mit der in der mündlichen Verhandlung überreichten Fassung der Patentansprüche 1 bis 20.
Der erteilte Patentanspruch 1 lautet in der deutschen Übersetzung gemäß DE 694 29 378 T2:
"1. Verfahren zum Betreiben eines Datenverarbeitungssystems (10), das einen Speicher (16), der ein Betriebssystem (17) enthält, sowie einen Prozessor (12), der das Betriebssystem (17) ausführt, umfasst, wobei das Verfahren umfasst:
a) Speichern (58, 59) eines ersten Verzeichniseintrags (18), der einen kurzen Dateinamen für eine Datei enthält, in dem Speicher (16);
b) Speichern (58, 59) eines zweiten Verzeichniseintrags (20), der mit dem ersten Verzeichniseintrag (18) verknüpft ist und einen langen Dateinamen für die Datei enthält, in dem Speicher (16), wobei der lange Dateiname mehr Zeichen hat als der kurze Dateiname und der zweite Verzeichniseintrag (20) des Weiteren Informationen (42) enthält, die anzeigen, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) den langen Dateinamen enthält; undc) wenn das Betriebssystem (17) nur kurze Dateinamen zulässt und die Informationen (42) so eingestellt sind, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) für das Betriebssystem (17) unsichtbar ist, Auffinden der Datei durch Zugreifen auf den ersten Verzeichniseintrag (18), oder, wenn das Betriebssystem (17) lange Dateinamen zulässt und die Informationen (42) so eingestellt sind, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) für das Betriebssystem (17) sichtbar ist, Auffinden der Datei durch Zugreifen auf den zweiten Verzeichniseintrag (20)."
Der hierzu nebengeordnete Patentanspruch 12 lautet in der deutschen Übersetzung:
"12. Datenverarbeitungssystem (10), das umfasst:
(a) einen Speicher (16), der enthält:
1. ein Betriebssystem (17), 2. einen ersten Verzeichniseintrag (18), der einen kurzen Dateinamen für eine Datei enthält, 3. einen zweiten Verzeichniseintrag (20), der mit dem ersten Verzeichniseintrag (18) verknüpft ist und einen langen Dateinamen für die Datei enthält, wobei der lange Dateiname mehr Zeichen hat als der kurze Dateiname und der zweite Verzeichniseintrag (20) des Weiteren Informationen (42) enthält, die anzeigen, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) den langen Dateinamen enthält; undb) einen Prozessor (12), der das Betriebssystem (17) ausführt und, wenn das Betriebssystem (17) nur kurze Dateinamen zulässt und die Informationen (42) so eingestellt sind, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) für das Betriebssystem (17) unsichtbar ist, die Datei durch Zugreifen auf den ersten Verzeichniseintrag (18) auffindet, oder, wenn das Betriebssystem (17) lange Dateinamen zulässt und die Informationen (42) so eingestellt sind, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) für das Betriebssystem (17) sichtbar ist, die Datei durch Zugreifen auf den zweiten Verzeichniseintrag (20) auffindet."
Patentanspruch 23 lautet:
"23. Computerlesbares Medium mit von einem Computer ausführbaren Anweisungen, die ein Datenverarbeitungssystem in die Lage versetzen, das Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11 auszuführen."
Patentanspruch 1 in der hilfsweise verteidigten Fassung lautet:
"1. Verfahren zum Betreiben eines Datenverarbeitungssystems (10), das einen Speicher (16), der ein Betriebssystem (17) enthält, sowie einen Prozessor (12), der das Betriebssystem (17) ausführt, umfasst, wobei das Verfahren umfasst:
a) Speichern (58, 59) eines ersten Verzeichniseintrags (18), der einen kurzen Dateinamen für eine Datei enthält, in dem Speicher (16);
b) Speichern (58, 59) eines zweiten Verzeichniseintrags (20), der mit dem ersten Verzeichniseintrag (18) verknüpft ist, wobei die Verknüpfung durch Speichern einer Prüfsumme des kurzen Dateinamens in den zweiten Verzeichniseintrag (20) erreicht wird und einen langen Dateinamen für die Datei enthält, in dem Speicher (16), wobei der lange Dateiname mehr Zeichen hat als der kurze Dateiname und der zweite Verzeichniseintrag (20) des Weiteren Informationen (42) in Form eines Attributfeldes, in dem ein Hiddenbit, ein readonlybit, ein systembit und ein Volumebit jeweils auf den Wert 1 gesetzt werden, enthält, die anzeigen, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) den langen Dateinamen enthält; undc) wenn das Betriebssystem (17) nur kurze Dateinamen zulässt und die Informationen (42) so eingestellt sind, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) für das Betriebssystem (17) unsichtbar ist, Auffinden der Datei durch Zugreifen auf den ersten Verzeichniseintrag (18), oder, wenn das Betriebssystem (17) lange Dateinamen zulässt und die Informationen (42) so eingestellt sind, dass sie einen langen Dateinamen anzeigen und dadurch der zweite Verzeichniseintrag (20) für das Betriebssystem (17) sichtbar ist, Auffinden der Datei durch Zugreifen auf den zweiten Verzeichniseintrag (20)."
Der hierzu nebengeordnete Patentanspruch 10 lautet:
"10. Datenverarbeitungssystem (10), das umfasst:
(a) einen Speicher (16), der enthält:
1. ein Betriebssystem (17), 2. einen ersten Verzeichniseintrag (18), der einen kurzen Dateinamen für eine Datei enthält, 3. einen zweiten Verzeichniseintrag (20), der mit dem ersten Verzeichniseintrag (18) verknüpft ist, wobei die Verknüpfung durch Speichern einer Prüfsumme des kurzen Dateinamens in dem zweiten Verzeichniseintrag (20) erreicht wird und einen langen Dateinamen für die Datei enthält, wobei der lange Dateiname mehr Zeichen hat als der kurze Dateiname und der zweite Verzeichniseintrag (20) des Weiteren Informationen (42) in Form eines Attributfeldes, in dem ein Hiddenbit, ein readonlybit, ein systembit und ein Volumnebit jeweils auf den Wert 1 gesetzt werden, enthält, die anzeigen, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) den langen Dateinamen enthält; undb) einen Prozessor (12), der das Betriebssystem (17) ausführt und, wenn das Betriebssystem (17) nur kurze Dateinamen zulässt und die Informationen (42) so eingestellt sind, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) für das Betriebssystem (17) unsichtbar ist, die Datei durch Zugreifen auf den ersten Verzeichniseintrag (18) auffindet, oder, wenn das Betriebssystem (17) lange Dateinamen zulässt und die Informationen (42) so eingestellt sind, dass sie einen langen Dateinamen anzeigen und dadurch der zweite Verzeichniseintrag (20) für das Betriebssystem (17) sichtbar ist, die Datei durch Zugreifen auf den zweiten Verzeichniseintrag (20) auffindet."
Der hierzu nebengeordnete Patentanspruch 20 lautet:
"20. Computerlesbares Medium mit von einem Computer ausführbaren Anweisungen, die ein Datenverarbeitungssystem in die Lage versetzen, das Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10 auszuführen."
Die Beklagte tritt den Ausführungen des Klägers entgegen und vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des Streitpatents gegenüber den entgegengehaltenen Druckschriften neu sei und auch auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Der Gegenstand des Patents sei auch so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen könne, und auch in den ursprünglich eingereichten Unterlagen ausreichend offenbart. Zur Stützung ihres Vorbringens verweist sie auf folgende Unterlagen:
B1: Blatt: MICROSOFT SHORT/LONG FILENAMES B2: Andrew S. Tanenbaum "Modern Operating Systems" Prentice-Hall Inc. Second Edition, 2001, S. 430-445 B3: Blatt: ISO 9660 EXTENDED BY ROCKRIDGE
Gründe
Die Klage, mit der die in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1, 2 und 3 IntPatÜG, Artikel 138 Absatz 1 lit a, b und c EPÜ vorgesehenen Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit (lit a), der mangelnden deutlichen und vollständigen Offenbarung (lit b) und des Hinausgehens über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldeunterlagen (lit c) und geltend gemacht werden, ist zulässig und jedenfalls hinsichtlich des Nichtigkeitsgrundes der mangelnden Patentfähigkeit auch begründet.
I.
Die Lehre des Streitpatents in der erteilten Fassung wie auch in der Fassung nach dem Hilfsantrag ist so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Es kann dahin stehen, ob der Gegenstand des Patents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausgeht. Denn die Nichtigkeitsklage hat schon deshalb Erfolg, weil der Gegenstand des Streitpatents sowohl in der erteilten als auch in der hilfsweise verteidigten Fassung nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht, wie sich aus folgenden Erwägungen ergibt:
1. Zum Hauptantrag:
1.1 Das Streitpatent betrifft einen gemeinsamen Speicherbereich für kurze und lange Dateinamen. In der Beschreibungseinleitung wird erläutert, dass viele Betriebssysteme, wie etwa MS-DOS Version 5, nur kurze Dateinamen unterstützen. Bei dem genannten Betriebssystem weise jeder Dateiname einen Hauptteil von acht Zeichen auf, gefolgt von einer Erweiterung mit drei Zeichen. Eine derartige Beschränkung der Länge von Dateinamen sei jedoch unpraktisch für den Benutzer. Die Längenbeschränkung verhindere, dass ein Benutzer adäquat beschreibende Dateinamen verwenden könne und zwinge ihn in vielen Fällen, unschöne Abkürzungen von beschreibenden Namen als Dateinamen zu verwenden. Das Streitpatent stelle sich daher die Aufgabe, ein Verfahren und ein System anzugeben, das lange Dateinamen unterstützt (vgl. S: 1, Abs. 3 und S. 2, Abs. 2 der Übersetzung des Streitpatents). Wie von der Beklagten ausgeführt, soll das beanspruchte Verfahren bzw. System dabei auch weiterhin kurze Dateinamen verwalten können, dh kompatibel mit solchen Betriebssystemen sein, die nur kurze Dateinamen für eine Datei verwenden können (vgl. hierzu auch Abs. [0015] der Patentschrift).
Zur Lösung dieser Aufgabenstellung schlägt der Patentanspruch 1 in einer von der Klägerin eingeführten und von der Beklagten aufgegriffenen Merkmalsgliederung folgende Verfahrensschritte vor:
1.1 Verfahren zum Betreiben eines Datenverarbeitungssystems (10), das einen Speicher (16), der ein Betriebssystem (17) enthält, sowie einen Prozessor (12), der das Betriebssystem (17) ausführt, umfasst, wobei das Verfahren umfasst:
1.2 Speichern (58, 59) eines ersten Verzeichniseintrags (18), der einen kurzen Dateinamen für eine Datei enthält, in dem Speicher (16), 1.3 Speichern (58, 59) eines zweiten Verzeichniseintrags (20) in dem Speicher (16), 1.4 der mit dem ersten Verzeichniseintrag (18) verknüpft ist, und 1.5 einen langen Dateinamen für die Datei enthält, der mehr Zeichen als der kurze Dateiname hat, 1.6 wobei der zweite Verzeichniseintrag (20) ferner Informationen (42) enthält, die anzeigen, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) den langen Dateinamen enthält;
1.7 Auffinden der Datei durch Zugreifen auf den ersten Verzeichniseintrag (18), wenn das Betriebssystem (17) nur kurze Dateinamen zulässt und die Informationen (42) so eingestellt sind, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) für das Betriebssystem unsichtbar ist, oder 1.8 Auffinden der Datei durch Zugreifen auf den zweiten Verzeichniseintrag (20), wenn das Betriebssystem (17) lange Dateinamen zulässt und die Informationen (42) so eingestellt sind, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) für das Betriebssystem (17) sichtbar ist.
1.2 Der Fachmann, ein Datenverarbeitungsingenieur oder Informatiker mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Betriebssystemprogrammierung, erkennt das Verfahren zum Betreiben eines Datenverarbeitungssystems nach dem Anspruch 1 generell als Verfahren, mit dem eine Datei im Speicher unter einem i. d. R. vom Programmierer oder Anwender vergebenen Namen aufgefunden werden kann, d. h. als Dateiverwaltungssystem. Eine solches Dateiverwaltungssystem besteht im einfachsten Fall aus einem Verzeichnis, das für jede Datei einen Eintrag enthält. Ein Eintrag enthält u. a. den Namen, der für die Datei vergeben wurde. Zum Auffinden einer bestimmten Datei unter ihrem Namen werden die Verzeichniseinträge durchsucht, bis der Eintrag gefunden ist, der den gewünschten Namen enthält. Mit den weiteren Angaben in diesem Eintrag kann die Datei im Speicher aufgefunden werden. Wie in der Beschreibungseinleitung erläutert, geht das beanspruchte Verfahren zunächst von der Annahme aus, dass das Dateiverwaltungssystem von einem Betriebssystem benutzt wird, das nur kurze Dateinamen zulässt, wie bspw. MS-DOS. Die im Anspruch 1 hinsichtlich kurzer Dateinamen angegebenen Verfahrensschritte 1.1, 1.2 und 1.7 (Teil), also Speichern von (ersten) Verzeichniseinträgen für kurze Dateinamen und Auffinden einer gewünschten Datei durch Zugreifen auf die Verzeichniseinträge mit (kurzem) Namen, entsprechen insoweit der dem Fachmann geläufigen Vorgehensweise zum Auffinden einer Datei.
Ausgehend von der Problemstellung, dass eine bestimmte Datei nicht nur von Betriebssystemen, die kurze Dateinamen verwenden, sondern auch von solchen, die lange Dateinamen verwenden, aufgefunden werden soll, kann der Fachmann auch den Zweck der restlichen, der Unterstützung von langen Dateinamen dienenden Verfahrensschritte 1.3 bis 1.6, 1.7 (Rest) und 1.8 nachvollziehen:
Nach den Verfahrensschritten 1.3 bis 1.6 wird das Verzeichnis um zweite Verzeichniseinträge erweitert, die einen langen Namen für eine Datei angeben.
Die in Schritt 1.4 genannte "Verknüpfung" (being associated with) von erstem und zweitem Verzeichniseintrag für eine Datei wird der Fachmann mangels näher spezifizierender Angaben so auslegen, dass beide Verzeichniseinträge in einem Zusammenhang stehen, der es erlaubt, bei Kenntnis eines Eintrags (auf irgend eine Weise) den entsprechenden anderen Eintrag aufzufinden. Dies ergibt sich aus dem Kontext mit den nachfolgenden Schritten 1.6 bis 1.8, nach denen, abhängig von den "Informationen" im zweiten Eintrag, auf den ersten oder zweiten Verzeichniseintrag zugegriffen werden soll. Eine darüber hinaus gehende einengende Auslegung der Art der "Verknüpfung" ist nicht geboten, da Grundlage für die Bestimmung der geschützten Lehre das Verständnis der Patentansprüche durch den maßgeblichen Fachmann ist (vgl. BGH in GRUR 2004, 47, 49 -blasenfreie Gummibahn I).
Nach Schritt 1.6 enthält der zweite Verzeichniseintrag ferner Informationen, "die anzeigen, dass der zweite Verzeichniseintrag den langen Dateinamen enthält". Beim Nacharbeiten der Lehre des Anspruchs erkennt der Fachmann, dass solche Informationen für eine fehlerfreie Arbeitsweise des beanspruchten Verfahrens unumgänglich sind. Denn sie informieren das auf einen bestimmten Verzeichniseintrag zugreifende Betriebssystem darüber, ob es sich um einen Eintrag für kurze oder lange Namen handelt. Ein Betriebssystem, das nur kurze Dateinamen verarbeiten kann, wird durch diese Informationen veranlasst, nur Verzeichnisseinträge mit kurzen Dateinamen für das Auffinden des entsprechenden Eintrags zu "sehen" und zum Namensvergleich zu verwenden (vgl. Schritt 1.7 Rest), während ein Betriebssystem, das lange Dateinamen zulässt, den Namenvergleich über die volle Länge des Namens durchführen muss, dh nur zweite Einträge verwenden darf (vgl. Schritt 1.8). Bestünde eine solche Unterscheidungsmöglichkeit nicht, würde bspw das Betriebssystem bei zweiten Verzeichniseinträgen in Unkenntnis darüber, dass ein Eintrag mit langem Namen vorliegt, den Namensvergleich nach der Länge des kurzen Namens abbrechen und auf zutreffenden Eintrag erkennen, obwohl noch weitere, unterscheidende Namensteile folgen.
Der Patentanspruch 1 vermittelt dem Fachmann sonach eine deutliche und vollständige Lehre, wie Dateien von Betriebssystemen, die unterschiedliche Namenslängen benutzen, aufgefunden werden können.
1.3 Das Verfahren nach dem erteilten Patentanspruch 1 ist dem Fachmann durch die Ausführungen in NK7 (Rock Ridge lnterchange Protocol) nahe gelegt.
In NK7 wird zunächst erläutert, dass der Einsatz von CD-ROM-Speichern für die Speicherung von Computerprogrammen und Daten vorteilhaft sei. Die Nutzer von POSIX-Dateiverwaltungssystemen (file systems) wären aber an der Verwendung der CD-ROM-Technologie gehindert, weil diese den Standard ISO 9660 (Version 1988) für Verzeichniseinträge benutze, der sich in seiner Semantik (d. h. auch hinsichtlich seiner zulässigen Namenslänge) von denen des POSIX-Systems unterscheide. Die Rock Ridge Group stellt sich daher die Aufgabe, das ISO 9660 Format so zu erweitern, dass auch unter Verwendung der POSIX-Dateisemantik auf CD-ROM-Dateien zugegriffen werden könne (vgl. Abschnitte 1.1 und 2 der NK7).
Der Fachmann geht dabei davon aus, dass auch nach dem ISO 9660 Standard der Speicherort einer bestimmten Datei in der bei Dateiverwaltungssystemen üblichen, oben unter 1.2 erläuterten Weise mit Hilfe eines Verzeichnisses aufgefunden wird. Ein im ISO-Verzeichniseintrag (directory entry) angegebener Name weist dabei eine bestimmte (kurze) Länge auf (vgl. hierzu auch das von der Beklagten vorgelegte Blatt "ISO 9660 Extended by Rock Ridge" Figur 6-29, Feld "File name" 4 - 15 Byte lang für Base name, Extension und Version - die genaue Länge des Namensfeldes ist im vorangehenden L-Feld gespeichert). Zum Auffinden einer Datei werden diese (ersten, ISO-konformen) Verzeichniseinträge durchsucht. Der Eintrag, der den gesuchten (kurzen) Namen enthält, gibt den Ort der Datei im Speicher (hier: CD) an und macht damit das Auffinden der Datei möglich, entsprechend den Schritten 1.2 und 1.7 (Teil) des Anspruchs 1.
Damit die Benutzer von POSIX-Systemen auch mit längeren Dateinamen auf die Dateien von CD-ROMs zugreifen können, schlägt das "Rock Ridge Interchange Protocol" (RRIP) eine Erweiterung der auf der CD vorhandenen ISO-konformen Verzeichniseinträge in einem Bereich vor, der durch den ISO-Standard nicht festgelegt ist, nämlich in der "System Use Area" (vgl. Abschnitt 4 der NK 7). Im Abschnitt 4.1 wird erläutert, dass dort ein System Use Field vom Typ "NM" angelegt werden kann, das als ein (zweiter) Verzeichniseintrag dient. Wie in Abschnitt 4.1.4 im Einzelnen dargelegt und in dem von der Beklagten vorgelegten Blatt "ISO 9660 Extended by Rock Ridge" (untere Darstellung) gezeigt, besteht das NM System Use Field u. a. aus einem "Alternate Name", der konform mit der POSIX-Semantik ist und die im BP3-Feld angegebene Länge von maximal (255 - 5) Bytes aufweist, und aus einem "Signature Word"-Feld (BP1+BP2), das anzeigt, dass dieses Feld ein NM-Feld, d.h. ein Verzeichniseintrag für einen alternativen (längeren) Namen ist. Sonach schlägt das RRIP in Übereinstimmung mit den Schritten 1.3, 1.5 und 1.6 des Anspruchs 1 auch die Speicherung von zweiten Verzeichniseinträgen vor, die einen langen Dateinamen enthalten, der mehr Zeichen als der kurze Dateiname hat, und ferner von Informationen (BP1+BP2), die anzeigen, dass es sich um einen solchen zweiten Verzeichniseintrag mit langen Dateinamen handelt. Aus Abschnitt 5.2.3 der NK7 ergibt sich weiterhin, dass zum Auffinden einer Datei dann, wenn ein Verzeichniseintrag ein NM-Feld enthält, also das "Signature Word"-Feld auf "NM" gesetzt ist, der "Alternate Name" (RRIP name) zu benutzen ist, und andernfalls der ISO 9660-Namen. Damit lehrt das RRIP in Übereinstimmung zu Schritt 1.7 (Rest) und 1.8 des Anspruchs 1 auch das Auffinden einer Datei durch Zugreifen auf die zweiten Verzeichniseinträge, sofern die Informationen (BP1+BP2) so eingestellt sind, dass sie das Vorliegen eines zweiten Verzeichniseintrags signalisieren, dieser also für das Betriebssystem "sichtbar" ist; wenn aber das verwendete Betriebssystem nur ISO 9660-konforme kurze Dateinamen zulässt und das NM System Use Field nicht interpretieren kann, ist der zweite Verzeichniseintrag für das Betriebssystem "unsichtbar", und das Auffinden einer Datei erfolgt (ISO-konform) durch Zugreifen auf den ersten Verzeichniseintrag. Für all das ist eine "Verknüpfung" des ersten und des zweiten Verzeichniseintrags jedenfalls in dem Sinne unabdinglich, dass bei Kenntnis eines Eintrags der entsprechende andere Verzeichniseintrag aufgefunden werden kann. In diesem Sinne versteht der Fachmann aber, wie erläutert, auch die in Schritt 1.4 des Patentanspruchs 1 genannte Verknüpfung, so dass insgesamt das Verfahren nach dem Anspruch 1 aus der NK7 nahe gelegt ist.
Die Beklagte führt hingegen an, dass die NK7 das gattungsgemäße Verfahren zum Betreiben eines Datenverarbeitungssystems nicht nahe legen könne, weil der dort dargestellte Sachverhalt sich in mehrfacher Hinsicht vom Verfahren nach Anspruch 1 unterscheide:
Zunächst macht sie geltend, dass sich die NK7 lediglich mit der Erweiterung eines Namensverzeichnisses auf einem Datenträger befasse und daher das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 nicht nahe legen könne, das sich mit der Problematik des Auffindens von Dateien in einem Datenverarbeitungssystem befasse, das mit verschiedenen Betriebssystemen betrieben werde.
Der Beklagten ist einzuräumen, dass sich die NK7 jedenfalls vordergründig nur mit einer Beschreibung von Verzeichniseinträgen befasst, die zusätzlich zu den Einträgen nach ISO 9660 auf einer CD vorzusehen sind. Ein unmittelbarer Bezug zwischen diesen Einträgen und deren Benutzung durch unterschiedliche Betriebssysteme eines Datenverarbeitungssystems wird nicht hergestellt. Es ist daher anzuerkennen, dass das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 neu ist.
Aus den Ausführungen in Kapitel 5 von NK 7 zur Erweiterung vorhandener Betriebssysteme durch eine spezielle RRIP-API erkennt der Fachmann aber, dass die vorhandenen Betriebssysteme ohne diese Erweiterung immer noch lauffähig sind, d. h. die ISO-konformen Einträge verwenden können, obwohl für sie die Zusatzinformationen der System Use Areas verschlossen ("unsichtbar") sind, vgl. insbesondere Abschnitt 5.2.1. Aus dem Hinweis, dass das ISO-Format auf die "POSIX File System Semantics" erweitert werden soll, entnimmt er ferner, dass damit den Datenverarbeitungssystemen mit Betriebssystemprogrammen, die für ihre Dateinamen die POSIX-Semantik, d. h. größere Namenslängen benutzen, ein Zugriff auf die Dateien ermöglicht werden soll. Somit ergibt sich die Einsatzmöglichkeit für Betriebssysteme mit unterschiedlichen Fähigkeiten implizit ohne weiteres aus NK7.
Die Beklagte führt weiterhin an, dass die NK7 nur eine Ergänzung des ersten Verzeichniseintrags lehre, nicht aber das getrennte Vorsehen von jeweils einem Eintrag für den kurzen und für den langen Dateinamen. Dies ist jedoch lediglich eine Definitionsfrage des Begriffs "getrennt": Die NK7 geht davon aus, dass in einem durch ISO 9660 festgelegten Bereich für jede Datei ein Verzeichniseintrag mit einem (kurzem) Namen vorgesehen wird. Nach dem RRIP werden für lange Dateinamen in einem davon getrennten Bereich, der "System Use Area" (zweite) Verzeichniseinträge (a set of System Use Fields) angelegt, die den (langen) POSIX-Dateinamen enthalten (vgl. NK7 Abschnitt 2). Dies lässt sich als das Vorsehen von zwei getrennten Einträgen für eine Datei verstehen, von denen einer den kurzen und einer den langen Namen der Datei enthalten.
Schließlich sieht die Beklagte einen fundamentalen Unterschied darin, wie die Verfahren nach NK7 und nach Anspruch 1 mit dem Problem umgehen, dass Betriebssysteme, die nur kurze Dateinamen auswerten könnten, durch die Verzeichniseinträge für lange Namen "verwirrt" würden.
Wie im Abschnitt 5.2.3 der NK7 ausgeführt, wird zum Auffinden einer Datei unter ihrem "langen" Dateinamen das Vorhandensein des NM-Feldes in dem System Use Field von dem zugreifenden Programm abgefragt und, falls vorhanden, zum Auffinden der Datei benutzt. Für Betriebssysteme hingegen, die das NM System Use Field nicht kennen (d. h. für die Abfrage des Feldes nicht eingerichtet sind), ist der zweite Verzeichniseintrag mit dem "Langen" Dateinamen nicht erreichbar und somit "unsichtbar". Nichts anderes aber schlägt der Anspruch 1 vor. Auch dort ist der zweite Verzeichniseintrag in einer Weise markiert, dass er für Betriebssysteme, die nur kurze Dateinamen zulassen, "unsichtbar" und für die anderen "sichtbar" ist. Eine "Verwirrung" des Betriebssystems wird somit auf dieselbe Weise wie beim beanspruchten Verfahren vermieden.
Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 beruht sonach nicht auf erfinderischer Tätigkeit und ist daher nicht patentfähig.
1.4 Die nebengeordneten Patentansprüche 12 und 23 sind auf ein Datenverarbeitungssystem bzw. ein computerlesbares Medium gerichtet. Sie haben im Wesentlichen einen sachlichen Gehalt und sind daher in ihrer Patentfähigkeit nicht anders zu bewerten als der Anspruch 1.
Die Ansprüche 2 bis 11 und 13 bis 22 wurden nicht selbständig verteidigt, sie stehen oder fallen daher mit dem übergeordneten Anspruch 1 bzw. Anspruch 12.
2. Zum Hilfsantrag:
2.1 Der Patentanspruch 1 in der hilfsweise verteidigten Fassung, entsprechend dem Hauptantrag gegliedert und redaktionell angepasst, lautet:
1.1 Verfahren zum Betreiben eines Datenverarbeitungssystems (10), das einen Speicher (16), der ein Betriebssystem (17) enthält, sowie einen Prozessor (12), der das Betriebssystem (17) ausführt, umfasst, wobei das Verfahren umfasst:
1.2 Speichern (58, 59) eines ersten Verzeichniseintrags (18), der einen kurzen Dateinamen für eine Datei enthält, in dem Speicher (16), 1.3 Speichern (58, 59) eines zweiten Verzeichniseintrags (20) in dem Speicher (16), 1.4 der mit dem ersten Verzeichniseintrag (18) verknüpft ist, wobei die Verknüpfung durch Speichern einer Prüfsumme des kurzen Dateinamens in den zweiten Verzeichniseintrag (20) erreicht wirdund 1.5 einen langen Dateinamen für die Datei enthält, der mehr Zeichen als der kurze Dateiname hat, 1.6 wobei der zweite Verzeichniseintrag (20) ferner Informationen (42) in Form eines Attributfelds, in dem ein Hiddenbit, ein Readonlybit, ein Systembit und ein Volumenbit jeweils auf den Wert 1 gesetzt werden, enthält, die anzeigen, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) den langen Dateinamen enthält;
1.7 Auffinden der Datei durch Zugreifen auf den ersten Verzeichniseintrag (18), wenn das Betriebssystem (17) nur kurze Dateinamen zulässt und die Informationen (42) so eingestellt sind, dass der zweite Verzeichniseintrag (20) für das Betriebssystem unsichtbar ist, oder 1.8 Auffinden der Datei durch Zugreifen auf den zweiten Verzeichniseintrag (20), wenn das Betriebssystem (17) lange Dateinamen zulässt und die Informationen (42) so eingestellt sind, dass sie einen langen Dateinamen anzeigen und dadurch der zweite Verzeichniseintrag (20) für das Betriebssystem (17) sichtbar ist.
(Änderungen gegenüber dem Hauptantrag sind kursiv gehalten)
2.2 Das Verfahren nach dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich von dem gemäß Hauptantrag zunächst hinsichtlich des Schritts 1.4, der dahingehend präzisiert wurde, dass die Verknüpfung des ersten Verzeichniseintrags mit dem zweiten Eintrag durch Speichern einer Prüfsumme des kurzen Dateinamens im zweiten Eintrag erreicht wird. Zur Offenbarung dieser Art der Verknüpfung verweist die Beklagte auf die Absätze [0031] und [0041] der Patentschrift, bzw. die entsprechenden Absätze der ursprünglichen Anmeldung. Dort ist ausgeführt, dass der zweite Verzeichniseintrag auch ein Prüfsummenfeld (checksum field) aufweist, das die Prüfsumme des kurzen Dateinamens angibt und dazu benutzt wird, den langen Dateinamenseintrag mit dem entsprechenden kurzen Eintrag zu verknüpfen (associate). Im einzelnen ist die Funktion der Prüfsumme als Gültigkeitssignal für den langen Namenseintrag (the long name is valid) und als (Adress-) Zeiger (act as a pointer) zu dem zugeordneten Eintrag mit kurzem Namen erwähnt.
Nach Hinweis auf diese offenbarten, aber unterschiedlichen Möglichkeiten zur Verwendung der Prüfsumme erklärte die Beklagte, dass im Zusammenhang mit dem Streitpatent nur die Funktion als Zeiger (pointer) von Bedeutung sei, durch den die beiden Einträge verknüpft seien.
Hinsichtlich der in Schritt 1.6 vorgenommenen Präzisierung der Informationen als Attributfeld mit Hidden-Bit, Readonly-Bit, System-Bit und Volumen-Bit, die jeweils auf den Wert 1 gesetzt sind, vertritt die Klägerin die Ansicht, dass diese Bits nicht in dem beanspruchten Zusammenhang offenbart sind.
2.3 Es kann dahin gestellt bleiben, ob die im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag vorgenommenen Präzisierungen hinreichend offenbart sind. Denn das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 ist auch in der Fassung nach Hilfsantrag dem Fachmann durch die Ausführungen in der NK7 nahe gelegt.
Wie zum Hauptantrag ausgeführt, erfordert auch das in der NK7 erläuterte RRIP eine Verknüpfung zwischen dem (ersten) Verzeichniseintrag nach ISO und dem (zweiten) RRIP konformen Eintrag in der Weise, dass bei Kenntnis eines Verzeichniseintrags der entsprechende andere Eintrag aufgefunden werden kann. Über die Realisierung einer solchen Verknüpfung ist dort nichts ausgesagt, so dass der Fachmann beim Nachvollzug der Lehre der NK7 auf die ihm geläufigen Methoden der Verknüpfung verwiesen ist. Eine den Grundkenntnissen des Datenverarbeitungsingenieurs oder Informatikers zuzurechnende Methode zur Herstellung einer Verknüpfung zwischen Daten ist die Verwendung von (Adress-) Zeigern, die den Speicherort der in Bezug genommenen Daten angeben und damit das Auffinden der verknüpften Daten ermöglichen.
Die Realisierung der in Schritt 1.4 angegebenen Verknüpfung der Verzeichniseinträge durch Zeiger (pointer) ergab sich für den Fachmann daher in nahe liegender Weise aus der NK7. Was die über die Funktion als Zeiger hinaus offenbarte Funktion der Prüfsumme als Gültigkeitssignal für den langen Namenseintrag anbelangt, so steht diese in keinem erkennbaren Zusammenhang zu dem beanspruchten Verfahren und ist auch nach den Erklärungen der Beklagten ohne Belang für den Gegenstand des Streitpatents.
Die im Schritt 1.6 genannten Informationen, die anzeigen, dass der zweite Verzeichniseintrag den langen Dateinamen enthält, wurden dahin gehend präzisiert, dass sie aus verschiedenen Bitfeldern besteht, die jeweils auf den Wert 1 gesetzt werden.
Wie zum Hauptantrag ausgeführt, weist nach der NK7 der zweite Verzeichniseintrag eine Information in Form eines "Signature Word-Feldes" auf, die anzeigt, dass dieser Verzeichniseintrag den langen Dateinamen enthält. Ausgehend hiervon kann in der Zuordnung einzelner logischer Pegel zur Signalisierung einer bestimmten Information nur eine Maßnahme im Bereich des üblichen fachmännischen Handelns gesehen werden. Das hiergegen von der Beklagten vorgebrachte Argument, dass die Bitkombination für diese Information(-en) so gewählt wurde, dass sie in einem ersten Verzeichniseintrag nicht vorkomme, vermag nicht zu überzeugen. Denn das Vorliegen eines zweiten Verzeichniseintrags kann eben nur durch eine Bitkombination signalisiert werden, die im ersten Verzeichniseintrag nicht auftritt.
Was schließlich die Ergänzung im Schritt 1.8 anbelangt, dass die Informationen neben dem "sichtbar" machen des zweiten Verzeichniseintrags auch einen Eintrag mit langem Dateinamen anzeigen, so kann darin nur eine Wiederholung des Schritts 1.6 gesehen werden.
Das Verfahren nach dem Anspruch 1 in der hilfsweise verteidigten Fassung beruht sonach ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit und ist daher nicht patentfähig.
2.4. Die nebengeordneten Patentansprüche 10 und 20 sind auf ein Datenverarbeitungssystem bzw. ein computerlesbares Medium gerichtet. Sie haben im Wesentlichen den selben sachlichen Gehalt wie der Patentanspruch 1 und sind daher auch in ihrer Patentfähigkeit nicht anders zu bewerten.
Die Ansprüche 2 bis 9 und 11 bis 19 wurden nicht selbständig verteidigt. Sie stehen oder fallen mit dem übergeordneten Anspruch 1 bzw. Anspruch 10.
Es konnte somit weder dem Hauptantrag noch dem Hilfsantrag der Beklagten gefolgt werden. Daher war dem Antrag der Klägerin zu folgen und das Patent für nichtig zu erklären.
III.
Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 PatG, 709 ZPO.
BPatG:
Urteil v. 26.10.2006
Az: 2 Ni 2/05
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